Stille ein Wegweiser spiritueller Orientierung
In der todbringenden Hektik des modernen Lebens sehnen sich immer mehr Menschen nach Stille. Nach einem Ort, wo der stete Rausch der Information und Ablenkung verstummt, um Platz für Ruhe und Selbstreflexion zu machen. Doch wie hängen Spiritualität und Stille zusammen? Und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es dazu? Stille, wenn wir sie als einen Zustand von minimalen auditiven Reizen definieren, hat sich als eines der wirksamsten Mittel gegen Stress erwiesen, das der Menschheit bekannt ist. Untersuchungen haben wiederholt gezeigt, dass sich Stille positiv auf Blutdruck, Puls und Cortisolspiegel auswirkt – physische Indikatoren für Stress.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist ihr Beitrag zur Selbstreflexion. In einer Welt, die ständig unsere Aufmerksamkeit fordert, bietet die Stille einen seltenen Raum für das tiefe Eintauchen in das Selbst. Forschungen haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig stille Perioden in ihren Alltag integrieren, über verbesserte emotionale Abstimmung und wachsende Selbstkenntnisse berichten.
In der spirituellen Praxis vieler Kulturen ist die Stille ein zentraler Bestandteil. Im Buddhismus zum Beispiel ist Meditation, oft in Stille, eine grundlegende Praxis, um ein erweitertes Bewusstsein und ein tiefes Verständnis des Selbst und der Welt zu Ferlangen. In der christlichen Tradition gibt es die Kontemplation, eine Form des Gebets, die Fokussierung und Konzentration auf Gott beinhaltet.
Die Wissenschaft erkennt zunehmend die spirituellen Vorteile der Stille
Neuere Studien deuten darauf hin, dass stille Meditation das Gehirn positiv verändern kann, indem sie die Dicke der präfrontalen Großhirnrinde (der Teil des Gehirns, der mit Aufmerksamkeit und Bewusstsein verbunden ist) erhöht und die Aktivität der Amygdala (der Region, die mit Angst und Emotionen in Verbindung steht) reduziert.
Aber wie kann man dieses Wissen auf das tägliche Leben anwenden? Einen Anfang kann es machen, bewusst stille Momente in den Tag einzubauen. Das kann von einer kurzen Meditation am Morgen bis zu einem langen Spaziergang in der Natur reichen, ganz ohne Hintergrundmusik oder Podcasts.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Stille und Spiritualität wissenschaftlich eng miteinander verknüpft sind. Stille fördert unser Wohlbefinden und bietet einen kostbaren Raum für Reflexion und spirituelle Erfahrung. Es ist vielleicht an der Zeit, dass wir alle auf die universelle Einladung zur Stille reagieren.
Spiritualität
Wenn wir über Stille und Spiritualität nachdenken, ist es oft verlockend, dies als ausschließlich persönliche Angelegenheit zu betrachten. Wir gehen in die Stille, um zu meditieren, uns zu entspannen, uns von der Außenwelt abzukoppeln. Doch das volle Potenzial geht weit über den individuellen Nutzen hinaus.
In einer Welt, in der wir mehr denn je miteinander verknüpft sind und in der die Grenzen zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen immer mehr verschwimmen, könnte die kollektive Praxis der Stille einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung gesünderer und friedlicherer Gesellschaften leisten. Stellen Sie sich vor, in Schulen, Arbeitsstätten und öffentlichen Plätzen würde bewusst Raum und Zeit für Stille geschaffen. Nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Gemeinschaften könnten von den gesundheitlichen, emotionalen und spirituellen Vorteilen der Stille profitieren.
Dies ist keine utopische Vorstellung, sondern wird bereits in verschiedenen Teilen der Welt in die Praxis umgesetzt. In Finnland zum Beispiel beinhaltet der Schulalltag regelmäßig Momente der Stille, eine Praxis, die dazu beiträgt, dass finnische Schüler zu den glücklichsten und besten in internationalen Bildungsvergleichen gehören. Wissenschaftliche Forschung kann Licht auf die Bedeutung und die Vorteile werfen, sowohl in Bezug auf die individuelle Gesundheit und das Wohlbefinden als auch in Bezug auf gesellschaftliche Prozesse.
Streben nach Stille
Das Streben nach Stille ist nicht nur eine Flucht vor dem Lärm, sondern kann zu einer tieferen Verbindung mit uns selbst und mit anderen führen. Es geht darum, eine Balance zu finden und zu lernen, wie wir die Störgeräusche in unserem Leben auf ein Minimum reduzieren können.
