Erkenne Dich selbst

„Erkenne Dich selbst“ Leben – ein Schicksalsweg?

Der Lebensweg des Menschen in seiner spirituell tiefsten Bedeutung kann nicht durch entfernt liegende Ziele definiert werden, an deren Ende dann schließlich der Tod wartet. Es geht um das Bemühen, in jedem Augenblick, im Hier und Jetzt trotz aller Schicksalsschläge den Sinn und Zweck des eigenen Lebens zu erkennen.

Der inzwischen 98-jährige Benediktinermönch und Mystiker David Steindl-Rast (geb. am 12. Juli 1926 in Wien) sagt: „Wo wir sind, nicht wo wir sein möchten, ist der Ort, an dem wir anfangen müssen.“

Wer intensiv die indischen Weisheitslehren studiert hat, kennt das bedeutungsvolle Sanskrit-Wort: „JIVANMUKTA“ (die Befreiung zu Lebzeiten). Die sicherlich wesentlichste existentielle Erfahrung.

Die Griechen sprachen von τέλος (telos) – alle Worte mit dem Präfix „tele“ haben mit Ferne zu tun (Telefon, Telemetrie, Telepathie u.a.). Der Lateiner gebraucht das Wort „destinatum“, im Englischen „destination“; hieraus hat sich auch der Begriff „destiny“ für „Schicksal“ entwickelt. Wer als Fußballspieler erfolgreich sein will, braucht „goals“ (engl.: Tore), auch Manager in der Wirtschafts- und Finanzwelt definieren „goals“ und „objectives“ als Ziele ihres Wirkens. Viele benutzen auch gern das Wort „target“, was aus dem mittelalterlichen Englisch „targe“ = Schutzschild, Trophäe kommt.

Wir müssen dringend lernen, uns ständig auf das Leben hin (nicht unser ego-beladenes Leben) zu bewegen – die Zielrichtung ist keine Endstation (engl.: final destination), sondern dauerhafte Achtsamkeit bei jedem Atemzug und jedem Schritt auf unserem Weg.

Das Ziel des Lebens kann zu einem Mysterium werden,

Erkenne Dich selbst Leben ein Schicksalsweg
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wenn man die Bedeutung des immerwährenden Wegs erkannt hat. Wir streben zu häufig nach Wissen und Verständnis – aber kennen wir den Wissenden? Wir hören Musik – aber kennen wir den Komponisten? Musik spiegelt das Wesen des Komponisten wider, so wie der Kosmos das Universum widerspiegelt. Können wir uns vorstellen, wie es wäre, einem Musikstück zu lauschen, wie es sich im Geist des Komponisten ursprünglich geformt hat, Note um Note, die in sein Bewusstsein aufsteigt und sich zu einer Sinfonie oder einem Lied ordnet?

Ein solches Erlebnis würde uns einen völlig anderen Einblick in das Wesen des Komponisten vermitteln. Statt ihn als Körper, Verstand oder besondere Persönlichkeit zu sehen, würden wir ihn aus der erleuchteten Perspektive als die Quelle einer ursprünglichen Intention wahrnehmen. Das ist genau die Bewusstseinsveränderung als Ziel und Zweck in unserem Leben, durch die wir erleben, was es heißt, wie das Universum zu denken. In unserem gewöhnlichen Erleben denken wir in Begriffen der Dualität: wir erkennen etwas und halten das Erkannte für anders als uns selbst. Doch hier, auf dem Gipfel, ist alles eins. Und der Gipfel liegt niemals in weiter Ferne, sondern ist zugleich der höchste und tiefste innerste Ort des Angekommenseins.

Viele kennen – zumindest namentlich – Giuseppe Verdis Oper „Die Macht des Schicksals“. Es ist sehr interessant und aufschlussreich, den vielfältigen Gebrauch des Wortes Schicksal zu untersuchen.
Im Deutschen haben wir es mit dem Verb schicken zu tun; uns wird etwas geschickt (positiv oder negativ), das wir selbst in Glück oder Unglück verwandeln können. Das Suffix sal bzw. sel hat keine spezielle etymologische Bedeutung; wir finden es in Worten wie Mühsal, Labsal, Wechsel, Geschreibsel.

