
Lachen heilt – Wenn Lachen die einzige Medizin ist
Dass sauer lustig macht und lachen einfach schön ist und dazu auch noch die beste Medizin ist (Lachen heilt), das wissen wir alle! Und deshalb gehe ich hier auf diesen Aspekt der heilende Wirkung des Lachens auch gar nicht ein!
Worauf ich in diesem Beitrag eingehen möchte, ist eine ganz andere, oft missverstandene heilsame Wirkung des Lachens…
- Ein Lachen, das den Zuhörern oft einen Schauder über den Rücken jagt…
- Ein Lachen, das nicht zum Mitlachen anregt…
- Ein Lachen, das scheinbar komplett fehl am Platz scheint
- Ein Lachen, das nicht wirklich lustig ist und dennoch:
Ein Lachen, das heilt.
Lachen heilt – Wovon sprechen wir hier?
Es gibt Situationen und Momente im Leben, die sind so tragisch, die sind so schwer zu ertragen, so unerträglich… dass es uns kaum möglich scheint, mit ihnen umzugehen.
Ich spreche hier von Trauma, einzeln oder kollektiv erlebt, von seelischen und körperlichen Verletzungen, von Tragödien.
Ewig in Erinnerung werden mir die Bilder bleiben vom Tsunami, der Weihnachten 2204 Teile Thailands überrollte… Die gelittene Bevölkerung, die z.T. ihre Schwerverletzten und sogar Toten auf Motorrädern bargen und um ihr Überleben kämpften, lächelten auf vielen der Aufnahmen. Unverständlich für uns Außenstehende… ja, sogar verstörend. „Warum grinsen die?? Warum ist da dieses Lächeln?“
Komisch oder schön war diese Situation nun wahrlich nicht.
Experten klärten auf:
Viele Thailänder (Asiaten) lächeln aufgrund ihres kulturellen und religiösen Hintergrund auch und ganz besonders in schwierigen, unfassbaren, traumatischen Situationen.
Ein Weg der Verarbeitung, mit dem Unaussprechlichen fertig zu werden…
Irgendwie konnte ich sie nachvollziehen und zutiefst verstehen, diese Reaktionen… dieses hilflose Lächeln, wenn gar nichts mehr geht. Diese Freundlichkeit als einziger Ausdruck, der noch möglich scheint, wenn jeder andere Gefühlsausdruck nicht zu ertragen ist…
Trauma, Verletzung und Dissoziation
Als jemand, der selbst Trauma erlebt hat und viele Jahre mit traumatisierten Menschen arbeiten durfte, kenne ich das Phänomen von emotionaler Überwältigung, Schockstarre, emotionaler Leere und Dissoziation (Abspaltung der eigenen Gefühle).
„Immer, wenn Du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“ und dieses Lichtlein heißt nicht selten Gefühlslosigkeit. Gefühlsleere. Nichts. Starre. Teilnahmslosigkeit. Gefühlstod. Oder „Dissoziation“, wie es die Psychologie nennt, ein dis- soziieren (also das Gegenteil von assoziieren = in Verbindung gehen) von dem, was da in einem ist.
Wo ist in diesem Zusammenhang denn das Licht?!, fragt man sich da vielleicht?
Das Licht ist die Erlösung, die Qual nicht länger spüren zu müssen… Das gnädige Tuch des Vergessens, des nicht-fühlen-Müssens.
Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang immer wieder stellt, ist die:
Wie begegne ich dieser Leere in mir?
Wie nähere ich mich, diesem abgespaltenen Teil in mir, dieser Sub-Persönlichkeit, die im eisigen Keller der verdrängten Gefühle ihr Schattendasein führen muss??
Wie kann ich das Eis zum Schmelzen bringen, das Teile meiner Seele umschließt? Wie diesen Panzer aufknacken? Wie mein Inneres dazu bringen, die eisernen Türen zu öffnen und wieder am Leben teilzunehmen?
