Authentizität zwischen Freiheit und Verantwortung

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authentizitaet-wasserfall-gesicht-haende-waterfallAuthentizität zwischen Freiheit und Verantwortung

Erinnern Sie sich an einen Moment absoluter Freiheit in Ihrem bisherigen Leben. Nehmen Sie einfach den ersten, der Ihnen in den Sinn kommt, und lassen Sie die Situation noch einmal vor Ihrem inneren Auge lebendig werden.

  • Wann war das in etwa?
  • In welcher Lebenssituation befanden Sie sich?
  • An welchem Ort ereignete sich dieser persönliche Freiheitsmoment?
  • Waren Sie allein oder mit anderen zusammen?
  • Wenn ein Mensch oder mehrere dabei waren, um wen handelte es sich?
  • Wie waren die Umstände genau?
  • Was haben Sie getan, gedacht, gefühlt?

Lassen Sie Ihre Erinnerung an diesen Moment mit so vielen Details wie möglich noch einmal lebendig werden. Gehen Sie mit Ihren Gefühlen ein in die Erlebenswelt dieses einen, speziellen Moments Ihrer Vergangenheit.

Und dann weiten Sie Ihre Aufmerksamkeit aus.

War dieser Moment wirklich so einmalig und speziell? Oder finden Sie noch weitere solcher Situationen, die Sie mit diesem Gefühl von uneingeschränkter Freiheit verbinden? Lassen Sie auch diese sich vor Ihrem inneren Auge und in Ihrem heutigen Erleben erneut ereignen. Tauchen Sie ein in die schönen Gefühle, die Sie – Sie ganz persönlich(!) – damit verbinden. Haben Sie diese Momente so richtig ausgekostet? Ja? Sehr gut! Dann schauen wir uns die Sache mit solchen „speziellen Momenten“ einmal genauer an.

Wenn ich Sie fragen würde, was die Momente gemeinsam haben, die Sie gerade vor Ihrem inneren Auge haben Revue passieren lassen, was würden Sie darauf antworten?

Vielleicht würde Ihnen auffallen, dass es etwas gibt, was alle diese Augenblicke gemeinsam haben:

Freiheitsmomente zeichnen sich dadurch aus, dass wir Menschen uns ganz und gar eins mit dem Leben fühlen. Es sind Momente, an denen wir nichts auszusetzen haben. Selbst, wenn nicht alles so „perfekt“ läuft, wie wir es gern hätten, kümmert es uns wenig bis gar nicht. Wir nehmen einfach vollkommen bereitwillig hin, was sich ereignet … oder auch nicht ereignet.

Wir setzen unsere Kräfte also nicht dafür ein, um gegen das, was ist aufzubegehren. Unseren Fokus richten wir dabei ganz automatisch auf den Chancenreichtum der Situation, auf die Schönheit dessen, was wir gerade erleben, auf das Wunder des gegenwärtigen Moments, der sich ganz einfach ereignet und sich an uns verschenkt. Wir sind in einem Zustand einer Hingabe, die mit den Augen der Liebe alles in sich und um sich herum wahrnimmt.

Diese liebevolle Zuwendung macht es uns möglich,

die Großartigkeit dieses vielleicht – oberflächlich betrachtet – so unwichtigen Augenblicks zu erkennen. Und das wiederum erfüllt uns mit Enthusiasmus und Freude, die sogar weit über das gegenwärtige Erleben hinausgehen, wie Sie selbst es mit der Übung zu Beginn erlebt haben. Wir erinnern uns manchmal nach langer Zeit noch an etwas, das sich irgendwann einmal zwischen all den längst in Vergessenheit geratenen Alltagsmomenten ereignet hat.

Daneben, dass wir nicht versucht haben, die Situation zu verändern, haben wir auch uns selbst in einem solchen Moment genauso annehmen können, wie wir sind. Selbstkritik, Abwertungen das eigene Sein betreffend, ständige Gedankenschleifen um vermeintlich verpassten Chancen, Zukunfts- und Versagensängste, der übermannende Wunsch, irgendwie anders zu sein und alle weitere Selbstkasteiung pausierte während wir diesen Moment erlebten. Es war, als hätten wir den inneren und äußeren Strom der Negativität, mit der viele von uns alltäglich zu tun haben, von jetzt auf gleich, sogar ohne große Mühe unterbrochen. Wie konnte das möglich sein?
Ganz einfach: Wir waren einfach wir selbst!

