Weibliche Identität – mehr als nur ein Mysterium?

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weibliche-identitaet-frau-gesicht-blue-eyesWeibliche Identität – mehr als nur ein Mysterium?

Die Frage nach der weiblichen Identität ist eine der großen Fragen unseres Menschseins. Sie ist vielschichtig, komplex – und oft ganz anders, als wir uns dies gemeinhin vorstellen. Um den generellen Blickwinkel zu öffnen und dem Mysterium weibliche Identität näher zu kommen, Impulse anzubieten und Wege in eine neue, zeitgemäße Weiblichkeit aufzuzeigen, bietet die Autorin und Vortragende Leila Bust ihre langjährige Erfahrung an.

In der dreiteiligen Beitragsserie, die 2020 erscheint, lesen Sie zwei Schlüsselkapitel aus ihrem Buch „Weiblichkeit leben. Die Hinwendung zum Feminen“ (erschienen im Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2012. Mittlerweile bereits in 4. Auflage aus 2016). Sie geben einen Überblick zu Grundzusammenhängen zur weiblichen Identität, die oft nicht oder zu wenig bekannt sind.

Der zweite Beitrag wird im September 2020 erscheinen. Die Beiträge wurden mit der freundlichen Genehmigung des Elltert & Richter Verlags unverändert veröffentlicht. Es wurde lediglich eine optische Aufbereitung zur leichteren Lesbarkeit im Onlinemagazin vorgenommen.

Der 3. Beitrag wird dem Thema Gender und Weiblichkeit gewidmet sein und steht für sich alleine. Er erscheint im Dezember 2020.


Auf der Suche nach weiblicher Identität stellt sich die Frage, was ist feminin?

Bis in die sechziger Jahre hinein, war diese Frage leicht zu beantworten. Bis dato galt es als natürlich und selbstverständlich, dass Frau einem Mann anhing und Kinder bekam. Die Fortpflanzung galt als ihre von der Natur vorgegebene Aufgabe, die nicht hinterfragt wurde oder als religiöse Pflicht.

Es war der natürliche Lebensplan einer jeden Frau, der sich die Sinnfrage des eigenen Lebens nicht stellte. Entsprechend waren die körperlichen Vorgaben, als Schönheitsideal definiert, was dem Gebären und dem Wohl des Kindes vermeintlich diente: ausladende Hüften und ein großer Busen, der genügend Milch geben sollte.

Auch die Definition von weiblichen Attributen

wurde von ihrer Aufgabe als Ehefrau und Mutter her definiert. Die Frau sollte anpassungsfähig sein und sich unterordnen. Vor allem benötigte sie Opferbereitschaft und Pflichtbewusstsein.

Doch seit die große Mehrheit von Frauen Verhütungsmittel verwendet, werden Schwangerschaft und Geburt nicht mehr als naturgegeben betrachtet, die Ambivalenzen der Mutterschaft deutlicher wahrgenommen, die Monogamie der Ehe kritisch hinterfragt.

Manche wollen heiraten und Kinder bekommen, andere wollen keine und die meisten wollen erst einmal Karriere machen, bzw. beruflich erfolgreich sein und darin Anerkennung bekommen. Selbstverwirklichung wird nun mehr eher im beruflichen Kontext gesucht als in der Mutterschaft.

Dafür entwickelten Frauen Werte und Qualitäten,

die sie darin unterstützten ökonomisch unabhängig und beruflich erfolgreich zu werden wie Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit, Eigenschaften, die sie beim Mann abguckten.

(Die ökonomische Unabhängigkeit sowie die Liberalisierung ethischer familiärer Ideale haben ganz entschieden dazu beigetragen, dass Frauen heute eher Karriere statt Kind wählen und nicht unter allen Umständen in einer Beziehung bleiben, in der sie unglücklich sind.

Doch fühlen sich die Frauen von heute dank ihrer äußeren Freiheit auch innerlich frei?
Sind sie in ihrer Unabhängigkeit noch bereit zu lieben und sich an einen anderen Menschen zu binden?

