Gesang und Spiritualität – Eine vielschichtige und enge Verbindung

Frau die begeistert Musik hört

Gesang und Spiritualität – Eine vielschichtige und enge Verbindung…

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Diana Schnürpel – ©Olaf-Schnürpel

Diana Schnürpel wuchs mit Musik auf. Musik ist für sie ein Generationenthema, also etwas Natürliches. Dabei wurde die Musik zum Zentrum ihres Seins. Gesang und Musik wurden Teil ihrer Persönlichkeit.

Andrea Riemer, mit einem außergewöhnlichen Menschen, einer Sängerin und Musikerin, für sie sind Gesang, Musik und Spiritualität untrennbar miteinander verbunden über Durchsetzungskraft, Disziplin und Hingabe, über Selbstverständliches und Unaussprechliches.

Wie spirituell ist Gesang?

Der Gesang und die Musik sind so spirituell wie der Musiker bzw. Sänger es selbst ist. Als persönliche Ausdrucksform ist eng miteinander verbunden.

Für mich selbst war es schon früh klar, dass ich singen möchte. Ich musste mich aber zu Hause durchsetzen. Ich komme aus einer Familie, wo die Frauen – meine Oma und meine Mutter – selbst Klavier gespielt hatten. Es war ihr Beruf und so musste ich auch lernen, Klavier zu spielen. Gleichzeitig habe ich schon als Kind an Wettbewerben teilgenommen. So stand Musik schon immer im Mittelpunkt meines Lebens.
Nach meinem Abschluss im Fach Klavier durfte ich dann auch in Moskau und später in Leipzig Gesang studieren, was ich schon als Kind wollte. Für mich ist Musik und der Gesang eng mit meiner Persönlichkeit verbunden. Es ist ein Teil von mir, aber ob man es als Spiritualität bezeichnen kann oder muss, mag ich nicht sagen. Es ist ein Teil von mir, mehr braucht es für mich nicht.

Musik und Spiritualität – eine untrennbare Synthese? …

Eine notwendige Synthese gibt es in der heutigen Gesellschaft nicht mehr. Vieles fällt auseinander. So ist es mit der Liebe und dem Sex, um nur ein ganz nahes Verhältnis darzustellen. Durch die Kommerzialisierung der Gesellschaft gehen viele Synthesen kaputt. Es wird vieles nur noch als Ware gesehen und die Menschen der Gesellschaft verlernen es zu erkennen, wie der wirkliche Wert ist. Im Bereich der Musik ist die Werbung heute wichtiger als das eigentliche Können. Ich bin doch erstaunt, dass es immer mehr Leuten heute wieder auffällt, doch wundere mich sehr, dass alle sich diesen Markt mehr oder weniger unterwerfen.

Ich weiß auch nicht, ob man es unbedingt Spiritualität nennen sollte – wenn man wie ich singt, dass sollte schon ein inneres Gefühl dabei sein und auch der Antrieb darstellen. Leider habe ich das Gefühl, dass heute viele Menschen es eher unter den Gesichtspunkt, des Gelderwerbs begreifen. Natürlich muss man auch von seiner Tätigkeit leben können. Diese Notwendigkeit schafft auch den Zwiespalt, der heute oft zu beobachten ist.

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Diana Schnürpel – ©Olaf-Schnürpel

Für mich ist es wichtig, dass ich jederzeit mich bemühe, meinen Gesang zu verbessern. Ich habe es in nunmehr über 20 Jahren gelernt, dass man ständig an sich selbst arbeiten muss, um den nahezukommen, was ich mir selbst vorstelle und von mir erwarte. Im Alltag bedeutet es jedoch auch sehr viel Arbeit. Einige meiner Gesangskollege singen nur mit der Natur und achten wenig auf ihre Technik und wundern sich dann, dass es irgendwann nicht mehr geht.

