Toni Innauer
Anton Innauer ist einer der erfolgreichsten Schispringer seiner Generation, die in vielerlei Hinsicht eine ganz besondere Sportlergeneration war und oft als das „österreichische Schisprungwunder“ bezeichnet wurde.
In dieser Zeit wurde Akzente gesetzt, die in Weiterentwicklungen bis heute Wirkung haben. Zudem war Innauer viele Jahre Trainer und in hoher Managementverantwortung im Österreichischen Schiverband. Mit knapp 50 Jahren wagte er den Sprung in die unternehmerische Selbstständigkeit. Bereits als Spitzensportler galt er nicht nur als Stilist, sondern auch als Individualist. Diesen Freiraum hat er sich bis heute bewahrt – auch als Unternehmer.
Andrea Riemer im Gespräch mit einem, der viel zu sagen hat …
zum Spitzensport und der Kraft von Gedanken, zum versteckten Geschenk von Verletzungen, zu Intellektualität und Spiritualität, zur veränderten Medienlandschaft und wie man als Spitzensportler damit umgeht, zum nochmaligen Turnaround rund um den 50. Geburtstag und was das Leben dann noch so alles zu bieten hat … jenseits der Vierschanzentournee und das Schisprungsports im Allgemeinen.
Spiritualität und Sport … was geht noch außer Yoga und Meditation?
Ich denke an die 1970er Jahre, an Baldur Preiml und Willi Dungl, mit dem mich sehr viel verband, an die Schellbach-Methode der Visualisierung … alles damals unglaublich fremd und exotisch. Heute spricht die Weitsprungweltmeisterin von Doha, Malaika Mihambo, ganz offen über ihren Indienaufenthalt, darüber, dass sie meditiert. Yoga gehört ja fast schon zum Standardprogramm eines Spitzensportlers. Wie haben Sie diese Entwicklung – zuerst als Spitzensportler, dann als Trainer, Funktionär und nun als Berater und Unternehmer verfolgt?
Das sind sehr unterschiedliche Ebenen. Mein Studium hat mich in jeder Weise sehr geprägt. Alles, was ich heute an Aussagen mache, hängt eng damit zusammen. Die Möglichkeit, erkenntnistheoretisch geschult zu werden und dann Dinge sachlicher beurteilen zu lernen, hat mir durch mein Studium der Philosophie und Psychologie ein pragmatisches Instrumentarium verschafft. Habe gelernt, die Dinge objektiver und nicht zu verklärt zu sehen. Bildung steigert das Urteilsvermögen und dadurch ist man weniger von ideologischen Deutungs-Systemen abhängig und weniger manipulierbar.
Meine spirituellste Zeit hatte ich sicher als Sportler, weil ich es sehr aus der Intuition ausgelebt habe. Unser Team wurde von Baldur Preiml (Anmerkung: der damalige österreichische Cheftrainer der Schispringer) angeleitet und geführt – in Richtung, die Kraft des eigenen Denkens zu erkennen. Er vermittelte Grundeinstellungen und Techniken. All das ist heute in der Sportpsychologie sauber ausgeprägt.
Visualisierung, Konzentration, Aufmerksamkeits-Regulation – all das haben wir damals in naiven Ansätzen schon gemacht, nur anders benannt. Das autogene Training von damals heißt heute Achtsamkeitsübung. Der Atem als Steuermedium hat immer eine große Rolle gespielt, so auch bei uns. Das war auch ein Steuerwerkzeug, um unseren Erregungszustand zu modellieren. Wo brauchten wir eine hohe Konzentration und Aggressivität? Wo ging es ums Entspannen, ums Beruhigen oder ums Lernen oder ums Einschlafen … Wir haben gelernt, mit diesen Mentalkräften umzugehen.
Ja, es gab die spirituelle Dimension, weil ich wusste, es gibt noch etwas außer mir – und das hat mich erleichtert und gelegentlich habe ich mich dem in meiner Laufbahn und auch im Leben anvertraut. Doch uns ging es damals sehr ums Trainingspraktische und wie wir das in den Sport integrieren, um unsere Leistungen noch besser zu machen.