Denn bei dem Wandel des Frauenbildes wurde meiner Meinung nach etwas ganz Wesentliches versäumt: die äußeren Räume von Freiheit wurden inhaltlich nicht gefüllt und die Frage nach dem ursprünglich Weiblichen blieb unbeantwortet.

Der von der Frauenbewegung initiierte Rollenwandel bewirkte

ein neues Selbstverständnis und revolutionierte die alten Rollen. Dabei orientierten sich die Frauenbewegten am Mann: an seinen männlichen Werten und Verhaltensweisen. Ihre Forderung war ja gleiche Macht und Gewaltenteilung für Männer und Frauen.

Um dies zu erreichen mussten Frauen besser, größer, erfolgreicher und mächtiger als die Männer werden. So verließen sie Schulen und Universitäten mit den besten Abschlüssen, übernahmen dank Gleichstellungsgesetze zunehmend einflussreiche Positionen in Beruf und Politik.

Dabei lernten sie vom Mann:

Sie übernahmen dessen erfolgreichen Gestus und seine Rhetorik, schauten sich seine Verhaltensweisen ab. Sie entwickelten persönliche und gesellschaftliche Visionen, lernten ihre Bedürfnisse und Wünsche klarer durchzusetzen und stellten eventuelle Kinderwünsche hintenan.

Frauen entwickelten und verstärkten damit ihre männlichen Fähigkeiten und Energien, wurden durchsetzungsfähig und unabhängig.

Dies war sicherlich ein wichtiger Schritt zur Befreiung und Eigenständigkeit der Frau, durch den Frau und Mann sich auf Augenhöhe gleichberechtigt begegnen. Innerlich blieb dabei jedoch eine gewisse Abhängigkeit vom Mann, da seine Werte übernommen wurden und keine eigenen femininen Qualitäten und Orientierung – jenseits der männlichen Werteskala – entwickelt wurden.

Die Persönlichkeit der Frau wurde bei dieser gesellschaftlichen Entwicklung immer maskuliner und sie trat mit den Männern in Konkurrenz. So erscheint Frausein heute fast wie ein Zerrbild von Männlichkeit, das erst noch zu einer wirklich erfüllten und gelebten Weiblichkeit befreit und entwickelt werden will.

Worin aber zeigt sich Weiblichkeit?

Die feminine Energie repräsentiert sich in einer offenen und rezeptiven Haltung und kann mit anderen mitschwingen.
Empathie, Mitgefühl und die Fähigkeit, mit dem anderen ganz zu verschmelzen und sich in ihm aufzulösen, sind weitere Ausdrucksformern des Femininen.

Das Feminine ist reine Lebenskraft und Daseinsfreude sowie Schönheit, Ästhetik, Anmut und Zartheit, die sich im Eros ausdrücken, aber auch Wildheit, Ekstase und Chaos gehören dazu. Die Intuition, die zusammen mit der spontanen Kreativität Dinge initiiert, bewegt und verändert, sowie der gute Kontakt zu den eigenen Gefühlen und die Fähigkeit, sie auszudrücken und zu kommunizieren, sind feminine Qualitäten.

Ihr tiefstes Wesen ist Liebe, die sich verschenken will,

ohne Wenn und Aber, ohne Ziel sich ganz hingeben will. Hingabe geschieht nur im Hier und Jetzt, im gegenwärtigen Augenblick. Daher gehört die Präsenz, die nur im Körper stattfindet, zum Femininen. Es kennt nur diesen Augenblick und den nächsten – wieder neu. Es atmet, bewegt sich, berührt, verströmt sich, ohne irgendwo ankommen zu müssen, geht auf in jedem Augenblick.

  Feminine Energie beinhaltet immer Möglichkeiten, die wir in uns zur Verfügung haben. Wir können sie realisieren oder verdrängen.

Nach der indischen Energielehre hat die Frau in der Regel überwiegend feminine Energie und einen geringeren Anteil maskuline.

