Jesus – das Licht der Welt

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Jesus – das Licht der Welt

Wir schreiben das Jahr 2023. Niemand bestreitet das oder zweifelt es an. Auch jeder Atheist ist sich darüber im Klaren und weigert sich nicht, sein Leben danach auszurichten. Doch nur selten fragen wir uns bei der Betrachtung des Datums, welche Bedeutung diese Zahl eigentlich hat. Trotzdem ist jeder gebildete Mensch in der Lage, die Frage zu beantworten. Wir wissen, dass ein Mann namens Jesus (eigentlich Jeschua) in Israel (Bethlehem oder Nazareth) geboren wurde, ein außergewöhnliches Leben führte und schließlich in Jerusalem auf grausame Weise durch Menschenhand starb. Nach heutigem Kenntnisstand wurde er zwischen 33 und 38 Jahre alt. Seine historische Bedeutung ist wissenschaftlich anerkannt, denn die Bibel ist nicht die einzige Quelle. Kein ernstzunehmender Historiker bestreitet, dass dieser Mensch wirklich gelebt hat.

Jesus von Nazareth gilt als Begründer des Christentums, der größten aller Weltreligionen. Weltweit gibt es über zwei Milliarden Christen. Auch zahlreiche Vertreter anderer Religionen bekennen sich zu ihm. Die Biografie dieses Mannes gilt als die größte Geschichte aller Zeiten. Doch was an ihm war dermaßen einzigartig, dass er einen solch enormen Eindruck hinterlassen konnte? Jesus versprach der Menschheit das ewige Leben. Ist damit die Frage nach dem Grund seines Einflusses bereits beantwortet? Nein.

Niemand kann allein dadurch zum meistverehrten Mann des Planeten werden, ohne überzeugende Argumente vorzulegen. Dieser Mensch muss also über Fähigkeiten oder Eigenschaften verfügt haben, aus denen eine enorme Überzeugungskraft resultierte. Charisma allein genügt sicher nicht. Ich kann nicht heute auf die Straße gehen, mich dort als Gottes Sohn vorstellen, den Leuten das ewige Leben garantieren und somit dafür sorgen, dass man in 2.000 Jahren noch über mich sprechen wird. Hingegen würde ich lediglich bewirken, in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen und innerhalb kurzer Zeit als nicht weiter erwähnenswerter Irrer vergessen zu werden.

Ihr seid das Licht der Welt!

„In dir ist das Licht von tausend Sonnen.
In dir ist unvorstellbare Schönheit.“
(Robert Adams)

Man stelle sich viele verschiedenartige Fenster vor. Manche sind relativ groß, andere relativ klein – was bekanntlich auch für Menschen gilt. Manche sind eckig, andere rund – was gewissermaßen ebenfalls auf Menschen zutrifft. Manche haben einen dunklen Rahmen, andere einen hellen – ebenso gibt es hell- und dunkelhäutige Menschen. Jedes Fenster ist einzigartig, wie auch jeder Mensch einzigartig ist. Sie alle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Größe, Form und Farbe erheblich voneinander. Das Licht der Sonne, ein einziges großes Licht, scheint gleichzeitig durch alle Fenster hindurch – ebenso leuchtet ein einziges Bewusstsein gleichzeitig in allen Lebensformen. Die meisten von uns halten sich selbst für eines der Fenster, also für einen individuellen Körper, aber jeder von uns ist das Licht – das eine Bewusstsein.

In seltenen Fällen (wie Jesus) gibt es keine Wolken, die die Sonne verdecken. Aber dieselbe Sonne ist in ausnahmslos allen Menschen vorhanden und kann niemals verschwinden, selbst wenn sie so sehr von Wolken verdeckt wird, dass ihr Licht nicht mehr hindurchscheinen kann. Sie mag unsichtbar sein, aber sie scheint immer. Weil Jesus das wusste, hat er niemals jemanden verdammt.