Es gibt einen weiteren Aspekt, der für mich wichtig ist. Er behandelt die Frage, was ich persönlich bereit bin, an Zeit und Arbeit in meinen Gesang zu investieren. Es ist vergleichbar mit einem Sportler, wenn er faul ist und auch nicht bereit ist, sein Leben auf den Sport und seinen Anforderungen einzustellen, dann wird er seine persönliche Bestleistung nie erreichen. Wenn man so will, habe ich mein Leben auf die Musik ausgerichtet. Es braucht hierzu viel mehr, als man annimmt. Meine ganze Familie unterstützt mich hierbei. Es sind so viele Kleinigkeiten im Alltag, die ich berücksichtigen muss. Meine Stimme zu erhalten, bedarf auch viele kleine Opfer im Alltag, die anderen Menschen so nicht bekannt sind. Ich muss sehr aufpassen, dass ich mich nicht erkälte. So trinke ich sehr wenig Wein, der leider meine Stimmbänder trocknet, so dass ich dann nicht gut singen kann. Ebenso verhält es sich mit kalten Getränke und mit Eis. Natürlich esse ich auch Eis, doch ich muss trotzdem sehr dabei aufpassen. Für mich ist es mein Preis dafür, dass ich noch immer mich im Gesang verbessern kann. Und es ist meine innere Einstellung zu meinem Gesang. Für mich ist es eng miteinander verbunden. Ob man dies Spiritualität nennt, muss jeder für sich beantworten. Ich lebe es so. Für mich ist mein Gesang eng mit meinem Leben verbunden. 

Kann Musik in und durch derart komplexe Zeiten helfen?

Wie sieht das konkret aus? Kann einem Musik auch Trost in schwierigen Zeiten geben?

Musik und Kunst haben den Menschen seit der Steinzeit bereits geholfen, unerklärliche Situation, Phänomene usw. zu verarbeiten. Und in der gerade herrschenden Pandemie sieht man deutlich, wie ein Theaterbesuch, ein Konzert fehlt, auch wenn man einiges in Livestream erleben kann. Der Mensch braucht die Musik, wobei jeder sie wohl anders erleben wird. Aber gerade in diesen Zeiten sieht man auch die große Bedeutung und merkt auch den Unterschied zwischen Live und einem nur aufgezeichneten Konzert.

Durch die Aufzeichnung fehlt der Musik die Seele und sie schafft es weniger, große Emotionen zu erzeugen. Aber auch ich habe Mitschnitte aus einem Konzert in der Pfarrkirche von Maria Osterwitz ins Netz gestellt. Diese Aufnahmen haben es letztes Jahr geschafft, auch einen Teil der Emotionen einzufangen. Ich habe viel Anerkennung hierfür bekommen und gesehen, wie wichtig es ist, auch in diesen Zeiten den Menschen mit der Musik etwas zu geben, wonach sich der Mensch wohl seit Urzeiten sehnt.

Genau genommen waren es zwei Arien von Bach, die ich auch auf YouTube gestellt habe, was gewissermaßen auch paradox ist, da auch diese beiden Arien im Konzert natürlich die dort anwesenden Menschen noch mehr berührt haben.

Die eine Arie heißt „Schweigt ihr Flöten, schweigt ihr Töne“. Schon der Text zeigt deutlich, wie passend Musik Situationen beschreiben kann. Auch ist Johann Sebastian Bach ein Mensch gewesen, wo man merkt, wie eng er auch mit der Musik verbunden ist. Die andere Arie hat den Titel „Meine Seele sei vergnügt“. Nun muss man sich vorstellen oder kann es auch auf YouTube hören, wie sich diese Musik in einer alten Kirche anhört.

Es kommt schon Gänsehaut auf. So haben es mir auch einige hören nach dem Konzert beschrieben. Für mich war es sehr wichtig, dass ich das Publikum erreicht habe. Erstaunlicher fand ich aber auch, dass mir einige Menschen geschrieben haben, als ich diese Mitschnitte auf YouTube gestellt hatte. Es zeigt mir deutlich, dass die Menschen sich auch nach Musik sehnen und so durchaus etwas Trost für den Alltag erhalten. Ich denke, dass so jeder etwas zu sich kommt, wenn er sich die Zeit nimmt und sich in der Musik nicht verliert sondern findet. 

Wie sieht das persönlich aus?

Wie sieht es für mich persönlich aus, ist schwer zu beantworten. Es gibt zwei Seiten, wie so oft im Leben. Die eine ist meine harte Arbeit für und an der Musik. Selbstzweifel und die Suche nach Perfektion sind ständige Begleiter. Doch die Anerkennung, die ich erhalte, ist eine sehr große Genugtuung.

Anderseits spiele ich auch oft nur für mich Klavier und verinnerliche die Musik. Das mache ich nur für mich und mein Wohlbefinden. Es gibt mir sozusagen selbst Kraft und Trost, die ich auch brauche.