Beim Mann verhält es sich in der Mehrzahl genau umgekehrt. Wenn eine Frau ihre feminine Essenz kennt, bejaht und auf die ein oder andere Weise realisiert, wird sie sich selbst gut, heil, komplett und erfüllt fühlen. Sie vermag dann ihre Beziehungen glücklich und befriedigend zu gestalten und wird zum Segen für ihre Umwelt.

Das heißt, dass sich die anderen gern in ihrer Nähe aufhalten, dass sie eine natürliche Anziehung hat und die Menschen sich in ihrer Gegenwart bereichert fühlen.

Wenn Frauen ihre ursprüngliche feminine Energie nicht leben und sie stattdessen mit zu viel maskuliner Energie verdrängen, kann das negative Auswirkungen auf ihre Persönlichkeit und ihr Leben haben, wie körperliche Krankheitssymptome oder Probleme in Beziehung und Partnerschaft.

Sind sie nicht mit ihrer wesenseigenen Energie verbunden, bringen sie sich um die Möglichkeit, wahre Liebe in ihrem Leben zu erfahren. Das Leben erschöpft sich dann leicht in Äußerlichkeiten und im Erfüllen bestimmter Rollen. Doch das Glück und der Reichtum wahrer Liebe, die immer aus der essenziellen eigenen Quelle kommt, bleibt ihnen verborgen.

Eine Frau, die ihr essenzielles feminines Wesen verdrängt,

kann sich mit den Jahren im wahrsten Sinne des Wortes „ausgetrocknet“ fühlen.
Sie fühlt sich innerlich ausgezehrt und ausgebrannt und kann anderen nichts mehr geben. Sie verausgabt sich in ihren Pflichten und Aufgaben, ohne dabei innerlich beteiligt zu sein oder gar Freude zu erleben. Indem sie ihr tiefstes Wesen unterbindet, verliert ihr Leben auf Dauer jeden Sinn; es wird traurig und leer.

Um dieses unangenehme Gefühl zu vermeiden, tut sie meist noch mehr, wird noch aktiver, ergeht sich noch zielorientierter in äußeren Aktivitäten, die doch nur die innere Leere füllen sollen. Dies ist meiner Meinung nach ein wesentlicher Faktor, dass heute viele Frauen unter Burn-out leiden, und das mit zunehmender Tendenz junge Frauen um die dreißig, die sich zwischen den verschiedenen Anforderungen von Familie, Kinder und Job aufreiben.

Die Therapeuten sind sich darin einig, dass ein Burn-out vielleicht von außen verstärkt wird, der Ursprung jedoch in eigenen Leistungsansprüchen zu suchen ist. Meiner Meinung nach geht die Ursache für Burn-out noch tiefer.

Ich sehe sie in der inneren Zerrissenheit, die entsteht, wenn Frau in einer falschen Angepasstheit zu viel maskuline Energie entwickelt und ihre wesenseigene feminine Energie nicht lebt.

Davon betroffen sind auch unsere Liebesbeziehungen und Partnerschaften.

Die Gleichberechtigung, die in Beruf und Politik funktioniert, ist in der Intimsphäre von Liebe und Partnerschaft fehl am Platz und ruft Unzufriedenheit und gegenseitige Ablehnung hervor.

Der Grund dafür liegt darin, dass sowohl Mann als auch Frau sich den anderen in seiner ihm/ihr eigenen Energie und Wesensart wünscht, die bei den Männern männlich, bei den Frauen weiblich ist, zumindest bei etwa 90 Prozent aller Männer und Frauen.

Beide jedoch, Mann wie Frau, lehnen oftmals ihre geschlechtliche Zugehörigkeit ab und unterdrücken die eigene Energie. Der Mann unterdrückt seine maskuline Essenz, weil er befürchtet, die Frau könnte nicht damit umgehen und ihn zurückweisen.

