Revolution des Herzens Schönheit als Heilmittel für eine müde Welt

Revolution des Herzens: Schönheit als Heilmittel für eine müde Welt

Revolution des Herzens:
Schönheit als Heilmittel für eine müde Welt

Das große Gähnen

Ich beobachte es tagtäglich: Alle Welt klagt über Müdigkeit und Lustlosigkeit, scheint es. Das große Gähnen ist ein Grundzustand in einer hektischen Welt, die den Boden unter den Füßen verloren hat. Kein Antrieb, etwas Neues anzufangen, lieber passiv über elektronische Medien konsumieren. Man ist überladen mit Arbeit, elektronischer Bürokratie und familiären Verpflichtungen und muss auch noch sein virtuelles Sozialleben in Gang halten. Am Abend bleibt man am liebsten zuhause und sitzt im Heimkino. Am Wochenende stehen Einkäufe auf dem Programm und die Wohnung sollte auch mal geputzt werden. Vielleicht bleibt doch noch ein Tag sogenannte Freizeit, doch da muss man den Kindern etwas Unterhaltendes bieten oder Verwandte besuchen. Vom Urlaub, der unbedingt drin sein muss, verspricht man sich zu viel und kommt nicht wirklich erholt zurück. Man muss unbedingt seinen Lebensstandard halten, auch wenn man schwer dafür schuften muss. Freude kommt allerdings nicht auf.

Doch was ist mit den stets dynamischen „Machern“?

Ja, es gibt auch sie, die Hyperaktivisten, die ständig auf Achse sind, Nervenkitzel lieben und scheinbar unbegrenzte Energie haben. Es ist unschwer zu erkennen, dass sie die Kehrseite der gleichen Medaille sind! Auf der Flucht vor der kollektiven Depression halten sie sich ununterbrochen beschäftigt und bemühen sich sehr, das Leben aufregend zu machen. Dazu gehört auch, den neuesten elektronischen Firlefanz zu haben, der nicht ziemlich kostspielig ist. Nachhaltigkeit hin oder her, man muss mithalten und auf dem neuesten Stand sein.

Gut zu verdienen ist zweifellos hilfreich, um diesen Lebensstil zu finanzieren; also hat ein gut bezahlter Job Priorität. Dann ist es kein Problem, an großen Events teilzunehmen, regelmäßig um die Welt zu jetten oder einen Risikosport zu betreiben. Wichtig ist zu wissen, was gerade „in“ ist. Das kostet viel Energie, doch bloß keine Müdigkeit aufkommen lassen! Aufputschmittel helfen im Zweifelsfall. Das Leben muss Fun sein! Was den Zustand der Gesellschaft und die eigene innere Welt betrifft, setzt man die rosarote Brille auf.

Rückzug auf sich selbst bringt keine Veränderung

Das gerade Skizzierte ist, etwas überspitzt formuliert, wie ich den Großteil meiner Mitmenschen in dieser Zeit erlebe. Ein wahrlich trauriger Zustand! So werden wir nichts verändern, sondern weiterhin nur damit beschäftigt sein, wie wir uns selbst am besten durchbringen.

Das Schlimmste dabei ist: Wenn uns die Müdigkeit immer mehr überwältigt und uns alles, was über unseren eigenen Tellerrand hinausreicht, zu mühsam ist, spielen wir denjenigen in die Hände, die dabei sind, uns alle samt der Erde selbst in den Ruin zu treiben. Es kommt ihnen gerade gelegen! In panischer Angst vor dem Zusammenbruch der alten Machtstrukturen tun sie alles, um sie sogar noch fester zu zementieren. Wir schauen erschöpft zu und versuchen, uns irgendwie über Wasser zu halten.

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©Waltraud Hoenes

Es braucht Herz, um aus dieser selbstzerstörerischen Dynamik auszusteigen

Fixiert auf unsere persönlichen Bedürfnisse und bereits überfordert mit ihrer Befriedigung, kommen wir gar nicht auf die Idee, uns zusammenzutun, um neue Arten des Zusammenlebens zu finden, schon gar nicht solche, die unsere nichtmenschlichen Mitwesen mit einbeziehen. Je mehr wir jedoch darauf bedacht sind, nur für uns selbst zu sorgen, desto mehr geraten wir in Gefahr, genau das zu verlieren, an dem wir unbedingt festhalten wollen. Doch wie schaffen wir es, den Dingen eine Wende zu geben?

Nachdem es sich um einen Zustand der Beengtheit handelt, muss etwas in uns den Entschluss fassen, weiter zu werden, weiter zu sehen, weiter zu fühlen. Dieses Etwas ist das Herz. Es weiß genau, dass es uns nicht glücklich macht, wenn wir trügerischen Zielen nachrennen, die uns mehr von unseren Mitwesen trennen, als uns ihnen näher zu bringen. Es geht zuallererst um eine Revolution, die in uns selbst stattfindet: Wir müssen uns dem Herzen zuwenden, damit es das Tor zu unserer ausgehungerten Seele zu öffnen kann.

