Christina Link Einheit auf höchster Ebene

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Christina Link Einheit auf höchster Ebene starnberger lakeChristina Link Einheit auf höchster Ebene

Wenige Monate nach Adolf Hitlers Machtergreifung am 30. Januar 1933 traf am 2. Mai 1933 die 25-jährige Christina Link (1908 – 1999) im Kloster der Missionsbenediktinerinnen in Tutzing am Starnberger See ein – der Beginn eines außergewöhnlichen Lebens im unermüdlichen Dienst für das Seelenheil zahlloser Menschen auf allen Kontinenten der Erde.

Am 20. Januar 1908 kommt Christina Link als drittes Kind eines Lehrerehepaares im unterfränkischen Hobbach/Spessart zur Welt.

„In unser kindseliges Glück sollte bald das Dunkle einbrechen. Was wusste ich mit meinen knapp sieben Jahren von Vaters Überforderung und Übermüdung, von seinem gefährdeten Herzen? Er war immer zur Stelle und immer an der Arbeit. Und dann sein plötzlicher Tod im Juni 1915. Der Leidensweg unserer damals 36-jährigen Mutters war lang: fünfzig Jahre Witwenschaft, eine kleine Rente, die kaum zum Überleben reichte. Und alles mitten im 1. Weltkrieg,,,“

Christina ist hoch begabt, studiert, um ebenfalls Lehrerin zu werden.

Beeindruckt ist sie von Romano Guardini (1885 – 1968),  dem sie in frühen Jahren auf Burg Rothenfels begegnet ist.

Im Jahr 1932 kam ihr plötzlich ein Prospekt der Missionsbenediktinerinnen von Tutzing in die Hände – sie war wie vom Blitz getroffen. Ihre beruflichen Pläne gab sie sofort auf und teilte ihrer schwer enttäuschten Mutter ihren Entschluss mit: „Ich will Gott und seiner Liebe ganz gehören“.

„Wie ich die erste Nacht im Noviziatsschlafsaal von Tutzing verbrachte, weiß ich nicht mehr. Die Bettvorhänge umschlossen den einzigen Privatraum, den man besaß. Der Strohsack schreckte mich nicht, denn wir hatten ja oft auf Jugendfahrten darauf in Scheunen und Heustadeln gut geschlafen. Vom ersten Tag an gewann ich diese Stelle lieb, war sie doch eine Vorahnung jener Stille, in der ich Gott zu begegnen hoffte…“

Geradezu ungewöhnlich:

bereits nach 4 ½ Monaten wird Christina in das Priorat in Wonsan/Nord-Korea geschickt. Eine lange Schiffsreise von Genua über Port Said, Colombo, Sumatra, Singapore, Hongkong, Shanghai, Port Arthur bis nach Dairen. Weiterreise mit dem Zug über Seoul in den Norden Koreas.

Christina Link Einheit auf höchster Ebene
Benediktiner-Kloster in Wonsan/Nord-Korea Copyrights: Archiv Missionsbenediktinerinnen Tutzing am Starnberger See

Am 26. Mai 1934 erhält Christina bei der feierlichen Einkleidung den Ordensnamen Gertrud.

In Windeseile erlernt sie koreanisch, japanisch, chinesisch und russisch (später noch: italienisch und portugiesisch). Ein harter, oft sehr entbehrungsreicher Arbeitsalltag im Schulbetrieb und in der Seelsorge.

„Gemeinschaft ist ein glückhaft Wagen,
wenn Liebe sie zusammenhält.
Sie ist ein bitterschweres Tragen,
wenn sie in Selbstsucht schal zerfällt.
Gemeinschaft ist ein frohes Wachsen,
wenn Eigenliebe still sich beugt.
Sie ist ein Welken, wenn die Laxen
sie rückgratlos das Zepter neigt.“

Wonsan war von 1910 – 1945 Teil des Japanischen Kaiserreichs.

Im Jahr 1935 legt Schwester Gertrud dort ihre ewigen Gelübde ab und wird im Jahr 1948 Priorin. Sie erlebt im Jahr 1949 den Korea-Krieg und kommt nach der kommunistischen Machtübernahme 4 Jahre ins Gefängnis und in ein Arbeitslager.

