Hund und menschliche Gesundheit
Hundebesitzer leben gesünder. Das sagt man so, aber stimmt das auch und wenn ja, warum ist das so?
Es war einmal
Seit gefühlten Ewigkeiten leben Mensch und Hund nun schon zusammen, laut dem ungekrönten König der bundesdeutschen Hundeversteher Martin Rütter seit 14.000 Jahren. Andere Experten schwören darauf, dass die Domestizierung vom Wolfshund zum Canis lupus familiaris bereits 100.000 Jahre her ist oder gar mehr. Aber auch das kann selbst Methusalem nicht bestätigen. Wir können davon ausgehen, dass das „Mensch-Hund“-Team entstand, als wir uns für den aufrechten Gang auf zwei Füßen entschieden und somit außer Felllänge, Ohrengröße & Co. ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von unseren vierbeinigen Freunden erworben haben.
So oder so, nach dieser langen Zeit des Zusammenseins, da ist es schon verwunderlich, dass wir die Hundesprache bis heute nicht verstehen. Dennoch haben sie uns so viel zu erzählen und trotz dieser scheinbaren Sprachlosigkeit wirken Hunde gleich auf vielerlei Ebenen auf uns Menschen. Damit sind nicht die üblichen Rampenlicht-Hunde-Tätigkeiten gemeint, die jeder kennt, wie in Rettungs- und Polizeieinsätzen beim Auffinden von Beute, Tätern und Vermissten. Nein, unser vierbeiniger Freund kann noch viel mehr.
Wirtschaftsfaktor Hund und menschliche Gesundheit
Canis lupus familiaris wirkt sehr positiv und vielschichtig auf die Gesundheit der einzelnen Menschen wie auch auf die „Gemeinschaft Mensch“. Die etwa fünf Millionen Hunde, die zur Zeit in Deutschland leben, bewirken immerhin einen jährlichen Umsatz von etwa 5 Milliarden Euro und sichern uns bundesweit 100.000 Arbeitsplätze. Fakt ist außerdem, dass Heimtierbesitzer generell durchschnittlich ca. sieben Prozent weniger Arztbesuche ausmachen. Jene, die ihr Haustier schon länger als fünf Jahre besitzen, vereinbaren sogar 13 Prozent weniger Arzttermine als Patienten ohne Haustier. Bei den Gesundheitsausgaben in Deutschland von mehr als 240 Milliarden Euro im Jahr 2003 zieht dies nach Hochrechnungen eine Ersparnis von 2,1 Milliarden Euro nach sich.
Multitalent Dr. Dog
Der Hund ist nicht nur dank -manchmal Not gedrungener- Gassi-Zeiten des Hundehalters liebster Fitnesstrainer. Nein! Der beste Freund des Menschen ist zusätzlich auch Sozialpädagoge, Psychotherapeut, Seelsorger, Partnerersatz, Flirt-Katalysator, Psychopharmaka-Ersatz, Hausarzt, Onkologe, Neurologe, Nanny und Streetworker, senkt die Kriminalitätsraten, dient Politikern gerne als Wahlhelfer und ist im Nebenjob noch dazu gut für den Staatshaushalt. „Dr. Dog“ ist also ein Universalgenie, das wir hier nun genauer beleuchten wollen. Aber eins nach dem anderen:
Der Hund als Fitnesstrainer –und mehr als das!
Das wundert keinen: Gassigehen schafft auch für Herrchen und Frauchen Bewegung –bei jedem Wetter. Die Folge: Hundehalter sind seltener erkältet, weniger übergewichtig als Nicht-Hundehalter und haben ein stärkeres Immunsystem. Physiologisch wirkt so der Hund auch positiv auf das Herz, den Blutdruck und unser Cholesterin. Selbst Dr. Milena Penkowa, Hundebesitzerin, Neurowissenschaftlerin und Gehirnexpertin aus Kopenhagen ist immer wieder überrascht, dass Hunde wie auch ihr eigener „die Fähigkeit besitzen, Krebserkrankungen zu erschnüffeln, lange bevor diese von unseren modernen Geräten festgestellt werden können“. Dr. Dog hat eben viele Talente und Wirkungsweisen.
Dr. Dog -1000 Gründe für einen „Danke-Knochen“
Wer hätte es gedacht? Hunde sind gut fürs Herz, das Immunsystem, das Körpergewicht und wirken sogar anti-allergisch! Gilt der Hund doch hierzulande als top Allergie-Verursacher!?
So belegt eine Langzeitstudie aus Detroit, dass insbesondere Jungs nur halb so oft eine Tierallergie bekommen, wenn sie als Kind in einem Haushalt mit Hunden gelebt haben.
