Außen hui – innen pfui! Wie sieht es in Deinem Inneren aus?
“Wie geht’s dir?” Eine höfliche Floskel, so alltäglich und dabei doch eine so wichtige Frage, die viel zu selten ehrlich gemeint ist und noch seltener ehrlich beantwortet wird. Manchmal tun wir uns sogar schwer damit, uns diese Frage selbst konstruktiv zu beantworten. Vor allem Frauen mittleren Alters kämpfen oft mit sich selbst und dem, was sie im Leben erreicht haben. Oft sind die Kinder “ausgeflogen” und es bleibt eine Leere im Alltag sowie im Lebenszweck.
Ist das nun einfach so oder geht da noch was? Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, um sich neu zu finden und sich selbst kennenzulernen – als Frau, als Partnerin, als Geschäftsfrau. Was willst du und wie willst du es erreichen?
Stephanie Fuhrmann, Expertin für Persönlichkeitstraining, Lebens– und Businesscoaching für Frauen mittleren Alters, weiß, wie Frau sich und ihre Situation reflektieren muss und welche Schritte sie für den Rest ihres Lebens gehen kann. Sie freut sich, ihre Gedanken dazu in diesem Beitrag zu teilen.
Alte Denkmuster werfen lange Schatten
Alles beginnt im Kopf. Jedoch beginnt es dort nicht nur, sondern schleift sich auch wunderbar ebendort ein. Die ausgelatschten Pfade, auf denen wir im Leben dahintrotten, vollziehen sich vor allem in unserem Kopf. Das lässt sich mittlerweile sogar neurologisch belegen. So sind etablierte Verhaltensmuster und die Handlungs- sowie Reflexionsprozeduren, die sich an sie anschließen, für unser Gehirn (Übung sei Dank) viel leichter abrufbar.
Gewohnheiten sind nahezu neurologische Automatismen! Veränderung hingegen stößt auf innere Widerstände und Zaghaftigkeit. Plötzlich wird gehadert und gezaudert! Selbst wenn wir die Veränderung eigentlich wollen. Man kann sich unser Innenleben in diesem Sinne wie einen dichten Dschungel aus Möglichkeiten und Unwägbarkeiten vorstellen. Neue Pfade müssen erst mit Mühe geschlagen werden. Wohingegen unsere alten „Denkpfade“ mehrspurigen Autobahnen gleichen.
Unser Denken entspricht unserem Wesen
Dies wissend überrascht es nicht, warum wir uns manchmal so unfassbar phlegmatisch vorkommen. Wir können uns dies und das vorstellen, wollen uns „eigentlich“ verändern – aber wenn es geht dann bitte erst morgen. Und was noch erschwerend hinzukommt: Nicht alle Menschen denken gleich. Gemäß dem etablierten Persönlichkeitsprofil nach HBDI (Hermann Brain Dominancae Instrument) haben die Menschen individuelle Denkpräferenzen, die sich grob in vier Kategorien unterteilen lassen:
- Rational und analytisch
- Experimentell und neugierig
- Organisierend und planend
- Emotional, kommunikativ und empathisch
Natürlich ist so gut wie kein Mensch nur in einem dieser vier Metiers geistig zu Hause. Doch bewegen sich die meisten Menschen in einem Spektrum, in dem einige dieser Kategorien dominanter ausgeprägt sind als andere.
Was lernen wir daraus?
Wer sich verändern will oder mit inneren Missständen hadert, muss sich selbst erst einmal realistisch einordnen. Allein schon weil die innere Ansprache, die wir an uns selbst richten, mehr schaden als nutzen kann, wenn sie nicht unserem Typ gerecht wird. Ein rationaler Mensch geht anders an Dinge heran als ein primär emotionaler Mensch. Und es ist nicht nur okay, sondern auch vollkommen notwendig, das anzuerkennen, wenn die Mobilisierungsversuche auf interessierte (und nicht auf taube) Ohren stoßen sollen.
Alte Freiheit neu entdecken!
Wenn die Kinder das Haus verlassen und endgültig flügge sind, dann stellt dies auch für die Eltern einen biografische Scheideweg dar. Insbesondere Mütter, die mit Blick auf Erziehung und Hausführung oftmals berufliche Abstriche hinnehmen, drohen dann bisweilen in ein Loch zu fallen. Schließlich haben sich die größte Lebensaufgabe und der Alltag bis dahin zu großen Teilen um Erziehungsfragen gedreht, die phasenweise enorm vereinnahmend waren. Und natürlich sind die Kinder nicht aus dem Leben verschwunden. Doch auf eigenen Füßen stehend hinterlassen sie eine spürbare Lücke zu Hause. Vor allem in den Eltern selbst, für die die Erziehung bis dahin ein sinnstiftendes Momentum war, das von jetzt auf gleich plötzlich weg ist.
Natürlich ist es absolut normal, dass ein solcher „Abschied“ sentimental stimmt. Doch laufen gerade Mütter bisweilen Gefahr, darüber hinaus mit sich zu hadern. Die große alltägliche Aufgabe ist gemeistert. Und plötzlich liegen viele der bestens ausgelatschten Pfade, die unser gewohnheitsmäßiges Denken bestimmen, scheinbar sinnlos und brach dar. Unsere innere Tendenz, Bekanntes routiniert abzuarbeiten und Neues misstrauisch zu beäugen, kann dann dazu führen, dass man sich als Frau in dieser Situation wie das fünfte Rad am Wagen vorkommt.
Doch dabei muss man gar keine grundsätzlich neuen Pfade einschlagen, um zu erkennen, dass das falsch ist! Frau muss sich nur erinnern, dass sie eine relative Freiheit wiedererlangt hat, die früher selbstverständlich war. Es gab ja schließlich auch ein Leben vor den Kindern. Viele der Wege, die sich jetzt anbieten (beruflich, Hobbies und Interessen, alte Bekanntschaften, die Ehe „abstauben“) sind nämlich kein Neuland, sondern alte Pfade, die nur wieder ein wenig auf Vordermann gebracht werden müssen. Es müssen nur die ersten Schritte auf ihnen gewagt werden. Und zwar eher heute als morgen!
16.07.2022
Stephanie Fuhrmann
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