Doch die Forschung in diesem Bereich und meine Beschäftigung mit den neuen Möglichkeiten haben mir neue Ursachen gezeigt. So hat sich mein Zugang im Laufe der Jahre doch ein wenig verändert. Die Wissenschaft hilft uns, unsere Handlungen und Denkgewohnheiten zu erkennen zu vergleichen. Sie schweben dann nicht im Äther herum, sondern sie manifestieren sich sehr konkret in unseren Gehirnstrukturen. Man kann auch im Training konkret ansetzen und die Ergebnisse werden auch in sportlichen Leistungen sichtbar.
Durch die Befähigung, konkret Gedanken zu steuern (Selbstgesprächsregulation), kann man die Lernprozesse, Belastungsverträglichkeit und letztlich auch die Ergebnisse, die ein Sportler erzielt, mitsteuern. Das fällt dann nicht vom Himmel, sondern das muss man üben. Natürlich spielt im Spitzensport Begabung, die Genetik eine große Rolle, aber auch die Qualität des Lern- und Entwicklungsumfeldes.
Der Sportler als Unternehmer
Gibt es da Raum für Spiritualität? Heute ist es ja so, dass die Außendarstellung extrem wichtig ist. Sponsoren hier, Firmen da … Der Sportler heute muss unternehmerisch denken. Bleibt da überhaupt noch Raum für Achtsamkeit und eines gelebten Bewusstseins? Oder ist das Luxus?
Für einen Topprofi in den einschlägigen Sportarten, wo der Markt auch eine Rolle spielt, ist es ein Muss, sich zusätzliche Kompetenzen in diesem Feld zu erwerben. Gleichzeitig darf dabei das Sportliche nicht verwässert oder gar verdrängt werden. Er muss vielseitiger sein und er muss auch mehr schauspielernd sein als zu meiner Zeit der Fall war.
Sich nur auf den Sport zu konzentrieren und z.B. Medien und Öffentlichkeit beiseite zu lassen – das geht heute nicht mehr. Der Topathlet muss die Spielregeln, die den Sport so groß und so auch so gesellschaftlich bedeutungsvoll gemacht haben, kennen und sie befolgen. Er muss ihnen gerecht werden und mitspielen – auch weil der Sport ökonomisch zu einer derartigen Größe wurde.
Diese Erfordernisse spielen stark zusätzlich in den jeweiligen Tagesablauf und in die Arbeit mit sich selbst hinein. Da kann einem jedoch gleichzeitig einiges an Fähigkeiten aus dem Sport helfen. Zum Beispiel, sich nicht beeindrucken zu lassen und sich auf das, was jetzt zu tun ist, voll zu konzentrieren. Es geht darum, zu erkennen, was jetzt wichtig ist und gute Entscheidungen zu treffen.
Wenn Sport, dann richtig Sport. Wenn Kameras da sind, dann muss der Sportler rasch umschalten. Beim Interview ist er mehr Entertainer, wenn er sich sehr gut verkaufen will. Das heißt – heute braucht es auch die kognitive Flexibilität, d.h. das Hin- und Herschalten und die Fähigkeit Störreize abzublocken.
In den gutdotierten Sportarten gibt es Personal, das begleitet und unterstützt, Teammanager, Mediensprecher. Das ist heute ganz entscheidend, damit der Sportler nicht überfordert wird. Wir machen das auch in unserer Agentur. Da ist der Schwerpunkt weniger im Sportlichen, sondern im Management des Umfelds, sportliche Karrierebegleitung von der Steuererklärung über Vertragsverhandlungen bis zu Interviews etc.
Heute kommt der Bereich der sozialen Medien hinzu. Hier baut sich ein enormer Erwartungsdruck an die Sportler auf. Das überfordert einige. Die ganz Erfolgreichen haben es ein wenig leichter, weil denen u.U. ein Sponsor einen Experten abstellt und die ständig zu aktualisierende Arbeit auf den sozialen Medien erleichtert und verbessert.
Es hat sich nicht nur viel im Vergleich zu meiner Zeit gerade in diesem Bereich verändert und die Spitzensportler sind mit einem oft enormen Erwartungsdruck konfrontiert, der sie über alle Maßen fordert.
