Brahmananda Glückseligkeit

yin yang himmel canva

Brahmananda Glückseligkeit im Urgrund des Kosmos

Brahmananda Glückseligkeit – Es vollzieht sich heute ein Transformations-Prozess, der Ver-Wandlung und Neuwerdung und die Wirkkraft des Kosmos deutlicher als je zuvor spürbar werden lässt. Und damit einher geht ein Bewusstseinssprung im Menschen, der ihm den Sinn seines Lebens immer tiefer zu erkennen ermöglicht: die Befreiung des Geistes ist das Ziel jeder Tätigkeit, die Erlangung von Moksha  (Sanskrit: Befreiung zum Sein). Alles wird um des Atman, um des Geistes willen getan, und dieser bedeutet grenzenlose Freiheit. Er wird eben erst freigesetzt, wenn er sich von allen denkbaren Begrenzungen befreit.

Der Weg zur Freiheit ist selbst frei.

Sich an die eigene Freiheit zu klammern, ist eine andere Art der Bindung, die wir zerbrechen müssen.

Moksha ist Erlösung, Befreiung.

Ananda bedeutet Glückseligkeit. Die Beatitudo, die Glückseligkeit in der christlichen Scholastik, ist das letzte Ziel der menschlichen Existenz und des ganzen Universums.

Befreiung setzt einen Erkenntnisweg voraus, der nicht nur ein Akt des Verstandes ist. Es geht nicht darum, einen Gegenstand, ein Objekt einem Subjekt nahe zu bringen, sondern der Erkenntnisvorgang ist ein ontologischer Prozess, durch den das Sein zu dem wird, was es ist, indem es erkannt wird. Und so bedeutet Denken nicht, sich Erklärungen über die Wirklichkeit auszudenken oder Hypothesen darüber aufzustellen. Denken heißt vielmehr, die Wirklichkeit aufbauen, sein lassen, verwirklichen.

Erkennen ist gleich Sein, Werden, d.h. nicht Reflexion, sondern Schöpfung.

Das echte Denken sagt uns nicht, wie die Dinge sind, indem es sie sozusagen in unserem Geist nachahmt. Das wahre Denken lässt die Dinge sein oder werden, indem es sie denkt. Sein wird zur schöpferischen Rede, das Wort sich selbst ausdrücken, offenbaren lassen. Die eigentliche Aufgabe der Kontemplation besteht darin, uns dorthin zu führen, wo das Wort spricht und nicht gesprochen wird. Es ist ein Aufsteigen zu dem Shabda-Brahman (Sanskrit: die Welt des Klanges), dem Absoluten Wort. Der innerste Sinn des Klanges ist der eigentliche Shabda, der sich mit erleuchtender Kraft (Sanskrit: Shakti) aus dem Unbewegten, Ewigen erhebt. Wenn sein Gefährt, das gesprochene Wort, in innerlich und äußerlich vollkommener Weise erklingt, versetzt es die innere Kraft in Schwingung, die dann in der Lage ist, Einsicht bis hin zur Erleuchtung zu vermitteln.

Der Befreiungsweg in der Gegenwart verleiht uns die Perspektive einer fast vergessenen kosmologischen Weltsicht, die uns Dimensionen der Wirklichkeit offenbart, die unter den erdrückenden Schichten der Geschichte, der Politik, der Wirtschaft, der Technologie und den unheilvollen pseudo-religiösen Angeboten fast vergraben wurden.

Jeder Mensch ist ein templum spirituale, ein vom göttlich-kosmischen Ur-Geist erfüllter Tempel.

Der Wohnort Gottes oder auch  Brahman, TAO, Nirvana  u.a. liegt im Innersten jedes Menschen verborgen.

Kontemplative Spiritualität zeigt die mannigfaltigen Möglichkeiten auf, wie man sich mit Vertrauen auf den religiösen Rückweg in das eigene Zuhause, den Urgrund, die Urquelle, begeben kann, ohne von dogmatischen, konfessionell gebundenen Lehrmeinungen gefesselt zu sein. Es geht um eine geistige Befreiung, bei der Immanenz und Transzendenz Hochzeit feiern.

Die Praxis der Kontemplation entfernt keineswegs von der Welt, im Gegenteil. In der Kontemplation erkennt man, dass das ganze Universum ein einziges Ganzes, ein Holon ist, dass alles vom Gesetz der gegenseitigen Abhängigkeit gelenkt wird und jeder ein Gefühl für das soziale Verflochtensein entwickeln, sein wahres Wesen erkennen und die Suche nach dem illusorischen Glück aufgeben sollte.

Das echte Glück, die wahre Freiheit, liegt im Bewusstsein der Vergänglichkeit, dem Respekt und Verständnis für das Leben und für sich selbst.

Der Mensch muss aus dem Traum erwachen, um im Hier & Jetzt zu leben.

