Byron Katie: Lieben, was ist – nicht, was sein sollte

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Byron-Katie-fantasyByron Katie: Lieben, was ist – nicht, was sein sollte

Mit nur vier Fragen, so Byron Katie, können wir überprüfen, ob das, was wir wahrnehmen, der Wahrheit entspricht. „The Work“ ist eine überwältigende Methode.

Eine junge Frau erlebte in ihren Dreißigern eine schwere Depression, die ihr ein Jahrzehnt lang zusetzen, sie ans Bett fesseln und fast in den Suizid treiben sollte. Die Mutter von drei Kindern litt an Platzangst und Essstörungen, war abhängig von Alkohol und Tabletten.

In ihrer größten Not hatte sie eine Eingebung, die unvorstellbare Auswirkungen haben würde.

Ein Ansatz, der frei von Gurus und Coaches, Seminaren oder Religionen umgesetzt werden kann, ohne Vorkenntnisse, ohne Hilfsmittel, einfach so aus dem Stand – und dabei in der Lage ist, von einem Augenblick auf den anderen unsere gesamte Welt umzukrempeln und unser Leiden zu beenden.

Byron Kathleen, die tatsächlich auf den ungewöhnlichen Vornamen Byron getauft wurde und von allen nur Katie genannt wird, wurde 1942 in Texas geboren und wuchs in Kalifornien auf. Mit 19 Jahren heiratete sie, wurde Mutter und arbeitete als Maklerin. Ihre erste Ehe scheiterte; während ihrer zweiten erlitt sie die Depression. Ihren Kindern war sie eine gestresste, immer unzufriedene, ständig schreiende Mutter.

Der Weg von einer übergewichtigen, unglücklichen, alkoholkranken Frau hin zur „spirituellen Innovatorin des 21. Jahrhunderts“, wie sie das TIME Magazine nannte, war erstaunlicherweise kein harter, langer und entbehrungsreicher; weder jahrelange Meditation noch Leben in Askese noch Rückzug in ein Schweigeretreat waren erforderlich.
Es brauchte wirklich nur diese eine Offenbarung im Jahre 1986, die für Katie den Schalter, wie sie das Leben betrachtete und woran sie glaubte, für immer umlegte: von „zerstörerisch“ auf „förderlich“. Es war eine regelrechte Epiphanie, was sie in diesem Moment erfuhr.

All meine Wut, all die Gedanken, die mich gequält hatten, meine ganze Welt, DIE gesamte Welt, war verschwunden“, beschreibt sie diese einschneidende Erfahrung, die sie erst Jahre später in Worte fassen konnte.

Jedenfalls kam sie als komplett neuer Mensch nach Hause zurück: freundlich, fröhlich und entspannt.

Die Leute kamen zu ihr, um Rat zu suchen und zu lernen, wie sie mit Situationen, die sie als belastend und leidvoll erfuhren, umgehen konnten. Diese Suche nach Rat, der so leicht gegeben werden konnte, indem die Fragenden zur Selbstbefragung ermuntert wurden, zog Kreise.

Irgendwann veranstaltete Katie formlose Treffen, um ihre neue Philosophie zu erläutern, und ging dann zu Beginn der 1990er Jahre dazu über, reguläre Workshops anzubieten, was schließlich zur Gründung des Unternehmens „Byron Katie International“ führte. Katie stellte ihre Methode auch in Firmen und Universitäten, in Gefängnissen und Krankenhäusern vor. Eine App gibt es ebenfalls, die The Work in das moderne Leben transportiert. Und dieses Jahr, in dessen Dezember sie 75. Jahre alt wird, hat sie ein neues Programm ins Leben gerufen: „The Institute for the Work“, ein Non-Profit-Online-Programm, das die Selbsterforschung anhand ihrer Fragestellung unterstützt.

Der Ansatz von The Work ist denkbar einfach.

Katie bezeichnet sich nicht als Entwicklerin, sondern lediglich als Entdeckerin dieser revolutionären Methode, die auf vier Fragen und einer Umkehrung basiert. Grundlegend lässt sich sagen: Unser permanenter innerer Monolog vermittelt uns unser Selbstgefühl. Er setzt sich zusammen aus all dem, woran wir glauben, und schafft so unsere Identität, unser Ego.

Wenn wir einen Gedanken lange genug glauben, ohne ihn zu hinterfragen, wird er zu einer Überzeugung. Dann sind wir nicht mehr in der Lage, wahrzunehmen, wie die Dinge wirklich sind, sondern betrachten sie nur durch unsere individuelle Brille. Wir leugnen die Wirklichkeit, weil sie nicht dem entspricht, wie sie nach unserem Glauben sein sollte – und erkennen dabei nicht, dass wir uns dadurch selbst Leid zufügen.

Katie stellt fest: “Ich bin eine Liebhaberin dessen, was ist, nicht weil ich ein spiritueller Mensch bin, sondern weil es wehtut, mit der Wirklichkeit zu streiten. […] Wenn wir damit aufhören, der Wirklichkeit Widerstand zu leisten, wird unser Handeln einfach, fließend, freundlich und furchtlos.

