Echtes Fühlen als spirituelle Kraft. Warum emotionale Abstumpfung die Trennung vom Selbst vertieft
Echtes Fühlen ist nicht nur eine psychologische Fähigkeit, sondern eine spirituelle Grundkompetenz. Wer Gefühle unterdrückt, verliert den Zugang zur eigenen Seele. In einer funktionalisierten Gesellschaft wird diese innere Abspaltung zur Norm – mit tiefgreifenden Folgen für Menschlichkeit, Sinn und Bewusstsein.
Spirituell betrachtet ist emotionales Fühlen der direkte Ausdruck der Seele. Wer dauerhaft abstumpft, erlebt eine Trennung vom inneren Selbst – und verliert Orientierung, Sinn und Verbundenheit.
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Wenn die Seele leise wird
Spirituell gesehen ist Fühlen kein Zufallsprodukt der Psyche.
Es ist die Sprache der Seele.
Gefühle sind nicht einfach chemische Reaktionen –
sie sind Resonanzen zwischen Innen und Außen,
zwischen Körper, Bewusstsein und tieferem Sein.
Wenn Menschen sagen:
„Ich fühle nichts mehr“
meinen sie oft unbewusst:
„Ich bin nicht mehr in Verbindung.“
Nicht getrennt von der Welt –
sondern von sich selbst.
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Die spirituelle Dimension der Entfremdung

Viele spirituelle Traditionen sprechen von einem inneren Abfall vom Wesenskern –
nicht aus Schuld, sondern aus Anpassung.
Der moderne Mensch ist nicht gottfern,
er ist gefühlsfern.
Er lebt im Denken,
im Bewerten,
im Reagieren –
aber kaum noch im Erleben.
Spirituell betrachtet ist emotionale Abstumpfung kein Defekt.
Sie ist eine Schutzreaktion des Bewusstseins,
wenn die innere Wahrheit nicht mehr gelebt werden darf.
Gefühl als Verbindung zum Sein
Echtes Fühlen verbindet:
- mit dem Körper
- mit der eigenen Geschichte
- mit dem gegenwärtigen Moment
- mit anderen Menschen
- mit dem Leben selbst
Wo Gefühle zugelassen werden, entsteht Präsenz.
Wo Präsenz entsteht, entsteht Bewusstsein.
Und wo Bewusstsein ist, beginnt Spiritualität –
nicht als Konzept, sondern als Erfahrung.
Darum ist jede tiefe spirituelle Praxis letztlich eine Schulung des Fühlens:
- Meditation ohne Gefühl bleibt leer
- Gebet ohne Gefühl bleibt Formel
- Achtsamkeit ohne Gefühl bleibt Technik
Warum Systeme spirituelles Fühlen nicht fördern
Ein fühlender Mensch spürt Sinnfragen.
Er spürt, wenn Werte nicht mehr tragen.
Wenn etwas nicht stimmt – auch ohne Argumente.
Spirituelle Gefühle führen nicht zwangsläufig zu Anpassung.
Sie führen zu Erkenntnis.
Und Erkenntnis ist subversiv.
Denn sie lässt sich nicht kontrollieren,
nicht beschleunigen,
nicht standardisieren.
Deshalb wird Spiritualität oft harmlos gemacht:
- reduziert auf Wellness
- entkoppelt von Gesellschaft
- entpolitisiert
- privatisiert
Was übrig bleibt, ist Beruhigung –
nicht Transformation.
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Die spirituelle Bedeutung von Schmerz, Trauer und Wut
In spirituellen Kontexten gelten unangenehme Gefühle nicht als Hindernis,
sondern als Übergangstore.
Trauer öffnet das Herz.
Wut schützt die Würde.
Angst weist auf innere Grenzen hin.
Wer diese Gefühle unterdrückt, unterbricht nicht nur seinen emotionalen Fluss –
sondern auch seinen spirituellen Reifungsprozess.
Abstumpfung ist deshalb oft kein Zeichen von Stärke,
sondern von innerer Abgeschnittenheit.
Echtes Fühlen als Rückkehr zur inneren Wahrheit
Spirituell erwachen heißt nicht, sich besser zu fühlen.
Es heißt, ehrlicher zu fühlen.
Nicht alles Licht ist angenehm.
Nicht jede Wahrheit tröstlich.
Doch dort, wo Gefühle wieder fließen dürfen,
kehrt etwas Wesentliches zurück:
Lebendigkeit.
Verbundenheit.
Sinn.
Nicht als Idee –
sondern als Erfahrung im Körper.
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Fazit: Spiritualität beginnt nicht im Denken – sondern im Spüren
Vielleicht ist das größte spirituelle Missverständnis unserer Zeit,
dass Erkenntnis über Gedanken entsteht.
Tatsächlich aber beginnt sie dort,
wo ein Mensch wieder fühlt.
Still.
Unverstellt.
Unoptimiert.
In einer Welt, die uns zum Funktionieren erzieht,
ist echtes Fühlen ein spiritueller Akt.
Nicht weltfremd.
Nicht rückwärtsgewandt.
Sondern radikal menschlich.
Artikel aktualisiert
22.11.2025
Heike Schonert
HP für Psychotherapie und Dipl.-Ök.
Alle Beiträge der Autorin auf Spirit OnlineHeike Schonert
Heike Schonert, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Diplom- Ökonom. Als Autorin, Journalistin und Gestalterin dieses Magazins gibt sie ihr ganzes Herz und Wissen in diese Aufgabe.
Der große Erfolg des Magazins ist unermüdlicher Antrieb, dazu beizutragen, dieser Erde und all seinen Lebewesen ein lebens- und liebenswertes Umfeld zu bieten, das der Gemeinschaft und der Verbindung aller Lebewesen dient.
Ihr Motto ist: „Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, uns als Ganzheit begreifen und von dem Wunsch erfüllt sind, uns zu heilen und uns zu lieben, wie wir sind, werden wir diese Liebe an andere Menschen weiter geben und mit ihr wachsen.“



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