Außer auf Blutdruck, Cholesterinspiegel, Herz und Kreislauf wirken sich die Vierbeiner auch noch positiv auf unsere Stresssymptome aus. Das führt sogar so weit, dass sie insbesondere bei Herzpatienten die medizinische Rehabilitation beschleunigen.
Aber es kommt noch besser: Dr. James A. Serpell, Leiter des „Center of Interaction of Animals and Society hat in kontrollierten Langzeitstudien neue Hundebesitzer beobachtet und deren Gesundheitszustand vor und nach der Anschaffung des Hundes verglichen, mit dem Ergebnis: Schon nach einem Monat reduzierten die Hunde bei den frischgebackenen Hundehaltern Erkältungen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Husten, Schlafstörungen, Schwindel, Heuschnupfen, Gliederschmerzen, Verstopfung und etliche andere gesundheitliche Probleme. Ferner zeigte sich, dass weniger Krankheitstage anfielen, seltener Ärzte aufgesucht wurden und sich Lebenszufriedenheit und Widerstandsfähigkeit der neuen Herrchen und Frauchen merklich verbesserte. Serpell wies auch nach, dass einsame Menschen eine 50 Prozent erhöhte Sterblichkeit haben als nicht einsame Menschen. Und damit nicht genug: Hunde werden mehr und mehr in Kliniken als Besuchshunde eingesetzt. So zum Beispiel in der Kinderchirurgie, weil nachgewiesen werden konnte, dass durch den Hundebesuch nach der OP bei den Kindern sowohl ihre emotionale Belastung als auch ihre physischen Schmerzen nachlassen. Wow. Der positive Beitrag, den ein Hund für den Menschen leistet, ist also kaum in Worte zu fassen oder mit Gold aufzuwiegen. Wenn Sie bereits Hundebesitzer sind, dann denken Sie bei Gelegenheit mal an einen extra Danke-Knochen.
Ein Kuss für Canis lupus therapeuticus
Dass Hunde als Therapiehunde eingesetzt werden ist nicht neu, sorgt aber immer wieder für erstaunliche Genesungserfolge. Als medizinische Helfer und Alarmsignal sind sie oft tagtäglicher Lebensretter von Patienten mit Herz-, Hirn-, Diabetis-, und oder Epilepsie-Problemen. Es ist aber auch besonders in Großstädten markant, welche soziale Funktion Hunde sozusagen im Nebenjob übernehmen müssen, um der jeweiligen Vereinsamung entgegenzuwirken.
Tierärzte bundesweit können davon ein Lied singen. Sie erfahren in vielen Praxen neuerdings oft rund um die Uhr, wie stark wir Menschen, insbesondere in den Metropolen wie München und Berlin mit besonders vielen Alleinstehenden jeden Alters, an unsere Vierbeiner gebunden sind. Hunde sind dabei nicht selten Partner- und Kindersatz zugleich und sind die beste Medizin gegen schlechte Laune und depressive Gefühle. So wird dem Nährboden für zahlreiche Krankheiten aus dem Bereich der Psychiatrie von vornherein der Nährboden genommen. Oft sind Hunde für ihre vereinsamten Halter der einzige Anker zur Außenwelt und werden so zu ihrem Retter vor suizidalen Gedanken. Fakt ist: Hunde wirken sich positiv auf Depressionen und Stresssymptome aus; aber damit nicht genug: Serotonin und Dopamin können betroffene Patienten nahezu absetzen. Wie kommt das?
Das biochemische Geheimnis
Biophile, die Liebe des Menschen zum Lebendigen, ist noch dazu die Basis dafür, dass Hunde bei Menschen so beliebt sind und Hunde auf Menschen so positiv wirken können. Einen Hund zu streicheln befriedigt dieses Elementarbedürfnis, ist nicht nur schön, es tut uns mindestens so gut wie ihm und es entspannt. Auf amerikanischen Flughäfen trifft man derweil immer öfter ehrenamtliche Hunde-Streichel-Einheiten an mit einem Umhang, der die Aufschrift trägt „Pet me“ (streichle mich).
