Jenseits jeder Identifikation, das Wesen der weißen Wolke erfassen und tiefe Zufriedenheit erlangen
Während ich in meinen Ferien im Sand am Meer liegend in die weißen Wolken schaue, die am hellblauen Himmel vorüberziehen, spüre ich tiefe Zufriedenheit jenseits jeder Identifikation und es kommt mir der Satz in den Sinn:
Sei wie eine weiße Wolke
Es ist ein Sinnbild, dem viele spirituelle Lehrer große Bedeutung zugewiesen haben. Sie wollten damit aufzeigen, was es bedeutet, wenn man sich von Identifikationen löst. Denn jeder Mensch, der sich mit dem Thema Bewusstsein beschäftigt, wird mit der Frage der Identifikation konfrontiert. Identifikationen gehören zur Persönlichkeit, also zum Ego, im Gegensatz zum inneren Wesen, welches völlig bewusst ist.
Und so werden die Eigenschaften der weißen Wolke am Himmel beschrieben:
Die Wolke entsteht, lässt sich vom Wind dahintreiben und löst sich irgendwann wieder auf. Sie hinterlässt keine Spuren.
Sie haftet an nichts an.
Sie hat keine Wünsche und hat keine Angst.
Sie löst sich irgendwann wieder auf.
Sie ist einfach ein Phänomen des Lebens.
Identifikation und Anhaftungen loslassen
Während ich vor langer Zeit glaubte, dieses Sinnbild verstanden zu haben, so tauchten nun doch Fragen auf. Ich setzte mich hin und horchte hinein in die innere Stille, aus welcher sich Antworten ergaben.
Diesen Dialog möchte ich hier weitergeben, denn ich denke, dass er vielen Menschen nützliche Hinweise bieten kann.
Frage:
Was ist damit gemeint, keine Spuren zu hinterlassen?
Viele bedeutende Menschen haben doch Spuren hinterlassen, spirituelle Lehrer, Maler, Dichter, Philosophen usw.
Antwort:
Eine Person, also das Ego, soll und kann keine Spuren hinterlassen. Es verschwindet einfach wieder nach einer gewissen Zeit.
Aber was Spuren hinterlässt, ist die Weisheit.
Es ist die Weisheit und Liebe, die viele Menschen auf ihre Art und Weise empfangen und ausgedrückt haben. Diese ist losgelöst von der Person und sie hinterlässt Spuren. Also heißt das: Als Person hinterlasse keine Spuren.
Hinterlasse aber das Geschenk, das du vom Leben erhalten hast und gib es weiter!
Frage:
Was bedeutet es wirklich, an nichts anzuhaften?
Antwort:
Das Ego, also die Person, hat Wünsche und Ziele, Interpretationen, Urteile, Vorlieben und Abneigungen. Das Ego identifiziert sich mit seinem Körper, seiner Geschichte, seiner Abstammung usw.
Das beobachtende Sein hinter dem Ego, das Sein, das einfach wahrnimmt, was ist, ist losgelöst von Identifikationen. Urteilsfrei nimmt es das Ganze wahr.
Der reine Beobachter ist losgelöst, haftet an nichts an.
Frage:
Wie sieht das denn konkret in familiären und partnerschaftlichen Beziehungen aus? Wie können wir losgelöst und trotzdem miteinander verbunden sein?
Wie können wir losgelöst und verbunden sein?
Antwort:
Das, was verbindet, ist die Liebe.
Das Bewusstsein darüber, dass wir aus derselben Quelle stammen, erlaubt uns, unsere Angehörigen in ihrem So-Sein zu respektieren. Das ist jedoch nur möglich, wenn wir nicht mehr identifiziert sind mit unseren Partnern, den Kindern, den Eltern und Verwandten.
Es ist die Identifikation mit ihnen, die Wünsche und Vorstellungen erschafft, wie diese Menschen sein sollten. Wenn uns etwas missfällt an den anderen, machen wir uns Gedanken und Sorgen und sind geneigt, sie ändern zu wollen.
Treten wir aber vom Ego zurück in unser beobachtendes Sein, dann sind wir fähig, mit Anteilnahme und Vertrauen ins Leben, die anderen gewähren zu lassen. Das bedeutet auch, sich einzugestehen, dass wir keinen Besitzanspruch auf unsere Partner und Kinder haben.
