Der kleine Engel

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segen-liebe-engel-fantasyDer kleine Engel

Hoch oben in einem der vielen Himmel des unendlichen Universums, lebte einmal ein kleiner neugieriger Engel. Er streifte tagein-tagaus umher, schaute in jede Kiste und unter jeden Stein, der ihm begegnete und bohrte den alten erfahrenen Engeln Löcher in den Bauch, weil er so viel wissen und lernen wollte.

Nun war es so, dass das erste Weihnachtsfest für den kleinen Engel nahte. Er war furchtbar aufgeregt und schaffte es nicht einmal für zwei Minuten still zu sitzen. Ständig rannte er umher, stibitzte frisch gebackene Plätzchen und versuchte herauszufinden, wo die weisen Engel die Geschenke versteckten.

Ehrlich gesagt, war es kaum zum Aushalten mit dem kleinen Naseweis.

Denn niemand kam mehr dazu, seine Arbeit zu erledigen.
Da schickten ihn die Engel für ein paar Stunden auf die Erde, gaben ihm die Gabe der Unsichtbarkeit mit und beauftragten ihn, den Menschen zu helfen, wo er nur konnte.
Der kleine Engel jubelte und quietschte vor lauter Freude und versprach, sich ganz außerordentlich anzustrengen.

Als erstes lief er in ein großes Warenhaus, wo schlimm gestresste Väter und Mütter die letzten Einkäufe erledigen wollten. Der kleine Engel versuchte alles richtig zu machen, doch anstatt nützlich zu sein, verbreitete er ein riesengroßes Chaos.
Spielzeuge fielen aus den Regalen, weil er den Eltern etwas Sinnvolles für ihre Kinder zuwerfen wollte.

Andere suchten vergeblich Stofftiere und Puppen, weil der kleine Engel alle an einen einzigen Ort transportiert hatte. Er dachte, dass man sie so besser finden würde. Doch am schlimmsten wurde es, als er der Reinigungsdame helfen wollte.

Plötzlich waren viele Gänge gleichzeitig nass und zwei rennende Muttis rutschten auf der Nässe aus und schlitterten geradewegs in die Schlange vor der Kasse. Zum Glück hatte sich niemand dabei verletzt, doch das Theater und Geschrei war ohrenbetäubend.

Betrübt machte sich der kleine Engel aus dem Staub,

hinterließ seinen Segen für jedermann und wanderte die Straßen hinauf und hinab. Hin und wieder blickte er in die hübsch dekorierten Fenster der Häuser, doch richtig froh wurde er nicht dabei. Zudem hatte er ja auch versprochen, zu helfen, wo er konnte.

Ein paar Meter vor ihm, erblickte er einen jungen Vater, der sich mit einem Tannenbaum abmühte.

„Oh“, dachte sich der kleine Engel, „dem werde ich wohl helfen können!“ Doch ach, es war kaum mit anzusehen. Zog der kleine Engel vorne, versuchte es der Mann von der anderen Seite. Wollte er nach rechts, drehte sich der kleine Engel nach links. Schließlich fluchte der Mann so sehr, dass der kleine Engel erschrocken das Weite suchte. Auch ihm hinterließ er seinen Segen und hoffte, dass er sich schnell wieder beruhigen würde.

Noch ganz in Gedanken, wäre er beinahe mit einem kleinen Mädchen zusammengestoßen, das schnell noch für die Mutter einkaufen gewesen war. Doch auch hier wollte seine Hilfe nicht so recht ankommen. Die Tüte platzte und das kleine Mädchen weinte sogar ein wenig. Außer seinem Segen konnte er auch hier nichts wirklich Gutes hinterlassen.

Wohin sich der kleine Engel auch wandte, er verbreitete nichts als Ärger und Kummer.

Schließlich holten ihn die Engel wieder zurück in den Himmel. Ganz still und leise verzog sich der kleine Engel in eine Ecke und dachte über seinen Ausflug auf die Erde nach.
So fand ihn einer der weisen Engel. Leise setzte er sich neben ihn, denn natürlich wussten schon alle längst, was auf der Erde geschehen war.

„Warum bist du so betrübt?“, fragte er den kleinen Engel.
Ach, ich wollte den Menschen helfen. Doch ich habe ihnen nur Unglück gebracht.“, antwortete er.
Woher weißt du das?“, fragte der weise Engel weiter.
„Nun, sie haben sich weh getan, waren wütend oder traurig. Und manche haben sogar schrecklich geflucht. Und das alles wegen mir.“, jammerte der kleine Engel.
Komm einmal her.“, rief ihm der weise Engel zu und führte ihn zu einem Fenster, durch das man die Menschen auf der Erde sehen konnte. „Sieh einmal hindurch und sage mir, was du siehst.

Der kleine Engel schaute durch das Fenster und staunte nicht schlecht.

Überall lachten die Menschen, waren fröhlich und ausgelassen, wo er eben noch Chaos und Geschrei erlebt hatte. Fragend blickte er den weisen Engel an.
Ja, das ist wegen dir!“, sagte der weise Engel. „Überall, wo du lang gelaufen bist und deinen Segen verteilt hast, sind die Menschen nun glücklich und zufrieden!

Der kleine Engel konnte das kaum glauben, hatte er doch selbst etwas ganz anderes erlebt.
Weißt, du, mein Freund, das mit den Menschen ist so: Wenn man ihnen versucht zu helfen, indem man ihnen etwas ab- oder wegnimmt, dann gerät alles ins Ungleichgewicht. Denn alles auf der Erde hat seinen Sinn. Und jede Entscheidung führt zu etwas Neuem. Jede Erfahrung ist wichtig und jedes Gefühl führt sie zu sich selbst. Das größte Geschenk, das wir ihnen bringen können, ist unser Segen und unsere Liebe. Da zu sein, wenn sie uns brauchen und ihnen beizustehen, wann immer sie es wünschen.

Der kleine Engel wurde sehr nachdenklich.

 Er umarmte den weisen Engel, bedankte sich bei ihm und schaute weiter durch das Fenster auf die Erde. Er sah Kerzenschein und das Leuchten in den Augen der Kinder. Er roch den Duft von Tannen und Plätzchen. Hörte die harmonischen Klänge von singenden Menschen und gewaltigen Orgeln.

Da wurde sein Herz ganz warm und weit und aus seiner Mitte ergoss sich ein Strom glühender Liebe, den er verbunden mit seinem herzlichsten Segen, direkt auf die Erde schickte.
Und in jedem Augenblick, in dem ein Mensch an einen Engel denkt, wird er seit jeher erfüllt von der Kraft des Geistes und der Liebe des kleinen Engels.

25.12.2019
Heike Erbertz

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von Heike Erbertz

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Foto-Heike-ErbertzHeike Erbertz
„Schon immer habe ich „um die Ecke“ gedacht und war sehr feinfühlig, konnte die inneren Themen der Menschen, ihre „inneren Kinder“ wahrnehmen. Mein Weg führte von der Pädagogik zur Therapie und zur Gesundheit, weiter zur Spiritualität und wieder zurück. Mich faszinieren Zusammenhänge, das große Ganze genauso, wie das kleinste Detail.
Zufriedenheit bedeutet für mich, Balance im sich immer wandelnden Rhythmus der Natur, im ewigen Werden.“
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