Stille und Spiritualität sind tief verwobene Themen, die uns dazu einladen, aufmerksam zu sein und uns sowohl nach innen als auch nach außen zu öffnen. In der Stille können wir uns mit dem Unbekannten auseinandersetzen, das Teil des menschlichen Zustands ist, und dabei Wege der Achtsamkeit und Mitgefühl entdecken, die uns alle verbinden. Sie fordert uns auf, tiefer in uns selbst hineinzuhören und unsere eigenen Wahrheiten sowie die der Welt, in der wir leben, mutig zu erkunden.
Letztlich erinnert uns dies daran, dass die Spiritualität, obwohl sie oft individuell ausgelebt wird, ein gemeinschaftliches Unterfangen ist. Unsere Reise zum eigenen Selbst und unsere Verbindung zur Welt und zu anderen sind untrennbar miteinander verbunden. Durch die Stille lernen wir erneut zu hören – uns selbst, andere und das Große Ganze.
Und durch das Hören werden wir erneut eingeladen, in den Dialog mit uns selbst und mit der Welt zu treten – einen Dialog, der in der Tiefe der Stille seinen Anfang nimmt.
Angesichts dieser Erkenntnisse, können wir nicht umhin, uns zu fragen, wie wir die Kultur der Stille und Spiritualität in unseren ganz persönlichen Alltag integrieren können. Wie können wir diese uralten Praktiken beleben und neu interpretieren, sodass sie in unserer modernen, schnelllebigen Zeit bestehen können?
Alltag
Eine Möglichkeit besteht darin, bewusste Momente der Stille in unseren Alltag zu integrieren. Vielleicht könnte das bedeuten, den Tag mit einer kurzen Meditation zu beginnen oder bewusst auf Musik oder andere Ablenkungen während unserer täglichen Fahrt zur Arbeit zu verzichten. Es könnte bedeuten, unser Mittagessen in Ruhe zu genießen, anstatt nebenbei unsere E-Mails zu lesen.
Ein weiteres Konzept, das uns nahelegen würde, wäre das der “digitalen Diät”. Dies bedeutet, einen bewussten und regulierten Umgang mit unseren digitalen Geräten zu pflegen. Es geht dabei nicht darum, digitale Technologien völlig aus unserem Leben zu verbannen, sondern eher darum, einen bewussten und ausgewogenen Umgang zu finden.
Zudem kann die Stille als Zeit und Raum für spirituelles Wachstum genutzt werden. Unabhängig von unserer Glaubensrichtung oder unserem spirituellen Hintergrund können wir uns immer wieder neu auf die Suche nach dem Sinn des Lebens machen. Die Stille kann uns dabei als Plattform dienen, um uns auf unser Inneres zu besinnen und unsere spirituellen Überzeugungen zu reflektieren.
Raum für Wachstum
Letztlich ist die Stille mehr als nur die Abwesenheit von Lärm. Sie ist auch eine Möglichkeit, sich selbst zu begegnen und Raum für Erkenntnis und Wachstum zu schaffen. Aber die Stille ist nicht immer bequem. Sie konfrontiert uns mit uns selbst und zwingt uns, mit unserer eigenen Vergänglichkeit ins Gericht zu gehen.
Doch gerade diese Konfrontation kann der Beginn einer tiefen Transformation sein.
In unserer lauten, komplexen und oft überwältigenden Welt kann die Stille als Kompass dienen, der uns den Weg zu uns selbst weist und uns dabei hilft, unseren ganz persönlichen Weg zu mehr Spiritualität zu finden. Sie ermöglicht uns, in die Tiefe unseres Seins einzutauchen und uns von den Sorgen und Stressoren des Alltags zu lösen. Sie ermöglicht es uns, den Klang unserer inneren Stimme zu erlauschen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.
In einer Welt, in der der Lärm uns oft zu erdrücken scheint, laden uns die Stille und die Spiritualität dazu ein, innezuhalten, hinzuhören und uns wieder mit dem zu verbinden, was wirklich wichtig ist. Sie ermöglichen uns, tief in uns selbst hinein zu lauschen und so uns selbst und die Welt um uns herum besser zu verstehen.
