Neuer Pilgergeist für einen Weltenwandel

baum mit gesicht

Weltenwandern – neuer Pilgergeist für einen Weltenwandel
Über sich selbst hinausgehen, um sich selbst zu finden

„Um was geht es in dem Seminar, zu dem du dich angemeldet hast?“ „Weltenwandern!“
„Das habe ich noch nie gehört!“ „Ja, auch ich wusste im ersten Moment nicht, was damit gemeint sein könnte, doch das Wort hat mich neugierig gemacht. Was würdest du dir darunter vorstellen?“

Als Ohrenzeuge dieses fiktiven Dialoges würdest du dir vermutlich selbst die Frage stellen: Was könnte „Weltenwandern“ bedeuten? Handelt es sich um eine besondere Art des Wanderns oder ist es metaphorisch zu verstehen und spielt auf so etwas Ähnliches wie schamanisches Reisen an?
Die Antwort ist: sowohl als auch, und beides gehört zusammen!

Innere und äußere Wege als Einheit

„Weltenwandern“ ruft sicherlich andere Assoziationen hervor als „Pilgern“. Doch verstehe ich unter Weltenwandern genau das, was mit meinem Buchtitel „das neue Pilgern“ gemeint ist: Das neue Pilgern ist Weltenwandern und „Pilgern“ ist dabei nicht nur wortwörtlich zu verstehen!

Damit soll gesagt sein, dass es sich nicht nur auf eine bestimmte Art des Unterwegsseins in der äußeren Landschaft bezieht, sondern auf einen umfassenden spirituellen Weg, auf dem wir uns auch im (inneren) Mikrokosmos einer Mesa bewegen: Wayna Fanes, der siebenfache Weg des kristallenen Herzens.

Eine Mesa ist eine Anordnung von Medizinstücken, überwiegend Steinen, die als Mikrokosmos auf einem gewebten Tuch ausgelegt sind. Diese Stücke sind Kostbarkeiten, obwohl die meisten von ihnen sogenannte gewöhnliche Steine sind, nicht etwa Kristalle oder Halbedelsteine. Doch dazu später mehr. Vorläufig geht es mir nur um die Frage, wie sie zu uns kommen.

waltraud hoenes gruener Weg
grüner Weg © Waltraud Hönes

Wir erhalten sie auf dem Weg zu heiligen Orten in der Landschaft, denen wir – als neue Pilger oder Weltenwanderer – Gaben bringen, um sie zu nähren und zu stärken. Im Gegenzug erhalten wir diese Medizingeschenke, die wir dafür verwenden, um über die Mesa etwas zu bewegen, nicht nur für uns selbst, sondern auch für einen tiefgreifenden Wandel in der Welt. Es gilt, unsere Beziehung zur lebendigen Erde (und damit zum Leben selbst) in Ordnung zu bringen, und das hat auch, aber nicht nur, mit uns selbst zu tun. Das ist der höhere Zweck von innerem wie äußerem Weltenwandern, die beide zusammenwirken und uns in eine neue, erweiterte Welt führen.

Das Sichtbare und das Unsichtbare – Zugang zu einer größeren Welt

Werfen wir zunächst einen näheren Blick auf das physische „neue Pilgern“ in der Natur, bei dem wir nicht nur den sichtbaren, sondern auch den unsichtbaren Bewohnern einer Landschaft begegnen. Sie sind unsere Mit-Wesen! Bereits diese Erkenntnis versetzt uns in eine andere, seelenvollere Welt. Man könnte auch sagen, es ist eine mythische Welt, in die wir eintauchen.

Doch wie können wir einen Zugang zum unsichtbaren Anteil der Welt finden, auch wenn wir nicht „hellsichtig“ sind? Die unsichtbare Dimension verbirgt sich oft in der sichtbaren, vielmehr nimmt sie Gestalt in ihr an.

Anstatt zu versuchen, „Geistwesen“ wahrzunehmen, die unabhängig von der physischen Landschaft existieren, sollten wir damit beginnen, sie als in die sichtbare Natur eingebettet zu erkennen. Dann sind wir der mythischen Weltwahrnehmung indigener Völker und unserer eigenen Vorfahren auf der Spur.

