Mein Baum – mein stiller Lehrer

Baum

Würde und Wahrheit – Momentan bin ich viel im Garten

Indem ich mich anschaue wie einen Baum, erfasse ich mein Leben in seinen Grund.strukturen und dann wird der Baum zu (m)einem stillen Lehrer, der durch sein bloßes Beispiel wirkt, denn bei ihm sind Leben und Lehre eins:

1. Bäume führen mir die Würde des aufrechten Ganges vor Augen: Erhobenen Hauptes wurzeln sie in festem Grund und bereit.willig nehmen sie den Platz ein, den das Leben ihnen zugewiesen hat, und füllen ihn nach besten Kräften aus.

Bäume geben sich ganz dem Leben hin und nehmen mit offenen Armen an, was immer es ihnen beschert: Regen und Sonne, Wind und Schnee. Verlust (Herbst) und scheinbare Stagnation (Winter) wechseln mit Wachstum (Frühling) und Fülle (Sommer). Beides lassen sie frag.los zu, geborgen im verlässlichen Reigen der Natur.

Diese OFFEN.HEIT trägt ihnen auch Blessuren ein und bringt ihnen bleibende Narben – dann verschließen sie wohl ihre Wunden, aber nie sich selbst, und streben weiter unverwandt dem Himmel zu.

Frei.giebig spenden sie mir Nahrung und Heilung, Schatten und Schutz, aber auch Hilfe und Trost, denn bei einem Baum gibt es nichts Dunkles, keine Mutlosig.keit, keinen Zweifel, keine Verweigerung – so kann er mich zum Leben er.mut.igen und für mich Therapeut und Seel.sorger sein.

2. Bäume haben manchen Sturm zu überstehen.

Doch gerade ihre Geschmeidig.keit macht sie stark, und weil sie sich leicht in seinem Atem biegen, ver.biegen sie sich nicht so leicht. Und wo dies doch geschieht – wie bei den wind.verzerrten und wind.zerzausten Wetterbuchen, die wie knorrige alte Eigenbrötler in zugigen Höhen ausharren -, bestaune ich ihr Zähig.keit: SIE HABEN SICH VOM LEBEN ZEICHNEN, ABER NICHT ENT.WURZELN LASSEN!

Aber auch dort, wo Bäume, von Orkangewalten nieder.gedrückt, schließlich doch zu Boden sinken, nötigt mir ihr Scheitern Achtung ab, wenn sie, die mächtigen Wurzeln ent.blößt, immer noch überlebens.groß, dahin.gestreckt zu meinen Füßen liegen.

3. Bäume bieten sich immer dar, wie sie sind: Keine Buche will eine Eiche sein.

Keine Birke kopiert ihre Nachbarin. So unterweisen sie mich wort.los in der Kunst, GANZ ICH SELBST zu sein und GANZ BEI MIR zu bleiben. Schön sagt mein Freund Hermann Hesse: “Wer gelernt hat, Bäumen zuzuhören, begehrt nichts zu sein, als was er ist. Das ist Heimat. Das ist Glück.”

Bei den Bäumen kann ich Einkehr halten zu mir selbst, denn mit der stillen Schlichtheit ihres DA.Seins rühren sie an mein tiefstes Selbst, an meine innere, un.geschaffene Mitte, in der ich mir als ganz und heil, als gegenwärtig und seiend erkenne, sobald ich ihrer inne werde. Dann weiß ich zugleich, dass ich schon immer DORT gewesen bin und dass Weg und Ziel nie voneinander geschieden waren.

Auch diese Wahrheit leben mir die Bäume vor: ICH BRAUCHE NIRGEND.WOHIN ZU GEHEN, UM BEI MIR SELBST ANZUKOMMEN. Ich muss nur von dort aus in die Tiefe gehen und in die Höhe streben, wo mich das Leben hingestellt hat. Dann um.fange ich zugleich die ganze Welt. Sehr schön sagt Heinz Piontek: ” So wachsen: in die Höhe, in die Tiefe und mit ausgebreiteten Armen”.

In Summa:

Bäume können auf diesem weg.losen Weg meine spirituellen Begleiter sein. Sie spiegeln mir zurück, wie der Mensch beschaffen ist, der sich vertrauens.voll dem Willen und Wirken des Großen Gärtners, Gott oder dem Göttlichen, überlässt. Wenn ich mich in acht.samer Betrachtung auf sie ein.lasse, teilen sie mir ihr zeit.loses Ur.wissen mit und weisen mir den Weg zum Geheimnis des Lebens in OFFEN.HEIT (1.), in STAND.FESTIG.KEIT (2.) und in AUTHENTIZITÄT (3.).

Ich kann mich an (m)einen Baum anlehnen und seine Kraft spüren, ich kann mit ihm sprechen und ich kann dank.bar beten:

“Baum, der Du dort stehst, schon seit einer Ewig.keit an Zeit.
Baum, der Du die Geschöpfe der Erde behütest und beschützt, ohne dafür nach Lohn zu fragen.
Baum, der Du so voll an Weis.heit und Erkenntnis bist, doch damit nicht prahlst, sondern Dich in Schweigen hüllst.
Baum, der Du mir den Frieden erklärtest, besser als es ein Mensch je könnte … Dir, Baum, möchte ich danken für Dein Da.sein.”

Stille Morgen.grüße mit Friedrich Schiller:

“Suchst Du das Schönste, das Höchste – die Pflanze kann es Dich lehren: Was sie willen.los ist, Sei Du es wollend: Das ist´s.”
Bernhard “

15. Februar 2013
(c) Dr. Bernhard A. Grimm
Autor

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188_Grimm Dr. phil. Bernhard A. Grimm

ist Philosoph, Theologe und Althistoriker und beschäftigt sich – nach seiner Tätigkeit in Lehre und Forschung an der Universität München und im Management eines mittelständischen Unternehmens – seit 25 Jahren als selbständiger Dozent in Seminaren, Kolloquien, Vorträgen und Publikationen mit Fragen der Persönlichkeitsbildung, Führungsethik, Sinnfindung, Wertorientierung (Logotheorie) und Spiritualität. Er ist Autor von sieben Sachbüchern (so z.B. „Ethik des Führens“, „Macht und Verantwortung“, „Die Frau – der bessere Mensch“, „Lust auf Leben – Leben braucht Sinn“, „Älter wird man in jedem Alter“).

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