Der Schlüssel zur Freiheit liegt darin, die eigenen Gedanken nicht mehr einfach zu glauben, sondern zu hinterfragen.

Katie stellt unmißverständlich fest: „Leiden ist eine freiwillige Entscheidung.“ Sie selbst hat auf diese Weise innere Freude gefunden, die sie niemals wieder verließ. Wenn wir die wahre Ursache unseres Leidens – die wir gewohnheitsmäßig im Äußeren suchen – erkennen, verändert sich das Leben, und die Welt präsentiert sich völlig neu. Wir wachen in der Wirklichkeit auf, statt weiterhin in einer Traumwelt zu leben, die uns unglücklich macht.

Katie nennt ihre Methode Arbeit, The Work, weil sie ein ständiger Prozess ist und einen offenen Geist erfordert. Wählen wir als Beispiel die Situation, in der eine Frau unglücklich ist, weil sie glaubt, dass ihr Partner sie nicht versteht. Er hört ihr nicht zu, er ist nicht einfühlsam, er interessiert sich im Grunde nicht für sie. Das ist der Gedanke, den sie nun überprüft: „Er sollte mich verstehen.“

Die erste Frage lautet:Ist das wahr?
– Natürlich ist das wahr!
Die zweite Frage: Kannst du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?
– Hier kommt sie vielleicht schon ins Straucheln. Vielleicht erkennt sie, dass ihre Forderung recht willkürlich ist und von nichts unterstützt wird. Vielleicht bleibt sie aber dabei: Er sollte sie verstehen.
Dritte Frage: Wie fühlst du dich, wenn du diesen Gedanken glaubst?
– Sie fühlt sich wütend – aber auch einsam, uninteressant, letztendlich ungeliebt.
Vierte Frage: Wie würdest du dich ohne den Gedanken, dass er dich verstehen sollte, fühlen?
– Sehr erleichtert. Sie würde sich von seinem Verhalten nicht abgelehnt fühlen, sie würde nicht mehr so sehr um seine Aufmerksamkeit kämpfen, sondern sich geliebt fühlen.
Jetzt wird die ursprüngliche Aussage „Er sollte mich verstehen“ umgekehrt und mit Beispielen unterstützt:
#1Er sollte mich nicht verstehen.“ – Ja, das ist die Realität. Er sollte es nicht tun, weil er es nicht tut. Wenn er es tun SOLLTE, täte er es.
#2Ich sollte ihn verstehen.“ – Ja, sie schaltet regelmäßig auf „Durchzug“, wenn er von seinem Hobby erzählt, das sie nicht interessiert.
#3Ich sollte mich verstehen.“ Ja, sie achtet nicht auf sich selbst und ihre Bedürfnisse, sie räumt ihren Angelegenheiten keine Priorität ein.
Letztendlich erkennt sie, dass sie allein für ihr Glück und Wohlbefinden zuständig ist – nicht er, nicht sonst jemand oder etwas.

Es geht bei The Work nicht darum, Recht zu haben,

sondern die Realität zu erkennen – und zu lieben, was ist, statt unter dem zu leiden, was unserer Überzeugung nach sein sollte. Wie einfach ist unser Leben, wenn gilt: „Alles, was ich brauche, ist jetzt schon da. Woher weiß ich, dass ich nicht brauche, was ich zu brauchen glaube? Ich habe es nicht. Folglich ist alles, was ich brauche, immer vorhanden.
Seit mehr als drei Jahrzehnten trägt Byron Katie diesen befreienden Gedanken in die Welt. The Work lohnt einen Versuch: Es gibt nichts zu verlieren als belastende Überzeugungen – und Freiheit und Glück zu gewinnen!

INFO:
Webseite: www.instituteforthework.com
Bücher von Byron Katie im Goldmann Verlag:
Lieben was ist
Ich brauche deine Liebe – stimmt das?
Wer wäre ich ohne mein Drama?

01.12.2020
Martina Pahr
Autorin, Bloggerin und PR – Expertin

cover-martina-pahr-sorge-fuer-dichBuchtipp:

Martina Pahr: „Sorg für dich selbst, sonst sorgt sich keiner! Wie du dir selbst höchste Priorität im Leben einräumst.“
mvg Verlag
Softcover, 208 Seiten
ISBN: 978-3-7474-0069-2

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Martina-Pahr-lachend

Martina Pahr
ist Autorin, Bloggerin und PR – Expertin, hat vor einigen Jahren den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sich selbständig gemacht. Seither tut sie, wovon sie immer geträumt hat, und lebt vom Schreiben.
Beruflich wie auch privat setzt sie sich mit den spirituellen Aspekten des Lebens und den vielen Erscheinungsformen der New-Age-Bewegung auseinander – und nicht immer ist ihr gesunder Menschenverstand überzeugt von dem, was er vorgesetzt bekommt. Sie glaubt ungebrochen an das (viel zu oft ignorierte) Göttliche im Menschen: Eigenverantwortlichkeit und Eigenmächtigkeit, Selbstwert und Selbstheilungskräfte.
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