Das Programm dahinter nennt sich PUP (Pets Unstressing Passangers). Allein in Los Angeles sind an die 30 Hunde für Passagiere mit Flugangst im Einsatz, die die Vierbeiner streicheln können, bis es ihnen wieder besser geht. Das biochemische Geheimnis dahinter: Im Zusammensein mit einem Hund wird nachweislich das Stresshormon Cortisol effektiv verringert und die Hormone Oxytocin und Serotonin werden vermehrt ausgeschüttet. Letzteres wird zu Recht auch Glückshormon genannt. Bei zahlreichen psychischen Erkrankungen ist gerade dieser Serotoninhaushalt aus dem Gleichgewicht geraten und der Patient bekommt entsprechende Psychopharmaka verschrieben. Der Hund ersetzt also die Medikamente und im Idealfall sogar den Besuch beim Psychotherapeuten.
Der Hund als Psychotherapeut
– praktisches Beispiel
So geschehen zum Beispiel bei der Buchautorin Tanja Buburas. Mit 30 Jahren begannen plötzlich ihre Panikattacken, Leitsymptome der Agoraphobie, im Volksmund Platzangst. “Agoraphobie ist mehrschichtig”, so Tanja Buburas. “Es ist die Angst, außerhalb meiner vier Wände in Situationen von buchstäblicher Ausweglosigkeit zu kommen. Ich will und muss dann sofort und unbedingt raus aus der Enge, der Menschenmenge oder schnell weg von einem großen, weiten Platz”. Von einem Tag auf den anderen konnte Tanja damals ihre Wohnung nicht mehr verlassen, ohne Panikattacken samt akuter Atemnot, Schweißausbrüchen, Zittern, Herzrasen und eben Angst, Angst, Angst zu bekommen.
Angst auch davor, eben diese so quälende, lästige Angst überhaupt bekommen zu können. „Angst vor der Angst“ ist für Psychiater und Psychotherapeuten daher nicht ohne Grund ein feststehender Begriff. An ihren 50 Stunden-Job als Marketing-Managerin war damit nicht mehr zu denken. Nach einer siebenjährigen Odyssee von Arzt zu Arzt und Therapeut zu Therapeut hatte Tanjas Leben im Schneckenhaus endlich ein Ende, weil sie die tiergestützte Therapie entdeckte. Mit Trainerin Stephanie und Therapiehund Wunjo lernte sie wieder ihren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen und sich dem Leben und ihren Ängsten zu stellen.
„Die Tiertherapie hat mich in die Realität und damit Normalität zurückgeholt”, so Tanja. “Ich musste zudem lernen, an meiner Körperhaltung und Stimme zu arbeiten, um Wunjo führen zu können”. Und Tanja lernte dies, weil Wunjo das auf seine Art von ihr einforderte. “Und wenn mich mal wieder die Unsicherheit drohte zu übermannen, half es mir schon, ihn zu berühren“. Heute ist Tanja wieder gesund. Nahezu angstfrei kann sie jetzt wieder einem Beruf nachgehen und hat einen eigenen Hund, das kleine Temperamentswunder Gonzo.
„Ich habe durch ihn viele Menschen, auch meine Nachbarschaft endlich kennengelernt. Und daraus sind auch Freundschaften entstanden“. Das Bedürfnis “unsichtbar” zu sein ist bei Tanja verschwunden. Dafür ist ihre Freude am Kontakt zurückgekehrt. Aber wie kommt das? „Gonzo will ganz einfach alle Menschen und Hunde in seinem neuen Revier kennenlernen. Und er sieht es überhaupt nicht ein, dass er sich verstecken sollte. Schüchternheit kennt er gar nicht. Gonzo hat mich auf diese Weise repariert und schenkt mir täglich immer wieder aufs Neue ganz viel Lebensqualität“, sagt Tanja freudestrahlend über ihren putzigen Lebens-Lehrer.
Gonzo, das kleine lustige Fellmonster sorgt also für Tanjas so wichtige therapeutische Nachsorge und führt die Arbeit von Therapiehund Wunjo heute nahtlos weiter. Wir finden, Canis lupus therapeuticus Gonzo hat sich einen Kuss oder besser wohl ein Extra-Leckerchen verdient. Apropos Küssen: Glaubt man einer erst vor wenigen Monaten durchgeführten Befragung, küssen fast 90 Prozent der deutschen Hundehalter, insbesondere die Hundehalterinnen, ihren Hund, fünfzig Prozent der deutschen Hundebesitzer küssen ihren haarigen Freund täglich und an die 70 Prozent gestatten es ihm, ihr Gesicht zu lecken. Guten Appetit. Wer aber besser küsst, ob Frauchen oder Herrchen, dies ist bislang noch unerforscht.