Jesus wählte in seiner Selbsterkenntnis die prägnanten Worte: „Ich bin das Licht der Welt.“
Er ist sicher einer der großartigsten spirituellen Lehrer aller Zeiten. Aber wenn wir diese Aussage so interpretieren, dass damit ein personenbezogener Status betont werden soll, dann heben wir Jesus auf ein Podest der Unantastbarkeit und errichten ein schwerwiegendes Hindernis. Leider bevorzugt die christliche Kirche in der Regel diese Interpretation. So aber übersehen wir, dass Jesus letztlich auf unser aller Selbst hinwies, denn bei anderer Gelegenheit sagte er: „Ihr seid das Licht der Welt!“
Er richtete diesen Weckruf nicht an Personen, also an physische Erscheinungen, die sich einige Jahre später ohnehin wieder auflösen, sondern an den wahren Wesenskern, den göttlichen Geist, der in ausnahmslos jedem Menschen wohnt.

„Ich bin das Licht der Welt“ stammt vom Ego, wenn es alle anderen ausschließt und sich nur auf die eigene Persönlichkeit bezieht. „Ich bin das Licht der Welt“ und „Ihr seid das Licht der Welt“ aus dem Mund desselben Mannes verweisen allerdings darauf, dass hier aus wahrhaftiger Selbsterkenntnis heraus gesprochen wird, welche einen unmittelbaren Einblick in die Einheit allen Lebens ermöglicht und aufgrund dessen keine Unterscheidungen mehr vorzunehmen erlaubt. Das ist der deutlichste Hinweis darauf, dass seine Einsicht authentisch war, weil die Erkenntnis des eigenen Selbst auf alles und jeden übertragen werden kann und auch für die sogenannten anderen gilt.

Das ewige Leben

„Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.
Und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“

Paramahansa Yogananda hat in seiner „Autobiografie eines Yogi“ die einzig sinnvolle Interpretation jener Aussage vorgestellt: Mit denen, die an Jesus ‚glauben‘, sind diejenigen gemeint, die im Bewusstsein verankert und sich folglich ihrer Unsterblichkeit bewusst sind. Jesus, der vollkommen im Bewusstsein aufgegangen war, identifizierte sich bereits mit diesem, denn sein persönliches ‚Ich‘ hatte sich längst aufgelöst – weshalb er, wenn er „Ich“ sagte, nicht auf die Person Jesus verwies, was weitestgehend missverstanden wurde.

„Wenn ich sage ‚Ich bin‘, dann meine ich kein separates Wesen mit einem Körper als Kern. Ich meine die Gesamtheit des Seins, den Ozean des Bewusstseins. Ich begehre nichts, denn ich bin für immer vollständig.“
(Nisargadatta Maharaj)

Es geht in der tieferen Spiritualität nicht um persönliche Weiterentwicklung. Es geht darum, sich selbst als das zu erkennen, was jenseits aller Persönlichkeiten liegt… Das, was immer perfekt und vollständig war, ist und sein wird. Keine Person auf der Welt – wie klug, attraktiv oder wohlhabend sie auch sein mag – könnte sich jemals mit der unendlichen Weite messen, die das einzig wahre Selbst jedes Menschen und Lebewesens ist, ohne die geringste Ausnahme.

Jesus wollte uns nicht das ewige Leben schenken. Er kann uns nichts geben, das wir schon haben – nein, sind. Er wollte uns lediglich daran erinnern, dass das ewige Leben bereits hier und jetzt die unveränderliche Realität ist – der natürliche Zustand unseres ureigenen Selbst.
Er wusste, dass dies für uns alle gleichermaßen wahr ist, weil er es in sich selbst erkannt hat.

Die Bedeutung seiner Botschaft

„Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde! Nehmet euch auch derer liebevoll an, die euch nicht wohlgesinnt sind, sprechet vernünftig mit denen, die Verwünschungen gegen euch ausstoßen, tut auch denen Gutes, die sich um euch nicht kümmern und betet für die, welche euch beleidigen und verfolgen!“

Es spielt im Grunde gar keine Rolle, ob man Jesus anerkennt oder für wen man ihn hält. Jedoch kann und sollte man erkennen, dass seine Lehre von fundamentaler Bedeutung für das Leben jedes Menschen auf der Erde ist! Jesus schenkte den oberflächlichen Unterschieden zwischen Menschen keine Beachtung. Er unterschied nicht zwischen „Gläubigen“ und „Ungläubigen“. Er behandelte alle gleich. Er setzte sich stets für Harmonie und Frieden und gegen Hass und Gewalt ein. Er umgab sich bevorzugt mit hilfsbedürftigen Menschen, denn: „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.“