Die Frau hat keinen Zugang mehr zu ihrer femininen Essenz, denn sie hat das männliche Wesen mit seinen Qualitäten so verinnerlicht, dass sie es für ihr eigenes hält. Sie hat dies in dem Glauben getan, dass sie sich nur so an der Seite des Mannes behaupten kann und nicht wieder untergeht im Niemandsland der Vergessenen ihrer weiblichen Vorfahren.

Niemand kann jedoch auf längere Zeit die ihm eigene Wesensart, seine Essenz verdrängen, ohne dauerhaft Schaden zu nehmen. Niemand kann annehmen, dass die Liebe zwischen zwei Menschen fließt, wenn beide eine verkehrte Rolle spielen und die eigene Energie zurückhalten.

Das Vortäuschen falscher Tatsachen, führt zur Enttäuschung auf beiden Seiten. Frau und Mann ziehen sich voneinander zurück oder kämpfen miteinander, denn sie sind wütend aufeinander, da sie sich vom anderen betrogen fühlen, der das Geschenk der ihm eigenen sexuellen Essenz zurückhält. Die Enttäuschung und Wut über den anderen drückt sich vortrefflich in der gegenseitigen Beschimpfung als „Mannweib“ für die Frauen und „Weichei“ oder „Waschlappen“ für die Männer aus.

Wer bin ich als Frau?

Viele Frauen kommen aus diesem Grund irgendwann in ihrem Leben an einen Punkt, an dem es für sie nicht mehr weitergeht. Dies können Probleme in Beziehung, Partnerschaft oder Sexualität sein oder auch Krankheitssymptome, die Stress und Überforderung zum Ausdruck bringen.

Wohin aber kann es für diese Frauen gehen? Vielen fehlt ein positives Vorbild von Frausein, an dem sie sich orientieren können. Die Medienstars präsentieren sich nur in Äußerlichkeiten und vermitteln keine inneren Werte und erstrebenswerte Lebensmodelle.

Gerade jungen Frauen fehlen Vorbilder von Frauen,

die in ihrer femininen Ausstrahlung und ihrem Lebenskonzept überzeugen, jenseits der narzisstischen Glitzer- und Glamourscheinwelt der Frauenzeitschriften, die sowieso für die meisten Frauen nicht zugänglich ist.

Auch andere Modelle, die in unserer Gesellschaft angeboten werden, sind einerseits ziemlich begrenzt, andererseits halten sie letztendlich nicht das, was sie versprechen. Da scheint es nur zwei Alternativen zu geben: die romantische monogame Ehe, die an alten Rollenkonstellationen festhält, oder die unabhängige, erfolgsorientierte und gut funktionierende Frau, die Werte und Verhaltenskodex der männlichen Leistungsgesellschaft übernimmt.

Es sind diese beiden Lebensmodelle, die heute von Frauen mehr unbewusst mangels Alternativen und Fantasie übernommen werden, je nachdem, was sie an Modellen in ihrer Ursprungsfamilie vorgelebt bekommen haben.

Auch in diesen gesellschaftlich favorisierten Lebensmodellen, die völlig berechtigt auch meistens ein bis zwei Jahrzehnte funktionieren, kann Frau irgendwann an einen Punkt kommen, wo sie sich eingeengt, frustriert, enttäuscht und unglücklich fühlt.

Hier stellen sich dann häufig die Fragen: „War das alles? Wer bin ich als Frau? Wozu bin ich hier? Und was möchte ich noch erleben?“

Für eine neue Vision von Weiblichkeit

Ich bin zutiefst der Überzeugung, dass es unsere wesentliche Aufgabe als Frau ist, dieses Leben in unserem weiblichen Frauenkörper ganz anzunehmen und voller Freude zu leben – unabhängig von den äußeren Rollen- und Lebenskonzepten.

Die Verwirklichung unserer essenziellen weiblichen Energie und Wesensart ermöglicht uns ein Leben, das sich lebendig und aufregend anfühlt, angefüllt mit Freude, Liebe und glücklichen Beziehungen.