Der Hund als Projektor und Sozialpädagoge
Warum fühlen wir uns besser mit Hund als ohne? Ganz einfach. Der Hund ist eine konstant positive Projektionsfläche. Ihm ist alles unterstellbar. Wer kennt die Äußerungen nicht wie: „Kira versteht mich. Jacky weiß, wie ich mich fühle, er ist ja so klug und schlau….“?! Das färbt auch immer ein wenig auf die Begleitperson ab: Wer so einen Einstein Gassi führt, muss auch clever sein. Vielleicht nicht zuletzt deshalb ist für 35 Prozent aller Hundehalter der Hund die wichtigste Bezugsperson (Hoff/Klein 2007). Das liegt an unserer demografischen Entwicklung, dem Zuwachs an älteren sowie an alleinlebenden Mitmenschen und Singles, die einen Partnerersatz benötigen. Die Entwicklung „Pro“ Hund verläuft aber auch ebenso unabhängig vom Familienstand.
Man kann nicht nur alles in seinen gelegentlich bellenden Vierbeiner hineininterpretieren, ein weiterer Vorteil ist auch, dass die Fellnase seinem Halter nicht widerspricht. Er sagt nie „spinnst Du denn?“. Hunde sind da sehr loyal, cool, tolerant und anpassungsfähig.
Nicht zuletzt wegen dem zu 70 Prozent gleichen genetischen Code und der langen gemeinsamen Entwicklung von Mensch und Hund haben die Vierbeiner gelernt, Ihre Menschen zu verstehen. Sie verstehen unsere Bewegungen, unsere Mimik, unsere Gesten und wissen, sich klipp und klar verständlich zu machen: ein Schwanzwedeln, ein Handlecken, ein Jaulen oder ein Bellen sagt mehr, direkter und klarer als tausend Worte, was der Hund für ein Anliegen hat oder seinem Menschen vermitteln will.
Was hat der Hund mit Cinderella zu tun?
In der Mensch-Hund-Forschung nennt man es den Cinderella-Effekt: Hunde haben keine Vorurteile. Sie interessieren sich in der Regel sehr für den Menschen und man könnte sagen, ihnen ist es „wurscht“ ob der Zweibeiner groß, klein, dick, dünn, reich, arm, schön, hässlich, erfolgreich oder nicht ist. Wir müssen uns unseren positiven Status beim Hund nicht durch ein Haus, ein Auto, ein Schwimmbad oder eine moderne Frisur erarbeiten. Die Schwanzwedler lieben ihre Halter ohne Wenn und Aber. Wir sind für Bello immer Cinderella, nie Aschenputtel, einfach märchenhaft. Der Hund nimmt seinen Menschen und auch einen Fremden einfach so wie er ist.
Fellnase, 12 Points
Die Hitparade der Hunde-Effekte
Der Forschungskreis „Mensch-Tier Psychologie“ der Universität Bonn hat mir dankenswerter Weise zahlreiche ihrer Studien zur Verfügung gestellt. Befragt nach der Hitparade der Top-Effekte, die Hunde bei uns Menschen bewirken, resümiert Frau Dr. Silke Wechsung, Mitglied dieses Forschungskreises und selber Hunde Expertin: „Weniger Stress, mehr Selbstbewusstsein, Verbesserung der Grundstimmung, Erhöhung der Lebenszufriedenheit, besonders in emotional belastenden Lebenssituationen, bei Kindern, Älteren, Hilfsbedürftigen und Kranken. Das haben wir unseren Vierbeinern zu verdanken. Aber das gilt nicht nur bei Stress und nicht nur mit dem eigenen Hund – vorausgesetzt die positive Grundhaltung zum Hund stimmt“. Das gilt natürlich bei Berufstätigen und ihren Familien ebenso wie bei Arbeitslosen. Hunde sorgen für die „Strukturierung des Alltags, sind gut für die Stimmung und geben dem Arbeitssuchenden eine Aufgabe, was wiederum einem weiteren sozialen Abstieg wie Drogenkonsum entgegenwirkt und tatsächlich hilft, schneller wieder vermittelt zu werden“, so Wechsung. Sie lenken uns auch ab von uns und der ständigen Nabelschau auf unsere eigenen Problemen. Denn wer einen Hund sein Eigen nennt, muss ihn auch füttern, sein Fell pflegen, sich um seine Gesundheit kümmern und auch für seine Ausgeglichenheit sowie seine hunde-sozialen Kontakte sorgen.
Ist der Hund der bessere Mensch?
