Eine Geschichte vom Heimweh

Heimweh Der Hohe Rat der Welten diskutiert hitzig am Tisch

Eine Geschichte vom Heimweh

Streit war bestimmt nicht die Art von Auseinandersetzung, die man hier pflegte. Aber heute war es kurz davor. Der Hohe Rat der Welten war sich uneinig über den richtigen Zeitpunkt für den nächsten Entwicklungsschritt der Menschen auf der Erde. Klar war nur, dass es bald soweit sein müsste, die kosmischen Umstände waren einfach zu günstig, um sie zu verpassen.

Schließlich einigte man sich darauf, dass die Abgesandten vor Ort für ihre Schützlinge noch jeweils passende Bauten hinterlassen sollten. Diese Monumente sollten den Zeitläufen standhalten, bis die menschliche Reise an ihrem nächsten Kreuzungspunkt angekommen wäre.

Die Hüter der Kulturen lebten immer für einige Zeit mit „ihren“ Schützlingen zusammen. Sie wurden von ihnen als „Götter“ verehrt, obwohl sie den Menschen eigentlich nur einen Entwicklungsschritt voraus waren. Aber ihre Fähigkeiten erschienen den Menschen ganz wunderbar und unbegreiflich. Aus Sicht der Hüter war es aber einfach nur normaler „Dienst“ für die Entwicklung des großen Ganzen.

Die Hüter hatten freie Hand bei der Gestaltung der Monumente.

Sie bevorzugten ganz unterschiedliche Konzepte, weil sie ja auch ganz unterschiedliche Wesen waren. In einem waren sie sich aber einig: die Bauten sollten spektakulär sein. So sehr, dass die Menschen selbst am Höhepunkt ihrer Entwicklung noch staunen mussten. So sehr, dass kein Zweifel an der Mitarbeit höherer Intelligenzen bestehen konnte.

Und dann machten sie sich ans Werk. Einige bevorzugten den Pyramidenbau in unterschiedlichen Ausformungen und an extremen Orten. Andere entschieden sich für riesige unbehauene Steine, die zu geometrischen Kunstwerken zusammengestellt wurden. Die meisten waren sich einig, dass es mal wieder typisch für den Hüter Ozeaniens war, den Monumenten Gesichter zu geben. Einfach ein Witzbold, aber warum nicht. Der ägyptische Hüter neigte dafür zu auffälliger Eleganz. Ihren Auftrag erfüllten sie alle, aber Individualität hatte wie immer einen hohen Wert.

Selbstverständlich waren alle Monumente so angelegt, dass sie nicht nur über die Zeiten hin die Menschen in ehrfürchtiges Erstaunen versetzen konnten. Sie waren auch mit den elektromagnetischen Verhältnissen auf der Erde auf eine Weise verbunden, dass Kontakt sowohl untereinander als auch durch die Welten hin möglich war. Wenn die Menschen einmal soweit entwickelt wären, dass sie die Kommunikation über Distanzen verstehen würden, hätten sie einen weiteren Schlüssel zur Verständigung mit ihren „Älteren Geschwistern“ an der Hand.

Den Menschen war nicht klar, dass ein Abschied bevorstand.

Sie lebten in Geborgenheit und lernten langsam, aber sicher mit der Materie ihrer Erde umzugehen. Es war stets für alles gesorgt, was nötig war: Nahrung, Wärme, Kenntnisse für die Existenz. In traumwandlerischer Sicherheit konnten alle mit allem in Kommunikation treten. Der Kreislauf des Lebens war, wie er war. Geburten und Tode passieren. Man begrüßt das neue Leben und verabschiedet das scheidende ohne viel Aufregung. Jedem ist klar, dass es ein Kommen und Gehen und Wiederkommen ist und man niemals wirklich voneinander getrennt ist. Alle gehören zusammen und niemand ist allein.

Natürlich gibt es anstrengende Zeiten, den Winter zum Beispiel, oder Auseinandersetzungen mit anderen Menschengruppen oder großen Tieren, die gerne die Höhle übernehmen würden, in der die Sippe lebt. Aber solche Ereignisse werden gemeinsam verarbeitet. Und es gibt eben auch die wunderbaren Zeiten des Sommers mit Festen, Gesang und Tanz. Nahrung im Überfluss und Neuigkeiten aus den umliegenden Sippen lassen die Härten vergessen. So könnte es doch ewig weitergehen!

Der Bau der großen Monumente war eine aufregende Zeit. Wofür sie wohl dienen sollten? Wahrscheinlich als Wohnhaus für die verehrten Weisen, wofür denn sonst.