Während er von Millionen Menschen als „König der Könige“ verehrt wird, betrachtete er sich selbst hingegen nicht als Herrscher, sondern als Diener: „Der Sohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben.“

Bedingungslose Nächstenliebe

Die einzige praktisch anwendbare Religion ist die Liebe. Von dieser sprachen die großen Weisen der Geschichte in einheitlicher Art und Weise. Auch der geniale Schriftsteller Leo Tolstoi rief zu dieser notwendigen Erkenntnis auf: „Mögen die Parsen ihre Topis tragen, die Juden ihre Philalektere, die Christen ihr Kreuz, Muselmänner ihren Halbmond, aber mögen sie alle dessen eingedenk sein, dass dies nur Formen und Embleme sind, dass aber das Grundwesen aller Religionen – die Nächstenliebe – in gleicher Weise gefordert wird von Jesus, Paulus, Manu, Zoroaster, Buddha, Moses, Hillel, Sokrates, Mohammed.“

Jesus verfolgte ursprünglich sicherlich nicht das Ziel, eine neue Religion zu gründen. In den Grundzügen seiner fantastischen Lehre wird offenbart, dass er die Menschen nicht voneinander separieren, sondern eine Einheit kreieren wollte. Das gilt ebenso für Siddhartha Gautama, den Vater des Buddhismus. Weil sie die Menschheit in verschiedenen Zeitepochen bereicherten und in unterschiedlichen Kulturen lebten, bedienten sie sich der jeweiligen Sprache, um ihre Mitmenschen an den wertvollen Erkenntnissen teilhaben zu lassen. So kam es zu den scheinbaren Differenzen. Aber ihre gemeinsame Botschaft war und ist die Liebe.

Jesus hat gezeigt, dass nur die Liebe als Lösung dienen kann. Das bewunderte sogar der französische Kaiser Napoleon Bonaparte: „Alexander der Große, Cäsar und ich, wir haben große Reiche gegründet durch Gewalt, und nach unserem Tod haben wir keinen Freund. Christus hat sein Reich auf Liebe gegründet, und noch heutzutage würden Millionen Menschen freiwillig für ihn in den Tod gehen.“

Einfach SEIN

Der menschliche Normalzustand wird immer von dem “Wissen“ um die Vergänglichkeit überschattet, von dem zumindest stets im Hintergrund präsenten Gedanken, dass auch das Schöne vergeht und irgendwann alles vorbei ist. Wenn dieser Irrglaube nicht mehr da ist, dann gibt es keine Wolken mehr, die die Sonne der Glückseligkeit verdecken.

Wie dich schon ein kleiner Finger, mit dem du ein Auge verdeckst, davon abhalten kann, die riesige Sonne zu sehen, so kann dich ein einziger kleiner Gedanke davon abhalten, dein unendliches Selbst und damit das göttliche Glück zu erkennen.
Und wie sich der Finger mit Leichtigkeit aus dem Weg räumen lässt, so ist es jederzeit möglich, wenigstens vorübergehend vom zwanghaften Denken abzulassen und das einfache Sein wiederzuentdecken.

Man bringt uns leider bei, Gedankenstille mit Dummheit gleichzusetzen. Wer nicht viel nachdenkt, gilt als dämlich. Doch wer nicht viel nachdenkt, ist nicht dumm, sondern glücklich. In den Worten von Jesus: „Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.“
Wer frei von Gedanken ist, kann die unendliche Weite des Seins und damit Seligkeit erfahren.

Die meisten Hunde sind glücklicher als ihre menschlichen Gefährten, weil sie ohne deren Illusionen leben. Aus demselben Grund sind die meisten Kinder glücklicher als ihre Eltern. Pflanzen, Tiere und Kinder befinden sich im natürlichen Zustand, sie leben ohne eigens auferlegte Belastungen gedanklicher Natur. Sie sind Lehrmeister. Ihre Lehre lautet: Einfach SEIN.

