Das Ruder des Lebens – spirituelle Geschichte

Segelboot schippert im violetten Abendlich über das Meer

Das Ruder des Lebens

Es war einmal ein Seemann des Lebens. Er war auf einem Schiff, das sich auf einem Meer befand, und saß auf dem Boden, fast kauernd, benommen dreinschauend.

Er wunderte sich. Ein Wundern erreichte sein Bewusstsein. Denn schon länger war es nicht mehr so richtig hell geworden. Auch war es kälter als sonst und sehr windig. Die Wellen schlugen ab und an hoch, und er wurde nass.

Wahrlich, es gab schon bessere Zeiten auf diesem Schiff. Er erinnerte sich an jemanden… War das ein Kapitän? Spiritalis hieß er. Der war toll, kannte auch schöne Plätze. Das Wetter war damals auch besser. Er hatte ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen. Die Erinnerung an Spiritalis ließ ihn wacher werden.
Er begann sich umzuschauen.

Die Insel der Benommenen

„Wo um Himmels Willen steuert dieses Schiff eigentlich hin?“ – entfuhr es ihm.
Mit aufkommendem Entsetzen sah er es: „Auf die Insel der Benommenen!“
Schnell war er wach und auf den Beinen. „Auf die Insel der Benommenen!
Das kann nicht sein, das muss verhindert werden! Nur von wem…?“

Vor langer, langer Zeit hat er einmal von dieser Insel gehört. Spiritalis hatte ihm in einer „Unterrichtsstunde“ davon erzählt. Eigentlich kam es ihm so vor, als wäre es im Traum gewesen…

Schon von weitem sah die Insel der Benommenen irgendwie…, naja…, benommen aus.

Jegliche Schönheit und Freude waren von ihr gewichen. Sie lag etwas im Nebel, so als ob sie sich unsichtbar machen will. Der Himmel über ihr war bedeckt und grau.

Der Rand der Insel war übersät mit Schiffswracks, die an ihr zerbrochen waren.
Die Vegetation der Insel war verdorrt, Tiere gab es nicht. Dafür große Betonklötze mit ganz kleinen Fenstern, in denen die Menschen wohnten.

Sie brauchten sich um nichts zu kümmern, alles war geregelt und automatisiert. Was sie anziehen, was und wann sie essen. Bildlich ist es mit einem Fließband zu beschreiben, auf dem sie stehen und das sie von A nach B bringt. Und nach C, nach D und so weiter. Sie schauten viel Fernsehen, Dramatisches und schlimmer, so dass sie den Eindruck bekommen sollten, dass es ihnen doch ganz gut geht. Aber auch, dass nur ja nicht allzu gute Laune aufkommt. Die Grundschwingung musste niedrig gehalten werden. Selbst, wenn sie raus gingen, gab es
überall fesselnde Bildschirme mit bewegten Bildern und schmerzenden Klängen. Doch das spürte kaum noch jemand bewusst, längst war eine Art Taubheit eingetreten.

Mehr wollte er gar nicht an die Insel denken, denn es war einfach deprimierend. Fakt war jedoch eines: Die Insel der Benommenen war nicht mehr weit entfernt. Das Schiff, auf dem er sich befand, steuerte geradewegs darauf zu.

Erwachen

Er sah andere um sich herum auf dem Schiff: Manche putzten etwas oder schauten angstvoll aufs Meer, manche bereiteten ihre Flucht vor. Und wer von ihnen ihn ansah, tat es mit vernichtendem Blick. Er bekam das Gefühl, irgendetwas mit diesem Schlamassel zu tun zu haben…

Er kratzte sich am Kopf und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Irgendwo in ihm musste doch ein klarer Gedanke sein! „Stell eine Frage, der Anfang ist, eine Frage zu stellen“ – ihm war, als hörte er Spiritalis Stimme. Irgendwo. Ganz leise. Aber unverkennbar.

Ruder des Lebens Segelboot schippert im violetten Abendlich über das Meer
KI unterstützt generiert

Als ihn erneut eine Kältewelle umfing, da rutschte es endlich aus ihm heraus: „Wem gehört dieses Schiff?“ Die anderen auf dem Schiff hielten inne und schauten ihn an. „Na Dir! Dir!“, erklang es im Chor.

Da fiel ihm etwas ein: Er schaute über die Reling, da musste doch schließlich ein Schiffsname stehen. Und tatsächlich, da stand einer. Sein Name stand auf dem Schiff.

„Und wer steuert mein Schiff auf die Insel der Benommenen zu?“, fragte er. Das war doch echt nicht zu fassen. „Niemand, und manchmal Fremde“, sagten die anderen wieder im Chor. Und weiter: „Fremde, die Kräfte haben, aber nur, weil DU nicht da bist. Sie wollen ihre Ziele durchsetzen, aber nur, weil DU keines hast. Sie haben dich gelockt mit Dingen außerhalb von dir, bis du ganz benommen warst und alles abgegeben hast: dein Ruder, deine Selbstverantwortung, deine Selbstfürsorge, deinen Glauben und dein
Vertrauen. An sie. Nur deshalb sind sie so stark geworden.“

Selbstverantwortung

In dem Moment durchzuckte es ihn. Er rannte los.
Er wurde schneller und schneller und entwickelte Kräfte, von denen er nicht einmal ahnte, dass er sie hatte. Sein Schiff steuerte unterdessen weiter auf die Insel der Benommenen zu. Zwar langsamer, denn die Erkenntnis hatte die Fahrt in die Katastrophe verlangsamt, aber dennoch würde nur sein Handeln
die Richtung ändern. Sein Handeln im Sinne von seinem Willen. Seinem Wollen, Glauben und Vertrauen.

Und so erreichte er endlich nach so langer Zeit den Raum, in dem sich das Ruder befand. In diesem Moment sah er, wie sich darin dunkle, verzerrte Schatten auflösten. Schreckliches Geheule begleitete den Prozess. Doch dies konnte ihn nicht schrecken, denn er hatte nur noch eines im Sinn: Er nahm das Ruder, sein Ruder, in seine Hände, und riss es im letzten Augenblick, bevor das Schiff kenterte, herum. Er hatte es gerade noch geschafft.

Als er durchatmete, stieg ein inneres Bild, eine Ahnung in ihm herauf, wo es hingehen könnte. „Jedenfalls nicht auf die Insel der Benommenen. Vielleicht mal auf der Insel der „Zu-sich-Gekommenen“ vorbeischauen… “

Er grinste, denn eine innere Freude bereitete sich in ihm aus, floss aus seiner Freude-Fülle aus ihm heraus und benetzte die Welt um ihn herum. Da hörte er die anderen schon im Chor singen: „Halleluja! Halleluja!“ *

06.10.2024
Melanie Ackermann
www.melanieackermann.de


Melanie Ackermann Melanie Ackermann

… meine Krone streckt sich in den Himmel, mein Herz öffnet sich – und erzählt.
Mein Schreiben ist etwas, …

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