Die Frage drängt sich auf: Ist der Hund mit all seinen positiven Eigenschaften der bessere Mensch? „Nein! Ganz und gar nicht!“, so Dr. Wechsung, „wir sollten nicht zu viel in den Hund hineininterpretieren. Das ist überhaupt die Gefahr, unsere Fellnasen zu sehr zu vermenschlichen. Oft wird der Hund nicht mehr als Hund gesehen und nicht mehr artgerecht gehalten“. Dabei kommt es nicht selten zu sehr eigenartigen Auswüchsen wie Designer-Hundebetten für über tausend Euro, Hundegeburtstagsmützen, Pralinen, Parfüm, Deo, Schmuck, Socken, Höschen, Sonnenbrillen, Haarspangen, Schals, Bademäntel, T-Shirts, Tops, Sweater, Spitzenkleider, Hundeyoga und sogar Hundehochzeitsmode sowie unglaublich, aber wahr: Nagellack und Dessous exklusiv für Hunde.
Dr. Dog wird dazu nicht befragt. Wenn doch, so würde er ganz sicher lieber auf einer Wiese toben, Löcher buddeln oder sich in einer Pfütze suhlen als perfekt eingekleidet mit lackierten Krallen frisch geföhnt und einparfümiert mit Hunde-Cologne Yoga machen zu müssen. „Das ist ebenso wenig artgerecht wie eine Kettenhundhaltung, aber weit schwerer auszumachen, zu maßregeln oder zu kontrollieren“, so die Hundeexpertin Dr. Wechsung. „Im Grunde aber sind dies Fälle für den Tierschutz. Denn wir haben die Pflicht als Mensch den Hund mit seinen artspezifischen Bedürfnissen zu sehen“.
Der Hund als Kommunikations-Katalysator -oder „Flirtfaktor Hund“
Hunde beschleunigen und verbessern die Kontaktaufnahme innerhalb der Spezies Mensch –und zwar nicht nur beim Gassigehen; Kontakte sind gut für das Selbstbewusstsein und den seelischen Gesamtzustand. Einzig strittig ist, ob Hundehalter zwei oder drei mal besser in Kontakt mit vorerst völlig unbekannten Menschen kommen im Vergleich zu Nicht-Hundemenschen. Nicht selten entstehen so auch Freundschaften oder Bindungen fürs Leben. Was kann es Schöneres geben?
HALO Effekt – Selbstaufwertung durch Hund
Halo ist nicht falsch geschrieben, Halo stammt aus dem Englischen und bedeutet Heiligenschein. In der Sozialpsychologie bezeichnet man damit eine kognitive Verzerrung, also eine verfälschte Wahrnehmung von Personeneigenschaften. Ein Lehrer, zum Beispiel, der eine neue Klasse übernimmt, erstmalig seine Schüler sieht und denkt: „Der so gepflegte, gutaussehende Junge in der ersten Reihe ist ganz sicher ein guter Schüler“, der unterliegt diesem Halo-Effekt und lässt sich von einem falschen „Heiligen-Schein“ blenden.
Persönliche Meinungen und Urteile sind also positiv beeinflussbar. Ein Golden Retriever wirkt zum Beispiel allgemein intelligent, süß, nett, friedlich, fit; also ist es auch der Halter. So kommt es zu der positiven Übertragung von Eigenschaften. Es heißt, so kam auch US-Präsident Barack Obama auf den Hund. Verzeihung: zum Hund. Ob nun der Hund in diesem Fall Werbemittel oder Werbeträger ist, ist insbesondere dem Präsidentenhund egal und die First-Kids freuts. Im Sommer 2013 bekam First Dog „Bo“, ein Portugiesischer Wasserhund, die Spielgefährtin „Sunny“. Wir gehen an dieser Stelle nicht der Frage nach, ob dies, eine rein politische Entscheidung war. Tatsächlich ging ein kurzes, positives Lüftchen durch den amerikanischen Presse-Blätterwald und man munkelte eine zeitlang davon, Sunny könnte ein Zeichen sein für den sehnsüchtig erhofften Aufschwung.
Solche Zweckentfremdung von Hunden hat auch Dr. Silke Wechsung in ihrem Forschungsprojekt zur Mensch-Hund-Beziehung festgestellt. In ihrer Befragung von fast 3000 Hundehaltern kristallisierten sich unterschiedliche Hundehaltertypen heraus. Das erschreckende Resultat war, dass ein Viertel der befragten Hundehalter den Hund aus rein eigennützigen Motiven angeschafft haben. Es ging ihnen nicht um den Hund, sondern darum, ihr eigenes Selbstbewusstsein zu stärken und ihr Ansehen im sozialen Umfeld zu verbessern. „Mein Auto, mein Haus, mein Hund“ –kann man da nur sagen.