Höhenflüge …
Sie sind der erste Skispringer der Geschichte, der für einen Flug (über 168 m beim Skifliegen am 6. März 1976 in Oberstdorf) von den Sprungrichtern fünfmal die Note 20 erhielt. Was machen solche herausragenden Leistungen mit einem jungen Menschen?
Das ist ein Titel ohne Mittel, für die Geschichtsbücher. Ich bekam nichts dafür, weder Geld noch eine Medaille. Heute würde ich unseren Athleten empfehlen, so etwas vorab in einem Prämienvertrag festzulegen bzw. dem Internationalen Schiverband deutlich nahelegen, einen Preis dafür auszuloben. Für mich war das damals ein Durchbruch, der natürlich ein bisschen zu relativieren ist, weil es ja subjektive Bewertungen durch die Schiedsrichter waren.
Ich wusste, ich hatte auch ein bisschen Glück, weil schlicht alles gepasst hat an dem Tag bei dem Sprung bzw. Flug über 168m. Gleichzeitig hatte ich den Sprung als originelle Leistung selber vollbracht und schreibe mir diesen Erfolg auch selbst zu. Zudem hatte ich über Monate die Kampfrichter mit meinen Leistungen vielleicht auch aus der Reserve gelockt, diese Bewertung für mich ob meiner Eleganz beim Sprung auszugeben. Es war auch die Zeit irgendwie dafür reif.
Neue Wege
Sie haben sehr jung, mit 22 Jahren verletzungsbedingt Ihre Karriere beendet und studiert. Das war damals etwas Außergewöhnliches – auch ein bisschen in der Schiene von Baldur Preiml. Sie studierten Philosophie, Psychologie und Sport. Was hat Sie zu dieser Wahl bewogen?
Es war damals fast normal, dass man damals in unserer Springergeneration studierte. Baldur Preiml holte die besten Schispringer nach Stams an Schigymnasium. Wer Stams absolvierte hatte, der hatte die Matura (Abitur). Es haben einige meiner Kollegen, z.B. Olympiasieger Karl Schnabl wurde Arzt, auch studiert. Ich war also nicht der Einzige. Doch es war eben diese neue Generation. Wir waren von Baldur Preiml geprägt, der sowohl große sportliche Erfolge verzeichnen konnte (Bronze in Grenoble 1968 auf der Normalschanze) und auch ein Studium absolviert hatte (Geschichte und Sport) und damit Vorreiter zu seiner Zeit und vielschichtiger als viele seiner Kollegen war. Das war ein Segen für uns.
Meine Beweggründe für meine Studienwahl waren mit dem Sport einerseits naheliegend. Die anderen beiden Fächer mit Philosophie und Psychologie waren ein wenig risikobehaftet, denn da gibt es im Schulischen nur wenige Stunden, die dafür als Unterrichtsfach vorgesehen sind.
Geistige Interessen über den Rand der Sprungschanze hinaus wurden von Preiml initiiert und gefördert und haben mich und Alois Lipburger, meinen besten Freund, motiviert, kritisch zu diskutieren und den Sinn des Lebens immer wieder oft in nächtelangen Gesprächen zu hinterfragen.
Das war für uns sehr reizvoll; ein Onkel von Lipburger war philosophisch bewanderter Generalabt bei den Zisterziensern, mit der er im geistigen Austausch stand. All das hat uns neugierig gemacht und die Motivation für meine Studienwahl beeinflusst.
Verletzungen als verstecktes Geschenk?
Sie blicken auf eine außergewöhnliche Karriere als Spitzensportler mit dem Olympiersieg in Lake Placid 1980 und damit auch damals Weltmeister zurück. Es gab viele Verletzungen in Ihrer Karriere. Wie sehr prägten Sie diese auch für später?
Sie haben mich in mehrfacher Hinsicht geprägt. Zum einen körperlich. Das waren traumatisierende Erlebnisse, die man mehr oder weniger verarbeitet. Das führte dazu, dass ich eine hohe Sensibilität und Expertise in diesem Bereich entwickelt habe.