Umgekehrt gilt das genauso. Jeder Mensch hat seine eigenen Aufgaben, eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten, diesen gerecht zu werden.
Mitgefühl und Liebe für andere empfinden
Frage:
Wie können wir in einem losgelösten Zustand Mitgefühl und Liebe für andere empfinden?
Antwort:
Das Mitgefühl wird oft fälschlicherweise als Mit-Leiden verstanden.
In Wirklichkeit ist es jedoch ein Mitfühlen mit allen und allem, ein Nicht-Getrenntsein.
Aber, es ist urteilsfrei. Freude und Leid, Gesundheit und Krankheit, Armut und Reichtum, Krieg und Frieden, sie alle gehören zum Erfahrungsschatz des Lebens.
Das heisst, es unterliegt nicht mehr den Begriffen von schlimm oder schrecklich, schön oder hässlich.
Es ist ein Respektieren dessen, was jemand erlebt.
Es versucht nicht, die Situation zu ändern, sondern respektiert, dass diese Erfahrung aus irgendeinem Grund gemacht wird.
Frage:
Worin besteht dann der Unterschied zur Gleichgültigkeit?
Antwort:
Der tiefe Respekt aus dem Herzen ist eine der höchsten Ausdrucksformen der Liebe.
Es bedeutet Anerkennung!
Respekt wird manchmal mit Furcht verwechselt.
Aber Respekt ist gleichbedeutend mit Achtung, mit Wertschätzung.
Anerkennung beinhaltet, dass wir den anderen Menschen wertschätzen.
Wir achten ihn dafür, was er erfährt. Auch wenn wir nicht verstehen, weshalb es geschieht.
Ankerkennung ist nicht Gleichgültigkeit!
Anerkennen, wertschätzen, annehmen, gewähren lassen… das sind Eigenschaften, die zum beobachtenden Sein gehören. Es sind Eigenschaften der Liebe. Der Weisheit. Im tiefen Wissen darum, dass es keine Fehler gibt im Universum.
Diese Eigenschaften sind für das Ego völlig unmöglich. Denn das Ego hat klare Vorstellungen von gut und schlecht, richtig und falsch, schön und hässlich… Aber das Ego ist das angelernte Verhalten, welches Ziele verfolgt. Wer Ziele verfolgt, identifiziert sich und hält fest.
Das ist Anhaftung.
Frage:
Dann soll man also nirgends helfen oder eingreifen?
Antwort:
Das kommt darauf an. Wenn dich jemand um Hilfe bittet und du in der Lage bist, diese zu gewähren, dann tue es! Aber nur dann!
Aber greife nicht ungefragt ein!
Bietest du ungefragt Hilfe an, um dein schlechtes Gewissen zu beruhigen oder dich besser zu fühlen, dann ist es unter Umständen keine Hilfe. Du gehst dann davon aus, dass du weißt, was richtig ist und ohne es zu wollen, kannst du dadurch das Leiden verschlimmern.
Meistens greifen die Menschen ein, weil sie das sogenannte Leiden der anderen nicht ertragen.
Sich hilfreich benehmen
Frage:
Warum wird denn in den meisten Religionen darauf geachtet, dass man sich möglichst hilfreich benimmt?
Antwort:
Religionen haben immer ein Ziel und jedes Ziel ist mit Verhaltensrichtlinien verbunden.
Die Menschen wollen Gutes tun, um sich gut zu fühlen.
Meistens sind es die übermittelten Vorstellungen von einer Art Gericht, das nach dem Tod darüber entscheidet, ob man bestraft oder belohnt wird. Auch die Idee von Karma gehört dazu. Da die meisten religiösen Menschen diesen Glauben integriert haben, sind sie damit identifiziert. Ihr Ziel ist es also, Gutes zu tun und sie glauben zu wissen, was gut ist.
Diese Eigenschaften gehören zum Ego.
Frage:
Wie kann ich denn wirklich hilfreich sein?
Antwort:
Es ist ganz einfach: Gib von dem, was du im Überfluss hast und verschenke es.
Wenn du nicht mehr identifiziert bist mit deinem Ego, dann nimmst du unendliche Freude wahr, weil Freude einfach im Überfluss existiert. Diese Freude kannst du ausstrahlen, sie auf andere wirken lassen. Sie ist weder überschwänglich noch spektakulär. Manchmal wirkt sie einfach als Zufriedenheit auf andere, oder als Ruhe. Wie eine weisse Wolke.
