Buddha der Erwachte

mudras buddha

Buddha der Erwachte

„BUDDHA der Erwachte, hat meiner Meinung nach das Wesen des Universums am besten erkannt, denn er konnte durch die Welt der Erscheinungen, die Welt der Sinne blicken. Er kannte die Vergänglichkeit der Dinge. Es gibt in dieser Welt keine endgültige Erfüllung. Wir leben in einer Welt unbeständiger Phänomene, alles ändert sich unaufhörlich, alles ist im Fluss und Widerstreit. Im Augenblick des Todes transzendieren wir diesen Fluss der Phänomene und den Körper. Wir betreten die Wirklichkeit“.

(Benediktinermönch & Mystiker Bede Griffiths, 1906 – 1993)

Jedes Jahr am 8. Dezember wird der Erleuchtungstag von Siddharta Gautama (563 – 483 v. Chr.), des Begründers des Buddhismus gefeiert.

Siddharta Gautama gelangte im Alter von 35 Jahren in einer Meditation unter einem Feigenbaum in einer kleinen Stadt im Nordosten von Indien zur Erkenntnis aller Dinge. Dieser Ort heißt seitdem Bodhgaya (Ort des Erwachens, der Erleuchtung).

Siddharta wurde im Jahr 563 vor Christus  in Lambini, einem Grenzort zwischen dem heutigen Indien und Nepal geboren.  Seine Eltern waren reiche Hindus und lebten in einem großen Palast. Die Mutter starb schon kurz nach der Geburt. Siddharta wuchs bei seinem Vater auf und verbrachte seine Kindheit mit allem Luxus, den man sich vorstellen kann. Mit 16 Jahren wurde Siddhartha mit seiner Cousine Yashodhara verheiratet.

Als Jugendlicher durfte sich Siddharta nur im Palast aufhalten.

Er wollte jedoch auch das Leben außerhalb kennenlernen. Und so unternahm er heimlich vier Ausflüge. Dabei lernte er zum ersten Mal in seinem Leben Not kennen. Später beobachtete er, dass alle Menschen auf der Welt leiden. Manche, weil sie krank, arm oder einsam sind, andere, weil sie ein schlimmes Schicksal verkraften müssen. Er sah aber auch gesunde, reiche und vom Schicksal verwöhnte Menschen, die von Unzufriedenheit oder sogar Neid, Gier oder Hass geplagt waren.

Mit 29 Jahren wurde Siddharta Vater. Doch kurz nach der Geburt seines kleinen Sohnes Rahula verließ Siddharta den Palast und änderte sein Leben. Nach langer Suche nach Frieden und Erkenntnis versank er tief in seinen Gedanken. In dieser Meditation fand er nach buddhistischem Glauben einen Weg, sich von allem Leid (Sanskrit: „Dukkha“) zu befreien. Laut Überlieferung führte er ein bescheidenes Leben, bescherte seinen Mitmenschen nur Freude und Gutes und betrachtete alle Menschen und Dinge, ohne sie in irgendeiner Form zu bewerten. Das führte ihn zur wahren Erkenntnis aller Dinge.

Mit 80 Jahren starb Siddharta in Kushinagar im Nordosten Indiens an einer Lebensmittelvergiftung. Buddhistinnen und Buddhisten glauben, dass es ihm gelang, nach seinem Tod aus dem Kreislauf der Wiedergeburten (Sanskrit: „Samsara“) auszutreten und ins Nirvana zu gelangen.

Das Erwachen zur Wirklichkeit des Seins ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. 

Vor 30 Jahren besuchten wir am 30. November 1992 mit unserem damals fast 3-jährigen Sohn Benedikt die eindrucksvollsten Buddha-Figuren „Gal Vihara“ in Polonnaruwa/Sri Lanka.

Buddha Statuen c roland ropers
©Roland Ropers Die beeindruckenden Buddha-Statuen „Gal Vihara“ in Polonnaruwa/Sri Lanka Der fast 3-jährige Benedikt Ropers in den frühen Morgenstunden des 30. November 1992

Beim Anblick der drei berühmten Buddha-Figuren erfährt der legendäre amerikanische Trappistenmönch Thomas Merton am 4. Dezember 1968 seine ersehnte Erleuchtungserfahrung. Wenige Tage später, am 10. Dezember, stirbt er 53 Jahre jung in Bangkok nach seinem Vortrag bei der asiatischen Mönchskonferenz.

Er schrieb in sein Tagebuch:

„Polonnaruwa mit seinen weiten Ebenen unter Bäumen. Zäune. Wenige Menschen. Keine Bettler. Eine Piste. Verlaufen. Dann finden wir Gal Vihara und die anderen Stupas in dem Mönchskomplex. Zellen. In der Ferne Berge, wie Yukatan. Der Pfad führt nach Gal Vihara hinunter: eine weite, ruhige Grube, von Bäumen umgeben. Ein niedriger Felsvorsprung, eine Höhle hin-eingemeißelt, und neben der Höhle ein dicker, sitzender Buddha links, ein liegender Buddha rechts und Ananda, denke ich, der in der Nähe des Kopfes des liegenden Buddha steht.