Der Hund als Nanny für Groß und Klein
Studien lügen nicht. Erwiesen ist in zahlreichen Erhebungen in Deutschland und weltweit, dass Hunde die Entwicklung des Kindes fördern. Auf aggressive und überaktive Kinder wirken Hunde beruhigend, bei schüchternen Kindern wecken sie die Kontaktfreude. Glaubt man amerikanischen Forschern, so fördern Hunde bei Kindern die Konzentration und verbessern sogar noch dazu die Schulnoten. Aber damit nicht genug: Seit Jahren schon kommen die US-Vierbeiner in den Schulen in den Genuss, dass ihnen vorgelesen wird. Kinder mit Leseschwäche (Anm.: in Deutschland hat jedes fünfte Kind eine Leseschwäche) fühlen sich wohler beim Lesetraining und können ihre Leseleistung ohne Druck und Korrekturen entscheidend verbessern. Das vorlesende Kind will, dass das Schlappohr neben ihm die Geschichte auch versteht und konzentriert sich daher besser. Ganz nebenbei fördert die positive Erfahrung, mit dem Hund zusammen zu sein, zu üben, Erfolge zu erzielen und sich zu verbessern auch das Selbstbewusstsein des Kindes. Danke Bello. In Amerika werden Hunde im Übrigen bereits seit über vier Jahrzehnten in Therapien involviert.
Wie Hunde auf Jugendliche wirken
Kein Zweifel, das Großstadtleben bietet viel, fordert uns aber auch anders, ist oberflächlicher, schneller und anonymer. Eine Studie über Berliner Teenager belegt, dass Hunde in Metropolen nicht nur als Kumpel, Freund, Beschützer, Naturanker, Ansprech –und Fitnesspartner, Flirtkatalysator, Schmusetierersatz und Gute-Laune-Schenker fungieren, sondern außerdem noch das Verantwortungsgefühl der Jugendlichen fördern und sich auch in ihrer Funktion als Hilfe gegen die Einsamkeit sehr positiv auf die Kriminalitäts-Rate auswirken. In den Augen der Teenager selber gelten Hunde als potentieller Retter und Tröster, aber auch als sozialer Katalysator: „Wenn man einen Hund hat, denkt man nicht nur an sich selbst“, heißt es aus Teenager-Mund.
Die Hundehalter gelten bei den Jugendlichen als selbstsicher, tolerant, freundlich, gesprächig mit aktiver Freizeit-Gestaltung und großem Interessensspektrum. Da passiert es schon mal, dass die Freizeit weniger für Facebook und Gaming vergeudet wird. Stattdessen trifft man sich beim Agility, auf dem Disziplin-Parcour, in der Trickschule, beim Dogdance, bei Hundeshows oder auch beim Treib-Ball.
Im Gegensatz zu der Vergleichsgruppe „ohne Heimtierbesitz“ gehen die jugendlichen Hundehalter auch häufiger ins Kino, betreiben mehr Vereins-Sport, hören öfter Musik, machen mehr Bastel- und Handarbeiten, gehen häufiger mal Einkaufen oder Stadtbummeln, frequentieren mehr Jugendtreffs sowie politische und kirchliche Jugendorganisationen. Sie haben eine positivere Lebenseinstellung und gelten somit als weniger gefährdet, auf die schiefe Bahn zu geraten.
Dog-Teenager langweilen sich nicht und sind wesentlich aktiver in ihrer Freizeitgestaltung. Den Grund dafür fassen die Studienleiter zusammen mit den Worten: „Ein Hund fördert nicht den Rückzug auf das eigene Ich und den passiven Konsum von Freizeitangeboten, sondern stimuliert zu Aktivität und sportlich orientierter Geselligkeit“. Das leuchtet ein und lässt hoffen, dass in Zukunft noch mehr und früher Schulbegleithunde eingesetzt und staatlich gefördert werden.
Eltern aufgepasst!
Auch der Einfluss von Hunden auf Schulleistungen wurde unter die Lupe genommen: Schüler in solchen Kind-Hund-Beziehungen schneiden dabei weit besser ab als ihre Mitschüler ohne Hund in der Familie. Das betrifft den Notendurchschnitt ebenso wie das Umgehen mit den ungeliebten Hausaufgaben, aber auch das individuelle und das soziale Verhalten. Dog-Teens sind weniger schüchtern, dafür kreativer, selbstsicherer, aufgeschlossener, sozialer, darüber hinaus mehr motiviert und haben die bessere Team-Kompetenz. Ein Attribut, das heutzutage mit das wichtigste Einstellungskriterium beim Besetzen von freien Stellen ist.