Als alles fertig war erklärten die Abgesandten ihren Schützlingen, was sich nun für sie verändern würde.
„Es wird Zeit, dass ihr erwachsen werdet. Ihr habt genug Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt, um selbständig euer Leben auf dieser Erde zu meistern. Ihr braucht unsere Führung nicht mehr. Wir werden immer in der Nähe sein, aber nicht mehr eingreifen, wenn etwas Schwieriges passiert. Erinnert euch an die Liebe und Weisheit, die wir euch gelehrt haben und richtet euer Leben danach aus. Vergesst niemals, dass die Verbundenheit von allem, was lebt, eure oberste Richtschnur sein soll. Wir vertrauen darauf, dass ihr diesen Entwicklungsschritt erfolgreich meistern werdet. Am Ende können wir ebenso wir ihr eine neue Stufe unserer Entwicklung beginnen.“

Großes Wehklagen!

„Das könnt ihr nicht tun! Wir lieben euch! Wir sind doch verbunden, wieso soll das jetzt aufhören? Was werden wir ohne euch anfangen, wenn wieder Gefahr droht? Das verstehen wir nicht. Wir werden vor Kummer vergehen!“

Es war ein harter Einschnitt in der Geschichte der Menschen. Niemals vergaßen sie diesen Schreck, diesen Verlust. In allen Mythen der Völker gibt es eine Geschichte von Vertreibung aus dem Paradies. Gerne wurde sie ausgeschmückt mit einem Schuldigen, der das alles verursacht hat und also verantwortlich ist. Aber die Wahrheit war stets, dass es ein notwendiger Entwicklungsschritt für alle Beteiligten war – und ist.

Nun folgten also die Jahrhunderte des Suchens nach Schutz, nach Hilfe und Sicherheit. Die Völker reagierten ganz unterschiedlich auf diese Herausforderungen.

Einige erinnerten sich ganz klar an die letzten Anweisungen ihrer „Älteren Geschwister“. Sie blieben mit allem verbunden, was um sie herum war. Sie lauschten den Stimmen der Wesen und auch der „Dinge“, die ja gar keine leblosen Dinge sind. Sie fanden die Spuren der Geistführer überall und richteten sich danach. Niemand hätte sie je zu zerstören gewagt. Und alles Wissen und jede Erinnerung wurde treu und genau weitergegeben an die nächsten Generationen. Über sehr lange Zeiten, manchmal sogar bis in die Gegenwart. Sie kannten kein Heimweh, denn sie haben die Heimat eigentlich gar nicht verlassen. Dafür blieben sie alle Jahre gleich und die Geistführer waren sich manchmal nicht sicher, ob dies das gewünschte Ergebnis war.

Heimweh Der Hohe Rat der Welten diskutiert hitzig am Tisch
KI unterstützt generiert

Der größte Teil der Menschen verlor aber den inneren Kompass

und war den Emotionen von nun an hoffnungslos ausgeliefert. Angst und Sorgen waren jetzt die ständigen Begleiter. Alle suchten nach Führung und Halt. Und natürlich fühlten sich einige Menschen dazu berufen, diese Bedürfnisse zu befriedigen.

Es entstanden Hierarchien und Abhängigkeiten, es entstanden Kriege und Verbrechen und all die dunklen Dinge, die Menschen einander und der Mitwelt bis heute antun. Macht wollte erhalten werden und von Anderen errungen werden. Macht hat immer den Gegenpol der Ohnmacht hervorgerufen. Macht hat sich aber auch stets ein schimmerndes Mäntelchen umgelegt, um die Erinnerung an die wirklich mächtigen Geistführer zu befriedigen. Denn hinter allem Handeln und Suchen stand und steht das Heimweh nach der Verbundenheit mit den lichten Welten der „Älteren Geschwister“.

Es entstanden manche Imitationen der früheren behüteten Zeiten. Selbstverständlich ließen sie sich niemals dauerhaft im Leben der Menschen verwirklichen, dazu waren alle Beteiligten zu sehr den wechselnden Machtverhältnissen und Lebenszwängen ausgeliefert. Aber allein schon der Traum, dass die glücklichen Zeiten wiederkehren könnten, ließ die Menschen willig unter der Knute der jeweiligen Oberhäupter schuften. Denn eine Schufterei war es meistens. Die Lebenskräfte der Masse von Menschen wurden ausgebeutet, um die exklusiveren Sehnsüchte einiger weniger zu befriedigen. Das ganze wurde als Kultur bezeichnet und hatte natürlich viele Aspekte von Schönheit und Erhabenheit. Schließlich erinnern wir uns bis heute an die goldenen Zeiten und lassen unsere Sehnsucht und Heimweh in alle Manifestationen einfliessen. Süßer Drang nach Perfektion, Licht und Wahrheit prägt den Weg der Kulturen. Unbewusste Erinnerung beflügelt die Inspiration.