Dein natürlicher Zustand ist frei von konditionierten Gedanken, die dich immerzu an die Erfindungen des kleinen Menschenverstandes erinnern – Trennung, Sterblichkeit, Unvollkommenheit usw. Solange die unbewusste Gesellschaft sie noch nicht von diesem Unsinn überzeugt hat, fällt es Kindern ziemlich leicht, sorgenfrei im Jetzt zu leben. Aus diesem Grund hat Jesus gesagt: „Ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen.“
(Himmelreich = Zustand der Glückseligkeit)

Die Einheit aller Religionen

Buddha nannte es „Leerheit“, Jesus sprach vom „Himmelreich“. Doch der Begriff „Himmel“ ist kein direkter Verweis auf die Erdatmosphäre, sondern sollte bestenfalls als Analogie für den unermesslichen, formlosen Geist verstanden werden. Buddhas „Leere“ und Jesus‘ „Himmel“ sind offensichtlich ein und dieselbe Wirklichkeit!

Alle Weisheitslehrer der Menschheitsgeschichte wollten uns an die Quelle erinnern, die auf tiefster Ebene der Betrachtung mit unserem eigenen Gewahrsein identisch ist („Der Vater und ich sind eins.“ / „Atman ist Brahman.“ etc.). Daher nannte der große spirituelle Lehrer Ramana Maharshi sie einfach das Selbst. Auch Jesus wies auf die unendliche Weite des reinen Bewusstseins hin, als er sagte: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch.“

Weil wir uns häufig ausschließlich auf die Unterschiede in der Wortwahl fokussieren und vergessen, dass alle Worte nur Wegweiser sind, übersehen wir die Gemeinsamkeiten aller Religionen. So sind die verschiedenen Religionen überhaupt erst entstanden. Menschen diskutieren darüber, wessen Botschaft die “ultimative“ Lehre ist, obwohl uns alle Lehren gemeinsam auf das eigentliche Ultimative, das jenseits der Sprache liegt, hinzuweisen versuchen. Der Finger, der zum Mond zeigt, ist nicht der Mond! Das sollten wir niemals vergessen.

Durch Rückübersetzungen wurde mittlerweile nachgewiesen, dass die Lehre Jesu im Laufe der Jahrhunderte durch unzählige Übersetzungsfehler, Fehlinterpretationen, Hinzufügungen und gezielte Verfälschungen an Klarheit eingebüßt hat. Was in den heutigen Kirchen in der Regel dargeboten wird, hat mit seiner ursprünglichen Lehre wenig bis gar nichts mehr zu tun. Der Kirchen-Jesus ist in meinen Augen eine fiktive Gestalt, der wirkliche Jesus hingegen so real und bedeutsam wie das Leben selbst.

Albert Einstein hielt die Bibel für „eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden; Legenden, die gleichwohl ziemlich kindisch sind. Keine noch so raffinierte Interpretation kann für mich etwas daran ändern.“
Doch er konnte nicht umhin, Jesus anzuerkennen: „Ich bin gefesselt von der leuchtenden Figur des Nazareners. Jesus ist zu kolossal für den bloßen Stift von Phrasendreschern. Und dennoch ist er so kunstvoll. Kein Mensch kann das Evangelium lesen, ohne die Gegenwart von Jesus Christus zu spüren. Seine Persönlichkeit pulsiert in jedem Wort. Keine Legende ist von so einem Leben erfüllt. Alle Helden hinken im Vergleich mit Jesus.“

Einstein hob mit folgenden Worten den Wert der ursprünglichen Botschaft hervor: „Wenn man das Christentum – so wie es Jesus gelehrt hat – von allen Zutaten der Späteren, insbesondere der Priester, loslöst, so bleibt die Lehre übrig, die die Menschheit von allen sozialen Krankheiten zu heilen imstande wäre.“

Der Unterschied zwischen Christus und den Christen

Der deutsch-französische Arzt und Philosoph Albert Schweitzer äußerte Kritik am Verhalten vieler sogenannter Christen und bewies dabei Humor: „Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.“

Ganz gleich, wie intolerant wir manchmal sprechen und handeln, man sollte nicht vergessen: Christus selbst empfand keinen Hass und schloss niemanden aus.
Wie kann es sein, dass die fundamentale Bedeutung seiner Hinweise von so vielen Menschen nicht erkannt wird? Möchte denn nicht jeder Mensch geliebt werden? Möchten wir nicht alle friedvoll miteinander auskommen und in Harmonie leben? Möchten wir nicht alle in der Lage sein zu vertrauen und dass man uns gleichfalls Vertrauen entgegenbringt?

