
Was weiß ich über mich selbst? Was macht meine Identität aus?
Über dem Tempel in Delphi soll er gestanden haben, der Satz: „Erkenne dich selbst”. Ich möchte heute ein Thema aufs Tablett bringen, das schon in den letzten Veröffentlichungen immer mal wieder an- oder durchgeklungen ist. Lapidar heißt es Identität und Identifikation. Bewusst habe ich diesmal nicht bei Wikipedia gegoogelt, sondern ich werde versuchen (vielleicht sogar mit Ihnen gemeinsam) diese Begriffe mit Inhalt und Sinn zu füllen. Warum das Thema? Was weiß ich über mich selbst?
Weil … die Art und Weise, wie wir uns selbst begreifen und verstehen, zutiefst die Qualität unseres Lebens, unserer Existenz prägt, weil mein Bewusstsein über das, was ich wie bin, wofür ich mich halte, nicht nur meine Wahrnehmung, sondern auch mein Erleben, Handeln usw. grundlegend prägt.
Vielleicht ein blödes Beispiel, aber vielleicht auch nicht:
Stellen Sie sich vor, ein Spiegel würde alles, was er widerspiegelt für Eigenschaften seiner selbst halten. Wie sehr wäre es ihm noch möglich sich als das, was er ist, als Spiegel (in seiner wahren Identität) zu erfahren?
Wie gebrauche ich die Begriffe im Moment?
Identität verstehe ich als das, was ich meinem Ursprung nach bin, das, was mich ausmacht. Andere Worte dafür wären: Wahre Natur, Wesen, Kern usw. Was würde Ihnen noch einfallen? Identifikationen sind alle die Bezugspunkte (wie Erfahrungen, Rollen, Prägungen usw.) von denen ich glaube, dass sie das, was ich „ich” nenne, ausmachen. Wie würden Sie den Begriff noch weiter erklären?
Die Abgrenzung finde ich im Einzelfall total schwer: Bin ich musikalisch, intelligent? Das hängt von den gemachten Erfahrungen und Bezugsgrößen ab. Bin ich ein Mann? Na klar, würde ich antworten. Aber ist das Identifikation oder schon Identität? Bin ich Mensch oder Bewusstsein? Philosophische Haarspalterei? Vielleicht … aber dann lassen Sie uns mit der Frage einen Sprung in den Alltag machen. Stellen Sie sich vor: Jemand bedroht Sie … und Sie bekommen Angst? Anders gefragt: Haben Sie dann Angst oder sind Sie (für eine gewisse Zeit) die Angst?
In der Systemik behauptet man, dass unser Wissen dann brauchbar ist, wenn es der praktischen Erfahrungswelt stand hält und uns befähigt, mit der Wirklichkeit angemessen umzugehen … Könnte das heißen, dass da, wo Ergebnisse suboptimal sind, dass es da „An-Passung”, Wandel, Veränderung usw. braucht? Fragen über Fragen und alle kann man letztlich nur für sich selbst(verantwortlich) beantworten.
Worauf möchte ich hinweisen?
Ich glaube, dass nicht so viele Menschen ein Gefühl dafür entwickelt haben, dass das, wie sie sich zu etwas oder wem in Beziehung setzen, eine solch enorme psychologische Wirkung hat. Wenn ich mich mit der Tatsache, dass ich Deutscher bin zutiefst identifiziere und jemand schimpft auf Deutschland, dann fühle ich mich bedroht und reagiere entsprechend oder jemand lobt Männer und ich freue mich. Und: Das heißt nicht, dass ich kein Deutscher, kein Mann sein will oder bin – aber es geht mir darum, zu verdeutlichen, wenn Ihnen auf der einen Ebene solche Bezugspunkte Halt, Sicherheit usw. bieten, dann werden Sie auf der anderen Seite immer mehr oder weniger Stress haben, wie ein Korken auf dem Meer. Vielleicht ist es diese Dynamik, von der die Buddhisten sagen: Anhaften schafft Leiden …
Was wäre eine Lösung (davon)?
Ja, ernsthaft: Das weiß ich auch nicht. Aber …ich glaube, dass es hilfreich sein könnte, sich die Fragen wie diese nach Identität und Identifizierung zutiefst und immer wieder neu zu stellen. Oder anders gesagt: Vielleicht ist Urvertrauen nur die Folge eines Bezogenseins auf das, was uns zutiefst ausmacht. Rollen, Fähigkeiten, Aktienstände …alles nicht schlecht, aber so vergänglich…machen Sie sich bewusst, wie (sehr) und womit Sie sich identifizieren. Mit seinem Lieblingssportverein bei der Meisterschaft zu fiebern kann ja auch Spaß machen…
Möglicherweise möchte ich Sie zu folgender Überlegung einladen: Wenn ich eine Ahnung von meiner Identität entwickle, dann werden meine Identifikationen immer relativer. Ich habe welche, aber sie machen mich nicht aus. Das ist ziemlich entspannend und macht mir möglich, bei Bedarf alte Bezugspunkte zu lassen und spielerisch neue zu knüpfen.
Vielleicht ist es das, was ich Ihnen als Anregung mit auf den Weg geben möchte. Also
Was weiß ich über mich selbst?
Was meinen Sie dazu? Schreiben Sie mir einfach eine Mail. Wenn es mir möglich ist, antworte ich gern auf Ihre Nachricht. Vielen Dank.
10. Dezember 2015
Ihr
Jürgen Weist
(c) Jürgen Weist
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