Schwierigkeit eigene Gedanken zu beobachten

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Schwierigkeit eigene Gedanken zu beobachten Mystischer Wasserfall Schwierigkeit eigene Gedanken zu beobachten

Gedanken beobachten, leichter gesagt als getan? Über die Schwierigkeit, Gedanken zu beobachten. Stressgedanken zu beobachten, das geht noch leicht. Die normalen Alltagsgedanken wahrzunehmen, das ist schwierig. Ich sehe mir die Dokumentation ‘Stopping – Wie man die Welt anhält’ an und komme zu überraschenden Erkenntnissen. Schon immer habe ich mich gefragt, was das heißen soll: ‘Gedanken vorbei ziehen zu lassen’ oder ‘Die Zwischenräume zwischen den Gedanken wahrzunehmen‘. Wenn überhaupt, dann entdecke ich höchstens eine konstante, unbestimmte Soße im Kopf, leere Zwischenräume gibt es nicht.

Es ist nicht leicht, Gedanken wahrzunehmen. Am ehesten geht das noch im Stress, wenn bestimmte Gedanken sehr laut sind. Sowas wie ‘Du kommst zu spät‘ oder ‘Das schaffe ich nicht mehr‘… Solche Gedanken sind leicht zu hören.

Im Alltag, wenn alles prima läuft und das normale Leben seinen Gang geht, ist es schwierig, die Aufmerksamkeit auf die Gedanken zu richten. Es ist ja alles so normal. Warum ist das ein Problem? Die unbemerkten Gedanken erschaffen meine Persönlichkeit, die für mich unbemerkt und ganz normal handelt. Alles ist so selbstverständlich und so werde ich mir selbst gegenüber unsichtbar. Allein das Wahrnehmen der Gedanken verändert die Situation – der Automatismus wird gelockert.

Schwierigkeit eigene Gedanken zu beobachten – Ein Schock entlarvt heilige Gedanken

‘Ich könnte kotzen, wenn ich dir beim Saubermachen zusehe,’ sagte einst eine widerspenstige Kollegin, als ich achtsam einen Mülleimer reinigte. Ich hatte ‘PutZen‘ erfunden – das sind Achtsamkeits-Übungen, wie man im Tun das Wahrnehmen unterstützen kann. Wir Worker putzten das große Haus mit gleichzeitiger Aufmerksamkeit auf der Tätigkeit und uns selbst. Dieser deutliche Satz war ein zweifacher Schock: Einmal, wegen der starken Aggressivität – ich hatte ihr doch gar nichts getan? – und zum anderen, weil ich eine Wahrheit darin roch.

Sie hatte den Finger auf eine von mir nicht wahrgenommene Gedankenwelt gelegt. Da war das ständige Bemühen in mir, mich zu verbessern, alles richtig zu machen, sich spirituell korrekt zu verhalten, mich mit ganzem Einsatz wacher zu machen… Es war ein intensiver, entschlossener Versuch, bewusst Achtsamkeit zu praktizieren, so, wie das heilige Gutmenschen machen und damit ihre Umgebung zu unbewussten Deppen stempeln. Darauf hatte sie reagiert.

Der aggressive Satz schockierte mich in die Wahrheit, er zeigte mir mein spirituelles Ego. Die dazugehörigen spirituellen Gedanken hatte ich nicht bemerkt, ich konnte sie vorher nicht sehen. Es war doch alles richtig, gut und schön so! Die feurige Bemerkung hatte mir meine Blindheit mit einem Schlag sichtbar gemacht. Die Absicht, mit Achtsamkeit zu experimentieren, kam nicht etwa aus Entspannung, Leichtigkeit und der Freude am Dazulernen. Sie kam aus einem Gedankengeflecht von ‘Ich will es gut und richtig machen‘. Und das konnte ich plötzlich ganz klar wahrnehmen.

Gedankenwelten, die berühren

Zur Zeit läuft ein Film über Achtsamkeit: ‘Stopping – Wie man die Welt anhält‘. Am Beispiel von 4 Menschen, die ihre Gedankenwelten beruhigen und entspannten möchten, werden verschiedene Wege zum Ausstieg aus den Gedanken gezeigt. Die Methoden reichen von Vipassana Meditation, Mantra singen, Andacht undVisualisierungsmeditationen bis hin zu MBSR -Achtsamkeit und Zazen Sittings.

Mich berührt der Film insofern, als mir wieder mein heiliger Gutmensch gespiegelt wird. All diese Konzepte, wie der Mensch zu seinem wahren Wesen finden kann… und dabei wird den Teilnehmern nur eine neue, positivere Gedankenwelt beigebracht. Wie rebellisch ist doch Oshos Ansatz, bei dem die Wahrnehmung von Gedanken und Gefühlen konzeptlos nur über aktive Meditationen stattfindet. Da braucht es keine 5 Regeln für achtsames, demütiges Essen, um ein Frühstück freudig und aufmerksam zu genießen. Wie oft bin ich nach der OSHO Dynamischen Meditation in tiefer Dankbarkeit und Freude beim Frühstück gesessen! Keine Regeln, keine Gedankenkonzepte sind notwendig, wenn die innere Wahrnehmung über den Körper geschult wird.

Ganz so schnell möchte ich jedoch die anderen Methoden zur Bewusstwerdung nicht abwerten, denn was dieser Film auch sichtbar macht, ist, wie sehr die Leute mit spirituellen Konzepten aufblühen. Nach nur einem Tag Atembeobachten steht der vorher gestresste, junge Arzt strahlend vor der Kamera. Die leicht in Wut zu bringende Mutter spricht nach einer Visualisierungsmeditation ruhig und entspannt von ihren Einsichten. Und am Aktivisten und Theologen nehme ich nach seiner durchlittenen Zazen Praxis eine sanfte Empfindsamkeit, Lebendigkeit und Freude wahr. Alle Teilnehmer sind berührt – welche Methode auch immer sie für sich nutzen. Und das ist wunderschön anzusehen.

Der Berührung folgen

Positive Gedankenwelten und spirituelle Konzepte haben also auch einen Wert: Sie können die Menschen in ihrem Innersten berühren. Das ist für mich das Wesentliche an spirituellen und religiösen Konzepten. Um Gedanken beobachten zu können, braucht es Berührung,  die Erfahrung eines inneren, empfänglichen, berührten Raumes. Ein Raum, der jenseits von Gedanken und Gefühlen ist. Von dort aus lassen sich in kleinen Schritten dann nach und nach alle Gedankenwelten entdecken – vielleicht wird später dann auch entlarvt, was ein spirituelles Konzept ist und was nicht.

Deshalb würde ich heute sagen: Die Methode, wie du deine Gedanken beobachten lernst, ist nicht so wichtig. Übe mit einer Technik die dich berührt. Die Berührung im Herzen oder auch im Bauch – das ist das, worauf es ankommt, das ist das Wesentliche. Von diesem inneren Raum aus nimmt die Reise zu sich selbst ihren unaufhaltsamen Gang – zumindest ist das meine Erfahrung.

By Samarpan

Ein Beitrag von Samarpan P. Powels, Meditationslehrerin, Herausgeberin von FindYourNose

Mit freundlicher Genehmigung von FindYourNose, Online Magazin für Meditation
Dort sind auch alle weiterführenden Links zu finden

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