Zudem schlug Jesus ein anderes Gottesbild vor – keinen strafenden, rachsüchtigen und die “Sünder“ verurteilenden Herrscher, sondern einen liebenden Vater. Damit half er uns, die angsteinflößende Gottesvorstellung des Alten Testaments zu überwinden und uns dem Vertrauen und der Liebe zuzuwenden. Dieser Mann hat doch offensichtlich nichts Geringeres getan, als uns die Möglichkeit einer besseren Welt aufzuzeigen! Er selbst hat eindrucksvoll vorgeführt, wie es geht.
Der Dalai Lama (Tenzin Gyatso) fordert: „Der Planet braucht keine erfolgreichen Menschen mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Arten.“

Jesus zeigte uns den Weg, über den wir uns unserer göttlichen Natur bewusst werden können. Dieser Weg ist die Liebe.
Durch sein Sprechen und Wirken demonstrierte Jesus, wie wir uns von allem erdwärts gerichteten Denken befreien können, welches uns immer wieder auf die Ego-Ebene zieht.
Wie spirituelle Lehrer aller Epochen warnte er eindringlich davor, sich von Dingen abhängig zu machen, die vergänglich und damit unzuverlässig sind: „Hört auf, euch Schätze zu sammeln auf der Erde, wo Kleidermotte und Holzwurm zerfressen können und wo Räuber und Einbrecher rauben können. Fangt an, euch Schätze zu sammeln in den Himmeln, wo Kleidermotte und Holzwurm nicht zerfressen können und wo Räuber und Einbrecher nicht rauben können. Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“

Hingabe

„Ein Weizenkorn, das nicht in den Boden kommt und stirbt, bleibt ein einzelnes Korn. In der Erde aber keimt es und bringt viel Frucht, obwohl es selbst dabei stirbt. Wer an seinem Leben festhält, wird es verlieren. Wer aber sein Leben in dieser Welt loslässt, wird es für alle Ewigkeit gewinnen.“

Ein weiteres bedeutendes Element in seiner wie in allen spirituellen Lehren ist Widerstandslosigkeit: „Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern so dir jemand auf deine rechte Wange schlägt, dem biete auch die andere dar. Und so jemand dir deinen Rock nehmen will, dem überlasse auch den Mantel.“

Jesus widersetzte sich noch nicht einmal jenen, die seinem Körper große Qualen zufügten – mehr noch, er rechtfertigte ihr Verhalten sogar geradezu: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

„Solange der Mensch noch nicht fest im Göttlichen verankert ist, wird sein Verhalten immer unberechenbar sein.“, so Yukteswar Giri (Meditations-Meister). Weil auch Jesus das wusste, hegte er keine unrealistischen Erwartungen an seine Mitmenschen, die noch nicht wie er mit Gotteserkenntnis ausgestattet waren. Menschen, die nicht über diesen größten aller Schätze verfügen und aufgrund dessen unbewusst handeln, brauchen keine Strafe, sondern Hilfe. Daher empfand Jesus keinen Groll, sondern Mitgefühl.

Vergebung

„Wenn dein Bruder sündigt, vergib ihm.
Und wenn er dir siebenmal am Tag Unrecht tut, so sollst du ihm vergeben.“

Früher habe ich nicht verstanden, weshalb sich Jesus nicht zur Wehr gesetzt hat. Ich glaubte an die Effektivität des Naturgesetzes „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Doch heute verstehe ich ihn. Heute glaube ich, dass unsere Spezies durch ihren Verstand die Chance erhält, sich über dieses alte Konzept zu erheben und den Wert des „Halte auch die andere Wange hin“ zu realisieren, um wie einst Jesus in der Lage zu sein, den Kreislauf der Gewalt im Keim zu ersticken. Dabei spielt Vergebung eine erhebliche Rolle.

