Floskel wie geht es dir?
Floskel wie geht es dir? Kennen Sie diese Frage? Wie oft wird sie gestellt – sei es, dass wir selbst jemanden fragen oder gefragt werden. Ganz klassisch ist das amerikanische “how are you”, das fast immer den Anfang einer jeglichen Kommunikation bildet – egal wie lange oder kurz das Gespräch ist und unabhängig davon, um was es dabei überhaupt geht (selbst im Supermarkt an der Kasse…). Und klischeehaft folgt dann meist ein “I’m fine”.
Überspitzt ausgedrückt.
Was kommt nach der Frage “Wie geht es dir?”?
Dem Variantenreichtum sind keine Grenzen gesetzt.
Ein “gut” (Punkt – Ende des Gesprächs), ein “es geht so” – oder vielleicht ein: “ich habe heute Nacht schlecht geschlafen”, “ich bin im Stress”, “ich bin müde”, “ich habe das Gefühl etwas stimmt nicht”, “ich bin durcheinander”, “hast du schon gehört, dass…“.
Alles Antworten, die nichts vom tatsächlichen Gefühl derjenigen Person vermitteln und wiedergeben.
Es wir drumherum geredet, wie es gerne Politiker in Talkshows auf irgendwelche Fragen machen, auf die sie nicht antworten wollen oder können. Mit Glück viel Text, aber kein wirklicher Inhalt. Und zum Schluss weiß der Fragesteller vielleicht auch gar nicht mehr, was er ursprünglich mal gefragt hat.
Wen es wirklich interessiert, der hat jetzt “ein Problem”“. Er oder sie weiß danach nichts vom anderen. Diese Antworten kann man dann versuchen zu deuten – was aber in den seltensten Fällen tatsächlich gelingt und der Wahrheit entspricht. Also, lieber nicht versuchen. Alle möglichen Antwortversuche sind reine Spekulation!
Warum kommen diese Antworten?
Klar, da sind zum einen Personen, denen man gar nicht sagen muss und will, wie es einem (tatsächlich) geht. Wenn ich bei einem Verkaufsgespräch sitze und der Verkäufer fragt mich, wie es mir geht, muss ich nicht bei A anfangen und bei Z anfangen. Da reicht ein “Vielen Dank, gut”. Eine andere Antwort wird auch in den seltensten Fällen tatsächlich erwartet.
Schwieriger wird es schon bei nahestehenden Personen, die wirklich wissen wollen, wie es einen geht. Warum kommen auch da solch lapidaren Antworten, die nichts mit dem tatsächlichem Gefühl desjenigen zu tun haben?
Die Frage „Wie geht es Dir?“ zeigt bei nahestehenden Personen, dass der Gefragte einem wirklich wichtig ist! So schlicht sie auch ist.
Der Gefragte weiß es nicht
Oftmals kommt es vor, dass der Gefragte gar nicht weiß, welches Gefühl gerade wirklich in ihm vorherrscht.
Vielleicht wechselten die Gefühle wenige Minuten vorher noch zwischen Traurigkeit und Wut, zwischen Liebe und Feigheit, zwischen Freude und Mut, zwischen Verletztheit und Ärger, zwischen was auch immer. Das ist nichts Ungewöhnliches.
Sobald man versucht, diese in Worte zu fassen, wird es schwierig. Alsbald kommt eine Beschreibung der Gefühle, die in den meisten Fällen nichts mit dem Gefühl als solches zu tun haben. “Ich fühle mich wie…”.
Das ist jedoch eine Beschreibung vom Verstand aus, der dem Gefühl ein Deckmäntelchen überziehen will.
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Sabine Stegmann
Wesentlich klarer wird es, wenn man das Gefühl nachempfinden kann, wie “ich bin traurig”, “ich bin glücklich” etc. Die Hintergründe für dieses Gefühl mögen unterschiedlicher Natur sein, das Gefühl als solches ist nachempfindbar, weil man es selbst vielleicht schon gespürt hat. So ein entsteht eine wahre Kommunikation und eine tiefgehende Begegnung.
Das lässt sich übrigens üben! 🙂 Achten Sie einmal darauf, wie oft Sie Ihre Gefühle verschleiern. Es fällt Ihnen mit Sicherheit bald auf! Und sobald es Ihnen auffällt, können Sie es ändern!
An dieser Stelle muss ich oft an ein Kommunikationstraining denken, dass ich vor vielen, vielen Jahren bei einer ganz wundervollen Trainerin besuchen durfte. Sie gab uns damals den Tipp, um auf den tatsächlichen Punkt zu kommen: die Frage einfach so oft wiederholen, bis eine echte Antwort kommt. Gerne auch mit: “Ich wiederhole die Frage” beginnend. Spätestens nach dem dritten Mal muss jeder lachen und wird ehrlich antworten.
Probieren Sie es doch mal aus – es ist spannend 🙂
5. August 2017
Sabine Stegmann
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