Auch wir können wieder lernen, auch Steine, Bäche, Seen, Hügel und Berge als Wesen wahrzunehmen.

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Wenn wir beispielsweise ein Gesicht in einem Felsen sehen, dann wird er zu einer mythischen Gestalt. Es ist nicht mehr einfach ein größerer Stein, der bewegungslos und zufällig irgendwo auf dem Boden liegt, sondern ein Wesen, das in genau der gegebenen Konstellation mit den anderen Wesen der Landschaft interagiert. Nicht nur ich nehme es wahr, es nimmt auch mich wahr! All meine Handlungen, meine Worte, mein Gesang werden von ihm bezeugt und üben eine Wirkung auf es aus, was wiederum seine Wirkung auf mich verändert. Wir sind in Beziehung getreten, und dieses Mit-Wesen ist jetzt Teil der Welt, in der ich lebe.

Unser eigener Platz in der Welt verändert sich, wenn wir uns der größeren Gemeinschaft von Wesen, die wir eine Landschaft nennen, zugehörig fühlen. Können wir das einmal spüren, dann werden wir anders, genauer gesagt liebevoller mit ihr umgehen. Deshalb ist es ein Fortschritt und kein Rückschritt, wenn wir die sogenannte animistische Weltwahrnehmung rehabilitieren. Es bedeutet vielmehr eine Erweiterung unseres Bewusstseins, wenn es uns gelingt, unsere eingeschränkte nüchtern-rationale Welt in die Mythische einzugliedern, denn sie ist die umfassendere!

Verbundene Welten und wir in allen

Beim Weltenwandern in der Landschaft tut sich also so einiges in unserer inneren Welt, während wir der äußeren im Geist der heiligen Wechselseitigkeit begegnen. Es gehört aber auch dazu, dass wir uns vertikal ausdehnen und die Gegenwart einer „oberen“ und „unteren“ Welt spüren, während wir uns durch die „mittlere“ bewegen, die wir nun um ihre unsichtbaren Anteile erweitert haben. Wir selbst als aufrechte Menschen werden zum Bindeglied zwischen den Welten.

Das ist wiederum von größter Bedeutung für einen echten Wandel in der Welt. Ein solcher wird nämlich erst dann geschehen, wenn es uns gelingt, die Trennung zwischen den Welten aufzuheben, die uns von der spirituellen Dimension des Menschseins abschneidet und unsere Beziehung mit der Erde vergiftet hat. Wir sind Teil des einen Weltgewebes, das keine Trennwände zwischen oben und unten, innen und außen kennt. Wenn aber wir Menschen sie selbst aufstellen, werden wir keines unserer zahlreichen Probleme lösen können und nie zu einer Lebensweise finden, die uns glücklich macht.

Ordnung in Schönheit: das Weltgewebe der Mesa

Die Welten näher zusammenzubringen, ist daher der Zweck von Zeremonien an heiligen Orten in der Landschaft genau wie an der Mesa. Mit Gaben und rituellen Gesten bekunden wir nach oben, unten, innen und außen, dass wir die zarten Lichtfäden, die all diese Bereiche verbinden, stärken wollen.
Betrachten wir das kostbare Instrument der Mesa etwas näher. Genau wie die Wesen im „großen“ Weltgewebe sind dort die Medizinstücke so angeordnet, dass jedes für sich seine einzigartige Kraft im Zusammenhang mit allen anderen entfalten kann.

Die kosmischen Prinzipien, die den Himmelsrichtungen entsprechen, sind auf ihr genauso repräsentiert wie die heiligen Berge und andere hilfreiche verbündete (mythische) Wesen der Natur und des Kosmos. Auch die drei vertikal übereinanderliegenden Welten sind auf ihr zu finden. Sie ist der Entwurf einer verbundenen Welt samt der Vision von ihrer Entwicklung auf eine höhere Ordnung in Schönheit hin. Im neuen Mythos von Fanes wird die Welt nach der Rückkehr des unvergleichlich strahlenden Steins, der Rayeta, so beschaffen sein.