Ich kann mich dadurch auch sehr gut in Sportler in einer ähnlichen Lage hineinversetzen. Daraus habe ich eine bestimmte Qualität als Mentor entwickelt, die mir auch als Trainer sehr half.
Zum anderen meine ich, dass ich auch dadurch zu studieren begann, was vielleicht ein bisschen paradox im ersten Moment klingen mag. Doch – wäre ich noch länger im Wettkampf gestanden – ich bin nicht sicher, ob ich z.B. mit dreißig Jahren noch mit einem Studium begonnen hätte. Ich wäre ohne Verletzung in jene Zeit hineingefallen, wo man erstmals mit Schispringen Geld verdienen konnte. Da hat sich vieles geöffnet, was uns damals aufgrund des Amateurstatus verschlossen war. Mein Leben wäre wahrscheinlich, mit ein paar Weltcupsiegen mehr, völlig anders verlaufen, zumindest was die geistige Dimension angeht.
So bin ich fast froh – wenn auch das Geschenk unschön verpackt war – dass ich sehr früh ein Zeitbudget geschenkt bekam und studierte. Mit zweiundzwanzig, dreiundzwanzig Jahren kann man sich noch leichter einfügen und breite Neugier entwickeln, als wenn man über dreißig Jahre ist. Die Lust und Kraft zu lernen, und ganz intensive praktische Erfahrungen theoretisch und unvoreingenommen zu durchleuchten war noch stark ausgeprägt.
Meine abgeschlossene Ausbildung war neben der fachlichen Basis auch ein mental/soziales Sicherheitsnetz bei anderen Tätigkeiten. Ich fühlte mich nie so abhängig von Trainertätigkeiten. Denn die Jobs im Sport sind hochgradig erfolgsabhängig. Der Uni-Abschluss hat mir eine gewisse Freiheit gegeben, eine Sicherheit, etwas über meinen Erfolgsnachweis als Sportler hinaus „drauf zu haben.“ Ich konnte wählen, ich hatte Optionen. Das gibt Freiheit und Luft.
Grenzgänge …
Nach dem Studium waren Sie von 1987 bis 1989 als Trainer und Lehrer am Skigymnasium Stams. 1989 bis 1992 führten Sie die österreichischen Skispringer als Cheftrainer zu neuen Erfolgen, unzähligen Goldmedaillen. Das ist ja die andere Seite des Sports, als Trainer – ich hatte immer den Eindruck – Sie sind sich selbst sehr treu geblieben in Ihrer Weise. Auch, als Sie ab 1993 als Rennsportdirektor für den nordischen Skisport im Österreichischen Schiverband arbeiteten … auch in der schwierigen Lage nach dem Tod von Alois Lipburger (2001), dem damaligen Cheftrainer der österreichischen Schispringer.
Wie geht man in solchen Extremlagen, wo es um Menschen geht und Erfolge ganz weit für den Moment stehen, um? Es gibt ja im Spitzensport immer wieder Momente, wo die Grenze zwischen Leben und Tod ein ganz schmaler Grat ist. Was hilft Ihnen dabei?
Der Tod Alois Lipburgers, der mein bester Freund war, war die schwierigste Phase in meiner beruflichen Tätigkeit. Es war eine mehrschichtige Situation, weil sich Beruflich-organisatorisches (wir standen 2 Wochen vor einer Weltmeisterschaft) und Menschliches ganz stark überlagerten. Da fiel von einem Moment auf den anderen alles auseinander.
Da war sehr, sehr viel zu regeln. Gleichzeitig war ich zutiefst persönlich betroffen, weil Alois Lipburger mein bester Freund war. Alleine die Nachricht des Todes der Familie zu überbringen und dafür zu sorgen, dass sie die ersten Tage überstehen konnte, waren sehr belastenden Aufgabe. Gleichzeitig war auch das gesamte Trainerteam völlig geschockt. Teilweise waren Athleten in den Unfall von Alois Lipburger involviert. Und wir wussten, dass in zwei Wochen Weltmeisterschaften auf dem Programm standen. Wir fanden gemeinsam eine Linie, wurde Teamweltmeister, gewannen Medaillen.