Rache ist aus spiritueller Sicht die fatalste Tat, zu der sich ein Mensch entschließen kann. Aus Hass, der zur Entfaltung gebracht wird, resultiert Zerstörung und es erwächst neuer Hass. Dieser Kreislauf endet erst dann, wenn alles und jeder vernichtet wurde. Wie Gandhi sagte: „Auge um Auge – und die ganze Welt wird blind sein.“ Vergebung kann diesen Kreislauf stoppen.

Jesus selbst hat es demonstriert und seinen Peinigern vergeben. Als der Tod nahte, hielt er weder an vorwurfsvollen Gedanken und Gefühlen noch an seinem Körper fest und gab sich hin: „Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist.“

Das inspirierte offenbar auch Menschen, die kein vergleichbares Leben führten… „Ich habe meine Frau, meine Kinder und meine Enkel immer geliebt, und ich habe mein Land immer geliebt. Ich will gehen. Gott, nimm‘ mich!“ – so lauteten die letzten Worte des ehemaligen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, als er am 28. März 1969 verstarb. Die letzten Worte des ersten US-Präsidenten, George Washington, klingen erstaunlich ähnlich: „Herr der Barmherzigkeit, nimm mich zu Dir.“

Vertrauen

Ein weiterer kostbarer Aspekt der Lehre ist das Vertrauen.
„Jeder, der vertraut – er kann gerettet werden. Jemand, der nicht vertraut – er kann nicht gerettet werden.“ Diese Aussage von Jesus bezieht sich auf die Heilungen, die im Neuen Testament geschildert werden. Jesus hat wohl nichts anderes getan, als die natürliche Heilkraft im Inneren der Kranken, denen er half, zu wecken. Wer zu starke Zweifel hatte, dem konnte wohl auch Jesus nicht helfen.

In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick auf den Placebo-Effekt. Obwohl die verabreichten Tabletten keinerlei medizinische Wirkstoffe enthalten, bewirkt ihre Einnahme eine erhebliche Beschleunigung des Heilprozesses, weil die Ärzte in diesen Fällen ihren Patienten glaubhaft vermitteln, dass es sich um wirkungsvolle Medikamente handelt. Die Patienten genesen allein aus einem Grund: Sie vertrauen darauf!

Dieses grundlegende Konzept funktioniert allerdings auch im umgekehrten Sinne: Ein Mensch, der sich nur beharrlich genug einredet, eine bestimmte Krankheit zu haben, könnte bald an den Symptomen dieser Krankheit leiden, obwohl er nicht wirklich daran erkrankt ist. Diese unerfreulichen Auswirkungen werden dem Placebo-Effekt gegenübergestellt und als Nocebo-Effekt bezeichnet. Versuche brachten erstaunliche Resultate hervor: Wenn man einer Testperson unter Hypnose glaubhaft vermittelt, dass man sie mit einem heißen Gegenstand (bspw. einem entzündeten Streichholz) berühren werde, und man berührt sie tatsächlich entgegen der Ankündigung nur mit einem gewöhnlichen Bleistift, dann bilden sich nach dem Hautkontakt trotzdem an der entsprechenden Körperstelle Brandblasen auf der Haut.
Also sei vorsichtig, woran du glaubst!

„Wahrlich, ich sage euch: Wenn euer Glaube nur so groß ist wie ein Senfkorn, so möget ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin! So wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.“

Jesus ist unsterblich – genau wie du! Jesus das Licht der Welt hinter einem runden stein faellt ein greller lichtstrahl in eine hoehlenoeffnung

Reines Bewusstsein – ‚Ich bin‘ – ist das Leben, das allen Lebensformen vorausgeht. Deshalb sagte Jesus: „Ehe Abraham war, bin ich.“
Er sagte „bin ich“ und nicht „war ich“, denn dieses Leben ist zeitlos. Es ist die ewige Präsenz.
Oft vergessen wir das reine ‘Ich bin‘, weil wir es durch das ‘Ich bin dies oder das‘ ersetzen – womit wir die Unendlichkeit gegen Kleinigkeiten eintauschen. Menschen, die sich einer spirituellen Lebensführung verschreiben und nicht mehr völlig im Weltlichen verlieren, werden für ihren Verzicht auf Vergängliches bedauert und als enthaltsam bezeichnet. Doch die wahren Enthaltsamen sind diejenigen, die im Tausch für kurze Schattenspiele auf die bewusste Unendlichkeit ihres eigenen Selbst verzichten.
Wer die Gesamtheit des Seins als das eigene Selbst erkennt, verliert jegliches Interesse an persönlicher Weiterentwicklung. Wenn du das Unbegrenzte entdeckt hast, dann nimmt die Motivation, das Begrenzte zu vergrößern, erheblich ab.