In diesem einen Moment der absoluten Freiheit

haben wir uns nicht darum gekümmert, welche Ansprüche wir an uns selbst stellen oder was andere von uns erwarten. Wir haben uns auch nicht taktierend Verhalten, weil wir durch unser Handeln die Anerkennung anderer erhalten wollten.
Wir wollen nicht einmal besonders nützlich für etwas oder jemanden sein. Wir waren einfach durch und durch echt und natürlich. Wir haben ganz einfach unser Sein gefeiert!

Darin liegt im Kern das, was wir als „Authentizität“ bezeichnen.

Authentizität ist die Fähigkeit, das eigene Sein vorbehaltlos gelten zu lassen und es im Zusammenspiel mit dem gegenwärtigen Moment hingebungsvoll zum Ausdruck zu bringen.

In einer Welt, in der wir darauf getrimmt werden, anderen zu gefallen, scheint eine solche Haltung des vorbehaltlosen Selbstseins keinen Platz zu haben. Von klein auf lernen wir in Interaktion mit Menschen und gesellschaftlichen Systemen, was „man“ zu tun oder zu unterlassen hat, um ein nützliches und vollwertiges Mitglied der eigenen Gesellschaft zu sein.

Kulturelle, ethnische und religiöse Prägungen pflanzen uns tiefgreifende Glaubenssätze ein, die uns – oft unbewusst – von innen heraus regieren. Von Authentizität sprechen wir ja nur deshalb explizit, weil es nicht selbstverständlich ist, authentisch zu sein. Es ist nicht der Normalfall, das eigene Sein würdevoll und vor allem wahrhaftig auszudrücken. Es ist sogar so „unnormal“, dass wir es bemerken und benennen, wenn uns jemand begegnet, den wir für „authentisch“ halten.

Was unterscheidet einen Menschen, der sich authentisch gibt, von jemandem, den wir für unauthentisch halten?

Ein authentischer Mensch strahlt eine natürliche Glaubwürdigkeit aus. Er hat sich mit seiner eigenen Einzigartigkeit ausgesöhnt, ohne sich deshalb anderen über- oder unterlegen zu fühlen. Er versteht es, seine Originalität auf eine Weise auszudrücken, die sein Dasein und sein Wirken mit besonderer Schönheit anreichert.

Ein solcher Mensch genießt sehr schnell unser Vertrauen, denn intuitiv spüren wir, dass er sich selbst in keiner Hinsicht verbiegt und missachtet. Deshalb gehen wir davon aus, dass seine Redlichkeit sich auch im Umgang mit uns ausdrücken wird. Er wird unser Vertrauen nicht missbrauchen. Noch dazu verkörpert er ein unaufgeregtes, liebevolles Sein, das sich so viele von uns für sich selbst so sehnlich wünschen. Was sich darin widerspiegelt, ist ein hohes Maß an Verantwortung.

Ein authentischer Mensch hat ein sehr hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein verwirklicht.

Einerseits ist er sich seiner Verantwortung sich selbst gegenüber bewusst. Er weiß, dass es allein an ihm selbst liegt, seine Authentizität, sein einfaches und natürliches Selbstseins, auch unter dem Eindruck teils niederdrückender sozialer und gesellschaftlicher Aufforderungen zum „Normalsein“ zu bewahren.

Ein authentischer Mensch versteht es, die Zügel für sein Fühlen, Denken und Handeln in seinen eigenen Händen zu behalten. Er weiß, dass er zu einer Marionette fremder Interessen würde, gäbe er seine Selbstverantwortung aus der Hand. Neben einerseits der Selbstverantwortung steht für ihn andererseits die Verantwortung auch für seine Umwelt.