Diese beiden Fakten, das Menschliche und meine Betroffenheit und die enormen organisatorischen Dinge in Kombination waren eigentlich zu viel. Mit einigen Jahren Abstand betrachtet, ist das Faszinierende und gleichzeitig Gefährliche daran ist, dass man in der Situation einen derartigen Energiesschub erhält, sich so derart in der Verantwortung fühlt, dass ich meinte, ich kann das alles tragen. Ich habe das einige Zeit getragen und mich dabei schwerwiegend verausgabt.
Das wird einem jedoch erst im Nachhinein bewusst. Ich war in der strapaziösen Doppelfunktion aus Trainer und Sportdirektor und merkte nach gut einem Jahr, dass ich eigentlich am Ende bin mit meinen Kräften. Ich hatte mit der Zeit keine Visionen, keine Wünsche, keinen Spirit mehr und versuchte perfekt zu funktionieren. So konnte ich auch andere nicht mehr inspirieren. Wie auch? Ich war ja leer und ausgetrocknet.
Das war eine Grenzerfahrung. Dann war ich froh, als alles endlich vorbei war. Ich kann mich damit in den heute verfügbaren Burnoutkatalogen mit den alarmierend hohen Abstufungen sehr gut einordnen.
Relativ lange konnte ich unser Team auf Kurs halten mittels der Instrumente und Erfahrungen auf die ich zurückgreifen konnte, auch aus dem Studium. Intuitives Menschenverständnis aus meiner Ursprungsfamilie, inhaltliche Kompetenzen aus dem Studium, ein paar Managementfähigkeiten auch im Umgang mit Medien und eine, im Lauf der Zeit aushöhlende Härte gegen sich selbst.
Man ist eine Weile beflügelt, wie viel Gutes man stiften kann, während andere schockstarr oder orientierungslos sind. Doch später rächt sich das. Es ist Raubbau. Der Tank war irgendwann leer und es kam nichts mehr nach, auch nichts von dem, was vorher fast ein wenig magisch vorhanden war.
Was mir in dieser Extremsituation klar wurde, war auch auf die Trainer stark zu achten. Sie arbeiten unter gewaltigem Druck und schwierigen Vertragsverhältnissen, oft mit Einjahresverträgen. Sie habe ich später versucht, bewusster zu schützen und so gut wie geht zu unterstützen, damit sie nicht ausbrannten. Das war gar nicht einfach, denn manche Trainer wollten das nicht verstehen, dass der Erfolg nicht alle Mittel und Risiken rechtfertigt.
Mir ging es ums Stabilisieren, um ein Gewinnen mit Augenmaß. Das im Spitzensport zu begreifen, ist eine große Herausforderung. Coaching war damals noch nicht so etabliert wie heute. Doch ich nahm anderthalb Jahre Coachingstunden bei einem externen Psychologen, um mich selbst stabilisieren und weiter zu entwickeln.
Es gab in der Lage damals keine psychologische Begleitung, ähnlich wie bei einer Krisenintervention heute. Ich war in dem Kreis der einzige, der ein wenig Psychologie studierte hatte und ein Grundwissen hatte, das sollte nach Meinung des Verbandes reichen. Das war der große Irrtum. Jeder von uns braucht Unterstützung, braucht eine Form von Supervision, eine Andockstelle, eine Möglichkeit, solche Erfahrungen zu verarbeiten, um sich wieder aufzuladen.
Später waren wir im ÖSV-Skispringen gewissermaßen Vorreiter – aus der Not der Lage heraus. Wir haben Anfang der 2000er Jahre einen Sportpsychologen hinzugezogen und der hat anderthalb Jahre nur Coach the Coaches im Team gemacht. Uns ging es darum, dass die Trainer Kenntnisse über diesen Bereich erwerben und der Experte ein gewachsenes Gespür für die spezielle Welt des Skispringens bekommt und dann erst wurde mit den Athleten gearbeitet.