Viele Therapieformen haben Wege und Möglichkeiten entwickelt, wie wir uns dem verschlossenen Inneren wieder nähern können… Vieles bringt Linderung, einiges hilft weiter, wenig führt in den „Härtefällen“ dazu, dass sich wirklich etwas tut. Wirklich – also auf tiefer Gefühlsebene, dort, wo der Splitter sitzt die Wunde eitert.
Denn schöne Verbände, geänderte Verhaltensmechanismen, Scheinlösungen, die von kurzer Dauer sind, bringen nicht die grundlegende Veränderung, die sich so manch traumatisierter Mensch von Herzen wünscht.
Es gibt einfach Situationen in unserem Leben, für die finden wir keine Wut. Erstmal.
Für die finden wir keine Tränen. Erstmal.
Für die finden wir überhaupt keine Gefühle als das der Gefühlslosigkeit.
Die Angst, vor dem, was hinter der Mauer liegt, ist groß. Die Angst, von der Wucht der gesammelten Wut, von den aufgestauten Tränenmassen ist oft noch größer.
„Wenn ich erst einmal anfange zu weinen, dann höre ich nicht mehr auf…“
„Wenn die Wut in mir durchbricht, dann laufe ich noch Amok und drehe durch!“…
So sind die Ängste vieler Betroffener.
Und ja, aus eigner Erfahrung weiß ich: Wenn die Staudämme sich öffnen, dann weinen Menschen oft stunden, ja sogar tagelang… trauern über Monate und ja, sogar Jahre…
Wenn die Wut hochschießt, dann wüten Menschen über ähnlich lange Zeiträume und im besten Fall haben sie Ventile, über die sie die Wut, den Hass, die Rachegefühle ausleben können, ohne sich selbst und andere dabei zu verletzen!
Was also tun, wenn sich nichts tut?
Ich erinnere mich an genau so eine Situation in meinem Leben, wo gar nichts mehr ging. Wo jedes Gefühl mir im Halse stecken blieb, Tränen nicht einmal aufstiegen…
Und ich kenne diese Situationen von so vielen Betroffenen, die ich auf ihrem Weg begleiten durfte…
Rien ne va plus – nichts geht mehr.
Ich erinnere mich aber auch an einen genialen Therapeuten, einen Menschen, der mich über die Grenzen des Therapeutenseins hinaus wahrnahm. Der mich sah, mich aushielt, mich hielt.
Der keine „schlauen Tipps“ und Ratschläge hatte, keine wunderbaren Bedienungsanleitungen für mein Inneres, die ohnehin nicht funktionierten. Sondern jemand, der mich sah in meiner Verzweiflung und der sein Herz dabei offen hielt.
Und was tat dieser Mensch, so ganz anders als erwartet, wenn ich ihm von meinen traumatischen Erlebnissen berichtete und wir schweigend voreinander saßen?
Schon grotesk, wenn man darüber nachdenkt, dass da xz passierte…
Kaum in Worte zu fassen… eigentlich unvorstellbar… fast schon als irrsinnig komisch zu bezeichnen, wenn es nicht so real wäre…
Die Mischung aus Ernstgenommen-Werden, Unfassbarkeit der Situation, irgendwie auch Hilflosigkeit angesichts dieses xxl Berges begann ich spontan, zu lachen.
Völlig fehl am Platz?
Ja sicher. Aber das war das einzige Reaktion, zu der ich fähig war. Ich lachte und konnte mich gar nicht mehr einkriegen.
Mein Gegenüber sah mich an und tat das Unglaubliche: Er lachte mit. Laut, lauter, überdreht.
Lachen heilt – Wir lachten, bis uns die Bauchmuskeln schmerzten…
Wir lachten, bis die Tür aufging und verwunderte Gesichter durch den Türrahmen hereinschauten. Wir lachten, bis die Tränen flossen und bis… ja bis es irgendwie nichts mehr zu lachen gab, weil der Schwall an Gefühlen abgeflossen war.