Insofern ist die Frage, ob du helfen sollst, von Bedeutung:
Indem du dich nicht mehr identifizierst mit dem Leiden, dem Urteilen, dem Vergleichen etc. bekommst du eine andere Ausstrahlung. Diese Ausstrahlung hat eine Wirkung auf deine Umwelt, bzw. auf alles, was existiert.
Gelassenheit, Vertrauen, Akzeptanz und Freude haben eine heilsame Wirkung und sind hilfreich und von Bedeutung in dieser Welt.
Dahin schweben wie eine weiße Wolke
Frage:
Die weiße Wolke schwebt einfach dahin, ohne Ziel. Der Wind treibt sie an und bestimmt die Richtung.
Wie ist das zu verstehen und was ist der Unterschied zum Treibholz.
Antwort:
Die weiße Wolke ist ein veränderliches Phänomen, eine Erscheinungsform am Himmel.
So, wie dein Wesen eine sich ständig verändernde Erscheinungsform des Lebens innerhalb der gesamten Existenz ist.
Die Idee, der Schöpfer Gedanke, der Formen entstehen lässt, ist vergleichbar mit dem Wind, der die Richtung und Form angibt.
Die Wolke selbst hat kein Ziel.
Vielleicht besteht die Schöpfer Idee einfach darin, Freude an verschiedenen Formen und Erfahrungen zu entwickeln.
Treibholz fließt einmal in diese, dann in die andere Richtung. Es wird von Wellen getrieben.
Der entscheidende Unterschied zwischen dem Treibenlassen von Holz im Wasser oder einer weißen Wolke am Himmel besteht darin, dass die weiße Wolke die Richtung nicht wechselt. Sie wird immer geradeaus getrieben.
Frage:
Aber, ist es denn nicht wichtig, auf ein Ziel fokussiert zu sein?
Zum Beispiel, bewusst zu werden?
Antwort:
Bewusstwerden ist eine Begleiterscheinung vom Beobachten.
Es kann nicht mit einem gesteckten Ziel erreicht werden.
Fokussiert-Sein ist etwas anderes.
Fokussiert sein heisst, die Aufmerksamkeit auf etwas bündeln.
Die einzige Art, wirklich im Hier und Jetzt zu leben, heißt, sich auf den Augenblick zu fokussieren.
Das Ziel als solches gibt es nicht.
Fazit zu unserer Identifikation
Wie eine weiße Wolke am blauen Himmel zu treiben, ist nur möglich, wenn wir uns klar werden darüber, womit wir uns identifizieren. Sobald wir bereit sind, diese Identifikationen loszulassen, ist es, als würden wir aus dem Ego, das «vorne» ist, heraustreten in die «hintere» Realität unseres Seins. Dort spüren wir Vertrauen, Gelassenheit, Ruhe und Freude.
«Sei wie eine weiße Wolke» ist also ein Vergleich, der helfen kann, unser Leben bewusst betrachten zu können.
Betrachten wir uns als weiße Wolke, dann sind wir uns über die eigene Vergänglichkeit bewusst. Die Wolke entsteht, die Wolke vergeht, wie unser Körper und wie diese Inkarnation.
Die Richtung, die unser Leben nimmt
hängt von vielen Faktoren ab, die wir nicht in der Hand haben. So, wie der Wind die Wolke vorantreibt. Sie setzt keinen Widerstand, sie fügt sich dem Wind, der vergleichbar ist mit einer höheren Macht und unbewussten Umständen.
Die Wolke hat keine Erwartungen, keine Wünsche. Sie existiert einfach. Wenn wir wie eine Wolke einfach das annehmen, was das Leben bringt, wo es uns hintreibt, dann sind wir in jedem Augenblick zufrieden.
Mit herzlichen Grüßen
Navyo Brigitte Lawson
22. Dezember 2024
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Mein Name ist Navyo Brigitte Lawson. Ich wurde 1948 in der Schweiz geboren. Bereits seit frühster Jugend war ich auf spiritueller Suche, denn die christliche Religion, in der ich erzogen worden war, erfüllte mich nicht, auch nicht mein Psychologiestudium, das ich mit 30 Jahren begann. …
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