Der Italiener spricht von destino, von Bestimmung. Der Engländer gebraucht in diesem Zusammenhang zwei Worte: destiny (Schicksal) und destination (Bestimmungsort). Im Französischen finden wir das Wort destin, aber auch fortune. Das lateinische Wort fortuna hat die bemerkenswerte Doppelbedeutung von Glück und Unglück. In der englischen Sprache wird Unglück und unglücklich durch die Worte misfortune und unfortunately unter-schieden.
Der Araber spricht von kismet.

Doch das eigentliche lateinische Ursprungswort für Schicksal ist fatum = Götterspruch, Weissagung, Schicksal, Weltordnung (engl.: fate). Hiervon abgeleitet sind die Worte Fatalismus, fatal.
Schicksalhafte Stunden (Begegnungen, Erlebnisse) sind kairologische Momente (griechisch.: kairos = der günstige Augenblick), wo Kräftefelder für Veränderungen – in welche Richtung auch immer – besonders wirkungsvoll entstehen.

Jeder Mensch lebt mit einer Fülle von Schicksalen,

die stets im Lichte einer Verwandlung zu betrachten sind, auch wenn sie manchmal tragisch erscheinen.
Propheten betätigten sich als Sprachrohr der Götter. Bekannt ist das Orakel von Delphi, das im 7. Jahrhundert vor Christus einen beträchtlichen politischen Einfluss erlangte. Γνῶθι σεαυτόν (Gnōthi seautón), „Erkenne Dich selbst!“ liest man am Eingang des Apollon-Tempels.

Apollo-Tempel in Delphi Griechenland
Apollo-Tempel in Delphi Griechenland

Viele Menschen heute glauben an das/ein Schicksal. Auch wenn kaum einer darüber redet, so sind doch viele davon überzeugt, dass ihnen ein vorher-bestimmter Weg zugedacht wurde. Horoskope und etliche andere Hilfsmittel haben eine große Anhängerschaft. Das Horoskop dient zur Interpretation einer Sternenkonstellation zu einer besonderen Stunde. (griechisch: ὥρα, hora, Stunde, σκοπεῖν, skopéin, „beobachten“)

Der Quantenphysiker und Friedens-Nobelpreisträger Hans-Peter Dürr (1929 – 2014) sagte:

„Das Wahrscheinlichere ist in Zukunft wahrscheinlicher, aber die Zukunft vorherzusagen ist unmöglich“.

Um dies tun zu können, müsste man den Zustand aller Atome im Universum zu jedem Zeitpunkt kennen. Dann müsste man wissen an welchem Ort sich jedes Teilchen befindet, zu jener Zeit, die man vorhersagen möchte. Daher ist die Möglichkeit die Zukunft vorhersagen zu können nur eine Illusion.

Bei Lao Tse lesen wir im 62. Kapitel des „Tao Te King“:

„Der Weg ist die Zuflucht der zehntausend Dinge.
Er ist ein Schatz für den guten Menschen
und ein Schutz für den schlechten Menschen,
durch Freundlichkeit wirst du geachtet,
und gutes Tun schafft gute Beziehungen.
Auch wenn ein Mensch schlecht ist,
lass ihn nicht fallen.
Aber schicke keine Geschenke, wenn der Kaiser gekrönt wird
oder wenn die höchsten Minister ihre Ämter erhalten.
Sende auch kein Gespann mit vier Pferden,
sondern verhalte dich ruhig.
Und weise nur auf den Weg hin.
Warum verehren schon die Alten den Weg?
Hieß es nicht, dass man mit Hilfe des Weges bekam,
was man wollte,
und die Folgen nicht zu tragen brauchte,
wenn man einen Fehler beging?
Darum verehrt die Welt den Weg“.

21.11.2024
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

https://kardiosophie.network


Über Roland R. Ropers

Ehrfurcht vor dem Leben Roland Ropers

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar– und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

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Buch Tipp:

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Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle

von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu

Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.

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