Langsam befreiten sich einige Menschen aus der Knechtschaft der verschiedenen irdischen Mächte. Bis heute ist es ein Kampf und niemals selbstverständlich, jedem Menschen seine „Menschenrechte“ zu gewähren. Aber immerhin gibt es ein Bewusstsein dafür.
Der Kampf um die „Freiheit“ nimmt immer wieder neue Formen an und hört so schnell sicher nicht auf.

Woran messen wir, ob etwas „frei“ ist?

Woher kommt das schmerzhaft-schöne Heimweh, das durch großartige Schöpfungen oder die Perfektion einer intakten Natur ausgelöst wird?
Das verlorene Paradies ist niemals weit weg. Aber Jede und Jeder muss selbst wieder dort ankommen. Bis dahin besteht unsere „Freiheit“ aus der Wahl zwischen Fortschritt und Stagnation.
Dies gilt im Großen wie im Privaten. Völker werden gezwungen, um ihre Freiheit zu kämpfen oder unterzugehen in den Interessen des Feindes. Und jeder einzelne Mensch erlebt ähnliches, wenn „das Leben“ verlangt, sich zu verändern oder still und passiv zu dulden.

Haben wir dabei Hilfe? Und ob! Je mehr sich ein Mensch aus dumpfer Schicksalsergebenheit herausarbeitet, desto mehr können „lichte“ Kräfte, also unsere „Älteren Geschwister“ ihre Unterstützung schenken. Durch Inspiration, durch Herstellung wichtiger Kontakte oder die Energie der Hoffnung. Niemals durch aktives Eingreifen, denn wir müssen aus eigener Kraft das Ziel erreichen. Und schließlich gibt es ja auch noch die Geschenke, die uns hinterlassen wurden. In Märchen und Mythen werden die Rätsel des menschlichen Entwicklungswegs erklärt. Auf jedem Punkt der Spirale unserer Entwicklung lesen – und lernen – wir Neues aus ihnen. Und die Monumente der Frühzeit erlauben eine intensive Nähe, wenn wir den eigenen Kompass darauf ausrichten.

Das Heimweh ist der Motor unserer Entwicklung. Sein Schmerz ist der Antrieb, die Trägheit des Alltags zu überwinden. Die hellen Momente der Verbundenheit sind die Nahrung auf dem Weg. Zeit ist eine dreidimensionale Begrenzung, die wir leider brauchen. In Wahrheit existiert sie anders, als wir meinen. Gehen wir also einfach weiter mutig den Weg, der sich erst durch sein Gehen erschließt. Er ist für jeden Menschen individuell und doch immer gleich. Freiheit, Respekt, Gemeinschaft und Geborgenheit sind seine Landmarken. Wir werden sie immer finden, wenn wir sie suchen.

28.02.2024
Mit herzlichen Grüßen aus der Seelenküche
Kim Fohlenstein
Heilpraktikerin und Lehrerin bei heil+kunst

Alle Beiträge der Autorin auf Spirit Online


Wie mythologische Wesen die Seele berühren Kim FohlensteinKim Fohlenstein
widmete sich nach dem Studium der Diplom-Pädagogik und Philosophie der Naturheilkunde und eröffnete 2002 als Heilpraktikerin ihre erste Praxis in der sie mit den Schwerpunkten Cranio-Sacrale Osteopathie, Homöopathie und systemischer Aufstellungsarbeit ihre Arbeit begann, die sich heute zur Ahnenmedizin entwickelt hat. 2005 eröffnete sie gemeinsam mit Felicitas Quelle die Heilpraktikerschule heil+kunst in Darmstadt. Dank ihrer unerschütterlichen Wissbegier ist sie während ihrer Arbeit immer Themen auf der Spur geblieben, die sie nicht losließen. So wie das Thema der archaischen Wunden und ihrer Heilweisen oder das Phänomen der Zeit als Schlüssel für eine ganzheitliche Medizin. Dafür hat Kim zwei Kartensets entwickelt, die unter dem Motto „Lernen – berühren – heilen“ erschienen sind und Ahnenmedizin mit Seelenhomöopathie verbinden. 
[weiterlesen…]

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*