Erleuchtung erfahren jenseits des Verstandes

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Erleuchtung erfahren – Was ist Erleuchtung?

Es wurden viele Bücher über die Erleuchtung geschrieben. Und alle spirituellen Meister, die Erleuchtung erlangt haben, sprechen darüber. In verschiedenen Traditionen findet man unterschiedliche Definitionen dieses Bewusstseinszustandes. Diese Beschreibung von Erleuchtung basiert auf der Advaita-Tradition der Siddhas.

Erleuchtung (Bodha), so wie das Vedanta darüber spricht, kommt nicht, bevor die Reinigung der Karmas von früheren Abdrücken im Bewusstsein (Vasanas) stattgefunden hat, also die Auflösung und Zerstörung der Selbst-Identifikation mit dem Verstand (Mano-Nasha). Zuerst muss die Macht des Verstandes über das Selbst aufgegeben werden. Dann kann die alles entscheidende Auflösung des Egos (prapatti) erfolgt und die Selbsthingabe an Gott (Atma-Nivedana) vorhanden sein.

Die Überwindung des Verstandes zielt nicht auf den Verstand als solchem, sondern nur auf seine Macht über das Selbst und auf die Selbst-Identifikation mit ihm.

Erleuchtung – eine subtile lichtvolle Bewusstheit jenseits des Verstandes Erleben der spirituellen Erleuchtung frau universum

Alle großen und berühmten Erleuchteten in dieser Tradition, die das Wissen um das Absolute (Brahma-Jnana) besitzen – Dattatreya, Vasishtha, Vyasa, Gaudapada, Shankara, Vidyaranya –, erscheinen den Menschen als Genies, als große Philosophen, als kultivierte Intellektuelle. So könnten weltliche Menschen über sie urteilen. Aber in Wirklichkeit sind sie eben nicht im klassischen Sinne intellektuell. Sie sind keine Intellektuellen, sondern vielmehr Anti-Intellektuelle. Sie haben zwar einen sehr klaren und starken Verstand, sie identifizieren sich jedoch überhaupt nicht mit ihm, weil ihr Bewusstsein nicht der Verstand ist, sondern sich jenseits davon befindet (amanaska).

Die Frage ist also: Was bringt uns die Erleuchtung? Naturgemäß keine äußerlichen Vorteile. Es handelt sich weder um übernatürliche Kräfte (Siddhis), noch um einen sozialen Status oder um einen spirituellen Titel. Man muss weiter seine Busfahrkarte bezahlen, wenn man irgendwohin fahren möchte. Es gibt nur einen Vorteil: Man ist überall und immer wirklich bewusst.

Die Unwirklichkeit der Welt und die Realität des Absoluten 

Überall und immer ist man sich der Unwirklichkeit der Welt und der Realität von Brahman, dem Absoluten (dem transzendentalen Bewusstsein, das alles durchdringt), bewusst. Überall und immer ist man sich der illusorischen Natur des eigenen Pseudo-Ichs und der Realität des Selbst (Atman) im Inneren und seiner vollständigen Einheit mit dem Absoluten bewusst.

Die äußere Vielfalt bleibt weiterhin sichtbar, aber nur als Peripherie und als illusorisches Spiel eines Bewusstseins, das alles als Einheit empfindet. Und dann werden alle Anhaftungen und Illusionen verschwinden. Im Außen wird alles so bleiben, wie es war, aber im Inneren wird sich alles völlig verändern.
Alle Probleme werden verschwinden. Nicht in dem Sinne, dass man nicht mehr friert oder keine Nahrung mehr braucht. Sondern weil man sich nicht mehr mit der Person in Form des Verstandes und des Körpers identifiziert. Stattdessen identifiziert man sich mit dem unendlichen Bewusstsein, das spielerisch diesen Körper nutzt.