Fassen wir uns ein Herz und kommen wieder physisch statt virtuell zusammen! Reden wir wieder miteinander von Mensch zu Mensch, statt eine Unmenge an Zeit dafür aufzuwenden, elektronische Kurzmitteilungen in amputierter Sprache, garniert mit standardisierten Gefühlen in Bildform, zu versenden!

Unsere Herzqualitäten können nur reifen, wenn wir uns von Mensch zu Mensch begegnen. Hier ist so viel unausgeschöpftes Potential, dem kaum Aufmerksamkeit geschenkt wird, weil wir nur auf mentale Fähigkeiten setzen. Diese verwenden wir aber umso häufiger zu unserem eigenen Schaden, je mehr sie vom Herzen abgekoppelt sind. Das ist, nebenbei gesagt, die große Gefahr, die von künstlicher Intelligenz ausgeht, die sich, oft gut versteckt, immer mehr in unser Leben einschleicht. Herzlose Wesen sind haben auch keine Seele; durch ihre Ausbreitung dörrt unsere ohnehin schon seelisch verarmte Welt nur noch mehr aus, was uns die Kraft und die Lebensfreude nimmt.

Revolution des Herzens: Schönheit als Heilmittel für eine müde Welt
©Waltraud Hoenes

Abschied vom Zeitgeist der Unverbindlichkeit – und Kraftlosigkeit!

Wie wäre es, wenn sich wieder mehr Menschen dazu entschließen würden, sich einem Herzensanliegen zu verschreiben, das über sie selbst hinausgeht, und ihre Kraft dafür bündeln würden? Was hindert uns eigentlich daran? Ist es Angst vor zu viel Bindung oder Angst davor, etwas anderes, das noch interessanter sein könnten, zu verpassen?

Es entspricht dem gegenwärtigen Zeitgeist, im Wunderland der zehntausend Möglichkeiten wie eine betrunkene Biene von Blüte zu Blüte zu torkeln und damit alles zu vermeiden, was wirklich Kraft haben könnte! Denn wir bekommen dann Kraft, wenn wir auf Dauer bei etwas bleiben und in die Tiefe gehen. Man kann es bei solchen Menschen sehen, die der Welt etwas wirklich Großes, Schönes gegeben haben.
Überall ein bisschen dabei sein, doch nirgends richtig, wird nie befriedigend und kraftvoll sein, sondern ermüdend. Wir entzünden so nur Strohfeuer, die genauso schnell erlöschen wie sie aufgeflammt sind. Es fehlt Beherztheit und jene echte, tiefe Freude, die davon kommt, dass etwas unsere Seele in der Tiefe anrührt.
Wenn wir für etwas echtes Feuer fangen, dann sind wir an eine Quelle von Kraft angeschlossen, die nie versiegt. Mit Unverbindlichkeit meinen wir uns vor Freiheitsverlust zu schützen, doch diese falsch verstandene Freiheit, um die wir hier fürchten, führt in Wirklichkeit dazu, dass wir uns verloren fühlen – und das Leben als zu anstrengend empfinden!

Gemeinschaftlichkeit wiederentdecken

Ein Anfang könnte sein, dass wir den Mut fassen, uns für etwas zu engagieren, das über uns selbst hinausgeht. Wir könnten uns zum Beispiel für ein Seminar oder einen Workshop anmelden (nicht online!), wo wir uns gemeinsam mit anderen tiefer auf etwas einlassen und vielleicht neue Freunde finden können. Verzichten wir dafür auf etwas anderes, das unsere Seele nicht wirklich nährt! Wagen wir Gemeinschaft. Beginnen wir gemeinsam und mit Herz, eine Beziehung mit den Wesen der Natur anzuknüpfen, die auf einem heilig wechselseitigen Austausch mit ihnen beruht, statt sie für unsere eigennützige Zwecke zu instrumentalisieren.

Wir können das Fundament für eine neue Kultur legen, die sich bewusst für das eigentliche, übergeordnete Ziel der Schöpfung entscheidet: Schönheit, die wir mit-schaffen.

Schönheit kann nur die Seele wahrnehmen, sie lässt sich nicht rational definieren. Das Herz ist das Tor zur Seele, also müssen wir unseren Kopf wieder mit unserem Herzen in Verbindung bringen, um Schönheit empfinden und mit-schaffen zu können. Sobald wir unsere Augen ins Herz bringen, können wir sehen, was Schönheit hervorbringt und was nicht. Gemeinschaftlichkeit schafft Schönheit, Selbstsucht sicher nicht.
Wahrgenommene und selbst mitgeschaffene Schönheit lässt neue Lebensfreude wachsen; alles andere wird die Seele nicht wirklich berühren und ein Gefühl von Leere hinterlassen. Der Mangel an Beherztheit hat auch zu einem Mangel an Schönheit in dieser Welt geführt. Er ist der Nährboden für die kollektive Depression, die wir gegenwärtig erleben – um ein anderes Wort für die große Müdigkeit zu verwenden.