Stille und Spiritualität können uns dabei helfen, unseren Platz in der Welt zu finden und (wieder) Sinn in unserem Leben zu erkennen. Denn, wie schon der französische Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau sagte: „Die Stille ist das Studium der Weisen und das Gespräch der Narren.“
Während wir die Praktiken der Stille und Spiritualität in unserem eigenen Leben anwenden, beginnen wir, die Auswirkungen weit über unseren persönlichen Raum zu sehen. Sie drücken sich in der Art und Weise aus, wie wir uns anderen gegenüber verhalten, unsere Arbeit erledigen und in unsere Gemeinschaften einbringen.
Bedeutung für kreatives denken
Berühmte Persönlichkeiten wie Albert Einstein und Steve Jobs haben immer wieder auf die Bedeutung der Stille für ihre Arbeit und ihr kreatives Denken hingewiesen. Sie sahen sie als wesentlich dafür an, sinnvolle Verbindungen herzustellen und umsichtige Entscheidungen zu treffen. Auch in Führungsrollen kann die Fähigkeit, der Stille zuzuhören, einen unschätzbaren Einfluss auf die Teamdynamik und Produktivität haben.
Überdies hat sie das Potenzial, unsere Beziehungen auf eine tiefere und bedeutungsvollere Ebene zu heben. Sie kann uns helfen, präsenter bei unseren Lieben zu sein und ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Sie kann uns auch dazu ermutigen, aktiver zuzuhören und empathischer auf die Bedürfnisse und Emotionen der anderen zu reagieren.
Mit anderen Worten, die Kultur der Stille und Spiritualität hilft uns nicht nur, uns in unserer eigenen Haut wohler zu fühlen, sondern sie trägt auch dazu bei, dass wir uns als wertvoller Teil unserer Gemeinschaft und Gesellschaft fühlen. Sie ermutigt uns, Verbindung zu suchen, Beziehungen zu vertiefen und einen positiven Einfluss auf die Welt um uns herum zu nehmen.
Ständiger Prozess
Dieser Dialog zwischen der inneren Stille und der äußeren Welt ist ein ständiger Prozess und eine lebenslange Reise. Es ist eine Reise, die uns herausfordert, uns kontinuierlich zu verändern und zu wachsen und die uns gleichzeitig die Freiheit bietet, uns genau so anzunehmen, wie wir sind.
In einer Welt, in der die Stimmen der Angst, des Vorurteils und der Intoleranz immer lauter zu werden scheinen, hebt die Stille unsere gemeinsame Menschlichkeit hervor und erinnert uns daran, dass wir trotz unserer scheinbaren Unterschiede im Grunde alle dasselbe suchen: ein erfülltes und sinnvolles Leben.
So ist sie nicht nur das Gegengewicht zum Lärm, sondern das Echo der Menschlichkeit selbst. Sie ist die leise Stimme, die uns immer wieder daran erinnert, dass unsere wahre Stärke in unserer Fähigkeit liegt, still zu sein, zuzuhören und in Verbindung mit uns selbst, miteinander und mit der Welt um uns herum zu stehen.
In einer so komplexen und oft chaotischen Welt ist das Streben nach Stille und Spiritualität mehr als nur eine Flucht vor dem Lärm. Sie ist eine Zuflucht, in der wir unseren eigenen Wert erkennen und unser volles Potenzial entfalten können. Sie ist ein Anker, der uns zu unseren Wurzeln zurückführt und gleichzeitig den freien Raum bietet, um uns nach den Sternen zu strecken. Und vor allem, sie ist ein Ruf zum Handeln, um eine Welt zu schaffen, die von Liebe, Mitgefühl und Verbindung getragen wird.
30.06.2016
Heike Schonert
HP für Psychotherapie und Dipl.-Ök.
Heike Schonert
Heike Schonert, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Diplom- Ökonom. Als Autorin, Journalistin und Gestalterin dieses Magazins gibt sie ihr ganzes Herz und Wissen in diese Aufgabe.
Der große Erfolg des Magazins ist unermüdlicher Antrieb, dazu beizutragen, dieser Erde und all seinen Lebewesen ein lebens- und liebenswertes Umfeld zu bieten, das der Gemeinschaft und der Verbindung aller Lebewesen dient.
Ihr Motto ist: „Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, uns als Ganzheit begreifen und von dem Wunsch erfüllt sind, uns zu heilen und uns zu lieben, wie wir sind, werden wir diese Liebe an andere Menschen weiter geben und mit ihr wachsen.“
Hinterlasse jetzt einen Kommentar