Die Frauenbewegung, die im Außen viel bewirkt hat, hat ihren Weg noch nicht vollendet. Sie ist auf halbem Weg stecken geblieben, da sie sich zu sehr am Mann orientiert hat.

Stets ist er die Leitfigur der Frau geblieben, mit dem sie sich verglichen, gemessen, den sie bekämpft hat, und an dem sie sich aufgerieben hat, in ihrem Bestreben besser zu sein und ihn zu übertrumpfen.

Wir Frauen haben bis heute nicht verstanden, dass das, was wir suchen, in uns selbst liegt.

Wir müssen uns nicht mit dem Mann vergleichen, denn wir sind ein ganz anderes Wesen als er. Wir brauchen auch nicht mit ihm zu kämpfen, um frei zu sein, denn wir sind es bereits. Wir müssen ihn auch nicht abwehren und uns von ihm trennen, um uns selbst treu zu sein.

Und wir müssen auch nicht länger unser Lebens- und Liebesglück von ihm erwarten, denn die Schlüssel zur Liebe tragen wir an unserem Herzen.

So geht es darum, den Blick weg vom Mann zunächst einmal nur auf sich selbst zu richten und nicht von sich selbst abzulenken.

Die Zeit, in der wir leben, ist reif, dass wir Frauen uns auf uns selbst besinnen und die eigene Freiheit und Liebe erkennen. Und dass wir unsere naturgegebene weibliche Lebenskraft anerkennen, würdigen und leben.

Und nie war es dringender notwendig als heute, zu einem neuen Miteinander von Frau und -Mann zu finden.

Denn wenn die Liebe und Wertschätzung für das eigene Feminine und Maskuline wiederentdeckt wird, werden sich Frau und Mann wieder angstfrei und ohne Schuldgefühle füreinander öffnen können. Sie werden sich wieder aufeinander zubewegen, jedoch erst nachdem jeder sich im eigenen Frau- und Mannsein wiedergefunden und sich darin ganz verankert hat.

Erst dann fühlen sich beide sicher genug, um sich wieder vertrauensvoll aufeinander zuzubewegen. Denn wer sich selbst nicht liebt, achtet und würdigt, kann nicht erwarten, dass der andere einen liebt, achtet und würdigt.

Die Zuwendung zu sich selbst

Es ist an der Zeit, dass Frauen sich in ihrer ganzen Intensität wieder sich selbst zuwenden.
Das fällt vielen schwer. In den 1970er-Jahren wuchsen Frauengruppen wie Pilze aus dem Boden. In Scharen versammelten sich die Frauen, um mit Spekulum und Vibratoren sich selbst zu erforschen. Sie stellten sich ins Zentrum des eigenen Interesses und der eigenen Aufmerksamkeit. Heute beobachte ich einen entgegengesetzten Trend bei vielen Frauen.

Die Frauen heute schauen unentwegt auf die Männer und sind überwiegend mit ihnen beschäftigt.

Entweder mit dem konkreten Partner oder den Männern allgemein. Dabei sind sie vor allem mit ihrer Kritik an Männern beschäftigt.

Der Hauptvorwurf an die Männer:

Sie seien den Frauen nicht mehr gewachsen. Da Frauen sich für Beziehung zuständig fühlen, ist ihr Blick auf die Männer gerichtet: analysierend, interpretierend, bewertend. Frauen wissen, wo es für die Männer langgeht – oftmals besser als diese selbst.

Wenn Frau sich jedoch wünscht, dass der Mann wieder seine männlichen Qualitäten entwickelt, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie sich auf den Weg macht, ihre Aufmerksamkeit mal für eine Weile vom Mann abzuziehen, um sich liebevoll sich selbst zuzuwenden und das ursprünglich eigene Weibliche in den eigenen Fokus zu stellen.

Erst dann wird sie bemerken, wie sehr sie die ganze Zeit mit anderen Dingen – vorzugsweise dem Mann – innerlich beschäftigt war und wie wenig Aufmerksamkeit sie sich möglicherweise selbst gibt.