Vom Sportler zum Unternehmer … ein Turnaround als Ermutigung
Der Mensch Anton Innauer und seine Spiritualität. Sie sind seit 2010 aus der Trainertätigkeit heraus und seit 2011 Unternehmer und zudem Berater, Seminartrainer, freier Autor und Journalist. Wir freuen uns auf Ihre ZDF-Kommentare zu den Schispringen: Mich interessiert – wie haben Sie die berühmte Kurve 2011 gemeistert? Was half Ihnen dabei? Und inwieweit – jenseits der Vorträge und Seminare, die Sie geben, spielt Spiritualität für Sie ganz persönliche eine Rolle in Ihrem Leben?
Das Schwierigste war der Umstieg aus einem erfolgreichen System ins Neue hinein. Der Ausstieg fiel mir nicht leicht. Unser Team, „die Superadler“, war mit Abstand das Stärkste im Weltcup. Es war auch absehbar, dass das noch einige Jahre so bleiben würde. Und doch hat es mich weggezogen. Ich blieb ja etwas länger in der Managementfunktion, weil ich gestalten konnte. So wollte ich eine besondere Sportkultur mitaufbauen.
Irgendwann merkte ich – das ist aus-gelebt. Junge Menschen verfolgen andere Ziele. Was ihnen wichtig ist, das berührt mich nicht mehr so stark. Die mediale Spektakelgesellschaft hatte eine belastende Dimension und Selbstverständlichkeit auch im Sport bekommen. Das wollte ich nicht mehr das ganze Jahr leben müssen. Die Überkommerzialisierung hat der Tiefe, die mir so wichtig ist, viel Raum genommen.
Ich habe mich dann nach dem Risiko gefragt, mit 51 Jahren noch auszusteigen. Dann war mir klar, dass es in die Selbständigkeit gehen würde. Schon in meiner Zeit beim Österreichischen Schiverband hab ich immer wieder Vorträge in der Wirtschaft gehalten. Diese Tätigkeit sollte meine Basis für den gewagten Sprung ins neue Berufsleben sein.
Es entwickelte sich positiv, bald gründete ich mit dem sportbegeisterten Wirtschaftsprofi Wolfgang Schwarzmann die Agentur Innauer + (f)acts. Meine ehemalige Sekretärin im ÖSV wechselte nach den Anfangsjahren auch in unser Büro. So bin ich im Logistisch-Administrativen optimal entlastet und unterstützt und nütze das als Basis für meine vielschichtigen Tätigkeiten und Aktivitäten. In vielen Dimensionen kann ich so als Autor, Keynotspeaker, Berater, Experte wertvolle Erfahrungen und Prozesse aus dem Hochleistungssport in andere Lebensbereiche transferieren. Das ist die richtige Mischung, die mir Freiheit gibt und doch Struktur – und für diese Entwicklung und Möglichkeiten bin ich auch sehr dankbar.
Es muss Spaß machen, sinnvoll sein und ich muss davon leben können – das war und ist mir wichtig. Und – es ist überschaubar. Große Veranstaltungen z.B. lagern wir zu meinem Geschäftspartner und dessen Eventagentur (f)acts Events aus.
Wichtig ist mir bei allem, dass man sich entwickelt, die richtige Mischung aus Seniorität, Neugierde und Lebenslust zu leben. Daher mag ich es wirklich, inspirierende Bücher zu lesen, zu musizieren, interessante Menschen zu treffen … der Zeit für Bildungsarbeit ihren Platz und Bedeutung zu geben.
Gerade als Keynotespeaker oder Autor ist es unabdingbar, die guten alten, selbst erlebten Geschichten mit neuen, zeitgemäßen Erkenntnissen, Entwicklungen und Deutungen abgleichen und anreichern zu können. Nur so kann der Bezug zur aktuellen Lebenswelt des Publikums hergestellt werden.
3 Tipps für den Alltag
Ein gutes Körper- und Bewegungsgefühl entwickeln – es ist wichtiger denn je. Wir sind gut beraten der Natur in uns, der Körperlichkeit, aber auch der „Natur um uns“ bewusst mehr Aufmerksamkeit zu schenken. 150 Minuten Bewegung pro Woche sind als Faustregel nötig um uns in Schwung zu halten. Das muss man heutzutage bewusst als Kulturgut pflegen, weil es im modern sitzenden Lebensstil systematisch „entsorgt“ wird.