Jenseits des Egos

Man sucht nicht länger nach sich selbst, sondern ist im Wissen und in der Selbsterkenntnis seiner selbst als das Absolute (Pratyabhijna) gewiß. Der Berg des Egos wird zusammenbrechen, und der Raum des unendlichen, ewigen, unzerstörbaren „Ich-bin“-Bewusstseins wird erstrahlen. Alle Hoffnungen und Ängste verschwinden, egal ob allmählich oder schnell. Die gesamte Illusion der Vielfalt vergeht. Das Eine wird wichtiger sein als die Vielfalt. Der Zustand jenseits des Verstandes wird als wichtiger empfunden als alle Worte und Theorien. Das Wunderbare hat mehr Bedeutung als das Gewöhnliche. Die Sattarka-Logik der Siddhas und Götter (siehe den Artikel „Vier Arten des Denkens“ auf Spirit Online) wird relevanter als die aristotelische Logik gewöhnlicher Menschen.

Nichts mehr wird eindeutig sein. Bewertungen und Reflexionen des Verstandes verschwinden, das Gefühl der Selbstgefälligkeit ebenso. Die Betrachtung des Absoluten, des Brahmans, wird mühelos und natürlich.
Demut, Furchtlosigkeit, Liebe, Mitgefühl, Weisheit und Klarheit entstehen von selbst aus dem Inneren.

Spontane und schrittweise Erleuchtung

Ungefähr 12 Jahre nach der Erfahrung der ersten Erleuchtung wird die göttliche Empfindung (Brahma-Aham-Bhava) fest in das Leben integriert und mit allen Aspekten des Wesens und der Existenz verbunden sein, einen bis zum Rand ausfüllen und zur dominanten Tatsache der Existenz werden. Nach etwa weiteren 8 bis 12 Jahren erkennt man im Wachzustand und im Traum periodisch ein tiefes, unergründliches, bewusstes Licht. Und die Zeiten dieser Erfahrung nehmen zu und werden immer länger.

Dieses Licht offenbart so große Geheimnisse, wie sie nicht einmal im Traum vorstellbar sind. Dies ist der Beginn des Lebens in der Dimension des Mysteriums – dem beeindruckenden, unergründlichen, absurden und paradoxen Mysterium der Existenz. Man wird verstehen, es aber niemals ausdrücken oder anderen erklären können. Man sieht dann in allem nur das eine göttliche Bewusstsein.

In der Erleuchtung besteht das Bewusstsein der Einheit der göttlichen Natur des Universums als Einheit des Selbst mit dem Universum. Dies ist die kontinuierliche Wahrnehmung der ausschließlichen Göttlichkeit nicht nur des eigenen Selbst, sondern von allem und jedem. Und das ist erst der Anfang.

28.03.2024
Swami Vishnudevananda Giri
https://de.advayta.org

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Swami Vishnudevananda Giri Swami Vishnudevananda Giri

Swami Vishnudevananda Giri (Swami Vishnudev) ist ein spiritueller Lehrer in den Traditionen des Advaita Vedanta und des Yogas, ein Sadhu, ein realisierter Meister und Jnani in der Linie des Advaita Vedanta, Philosoph, Theologe und Schriftsteller. Er stammt aus der yogischen Tradition des Sahajayana, des natürlichen Weges der Siddhas, er ist Linienhalter einiger Übertragungslinien des Yogas der Siddhas und spiritueller Meister für viele Schüler in Ost- und Westeuropa, den USA und Indien. Er wurde 1967 in der Ukraine geboren.

Seine spirituelle Praxis und Meditation begannen im Alter von 6 Jahren von selbst, indem er sich intuitiv auf Erinnerungen aus der Vergangenheit stützte. Er hat den Sanatana Dharma als seinen religiösen Weg im Alter von 19 Jahren angenommen. Er absolvierte einige intensive Retreats, deren längstes fast 3 Jahre andauerte. Als Resultat dieses letzten Retreats in den Jahren 1993-1995 erreichte er Samadhi und Realisation.
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