Zu Diana Schnürpel

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Fotocopyright Olaf Schnürpel

Die Sopranistin Diana Schnürpel ist Ensemblemitglied am Theater Luzern und als Lied- und Konzertsängerin auch international zu hören.

Diana Schnürpel schloss ihr Studium im Fach Klavier mit Auszeichnung ab, bevor sie an der Chorkunstakademie bei der Opernsängerin N. Rautio studierte und trat solistisch als Pianistin auf.

2004-2005 war sie als Vokalkorrepetitorin an der Chorkunstakademie in Moskau engagiert.

Es folgte ein Operngesangstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig unter der Kammersängerin R. Werner-Dietrich, das sie ebenfalls mit Diplom abschloss.

In der Zeit, in der sie sich Wettbewerben widmete, war sie unter anderem Finalistin des Lortzing-Wettbewerbs, Finalistin des Grandi-Voci-Operngesangswettbewerbs, und sie gewann 2011 den 3. Preis des II. Internationalen J. Simándy-Gesangwettbewerbs. Nach der erfolgreichen Teilnahme im Jahr 2012 für ein Stipendium bei der Junge-Musiker-Stiftung in Bayreuth, erhielt sie Unterricht vom Opernsänger und Wagnertenor Manfred Jung.

Sie sang Paul Hindemiths «Das Marienleben» in Berlin, Bayern und Frankfurt am Main, war als Gast beim Rundfunkchor des MDR sowie am Deutschen Nationaltheater in Weimar engagiert.

Diana Schnürpel gab ihr Bühnendebüt in Deutschland in der Partie der Braut in Les Noces von Stravinsky auf dem Klavierfestival Ruhr. Seitdem singt sie die Partie der Königin der Nacht in der Zauberflöte am Staatstheater Braunschweig, am Landestheater Detmold, am Stadttheater Klagenfurt, am Landestheater Salzburg, an der Oper Graz, am Deutschen Nationaltheater Weimar und zuletzt am Theater Luzern, wo sie ab August 2016 als Ensemblemitglied engagiert ist. Für die Partien der Venus und Gepopo in Le Grande Macabre von G. Ligeti und der Partie der Maria Stuarda von G. Donizetti erhielt sie sehr gute Kritiken der Presse.

Sie ist auch als Lied- und Konzertsängerin tätig. Zu dem Höhepunkt zählt die Kammermusik-Matinee des Luzerner Sinfonieorchesters mit Kinderreime 1. Fassung von Leoš Janáček und 1913: Der Sommer des Jahrhunderts mit Liedern von Othmar Schoeck und Richard Strauss. Sie sang Konzerten mit Arien aus dem Barock in Deutschland und Österreich und war unter anderem in der «Stabat mater» von Dvorák in der Ludwigsburger Stadtkirche zu hören.

In der Spielzeit 2020/21 ist sie als Rosina in «Il barbiere di Siviglia» sowie als Füchslein in «Das schlaue Füchslein» in Luzern sowie beim Musiksommer am Zürichsee mit dem Kammerensemble des Luzerner Sinfonieorchesters und Werken von Richard Strauss, Othmar Schoeck und Alban Berg zu erleben.

Seit Frühjahr 2020 arbeitete Diana Schnürpel intensiv mit Stefan Lano und Oliver Gruhn und widmet sich dem Konzertlied mit Werken von Stefan Lano «Sieben Lieder, nach den Texten von R.M. Rilke» und Oliver Gruhn «Sommerlieder nach Gedichten von H. Hesse und R. Huch».

Diana Schnürpel wird 2021 in Meininger Staatstheater zu erleben sein.

Mehr zur Künstlerin auf ihrer Webseite https://www.dianaschnuerpelsopran.com/


 

25.03.2021
Andrea Riemer
Außerordentl. Honorarprofessorin Dr.habil. Dr. Andrea Riemer, Ph.D
Zur Autorin finden Sie alles Wissenswerte unter:
www.andrea-riemer.de

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Portait-Andrea Riemer-November-2020Andrea Riemer:
nach einer einzigartigen, 25 Jahren umfassenden internationalen Karriere als Wissenschafterin und Beraterin für Sicherheits- politik und Strategie (Doktorat in BWL, Ph.D. und Habilitation in Militärwissenschaften; außerordentl. Honorarprofessorin), hat sich Andrea Riemer ab 2012 als eine der erfahrensten Buchautorinnen und Vortragenden zu existentiellen Fragen des Lebens in der poetischen Philosophie etabliert.
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