Die feminine Frau

Eine Frau, die ihre Weiblichkeit entdeckt und ganz zu sich genommen hat, fühlt sich überaus wohl in ihrem Körper, der in seiner aufrechten Haltung Würde und Stolz ausdrückt. Ihr Körper ist keine Ware und auch kein Instrument, das sich auf die äußere körperliche Form beschränkt.

Eine feminine Frau bewohnt ihren Körper von innen und erfreut sich an seinen vielfältigen Körpersensationen, die durch die Sinne wahrgenommen werden. Ihr ganzes Wesen strahlt eine natürliche Sinnlichkeit aus, mit der sie sich zeigt und in Kontakt geht.

Sie fühlt ihre Einzigartigkeit und Schönheit, die sich nicht an engen Schönheitsidealen misst, sondern von innen heraus erlebt wird und von ihrer Freude an sich selbst durchdrungen ist.

Es ist ihr inneres Strahlen, das sie stark und selbstbewusst sein lässt,

ohne sich mit anderen dabei vergleichen zu müssen.

Ihre Freude und Liebe, die stark ist, empfängt sie durch ihre offene und rezeptive Haltung dem Leben und den Menschen gegenüber. So wie sie sich ihrer eigenen Schönheit bewusst ist, kann sie diese auch in jeder anderen Frau sehen und anerkennen.

Sie liebt das Zusammensein mit anderen Frauen, die nicht länger als Konkurrentinnen um die Gunst des Mannes buhlen, sondern Freude mit sich selbst haben.

In den weiblichen Räumen, die sie sich kreieren, pflegen sie ihre Freundschaft; sie tanzen oder singen miteinander, tauschen sich über Beruf, Persönliches, Kleider oder Intimes aus, sind zärtlich miteinander. Sie stärken und bestätigen sich gegenseitig in ihrem Frausein, sodass sie die Bestätigung vom Mann nicht länger benötigen.

Die feminine Frau kann aber auch gut mit sich allein sein. Sie ist in Harmonie mit sich selbst und wirkt bei Streit und Konflikten mit anderen ausgleichend.

Innerlich frei von Konventionen und Klischees

hat sie Zugang zum vollen Potenzial ihrer Sexualität, das ihr ein erfülltes Liebesleben ermöglicht. Die feminine Frau gibt sich selbst Anerkennung und Wertschätzung, was ihr ein natürliches Selbstbewusstsein verleiht. Sie ist eine Frau, die sich selbst von ganzem Herzen liebt und dadurch innerlich frei ist von der Bestätigung anderer, insbesondere des Mannes.

Die feminine Frau hat durchaus auch maskuline Qualitäten in sich entwickelt, die sie braucht, um auf eigenen Beinen zu stehen und im Beruf erfolgreich ihre Frau zu stehen. Sie ist frei, sich ihr Leben so zu gestalten wie es zu ihr passt – unabhängig von äußeren Konventionen. Auch wenn sie einfühlsam ist, weiß sie, was sie will und vertritt dies anderen gegenüber.

Sie übernimmt die Verantwortung für ihr Leben und ist motiviert, selbst das Beste daraus zu machen und ihr Lebensglück nicht von anderen abhängig zu machen.

Die Suche nach weiblicher Identität

Jede Frau ist in ihrem Leben auf der Suche nach sich selbst – unbewusst oder bewusst. Manche von ihnen sind noch jung und stehen am Anfang ihres Beziehungslebens. Andere haben schon viele Jahre in Beziehung und Partnerschaft verbracht.

Meist beginnt die Suche nach sich selbst erst, wenn frau äußerlich schon einiges erreicht hat, Karriere gemacht hat oder die Kinder schon etwas älter sind oder eine Ehe oder längere Partnerschaft gerade beendet wurde.

So richtet sich mein Buch an alle Frauen, die (wieder) Kontakt zur ihrem ursprünglichen weiblichen Inneren finden wollen, die ihr inneres Strahlen wiedergewinnen wollen, das sie so attraktiv macht und ihren inneren Flow (wieder) erleben wollen, der das Leben leicht und erfüllend macht. Dieses Buch ist ein Plädoyer für die Liebe zu sich selbst als Frau.