 

„Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein.“  
(Neues Testament, Epheser 5, 14)

Während der Kontemplationsübung, wo alles projektionsbetonte Denken zur Ruhe kommt, verbessert sich spürbar der Gehirnblutkreislauf. Die Gehirnrinde ruht sich aus, und der bewusste Strom der Gedanken wird angehalten, während das Blut zu den tieferen Schichten fließt. Durch diese bessere Durchblutung erwachen diese Schichten aus einem Halbschlaf; ihre Aktivität vermittelt ein Gefühl des Wohlbefindens, der Heiterkeit und Ruhe, das mit dem Tiefschlaf verglichen werden kann, jedoch bei vollem Wachzustand stattfindet.

Das Nervensystem ist entspannt, das Stammhirn in voller Aktivität. Man ist empfänglich und durch jede Zelle des Körpers hindurch in höchstem Maße aufmerksam. Man denkt unbewusst mit dem Körper, jede Dualität, jeder Widerspruch wird ohne Energieaufwand überwunden. Die so genannten „primitiven“ Völker haben sich ein sehr aktives Stammhirn bewahrt. Durch die Entwicklung unserer Art von Zivilisation haben wir den Intellekt herangebildet und ständig verfeinert. Intuition und die mit dem inneren Kern des Gehirns verbundene Weisheit sind weitgehend verloren gegangen.

ES atmet

Das absichtslose Beobachten und Geschehenlassen des nicht manipulierbaren kosmischen Atems (Inspiration) ist das tiefste Geheimnis der Kontemplation. Der Mensch ist gewohnt, in alle Lebensprozesse aktiv einzugreifen, und er übersieht dabei, wie er immer mehr versäumt, dem Wirken des innersten Urgrunds, der Quelle unseres Daseins genügend Raum zu geben.

Nur allzu häufig wird der Vorgang des Luftholens mit Atmung verwechselt. In- und Exhalation sind nicht gleichbedeutend mit Atmung, mit Inspiration. Der weitläufige Bereich der Spiritualität – keine abgehobene, entrückte Weltfremdheit ! – hat ganz konkret mit dem Atmen zu tun (lat.: spirare).
Der Atmungsprozess vollzieht sich unbewusst, wenngleich das absichtlose Beobachten dieses spirituellen Geschehens allerhöchste Aufmerksamkeit erfordert. Wenn ES atmet, vollzieht sich im Menschen der Transformationsschritt vom Haben zum Sein, vom Tun zum Lassen, vom Ego zum höheren Selbst, was man im Sanskrit mit „Atman“ bezeichnet.
Unsere deutsche Sprache ist indogermanischen Ursprungs und hat das Wort Atem unmittelbar dem Sanskritwort Atman entlehnt. Der berühmte Inder und Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi ist den meisten Menschen ein Begriff. Gandhi war ein überragender Geist – maha (groß) und atman (Geist). Beim Atmen geht es letztlich darum, den uns innewohnenden ewig lebendigen Geist zu erfahren, die Anwesenheit des inwendigen Königreich Gottes, den Himmel auf Erden.
(s. Neues Testament, Lukas 17,21).

Atmen ist ein liebevolles Geschehenlassen der sich ständig verändernden Situation des ewigen Lebens, jenseits der bestehenden Polarität und Dualität von Geburt und Tod.  Der indische Poet und Nobelpreisträger für Literatur Rabindranath Tagore (1861 – 1941) kleidet den göttlichen Atem-Rhythmus in wunderbare Worte:

„Geburt und Tod, beides
des Lebens Spiel erhält –
wie beim Gehen der Fuß,
einmal erhoben, wieder fällt.“

Atem und Geist sind das ewig Lebendige und Wirksame in unserem göttlichen Universum.

Der Geist Goethes, Beethovens, Mozarts u.v.a ist uns allen präsent. Wenn wir zu dem in unserem Inneren beheimateten Atem einen vertrauensvolleren Zugang hätten, wenn wir das Wunder des Atems lediglich zuließen, so lebten wir im Paradies auf Erden. Im Laufe von 24 Stunden macht der Mensch ca. 21.000 Ein- und 21.000  Ausatembewegungen. Diese neuromotorische Aktivität erfolgt in der Regel unbewusst. Die Lebensenergie eines jeden Menschen wird nicht vordergründig von äußeren Faktoren bestimmt, sondern von der jeweils individuellen Anbindungskraft an das eigene Atem-Zentrum, der geistigen Lebensquelle. Diese Rückanbindung ist Religion – gleichgültig ob Christ, Buddhist, Hindu, Jude, Muslim, Indianer o.ä.m..