Und sollten sich die lieben Eltern mal scheiden lassen, dann könnte man fast sarkastisch sagen: „Schaffen Sie sich vorher einen Hund an“. Denn es wurde ebenfalls festgestellt, dass Scheidungs-Kinder mit Hund signifikant weniger leiden und seltener pathologischen Folgen erliegen. Der Streichelkumpel zeigt sich als stabile Säule in der Krise, ist manchmal wohl gar ein kleiner Fels in der Brandung der kindlichen, stark gekränkten Gefühle und verleiht dem Scheidungskind die Imagination von Kontinuität des Guten. Die Beziehung zu dem Hund wird, was kaum verwunderlich sein mag, dabei in der Krise noch stärker. Aber es gibt sicher Schlimmeres als solchen Trost. Aus betroffenem Kindermund hört sich das so an: „Meinem Hund kann ich alles erzählen, auch wenn ich mal Sorgen hab, er tröstet mich und hat mich immer lieb, egal was passiert“.
„Hast Du denn deine Hunde-AGBs nicht gelesen?“
Sogar in unsere Sprache und Gestik nimmt der Hund Einfluss, in dem er einfach viel folgsamer ist, je eindeutiger und klarer wir in unseren Befehlen sind. Und Befehle müssen wir ihm geben, denn der Hund ist kein Demokrat. Er braucht eine klare Struktur und klare Anweisungen –gerne unterstützt durch demonstrative Bewegungen von Körper und Armen. Um so klarer wir uns ausdrücken und verhalten und Ausdruck und Verhalten eine Einheit bilden, desto mehr liebt er seinen Halter und der Kreis schließt sich wieder. Wir dürfen nie vergessen, dass wir es mit einem Hund zu tun haben und müssen ihn artgerecht halten, behandeln und sollten ihn jetzt auch angemessen schätzen. Hundehalter, die im Training sind, sind klarer in ihren eigenen Äußerungen, müssen aber aufpassen im Berufsleben und in zwischenmenschlichen Beziehungen, denn da sind ja auch schon mal Strategie, Taktik und die leisen Töne gefragt; was bei der Mensch- Hundesituation leider oft so klingt: „Rexilein, würdest Du vielleicht die Güte haben, jetzt doch mal zu mir her zu kommen, wenn es Recht ist?! Und dann bitte setz Dich doch zu mir, Rexilein, hörst Du?!“
Diese Mensch-Hund-Kommunikation ist nicht frei erfunden, sie geschieht tagtäglich tausendfach. Der Hundename ist beliebig austauschbar. Rex braucht aber ein mit entsprechender Gestik verbundenes, klares, eindeutiges, bestimmtes: „Rex, hier!“ und wird sich bei Herrchen mit schneller Folgsamkeit bedanken und zu dessen Füßen Platz nehmen. Aber probieren Sie das nicht mit ihren Kollegen, ihrer Freundin oder ihrem Lebenspartner.
Es gibt also kaum einen Bereich, in dem Hunde nicht positiv auf den Menschen wirken. Aber warum ist das so, dass wir so viel von unseren Helden auf Pfoten profitieren?
„Der Hund ist eben das Haustier“, so Frau Dr. Wechsung, „wovon der Besitzer in vielschichtigster Weise profitieren kann, so viel wie von keinem anderen Tier. Der Grund liegt nicht zuletzt darin, dass mit keinem Heimtier sonst eine so enge Interaktion möglich ist. Und mit keinem anderen tierischen Partner agieren wir so gemeinschaftlich in der Gesellschaft. Daher sind auch all’ diese positiven Nebeneffekte bis hin zum Hund als „soziales Gleitmittel“ oder „Flirtfaktor“ überhaupt möglich“.
Aktuelle Projekt-Beispiele
1. Tiergestützte Pädagogik bei Krabbelkindern
In Nittenau in der Oberpfalz sorgt Labrador-Hündin „Mandy“ in der Johanniter-Krabbelstube „Regentalkinder“ dafür, dass die Kleinen frühestmöglich mit Tier und Natur vertraut werden. Die Devise ist Angst-Abbau und Vertrauen-Aufbau. Im Idealfall kann Angst vor Hunden so gar nicht erst entstehen. Ganz nebenbei haben die Mini-Kids durch Mandy mehr Bewegung und lernen, mit ihr und anderen Kindern respektvoll umzugehen. Und schwierige und laute Kinder werden ruhiger und zugänglicher. Das gilt auch zum Beispiel für den Einsatzort der Schulhunde Stable und Dimple in Sterup bei Flensburg. Die Fünftklässler der Heinrich-Andresen-Schule sagen selber über sich, dass sie ruhiger und konzentrierter seien, wenn die Hunde am Unterricht teilnehmen. Das spricht sich rum.
