Gottes Gegenwart scheint durch alles hindurch!
Sebastian Painadath
Der indische Jesuit & spirituelle Lehrer wurde 80
Der 1942 geborene indische Jesuit Sebastian Painadath leitet seit 1987 den Ashram „Sameeksha“ (Sanskrit: ganzheitliche Schau, alles im göttlichen Zusammenhang sehen) in Kalady/Kerala, Süd-Indien, dem Geburtsort des Hindu-Mystikers Shankara (um 780 – 820) . Der von Sebastian Painadath spirituell geleitete Ashram ist ein Begegnungszentrum für Christen, Hindus und Muslime. Der begnadete Lehrer studierte in Innsbruck Theologie, wurde 1973 in Puchheim bei München zum Priester geweiht und wurde 1978 in Tübingen zum Dr.theol. promoviert.
Der Großvater mütterlicherseits von Sebastian Painadath stammte aus einer Familie von Hindu- Gelehrten. Doch als er sechs Jahre alt war, konvertierte die Familie zum Christentum. Später wurde sein Großvater, bei dem er aufgewachsen war, Dichter und Professor für Sanskrit. Er war Christ, doch als Gelehrter rezitierte er die heiligen Schriften der Hindus auswendig, vor allem die Bhagavad Gita, während sein Enkel Sebastian auf seinem Schoß saß. Das hat ihn tief geprägt.
Sebastian Painadath, den ich von diversen Begegnungen kenne, versucht in einer bildhaften Sprache, die Grundzüge des christlichen Glaubens darzustellen. Für die Dreifaltigkeit verwendet er z.B. das Symbol der Quelle: Die verborgene Quelle symbolisiert Gott den Vater. Sie ergießt sich in den Strom: das ist der Sohn. Die Kraft des Wassers steht für den Heiligen Geist, und die Tropfen sind wir alle. Solche Bilder stammen von den Kirchenvätern und Mystikern.
Sebastian Painadath versteht sich als Mitpilgernder, der mit den Menschen unterwegs ist.
„In allen Schritten der meditativen Versenkung geht es letztlich nur darum, dem Geist innerlich Raum zu geben. Der Geist, der die Tiefen erforscht, wird uns dazu führen, dass wir erfüllt werden bis hin zur ganzen Fülle Gottes (1 Korinther 2,10; Epheser 3,19). Die upanishadischen Meister bezeichnen die Grunderfahrung so: das SELBST im Selbst durch das SELBST schauen, d.h. das Göttliche im eigenen Wesen im Lichte des Göttlichen wahrnehmen. Gottes Geist wird als Quelle der Liebe, als Seinsgrund oder als All-Einheit erfahren. Es ist ein Durchbruch in das vom Geist Gottes verwandelte Bewusstsein. Man muss grundsätzlich für alle diese drei Erfahrungsformen offen sein, und oft geht die eine Erfahrung in die andere über. In diesem Verwandlungsvorgang im Geiste wird das Göttliche als das eigentliche Subjekt erfahren: das Woraus wir leben, das Wodurch wir wachsen und das Worin wir eingehen. Der Geist betet in und durch uns. Der Geist ist das eigentliche Subjekt des Betens. Beten heißt, den betenden Geist in uns zuzulassen, diesem verwandelnden Geist Raum zu geben. Der Gott, zu dem wir beten, ist eigentlich der Geist, der in uns und durch uns betet und alles neu gestaltet. Das Beten ist dann das Sicheinlassen auf diesen vom Geist getragenen Verwandlungsvorgang, der tief in uns und überall um uns ständig stattfindet (Römer 8, 18-30).
Sebastian Painadath setzt eine Tradition fort, für die der Benediktinermönch und Mystiker Bede Griffiths (1906 – 1993) in Indien wesentliche Grundlagen geschaffen hat. Den Mittelpunkt des Ashrams „Sameeksha“ bildet der interreligiöse Meditationsraum, der im Stil einheimischer Tempel gebaut ist. Dieser quadratische Raum hat vier Türen, die sich in die vier Himmelsrichtungen öffnen. Suchende Menschen aus allen Religionen und Kulturen haben Zugang. In der Mitte des Raums brennt eine Öllampe, welches die alles verwandelnde Gegenwart des göttlichen Geistes versinnbildlicht, der alle Menschen erleuchtet. Um diese Lampen herum sind vier Heilige Schriften aufgestellt: die Bibel, der Koran, die Bhagavad Gita, das Dhammapada.
Sie sind wie Wegweiser für die Menschen auf dem Weg zur göttlichen Lichtmitte.
Sammeksha liegt unmittelbar an einem großen Fluss, dessen Ufer die geistig Suchenden zur meditativen Stille und Kontemplation einlädt.
Der Garten mit vielen Bambusstauden, Kokospalmen, Mango- und Muskatnussbäumen ermöglicht eine weitgehende Selbstversorgung für die Ashram-Gäste. Sebastian Painadath träumt von einer neuen Kultur des Dialogs, wo sich Menschen über die trennenden Grenzen der Religionen und Konfessionen, Kasten und Kulturen hinweg angstfrei begegnen können und dabei begreifen, dass sie alle von dem einen Geist Gottes geführt werden. In diesem geistgetragenen Prozess der Begegnung kommt das befreiende Potenzial jeder Religion und die schöpferische Dynamik jeder Kultur zum Ausdruck.
„Ich träume von einer neuen Gesellschaftsordnung: über die Vorurteile und Reinheitsvorschriften hinaus sollen Menschen miteinander das Brot brechen und das Leben teilen dürfen und dabei erfahren, dass sie alle von der einen Erde getragen und ernährt werden. In dieser geerdeten Grundhaltung wird Gerechtigkeit das Leben prägen, wird Friede herrschen und die Erde erblühen. Ich träume vom einer neuen Religiosität: über die voneinander abgrenzenden Barrieren hinweg dürfen Gläubige aller Religionen (und auch Menschen, die keiner Religion angehören) als Mitpilgernde geistig unterwegs sein und dabei begreifen, dass sie alle letztlich zu dem einen Gott unterwegs sind. Auf diesem Pilgerweg entfaltet sich eine Menschen befreiende und verbindende Spiritualität, deren Merkmale die All-Einheits-Erfahrung sowie die Barmherzigkeit sein werden. Im Ashram geht es nicht um Leistung, sondern um Präsenz, nicht primär um Tun, sondern um Sein. Die tiefste Einheitserfahrung Jesu und sein radikaler Einsatz für die Menschen begeistern mich ständig. Das Wort des Apostels Paulus klingt immer in mir nach: Zur Freiheit hat der Geist Christi uns befreit!“
Ein sehr zu empfehlendes Buch:
„Der Geist reißt Mauern nieder!“
von Sebastian Painadath
(Kösel-Verlag München, 2002)
Aus dem lebendigen Austausch zwischen Hindus, Muslimen und Christen in Asien ist sein neues Buch entstanden. Die wesentlichen Themen einer leibhaften und authentischen Spiritualität – eine neue Erfahrung Gottes, eine tiefe Berührung durch Christus und den göttlichen Geist, ein Leben aus Mystik und Dialog – kommen zur Sprache. Die Begegnung mit anders glaubenden Menschen bereichert und befreit: Der Ashram in Indien, den Pater Sebastian leitet, ist – so zeigt dieses Buch – ein wegweisendes Modell für eine vom Geist befreite Spiritualität des Dialogs.
20.10.2022
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist
www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de
Über Roland R. Ropers
Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.
>>> zum Autorenprofil
Buch Tipp:
Kardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle
von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu
Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.
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