Aus spiritueller Sicht wird in der Kontemplation die Annäherung an den inneren Lebens-Kern durch absichtslose Achtsamkeit auf das Aus- und Einatmen erreicht. J.W. von Goethe würde dies als „Stirb und werde!“ bezeichnen. Kontemplation (griechisch: theoria = die Wesensschau) ist eine nicht-aktive Aktivität, die höchste Form von gegenwärtigem Wachsein. Christlich ausgedrückt (Brief an die Galater 2, 20) würde man sagen:

„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“

 Und diese spirituelle Erfahrung des göttlichen Wesensgrundes oder der Buddha-Natur heißt:

„Nicht ich atme, sondern ES atmet.“

Das ist der Weg vom aktiven In- und Exhalieren zum Atmen, zum passiven Inspiriert-Werden. Keiner sagt: „ich inspiriere“, denn es heißt: „ich werde inspiriert“ (engl.: „I am inspired“).

Der berühmte deutsche Dominikanermönch und Mystiker Meister Eckhart nennt diesen Vorgang:

„Gott und ich, wir sind eins.
Er wirkt und ich werde.“

Die regelmäßige Kontemplation ermöglicht, durch die Rückkehr zum Ursprung des Lebens ein neuer Mensch zu werden. Die Suche nach dem verlorenen Paradies wird beendet. Die Integration von Körper, Seele und Geist führt zur dauerhaften Wiederherstellung der Stimmungs- und Spannungsbalance, zur Erfahrung der göttlichen Gegenwart im Hier und Jetzt. Nur wenige Minuten regelmäßiges, tägliches Üben bringen auf längere Sicht eine wunderbare Veränderung.

Kontemplation und Aktion sind nicht voneinander zu trennen, sondern bedingen sich einander in ihrer permanenten, zum inneren und äußeren Gleichgewicht orientierten Balancetätigkeit.

Der  indische Poet Rabindranath Tagore (1861 – 1941), der im Jahre 1913 den Nobelpreis für Literatur erhielt, machte einst beim Anblick eines Sonnenaufgangs über den Baumwipfeln von Kalkutta eine tiefe Glückseligkeits-Erfahrung (Sanskrit: Ananda) und berichtete davon seinem Freund C.F. Andrews in einem Brief:

„Während ich den Sonnenaufgang beobachtete, schien sich plötzlich ein Schleier von meinen Augen zu heben. Ich fand die Welt in unbeschreibliche Herrlichkeit gehüllt, mit ihren Wellen der Freude und Schönheit, die sich überall brachen. Die dichte Wolke der Sorge, die oft auf meinem Herzen lag, wurde vom Licht der Welt durchbrochen, das überall leuchtete. Es gab nichts und niemanden, die ich in jenem Augenblick nicht liebte.

Ich stand auf der Veranda und beobachtete die Kulis, die die Straße entlang eilten. Ihre Bewegungen, ihre Gestalt, ihre Mienen erschienen mir seltsam wunderbar, als ob sie sich wie Wellen im großen Ozean der Welt bewegten. Als einer der jungen Männer seine Hand auf die Schulter eines anderen legte, war dies ein bemerkenswertes Ereignis für mich. Ich schien in der Ganzheit meiner Vision Zeuge der Bewegungen des Körpers der ganzen Menschheit zu werden und den Takt der Musik und den Rhythmus des mystischen Tanzes zu spüren.“

OM – der heilige Klang des Universums

Die abendländischen Christen sagen: „Im Anfang war das Wort (Logos).“
Die Chinesen sagen: „Im Anfang war das Tao (Weg).
Die Inder sagen: „Im Anfang war der Shabda (Klang).“

Jeder Klang hat im Sanskrit zwei Aspekte: den gröberen des hörbaren Klanges und das feinere Klangelement, eine Klangschwingung transzendenter Natur. Dieser innere Sinn des Klangs ist der eigentliche Shabda oder Sphota, der sich mit erleuchtender Kraft (Shakti) aus dem Unbewegten, Ewigen erhebt. Shabda oder Sphota haben als allein mögliches Lautsymbol ein einziges Wort: es lautet in der menschlichen Sprache AUM. Dies allein, weil die drei Buchstaben A-U-M, die zusammen wie OM ausgesprochen werden, das eine Symbol für alle anderen Laute sein können. Alle artikulierten Laute werden in der Mundhöhle gebildet, im Raum zwischen Rachen und Lippen. Das A ist der Kehllaut, das M der Lippenlaut, das U erhält seinen Anstoß im Rachen und rollt von dort weiter bis zu den Lippen. Richtig ausgesprochen, stellt somit OM die ganze Lautbildung dar, was keinem anderen Wort in diesem menschlichen Maße möglich ist. 

Das Singen des heiligen Klangs OM führt den Menschen an seinen Urgrund zurück, wo er eins mit sich selbst und dem ganzen Universum ist.

17.08.2023
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de


Über Roland R. Ropers

Brahmananda Glückseligkeit Roland Ropers

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

>>> zum Autorenprofil

Alle Beiträge des Autors auf Spirit Online

Buch Tipp:

cover kardiosophie Roland RopersKardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle

von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu

Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.

> Jetzt ansehen und bestellen <<< 

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*