Allein schon wegen Stable und Dimple hat diese Schule zahlreiche Neuanmeldungen und erhielt schon mehrfach die Auszeichnung „Zukunftsschule“.
2. Mit vier Beinen gegen Arbeitslosigkeit
Auch den Älteren, zum Beispiel arbeitslosen Jugendlichen, kann fellunterstützt geholfen werden. Das zeigt ein innovatives Projekt im Kreis Unna: Die Umwelt-Werkstatt Lünen führt zusammen mit dem Jobcenter und den Labrador-Hündinnen Queen und Hope sogenannte Aktivierungsmaßnahmen für Jugendliche durch, die ohne Job und Ausbildung sind. Die eher unfreiwilligen Teilnehmer sind nicht die einfachste soziale Klientel. Aber durch Queen und Hope hat sich ihre vorerst abwehrende „Null-Bock-Haltung“ zum Positiven gewandelt. Allein schon, wenn ein Kommando funktioniert, steigert dies das Selbstbewusstsein. Der Kontakt mit den Hündinnen verbesserte zusätzlich die sozialen Kompetenzen der Teilnehmer, was sich letztlich mit einer beispielhaft guten Vermittlungsquote bemerkbar machte.
Es lohnt sich also ganz sicher mal über eine Hundeanschaffung nachzudenken, denn der Hund ist wie gesehen in Sachen unserer Gesundheit von Körper, Geist und Seele wirklich ein Allround-Genie.
Wen wundert es da noch? Auch die US Army weiß derweil von den positiven und insbesondere entspannenden Effekten des Hundes und setzte Hunde bereits im Irak und in Afghanistan ein, um posttraumatische Störungen bei Soldaten zu behandeln oder ihnen vorzubeugen.
Arbeits-Kollege Hund
Eigentlich ist alles ganz einfach: Mit Hunden entspannen wir uns, haben weniger Stress, produzieren weniger Stresshormone, die unser Immunsystem schwächen und sind daher weniger krank. Das freut uns und unseren Arbeitgeber gleichermaßen. So haben zum Beispiel Google, Procter & Gamble und AOL zusätzlich erkannt, dass ihre Mitarbeiter nicht nur weniger Ausfallzeiten haben, wenn Hunde am Arbeitsplatz sind, sondern auch, dass die Bereitschaft zu Überstunden größer ist, insgesamt mehr geleistet wird und dass dann auch noch kreativer und innovativer als zuvor.
Hunde machen Raucher nachdenklich
Zu guter Letzt sei noch erwähnt, das eine Untersuchung erwiesen hat, das immerhin ein Drittel aller befragten Raucher eher wegen der Gesundheitsgefährdung ihres passiv mitrauchenden Hundes als wegen ihrer eigenen Gesundheit mit dem Rauchen aufhören würden. Hunde machen also tatsächlich den Menschen nachdenklich. Auf die noch ausstehende entsprechende Kampagne vom Gesundheitsministerium dürfen wir gespannt sein.
Ausblick
Die Forschung geht weiter, -nicht exponentiell, aber kontinuierlich. Sicher ist schon jetzt, Hunde können noch mehr! Ach, könnten wir doch sie verstehen. Aber auch das geht. Mensch-Tierkommunikation ist möglich und ein spannender Forschungszweig. Ich bleibe für Sie dran. So viel sei verraten: Wenn die Mensch-Tierkommunikation nicht stimmt, der Hund sich nicht wie erwünscht verhält, dann liegt es selten am Hund und nie am Hund allein, sondern an der Beziehung zwischen Halter und Hund. Machen Sie den Test und bitten einen beliebigen Hundetrainer um eine ehrliche Antwort auf die Frage „Wen oder was trainieren Sie eigentlich beim Hundetraining“. Die ehrliche Antwort wird lauten: den Menschen.
18.06.2016
(c) Norbert Stolze
© by Norbert Stolze, Leib & Seele Coach, Heilpraktiker für Psychotherapie & M.A. Pädagogik, Englisch, Deutsch, Psychotherapie, Hypnosetherapie, Reiki- und Chakratherapie I PR & Fachartikel mit und für Leib & Seele I Mitglied im Verband Unabhängiger Heilpraktiker I http://zwangsstoerungen.jimdo.com/
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“Nachdem ich viele Jahre für TV-Sender Filme und Sendungen zum Thema Gesundheit produziert habe, machte ich mich als PR-Berater mit Spezialisierung auf… ”
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