Ich kann mich den Buddhas barfuß nähern, ungestört, meine Füße in feuchtem Gras, feuchtem Sand. Dann die Ruhe dieser außergewöhnlichen Gesichter. Dieses große Lächeln. Riesig und doch weich. Mit allen Möglichkeiten gefüllt: nichts fragen, nichts wissen, nichts zurück-weisen, Frieden — nicht aus gefühlsmäßiger Resignation, sondern aus Madhyamika, aus Sunyata, die durch jede Frage blickt, ohne zu versuchen, den anderen oder das andere zu diskreditieren — ohne Zurechtweisung –, ohne andere Argumente vorzubringen.

Für den Doktrinär, den Geist, der feststehende Positionen sucht, kann dieser Friede, diese Ruhe angsteinflößend sein. Ich wurde von einer Flut von Erleichterung und Dankbarkeit ergriffen angesichts der offensichtlichen Klarheit der Figuren, der Klarheit und des Fließens der Formen und Linien, des Entwurfs der monumentalen Körper, die in die Formen des Felsens und der Landschaft hineinkomponiert sind: Figuren, Felsen und Raum. Und der Hang bloßen Felsens, der an der anderen Seite der Grube langsam aufsteigt, an dem man hochsteigen kann, um andere Aspekte der Figuren zu sehen.

GRIFFITHS vor der Hütte und Signatur ropersAls ich diese Figuren betrachtete, wurde ich plötzlich fast mit Gewalt aus der üblichen, halbgebundenen Sicht der Dinge gerissen, und eine innige Klarheit, Helligkeit, die aus den Felsen zu strömen schien, wurde spürbar und sicht-bar. Die verrückte Offensichtlichkeit der liegenden Figur, das Lächeln, das traurige Lächeln Anandas, der mit verschränkten Armen dasteht (viel imperativer als da Vincis Mona Lisa), weil völlig einfach und geradeheraus).

Das ist es: kein Rätsel, kein Problem und wirklich kein Mysterium. Alle Probleme sind gelöst, und alles ist klar, einfach deshalb, weil das, was wichtig ist, klar ist. Der Felsen, alle Dinge, alles Leben ist voller Dharmakaya … alles ist Leere, und alles ist Mitleiden. Ich weiß nicht, wann ich in meinem Leben je so ein Gefühl von Schönheit und spiritueller Stärke in einer ästhetischen Illumination habe zusammenlaufen sehen. Mit Mahapalipuram (Indien) und Polonnaruwa ist meine asiatische Pilgerreise ganz sicher klar geworden und hat sich selbst gereinigt. Ich meine, ich kenne und habe gesehen, wonach ich dunkel gesucht habe.

Ich weiß nicht, was noch auf mich zukommt, aber jetzt habe ich unter die Oberfläche geschaut, habe mich hindurchgebohrt, und ich bin durch Dunkelheit und Verborgenheit hindurchgelangt. Das Ganze gleicht sehr einem Zen-Garten, eine Spanne von Nacktheit und Offenheit und Offensichtlichkeit, und die großartigen Figuren, bewegungslos, doch in den Linien voller Bewegung, voller wogender Kleidung und Körperform, eine wunderschöne und heilige Vision. Für den Rest der Stadt, den alten Palast, hatte ich keine Zeit. Wir fuhren einfach durch die Straßen und sahen die Ruinen und begannen unsere lange Heimfahrt nach Kandy.“

Am 8. Dezember 1992 feierten wir zusammen mit Dom Bede Griffiths

in seinem süd-indischen Ashram „Sat-Chit-Ananda“ („Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit“) den Erleuchtungstag Buddhas. Wenige Tage zuvor hatte ich für die dortige Gemeinschaft einen Vortrag über Leben und Wirken von Thomas Merton gehalten mit dem Thema „Contemplation in a World of Action“.

08.12.2022
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de


Über Roland R. Ropers

Buddha der Erwachte Roland Ropers 2021

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

>>> zum Autorenprofil

Alle Beiträge des Autors auf Spirit Online

Buch Tipp:

cover kardiosophie Roland RopersKardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle

von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu

Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.

> Jetzt ansehen und bestellen <<< 

Für Artikel innerhalb dieses Dienstes ist der jeweilige Autor verantwortlich. Diese Artikel stellen die Meinung dieses Autors dar und spiegeln nicht grundsätzlich die Meinung des Seitenbetreibers dar. Bei einer Verletzung von fremden Urheberrecht oder sonstiger Rechte durch den Seitenbetreiber oder eines Autors, ist auf die Verletzung per eMail hinzuweisen. Bei Bestehen einer Verletzung wird diese umgehend beseitigt. Wir weisen aus rechtlichen Gründen darauf hin, dass bei keiner der aufgeführten Leistungen oder Formulierungen der Eindruck erweckt wird, dass hier ein Heilungsversprechen zugrunde liegt bzw. Linderung oder Verbesserung eines Krankheitszustandes garantiert oder versprochen wird. Alle Inhalte des Magazins sind kein Ersatz für eine Diagnose oder Behandlung durch einen Arzt, Psychotherapeuten oder Heilpraktiker.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*