Neuer Pilgergeist für einen Weltenwandel waltraud hoenes wandern
Wandern mit Waltraud Hönes©

Nachdem wir in der Natur gelernt haben, alles als lebendig und beseelt wahrzunehmen, sind natürlich auch die Steine auf der Mesa Wesen, die uns beim Weltenwandern in der Natur begegnet sind und uns zu verstehen gegeben haben, dass sie auf der Mesa zu Diensten sein wollen. Sie geben sich als solche zu erkennen, die heilsame Kraft übermitteln können, weil bestimmte Geistwesen durch sie wirken.

Man kann mit Hilfe der Mesa in andere Welten reisen, doch ist dazu nicht unbedingt eine klassische schamanische Reise notwendig, denn es versetzt uns bereits in einen veränderten Bewusstseinszustand, wenn wir sie betrachten und zeremoniell aktivieren. Mit den Wesen auf ihr ins Gespräch zu kommen, vertieft unsere Beziehung mit ihnen, und wenn wir sie in der Hand halten, übermitteln sie uns ihre Medizin.

Viele Mesas in einem Raum zusammengebracht, formen wiederum eine größere Einheit und ermöglichen kraftvolle zeremonielle Prozesse, die heilsam auf das kollektive Bewusstseinsfeld einwirken.

Weltenwandern für einen echten Weltenwandel

Beide Formen des Unterwegsseins sind also aufeinander bezogen und verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung: Physisches Pilgern in der Natur mit einem großzügig gebenden Herz, das dabei seine kristallklare Qualität entfaltet, und „weltbewegende“ Heilungsarbeit an der Mesa. In ihrem Zusammenspiel lassen sie uns zu Weltenwanderern werden, die einen bedeutenden Beitrag für einen tatsächlichen Weltenwandel leisten. Ein solcher Weltenwandel würde uns Menschen zu verantwortungsbewussten und beherzt mitschöpfenden Wesen in einem höchst belebten Universum machen, die sich dessen bewusst sind, dass sie nur einen winzigen Teil davon kennen.

Ich freue mich auf viele neue Weltenwanderer, die sich ein Herz fassen und sich aufmachen, um diese Kunst zu lernen und andere dabei mitzunehmen!

Wagen wir es also endlich, der lebendigen Erde anders zu begegnen? Vielleicht inspirieren dich diese Worte, demnächst beim Neuen Pilgern und bei gemeinsamen Zeremonien an einer atemberaubend schönen Mesa dabei zu sein!
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06.04.2023Logo waltraud hoenes
Waltraud Hönes
www.waynafanes.org


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Waltraud Hönes, Frühlingsgefühle Waltraud Hoenes


Jahrgang 1964, Curandera (schamanische Heilerin), zeremonielle Künstlerin und Buchautorin, ist die Gründerin der Wayna Fanes-Tradition und der Gruppe Dolomiten Ayllu. Nach Abschluss ihres Psychologiestudiums an den Universitäten Würzburg und Konstanz bildete sie sich in Kalifornien (USA) bei führenden Vertreter/-innen der transpersonalen Psychologie fort. Bei dem peruanischen Meisterzeremonialisten und Curandero Don Oscar Miro-Quesada absolvierte sie eine zehnjährige Lehrzeit. Waltraud Hönes lehrt und heilt europaweit in Form von zeremoniellen Workshops und Pilgerseminaren, vor allem in den Dolomiten, wo sie lebt. Als Pilgerin für die Erneuerung unserer Beziehung mit der Erde betreut sie zusammen mit dem Dolomiten Ayllu ein Netzwerk von über hundert heiligen Orten.
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Buchtipp Cover vorn waltraud Hoenes pilgern

Das neue Pilgern: Begegnung mit der lebendigen Erde
von Waltraud Hönes
Ist es nicht mehr als Zeit, andere Wege einzuschlagen? Aufzubrechen und zu gehen anstatt abzuwarten, was weiter geschieht? Doch wohin wollen wir gehen?
Bei dieser neuen Art des Pilgerns die Erde als lebendiges Wesen zu erfahren und mit ihr in einen wechselseitigen Austausch zu treten, ist richtungsweisend für eine lebenswerte Zukunft von uns Menschen auf und mit der Erde. Es gilt, ein größeres Selbst zu entdecken, das um die Verbundenheit von allem in der einen Weltseele weiß. …
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