Und dann, ganz leise, ganz sanft und zaghaft, kamen die Tränen… Scheu. Zart. Unsicher.
Nach Jahren. Für manche nach Jahrzehnten der Dürre.
Da waren sie plötzlich. Das innere Eis war gebrochen… Die Eiszeit vorbei…
Es konnte weiter gehen.
Mut zu Gefühlen…
Es ist der Mut zu Gefühlen, der ein Gespräch heilsam macht. Es ist die Bereitschaft, überhaupt ins Fühlen zu gehen und nicht in der Analyse des Problems stecken zu bleiben. Es ist das Ja zu dem, was da ist, gerade jetzt, in diesem Moment, auch wenn es eben nicht das ist, was man erwartet hat. Was logisch erscheint. Was irgendwie noch verstehbar und kontrollierbar ist.
Die Magie der Heilung, der Transformation, des Wachstums passiert,
wenn wir bereit sind, uns für unsere Gefühle zu öffnen, für das, was gerade da ist, jenseits unserer Vorstellung.
War die traumatische Situation, die ich in diesem Gespräch beschrieb, nun wirklich etwas, über das man lachen kann?
Ja und nein.
Nein, natürlich nicht, weil es nicht komisch ist. Keine Frage!
Und:
Ja, mit Sicherheit, weil jeder Ausdruck von Gefühl – auch das Lachen – in genau so einer Situation willkommen ist!
Manchmal sind Dinge so unbeschreiblich, so unfassbar, dass uns nur noch das Lachen bleibt,
um dem Ganzen überhaupt begegnen zu können!
Das und genau das sollten wir nicht vergessen, wenn wir Menschen scheinbar „hysterisch“ lachen hören. Wenn wir Menschen lächeln sehen, deren Augen weinen, schreien und am Ertrinken sind.
Wir sind eingeladen und aufgefordert, genau hier unser Herz zu öffnen und genau hier ja zu sagen und nicht in die Be- oder gar Verurteilung zu gehen. Denn es kann sein, dass dies das einzige Ventil ist, das diesem Menschen gerade (noch) zur Verfügung steht. Ihm das zu nehmen, wäre fatal.
Lachen und Weinen liegen oft ganz nah beieinander.
Und vielleicht dürfen wir an dieser Stelle lernen, dass es nicht nur Freudentränen gibt, sondern auch Trauerlachen. Lachen heilt!
Dass Emotionen Ausdruck von Energie in Bewegung sind (E-motions) und für Veränderung vor allen Dingen eines wichtig ist:
- Dass etwas in Bewegung kommt!
- Dass sich etwas tut.
- Dass die stehenden, faulenden, erstarrten Wasser in Wallung kommen und das, was über Jahre, oft sogar Jahrzehnte gestaut war, endlich abfließen kann…
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Ursula Schulenburg
Hab Mut zu Deinen Tränen. Deiner Wut. Aber auch zu Deinem Lachen.
Denn Lachen ist manchmal der erste Schritt zur Heilung. Und eben die beste Medizin…
Schau dazu auch dieses Youtube Video:
Die Vorstufe von Traurigkeit und Wut
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22.03.2020
Ursula Schulenburg
www.institut-schulenburg.de
Autorin, Dozentin, Heilpraktikerin, Life Coach und führt ihr online Business Soulcentered Evolution.
Ursula Schulenburg
ist Leiterin des „Instituts für bewusste Lebensgestaltung“, das schwerpunktmäßig online seine Dienstleistungen anbietet, arbeitet als Autorin, Dozentin, Heilpraktikerin und Life Coach.
Als Gründungsmitglied des Opferschutzvereins El Faro e.V. engagiert sie sich für Menschen, die Missbrauch und Trauma erleben mussten. Es ist ihr wichtig, mehr Licht, Klarheit und Transparenz in dieses dunkle Thema zu bringen und ihm auch öffentlich eine Stimme zu geben. Dies tut sie u.a. über regelmäßige Vorträge und Beiträge in sozialen Medien (u.a. YouTube
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