Spirituelle Ökologie – Antwort auf Egoismus und Kleinstaaterei
Der Sonntag am 8. August ist der letzte Tag in 2016, an dem die Menschheit ein Guthaben auf ihrem globalen Konto hat. Ab Montag sind dann die natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Das teilte die Naturschutzorganisation WWF mit. Spirituelle Ökologie als Antwort auf Egoismus und Kleinstaaterei ist damit mehr denn je gefragt!
Damit ist der „Welterschöpfungstag“ (Englisch: Earth Overshoot Day), der sich aus Berechnungen des Global Footprint Networks ergibt, um fünf Tage im Kalender nach vorne gerutscht. 2015 reichten die Ressourcen noch bis zum 13. August. Für den Rest des Jahres lebt die Menschheit von den stillen Reserven der Erde.
Egoismus und Kleinstaaterei
„Der globale Kontostand rutscht auch 2016 wieder kräftig ins Minus. Und das nicht zum ersten Mal. Seit über dreißig Jahren häufen wir jährlich neue Schulden an“, betont WWF-Vorstand Eberhard Brandes. „Wir müssen endlich einen Weg finden, in den natürlichen Grenzen unseres Planeten zu leben und zu wirtschaften. Das ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Wenn wir diese Herausforderung nicht meistern, werden unsere Kinder und Enkel massiv unter den Folgen zu leiden haben.“
Zugleich warnt Brandes vor „Egoismus und Kleinstaaterei“ bei Nachhaltigkeits- und Umweltschutzfragen. „Der Klimawandel kennt keine Nationalstaatsgrenzen. Vor den Folgen von Wassermangel, Artensterben oder Meeresverschmutzung kann sich kein Land der Welt abschotten. Nur eine Verringerung des Fußabdrucks kann auch für unsere Kinder und Enkel ein hohes Wohlstandsniveau garantieren“, verdeutlicht der WWF-Vorstand. Dementsprechend müssten die großen Industrienationen bei den dringend notwendigen Transformationen vorangehen. „Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Ziele sind durch die Sustainable Development Goals und das Pariser Klimaschutzabkommen klar vorgegeben. Jetzt ist es Zeit zu handeln“, so Brandes.
Laut WWF stagniert der ökologische Fußabdruck Deutschlands seit zehn Jahren auf gefährlich hohem Niveau.
Jeder Deutsche verbraucht demnach mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm jährlich zustehen würden. Deutschland müsse daher insbesondere Landwirtschaft und Verkehr nachhaltiger ausrichten und Schutzgebiete wirksamer schützen. Herausragende Bedeutung habe zudem die konsequente Realisierung der Energiewende und die Reduzierung der Treibhausgasemissionen insbesondere im Stromsektor.
Leider sende die deutsche Politik derzeit gänzlich andere Signale aus. Der Klimaschutzplan 2050 werde zunehmend abgespeckt. Das bezeichnet der WWF als einen „gravierenden, politischen Fehler“. Von einem konkreten Kohleausstieg sei „nichts mehr zu lesen“, obwohl die Bundesrepublik, wenn sie das Unter-Zwei-Grad-Ziel von Paris ernst nehme, bis spätestens 2035 aus dieser Form der Stromerzeugung aussteigen müsse.
Auch die Reduzierung und Reformierung der Fleischproduktion werde nicht angegangen, dabei sei – nicht nur unter Klimaschutzgesichtspunkten – eine nachhaltige Agrar-Wende für Deutschland überfällig.
„Es braucht endlich eine sektorspezifische Gesetzgebung, die dann nicht nur den Klimaschutz im Blick hat, sondern auch konkrete Ziele für Biologische Vielfalt und Landnutzung umfasst“, fordert WWF-Vorstand Brandes. „Statt den Klimaschutzplan weiter aufzuweichen, sollten sich alle Ministerien auf verpflichtende und Dekaden-scharfe Treibhausgasminderungsziele bis 2050 festlegen. Damit wäre dann auch endlich eine klare Ressortzuständigkeit gegeben und das ewige Schwarze-Peter-Spiel könnte aufhören.“
Die Berechnungen zum Welterschöpfungstag (Overshoot Day)
gehen auf das Konzept des Ökologische Fußabdrucks zurück, der ausweist, wie viel Fläche benötigt wird, um alle Ressourcenbedürfnisse inklusive der Energieversorgung zu gewährleisten.
Allein die CO2-Emissionen haben sich seit 1970 mehr als verdoppelt. Deutlich ist auch der Rückgang der Artenvielfalt. So zeigt der Living Planet Index für die vergangenen vier Jahrzehnte einen Rückgang der Biologischen Vielfalt um 52 Prozent. Im Durchschnitt hat sich die Anzahl der untersuchten Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische damit halbiert.
Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigen wir bis zum Jahr 2030 zwei Planeten, um unseren Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären es knapp drei. 1961, dem Gründungsjahr des WWF, benötigte die Menschheit hingegen nur zwei Drittel der weltweit zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Uwe Taschow
5. August 2016
Spirit Online