Es gibt keine größere Ironie als die Tatsache, dass wir bereits unendlich viel größer sind als alles, was wir zu erreichen versuchen. Wir verfolgen mühevoll das Ziel der Grenzüberwindung und Ausdehnung in Richtung Unendlichkeit, welche unerreichbar erscheint. Doch die Wahrheit ist, dass jene Grenzen nie existiert haben und dass nichts müheloser ist, als unendlich zu sein – weil wir niemals etwas anderes waren, sind oder sein werden. Du bist alles, was es je gegeben hat, was es gibt und was es jemals geben wird.

Genau daran wollte Jesus seine Mitmenschen erinnern. Er lebte furchtlos und wollte auch uns die Angst nehmen. Leidenschaftlich lud er alle ein, an der ewigen Feier der göttlichen Vollkommenheit teilzunehmen. Die Wurzel seiner Bemühungen ist pure Empathie: Wenn du jemandem Glück wünschst, dann deshalb, weil du selbst glücklich sein möchtest. Du weißt, wie gut es sich anfühlt, wie schön es ist, glücklich zu sein. Aus empathischen Gründen wünschst du das auch deinen Mitmenschen. Jene Empathie entspringt der simplen Tatsache, dass die anderen keine anderen sind, dass es nur ein Selbst gibt, dass du alles und jeder bist.

Jesus genoss die Gewissheit, dass alles immer in bester Ordnung ist, auch wenn unser Verstand glaubt, dies sei „zu schön, um wahr zu sein.“ Er wies eindringlich darauf hin, dass ein sorgenfreies Dasein auch für uns in Reichweite liegt.

„Sorget euch nicht um euer Leben. Sehet die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln auch keine Vorräte; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Und wenn ihr euch noch so viel sorgt, könnt ihr doch euer Leben um keinen Augenblick verlängern. Weshalb macht ihr euch so viele Sorgen um eure Kleidung? Seht euch an, wie die Lilien auf den Wiesen blühen! Sie mühen sich nicht ab und können weder spinnen noch weben. Ich sage euch, selbst König Salomo war in seiner ganzen Herrlichkeit nicht so prächtig gekleidet wie eine von ihnen. Wenn Gott sogar die Blumen so schön wachsen lässt, die heute auf der Wiese stehen, morgen aber schon verbrannt werden, wird er sich nicht erst recht um euch kümmern?“

Ein inspirierendes Vermächtnis

Wie wir gesehen haben, hat ein Großteil dessen, was Jesus lehrte, zeitlose Bedeutung und somit nach wie vor uneingeschränkte Gültigkeit.

„Er war der wunderbarste Mensch, der je gelebt hat. Alles, was wir von Gott je begreifen werden, war in ihm lebendig, und wo immer wir untereinander ein Stück Leben pflegen und erfahren, werden wir nach und nach von jener Wahrheit mehr verstehen, die er uns bringen wollte.“, so der Psychoanalytiker Eugen Drewermann.

Als der große Physiker Michael Faraday im Sterbebett gefragt wurde, ob er schon darüber nachgedacht habe, was er in der nächsten Welt zu tun gedenke, antwortete er: „Ich werde bei Christus sein, das genügt mir.“ Das waren seine letzten Worte.
Menschen wie Jesus sind auf diesem Planeten eine solche Seltenheit, dass einige den Tod ungeduldig erwarten …

„Noch eine kleine Weile, so ist’s gewonnen.
Dann ist der ganze Streit in nichts zerronnen.
In Rosensälen darf ich ohn‘ Unterbrechen
in aller Ewigkeit mit Jesus sprechen.“

So lautet der Grabspruch des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard.