Er lebt seine Freiheit nicht etwa rücksichtslos gegen andere aus. Vielmehr ist er sich dessen bewusst, dass seine Freiheit dort endet, wo die Freiheit des anderen beginnt. Kommen die Freiheit zum eigenen Selbstsein und die Verantwortung für den eigenen Einflussbereich zusammen, reift ein Mensch zu einer authentischen Persönlichkeit mit Vorbildcharakter heran, die für andere anziehend, interessant und glaubwürdig ist.

Wenn Sie mögen, dann befragen Sie sich einmal ehrlich,

wie weit und konsequent Sie selbst den Weg der Authentizität in Ihrem bisherigen Leben gegangen sind. Sind die wunderschönen, erhebenden Augenblicke der Freiheit, an die Sie sich anfangs erinnert haben, tatsächlich so „spezielle Momente“? Und wenn ja, wünschen Sie sich mehr davon?

Wünschen Sie sich in irgendeinem Bereich Ihres Lebens, noch mehr Authentizität zu verwirklichen als bisher? Wenn dem so ist, befragen Sie sich auch daraufhin, ob Sie das aus einem tiefen inneren Wunsch heraus tun möchten oder ob auch (noch) der Wunsch nach Anerkennung durch andere mit hineinschwingt.

Ist Letzteres der Fall dürfen Sie im ersten Schritt nach Gründen für mehr Authentizität suchen, die in Ihrem Inneren zu finden sind, statt in der Außenwelt. Dabei gilt es zu erkennen: Authentizität und das Bestreben nach Anerkennung schließen sich nun einmal aus.

Wenn Sie den wahrhaftigen inneren Ruf danach spüren, in eine Authentizität hineinzuwachsen, die Ihr natürliches Selbstseins noch mehr zum Erstrahlen bringt, dann fangen Sie mit kleinen Schritten an. Beobachten Sie sich einfach im Alltag. Nehmen Sie wahr, wie Sie sich in bestimmten Situationen und in der Gegenwart bestimmter Menschen verhalten. Beobachten Sie sich sehr genau. Und dann stellen Sie sich immer und immer wieder eine einfache Frage:

Was würde ich jetzt tun, wenn ich authentisch wäre?

Sie werden schnell zu sehr klaren Antworten auf diese Frage kommen. Im ersten Schritt reicht es aus, diese Antworten aus Ihrem wahrhaftigen Inneren wahrzunehmen. Je öfter Sie mit dieser Frage unterwegs sind, desto eindeutiger wird sich das Bild von Ihnen abzeichnen, das Sie von sich selbst als einer authentischen Person haben. Und dann fangen Sie hie und da an, dieses innere Bild von sich selbst auch im Außen Wirklichkeit werden zu lassen. Schritt für Schritt, ohne Hetze und ohne direkt die größten Baustellen anzugehen, üben Sie sich im Kleinen in mehr Authentizität.

Auf diese Weise stimmen Sie immer konsequenter in den großen Tanz aus Freiheit und Verantwortung ein, zu dem jede und jeder von uns berufen ist. Es liegt an uns, unsere ganz einzigartigen Tanzschritte zwischen Freiheit und Verantwortung authentisch in die Choreographie des Lebens einzubringen.

18.09.2020
Dr. Wiebke-Lena Laufer
Trainerin – Rednerin – Autorin
www.wiebkelenalaufer.com

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Kamphausen-Wiebke-Lena-LauferDr. Wiebke-Lena Laufer
ist promovierte Theologin und Mediatorin mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Als Trainerin und Rednerin gibt sie Menschen Impulse, die noch erfolgreicher darin sein möchten, ihr Leben und Business authentisch und selbstbestimmt zu führen. Ein Grundsatz Ihres Lebens und Ihrer Arbeit lautet:
Erscheine jeden einzelnen Tag auf der Übungsmatte des Lebens …
… und dann tanze mit dem Leben!
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Wege zum Ich
Dr. Wiebke-Lena Laufer:
Wege zum Ich. Klar, selbstbestimmt und kraftvoll leben,
J. Kamphausen, Bielefeld 2019,
S. 169-176
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