Das Ringen um weibliche Identität berührt immer auch die Frage nach unserer ursprünglichen Bestimmung – die im Kontext von Sexualität, Beziehung und Spiritualität zu beantworten ist.

Wir Frauen sind für die Liebe geschaffen!

Das scheint erst einmal wie eine esoterische Floskel. Ich hoffe jedoch, liebe Leserin, dass ich Ihnen auf den kommenden Seiten plausibel darlegen kann, was das konkret für die Frau bedeutet.

In diesem Buch vermittle ich Wege zu einer neu verstandenen und zeitgemäßen Weiblichkeit, die Frauen ermöglicht, voller Freude und Stolz ihre femininen Seiten und Qualitäten zu leben.

Meinen Ausführungen liegt dabei die Annahme zugrunde, dass Mann und Frau grundsätzlich in ihrem Wesen verschieden sind und Beziehungen umso besser gelingen, wenn die Beziehungspartner diese Verschiedenheit akzeptieren und die Polarität zwischen ihnen bewusst leben und gestalten.

Dabei gehe ich selbstverständlich von dem Konsens aus, dass Männer und Frauen gesellschaftlich, politisch und ökonomisch völlig gleichwertig sind. Und dass Männern und Frauen in ihrer spezifischen Geschlechtlichkeit sowie Menschen mit anderen sexuellen Neigungen Achtung und Respekt gebührt.

Auf dieser Basis der Gleichstellung und der gegenseitigen Achtung ist es erst möglich, die Verschiedenheit zwischen Mann und Frau sowie das Spiel der maskulinen und femininen Polarität zu erforschen.

20.04.2020
Astrid Leila Bust
Autorin, Dipl. Religionspädagogin, Systemische Paar- und Sexualtherapeutin


Astrid Leila BustAstrid-Leila-Bust

ist Dipl. Religionspädagogin und Systemische Paar- und Sexualtherapeutin. Sie entwickelte und leitet die Dakini Frauentrainings.
Zusammen mit Bjørn Thorsten Leimbach konzipierte und leitet sie seit 1995 Partnerschaftsseminare sowie das „Liebes- und Beziehungstraining“.

www.weiblichkeit-leben.de


BuchtippAstrid-Leila-Bust-Weiblichkeit-leben

Weiblichkeit leben.
Die Hinwendung zum Femininen
Astrid Leila Bust
296 Seiten
Format 14 x 22 cm
Klappenbroschur
ISBN 978-3-8319-0445-7
€ 16,95 [D] / € 17,50 [A]Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2012.
In 4. Auflage von 2016
»Zum Buch«

Stark und doch feminin!

Sich im Femininen neu entdecken – frei von Klischees und traditionellen Frauenrollen -, dafür liefert Leila Bust in ihrem neuen Buch eine überzeugende Anleitung. Die erfahrene Paar- und Sexualtherapeutin gibt ungewöhnliche und tiefenpsychologische Antworten auf die wesentlichen Frauenfragen.

Die Zeit ist reif, dass wir Frauen uns auf uns selbst besinnen und unsere eigene Freiheit und Liebe erkennen“, schreibt sie. „Wer sich selbst nicht liebt und respektiert, kann nicht erwarten, dass der andere ihn liebt und respektiert.

Die Männerwelt haben die Frauen längst erobert. Nun geht es darum, die Frauenwelt zu revolutionieren! Leila Bust stellt eine neue Vision von Weiblichkeit vor und ermuntert dazu, sich auf Körperlichkeit, Weiblichkeit und Sexualität zu besinnen und sich dadurch im eigenen Körper wohl zufühlen. Eine Einladung für alle Frauen, die neugierig auf ihr Frausein sind und sich nicht mit vorgefertigten Antworten zufrieden geben, sondern sich selbst in ihrer Weiblichkeit erforschen wollen.

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