„Was uns an Schmerzen, ja fast Untragbarem begegnet ist, kann nicht heranreichen an den Schmerz jener Stunde, wo meine koreanischen Schwestern mich umklammerten, als könne ich sie retten vor dem Grauenhaften, das vor ihnen stand, vor der Verlassenheit, in die sie hineingestoßen wurden nach dem Rauswurf aus unserem Kloster…“

„Nach 12-stündiger Fahrt, während wir nichts zu essen oder zu trinken bekamen, hatte der Zug Pyongyang erreicht. Ein hoher Polizeibeamter ging stillschweigend mit hämischem Lächeln durch unser Abteil, so als ob wir Raubtiere wären, die man für eine Zoo gefangen hat. Ein Lastwagen brachte uns ins Staatsgefängnis…Zu fünft in eine Zelle. Zerrissen, schmutzig, blutverschmiert, starrte uns eine dünne Strohmatte auf dem dunklen Bretterboden an. Sie war zu ekelhaft, sie anzurühren. Ein Kübel für die Notdurft in der Mitte des winzigen Raums. Waschwasser alle zwei Tage in einem alten Stahlhelm. Stundenlanges Strafsitzen in Hockstellung. Kreislaufkollaps und Ohnmacht waren die Folge. Da es weder Matratzen noch Kopfkissen oder Decken gab, lagen wir einfach flach auf dem Bretterboden…“

Diverse Mitbrüder und Mitschwestern starben während dieser qualvollen Zeit.

Im Lager Oksadok: „Die Müdigkeit war unbeschreiblich, wenn man im Sommer bei 30 Grad Celsius 12 bis 14 Stunden arbeitete, oft an Steilhängen, wo man kaum stehen konnte. Dabei hatten wir ständig Durst… Siebzehn Tote hatten wir in unserer Gruppe zu beklagen. Jeder wäre es wert, dass seine Leidens- und Sterbegeschichte aufgeschrieben würde. Die gesundheitlichen Bedingungen waren so schlecht, dass wir zuletzt annehmen mussten, dass keiner von uns mehr lange leben könne, wenn nicht bald eine Wende käme…“

Und das erhoffte Wunder geschah am 15. November 1953.

Hoher Besuch, Herren mit vielen Ordenssternen auf der Uniform waren gekommen. Der Führer der Gruppe, ein Abgesandter der Regierung war der Überbringer einer guten Nachricht des Führers Kim II Son: „Ab heute sind Sie nicht mehr Gefangene, sondern hochverehrte Gäste der Nordkoreanischen Regierung“.

Freudenfeste wurden gefeiert. Weihnachten wieder in Freiheit. Ein glücklicher Neujahrsanfang am 1. Januar 1954 und einige Tage später wochenlange Heimreise mit dem Zug durch Russland – am 24. Januar endlich wieder im Heimatkloster Tutzing am Starnberger See. Schwester Gertrud ist 46 Jahre alt – hinter ihr liegen 20 ereignisreiche Jahre.
1956 bricht sie wieder gen Osten auf und übernimmt die Leitung des Noviziats in Teagu/Süd-Korea.

Im Jahr 1967 wird sie in Rom zur Generaloberin gewählt.

Sie bereist mehrfach alle 5 Kontinente der Erde, bringt zahlreiche Projekte erfolgreich auf den Weg. Eine „Top-Managerin Gottes“ mit einer hohen Verantwortung für Tausende von Menschen. Nach ihrer erfolgreichen Amtszeit ging sie 1983 für 6 Jahre nach Sorocaba/Süd-Brasilien und setzte sich 1989 im Haus St. Benedikt in Tutzing “zur Ruhe”. Sie reiste im Jahr 1992 im Alter von 84 Jahren noch zweimal in ihr geliebtes Korea. Am 27. März 1999 starb sie im Alter von 91 Jahren in Tutzing, wo ich sie 1995 besucht hatte. Das von mir übersetzte Buch „Return to the Centre“ („Rückkehr zur Mitte“) des Benediktinermönchs und Mystikers Bede Griffiths (1906 – 1993) war für sie eine wichtige spirituelle Bereicherung und Nahrungsquelle. 

„Ich sehe unsere Kongregation unter dem Bild des Rades. Dieses hat in der Mitte einen starken Kern, ein Zentrum, Nabe genannt. Aus dieser inneren Einheit streben die Speichen nach allen Richtungen auseinander. Und doch hat das Rad nur Kraft und die Fähigkeit, seine Aufgabe zu erfüllen, wenn diese auseinanderstrebenden Speichen in einer sehr kräftigen Runde wieder zusammengefasst und in den Radmantel eingefügt werden. Jede von uns hat ihren eigenen Platz in der uns gemeinsam zugeteilten Aufgabe. Immer gilt es, auf dem Weg Christus zu folgen. Dies bedeutet: Einheit auf höchster Ebene.“

21.04.2022
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de


Über Roland R. Ropers

Reisen nach innen ein Lebensabenteuer Roland Ropers Portrait 2021

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

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