Die eigene Urteilsfähigkeit erhalten – junge Menschen sind dabei gefährdeter als reifere Menschen. Die Fülle an Informationen und ihre Zugänglichkeit fordern uns permanent auf, zu beurteilen, ob das stimmig ist oder nicht und ob es faktenbasiert ist oder auch nicht. Die geschulte und geübte Urteilsfähigkeit, klar zu denken, hilft uns, weniger manipulierbar zu sein.
Das Zusammenspiel von Individualisierung und Gemeinschaft – der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen; er steht in Beziehung – und dafür muss Raum sein, muss es entsprechende Strukturen geben. Es beginnt im Kleinen bei der Familie und weitet sich dann aus. Kulturell gewachsene regionale Gruppen, die eine behagliche Zugehörigkeit ermöglichen, werden ausgedünnt. Die Gruppen auf sozialen Medien sind kein Ersatz dafür und sie können die entstehenden Lücken nicht füllen.
„Mister Skisprung“ – diesen Titel trägt Mag. Toni Innauer (geb. 1958 in Vorarlberg) zurecht.
Seine Zeit als Sportler, Trainer und Sportdirektor beim Österreichischen Skiverband machte ihn zu einer internationalen Ikone: Überragende Erfolge – aber auch dramatische Rückschläge – haben ihn über die Jahre begleitet. In seiner 17-jährigen Amtszeit als ÖSV Sportdirektor prägte Innauer den Nordischen Skisport wie kein anderer; seine Lebenserfahrung und sein Fachwissen gab er an den Nachwuchs weiter.
Heute ist er erfolgreicher Unternehmer, Autor mehrerer Bücher, Kolumnist, seit Jahren TV-Experte für Skispringen im ZDF sowie gefragter Seminarleiter und Wirtschaftsreferent. In der Ära Innauer und unter seiner Führung beim Österreichischen Skiverband entwickelten sich nicht nur die 10 Jahre dominierenden „Superadler“ mit ihrem Trainer Alexander Pointner, sondern auch die Gruppe der aktuell erfolgreichen österreichischen Skisprungtrainer im In- & Ausland – wie Andreas Felder in Österreich, Alexander Stöckl in Norwegen, Stefan Horngacher in Deutschland oder Werner Schuster – ehem. Bundestrainer Deutschland und nun Privattrainer von Gregor Schlierenzauer.
Empfehlungen zu Anton Innauer
“Am Puls des Erfolgs”
Buch von Anton Innauer
ISBN:978-3-9502868-0-9 (€ 24,95)
Das Buch kann man über den CSV Verlag erwerben: www.csv.at
Ein paar weitere Hinweise, wo Anton Innauer sich noch engagiert und seine Erkenntnisse und Erfahrungen einbringt:
Hotel www.hohesalve.at – Sportresort Hohe Salve
Bio-Getränk IXSO – www.ixso.eu
Die beiden Webseiten geben einen Einblick zu Anton Innauers aktuellen Tätigkeiten:
www.innauerfacts.at
www.toni-innauer.at
Veranstalterin Andrea Riemer
Andrea Riemer hat es nach einer 25 Jahre umfassenden, internationalen wissenschaftlichen Karriere in Strategie und Sicherheitspolitik gemeistert, sich seit 2012 als gefragte Autorin und Beraterin in Fragen zu Bewusstsein und Achtsamkeit zu etablieren.
Sie gilt mit ihren Arbeiten als Vordenkerin, die abstrakte Überlegungen mit praktischen Übungen für den Alltag gekonnt verbindet. Bewusstsein und Achtsamkeit sind für lebendiges Leben.
Lernen Sie bei einer, die es Ihnen vorlebt.
25.01.2020
Außerordentl. Honorarprofessorin Dr.habil. Dr. Andrea Riemer, Ph.D.
Zur Autorin finden Sie alles Wissenswerte unter:
www.andrea-riemer.de
Alle Beiträge der Autorin auf Spirit Online
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