Der bekannte Philosoph Immanuel Kant ordnete die Lehre Jesu allem anderen über: „Im Neuen Testament finde ich unendlich mehr Klarheit und tiefere Wahrheit als in allen Schriften aller Philosophen zusammen.“
Das vielleicht bemerkenswerteste Liebesgeständnis stammt vom großen Yoga-Meister Vivekananda (1863-1902): „Hätte ich in Palästina gelebt, in der Zeit von Jesus von Nazareth, dann hätte ich ihm die Füße gewaschen – nicht mit meinen Tränen, sondern mit dem Blut meines Herzens.“

Es fällt mir mittlerweile überhaupt nicht mehr schwer, Jesus völlig unabhängig von der Kirche zu betrachten und den unermesslichen Wert seiner Lehre mit Klarheit zu erkennen. Viele sogenannte religiöse Menschen preisen einerseits die Empfehlungen ihres populären Vorbildes und verhalten sich andererseits intolerant gegenüber denjenigen, die ihrer beschränkten Ansicht nach kein “gottgefälliges“ Leben führen.

„Aber wer betet für Satan? Wer, in 18 Jahrhunderten, hatte die Menschlichkeit,
für den Sünder zu beten, der es am meisten brauchte?“
(Mark Twain)

Das höchste Lebensziel sollte darin bestehen, keinen Hass mehr empfinden zu können und bedingungslos zu lieben, alles und jeden, ohne Ausnahme und Einschränkung. Wie Jesus.

Ein Pionier

Jesus war möglicherweise der erste Mensch, der seine Göttlichkeit voll und ganz erkannt hat. Letztendlich ist Jesus Bewusstsein, das sich seiner selbst bewusst geworden ist. Er könnte als das aufgedeckte Antlitz des Menschen bezeichnet werden, oder als jemand, der das Licht in sich vollends zur Entfaltung gebracht hat. Er ist eine Verkörperung der bedingungslosen Liebe.

Man darf ohne schlechtes Gewissen anzweifeln, was er gesagt und getan hat, denn nach über 2.000 Jahren lässt sich dies unmöglich zuverlässig überprüfen und nachweisen. Doch niemand kann bestreiten, dass seine Einwirkung auf die Menschheit in der Geschichte ohne Parallele ist. Er prägte die Welt wie kein Zweiter. Das macht ihn schlicht und ergreifend zum einflussreichsten Menschen, der jemals gelebt hat.

Die letzten Worte dieses Beitrags stehen seinem Hauptdarsteller zu:

„Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“

„Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“

„Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“

Der Artikel ist eine Zusammenstellung von Auszügen aus dem Buch „Die ewige Vollkommenheit des Seins“ von Simon Bartholome; Kapitel 11: „Jesus – Das Licht der Welt“

21.12.2023
Simon Bartholomé
Kontakt: simon.bartholome@yahoo.de

Alle Beiträge des Autors auf Spirit Online

Simon Bartholomé Bartholome-Simon Du bist klüger als dein Verstand

ist Autor, als Referent für Vorträge und Seminare tätig, dies bisher vorrangig zum Thema ‘Tod‘ für Hospizvereine.
Er verfasste vier Bücher zum Thema, die allesamt veröffentlicht wurden: „Über Gott und die Welt“ (2015), „Du bist Bewusstsein!“ (2016), „Wer bin ich? Die Essenz der Spiritualität“ (2017) und „Die ewige Vollkommenheit des Seins“ (2022).
Sein Herzensbedürfnis besteht darin, seine Mitmenschen daran zu erinnern, wer sie wirklich sind, damit sie furchtlos und glücklich leben können.

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Wir weisen aus rechtlichen Gründen darauf hin, dass bei keiner der aufgeführten Leistungen oder Formulierungen der Eindruck erweckt wird, dass hier ein Heilungsversprechen zugrunde liegt bzw. Linderung oder Verbesserung eines Krankheitszustandes garantiert oder versprochen wird. Alle Inhalte des Magazins sind kein Ersatz für eine Diagnose oder Behandlung durch einen Arzt, Psychotherapeuten oder Heilpraktiker.

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