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©Waltraud Hoenes

Werfen wir also besser einen neuen (Herz-)Blick auf unsere persönlichen Ziele:

Bringen sie mehr Schönheit in die Welt oder nicht? Haben wir uns mit dem Herzen für sie entschieden? Wie verändern sie sich, wenn wir sie unter diesem Gesichtspunkt betrachten?
Eines ist sicher: Schönheit kann nur aus einem Zustand der Verbundenheit heraus entstehen. Man könnte diesen Zustand auch Liebe nennen! Je mehr wir uns eingebunden ins große Netz des Lebens fühlen, desto mehr werden wir es lieben und desto mehr wird das, was wir Menschen kreieren, es verschönern, stärken, zum Klingen und zum Leuchten bringen. Es ist kaum in Worte zu fassen, wie es sich anfühlt, wenn das geschieht, doch tief in unserer Seele wissen wir es alle.

Die große Müdigkeit rührt also daher, dass wir aufgehört haben, uns auf Schönheit als dem obersten ordnenden Prinzip und Ziel der Schöpfung auszurichten. Wenden wir uns wieder der Natur zu, können wir sein Wirken in vielfältigster Weise erkennen.

Entsprechend ist der Schlüssel dafür, das große Gähnen zu beenden, unsere persönlichen Ziele wieder auf das Bedürfnis nach Schönheit, das unserer eigenen Seele wie auch der Weltseele innewohnt, auszurichten. Dann werden wir eine seelenvollere Welt schaffen.

Die Voraussetzung dafür ist, dass sich unsere Werte verändern. Gemeinschaftlichkeit muss wieder an Bedeutung gewinnen gegenüber Selbstsucht und Rückzug auf virtuelle Gemeinschaft, die keine ist. Spirituelle Entwicklung muss wieder einen hohen Stellenwert einnehmen und als maßgeblich dafür angesehen werden, dass wir unser menschliches Potential voll entfalten können. Damit meine ich eine Spiritualität, die der Erweiterung unseres Selbstverständnisses als Menschen dient, die voll verantwortlich nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere und die Erde selbst sorgen und so den Boden für kommende Generationen bereiten.

Es ist höchste Zeit, dass wir wach werden, unser Herz wiederfinden und in uns selbst und anderen Be-geist-erung für wahres Menschsein in Schönheit wecken. Dann können wir die müde und ermüdende Welt, die uns die Kraft nimmt, ganz einfach einschlafen lassen!


Aktueller Programmhinweis:

Der unvergleichlich strahlende Stein – auf sieben Regenbogenwegen zum Juwel der Seele Sechsteilige Wayna Fanes-Lehrserie: eine Berufungs-Ausbildung mit Waltraud Hönes
Seminarzentrum Arve, St. Vigil in Enneberg und Fanesgebiet, Dolomiten/Südtirol

  • Teil 1: 17.-21.04.25 (Ostern)
  • Teil 2: 13.-20.07.25 (Sommerwoche im Fanesgebiet)
  • Teil 3: 29.10.-02.11.25

14.03.2025Logo waltraud hoenes
Waltraud Hönes
www.waynafanes.org

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Waltraud Hönes, Frühlingsgefühle Waltraud Hoenes

Jahrgang 1964, Curandera (schamanische Heilerin), zeremonielle Künstlerin und Buchautorin, ist die Gründerin der Wayna Fanes-Tradition und der Gruppe Dolomiten Ayllu. Nach Abschluss ihres Psychologiestudiums an den Universitäten Würzburg und Konstanz bildete sie sich in Kalifornien (USA) bei führenden Vertreter/-innen der transpersonalen Psychologie fort. Bei dem peruanischen Meisterzeremonialisten und Curandero Don Oscar Miro-Quesada absolvierte sie eine zehnjährige Lehrzeit. Waltraud Hönes lehrt und heilt europaweit in Form von zeremoniellen Workshops und Pilgerseminaren, vor allem in den Dolomiten, wo sie lebt. Als Pilgerin für die Erneuerung unserer Beziehung mit der Erde betreut sie zusammen mit dem Dolomiten Ayllu ein Netzwerk von über hundert heiligen Orten.
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Bei dieser neuen Art des Pilgerns die Erde als lebendiges Wesen zu erfahren und mit ihr in einen wechselseitigen Austausch zu treten, ist richtungsweisend für eine lebenswerte Zukunft von uns Menschen auf und mit der Erde. Es gilt, ein größeres Selbst zu entdecken, das um die Verbundenheit von allem in der einen Weltseele weiß. …
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