Unendliche Weite des Sternenhimmels

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Die unendliche Weite

Unendliche Weite – In der Nacht vom 5. auf den 6. Juli 2022 saß ich vor dem offenen Fenster und schaute hinaus in den Sternenhimmel. Die Betrachtung des unermesslichen Universums, das außen zu sein scheint, erinnerte mich an die unendliche Weite des reinen Bewusstseins, die innen zu sein scheint. Ich schloss meine Augen und öffnete mein Herz. Plötzlich verschwanden das Äußere und das Innere. Ich versank in tiefe Meditation.

„Du bist kein Tropfen im Ozean. Du bist der gesamte Ozean in einem Tropfen.“
(Rumi)

Die unendliche Weite war immer noch da, jedoch war sie weder außerhalb noch innerhalb von mir selbst. Sie war ich selbst. Nichts anderes war da. Ich schreibe hier in der Vergangenheitsform, weil ich mich auf eine Erfahrung beziehe, die vergangen zu sein scheint, doch die Wahrheit, die sich hier offenbarte, ist zeitlos. Die unendliche Weite war nicht mein Selbst, sie ist mein Selbst. Nichts anderes ist da. Dasselbe gilt für dich!

Was in dieser Nacht so intensiv und andauernd wie nie zuvor geschah, war die Auflösung der Barriere zwischen Außenwelt und Innenwelt. Diese Barriere ist das persönliche “Ich”. Es ist, wie der spirituelle Lehrer Nisargadatta Maharaj sagte: „Wenn das ‘Ich‘ abklingt, dann ist alles Bewusstsein.“ … Ja, alles ‘war‘ Bewusstsein. Ich öffnete meine Augen. Die Erscheinung der Sterne war unverändert, doch was sich verändert hatte, war meine Art zu sehen. Ich sah sie nicht mehr als ferne Objekte und erkannte sie als Ausdruck meines eigenen Selbst. Eine größere Intimität ist nicht möglich. Wenn jegliche Trennung verschwunden ist bzw. klar gesehen wird, dass sie niemals existiert hat, gibt es nichts Fremdartiges mehr. Dann wird auch klar, dass ich du bin und du ich bist.

In den darauffolgenden Tagen ging ich stundenlang im Wald spazieren.

Ich sah die Bäume – und doch war da kein Ich, das etwas sah, und keine Bäume. Das Ich und die Bäume waren gleichermaßen das, was nicht benannt werden kann. Die Bäume waren nicht mehr oder weniger das, was ‘ich‘ bin, als der Körper, der dort im Wald allein den schmalen Pfad entlangging. Die Arme und Hände berührten beim Vorbeigehen zärtlich die Pflanzen am Wegesrand, darunter auch Brennnesseln, von denen sie nicht gestochen wurden. Simon war in dieser Erfahrung nicht enthalten.

Tatsächlich hat er nie existiert. Es gibt keine Person, kein Fragment namens Simon. Es sind einfach fünf Buchstaben, mehr nicht. Diese Buchstaben haben keine Identität. Ebenso hat der komplexe Zellhaufen namens Körper, der Simon genannt wird, keine eigenständige Identität. Er wird belebt von derselben Lebenskraft, die alle Körper durchströmt, und das ist ganz sicher nicht Simon. Es gibt nur Eines und das ist kein Individuum. Es ist die unendliche Weite reinen Gewahrseins, die ewige Vollkommenheit des Seins. Das bin ich. Auch du bist Das. Jeder ist Das. Alles ist Das. Es gibt nichts anderes.

Advaita Vedanta – Alles ist Eins

Die altindische Weisheitslehre Advaita Vedanta ist der Ursprung des Hinduismus und bildet die Wurzel aller Weltreligionen. Advaita Vedanta ist einfach und direkt. Hier hat das Ego keine Chance. Während die meisten heutigen spirituellen Lehren die Dualität teilweise aufrechterhalten und dem Ego zumindest einen Platz in der letzten Reihe zugestehen, erhält das Ego im AV gar keinen Zutritt zur Veranstaltung. Nichts könnte einfacher sein als die Essenz, die Botschaft von Advaita Vedanta: ES GIBT NUR EINES UND DU BIST DAS!

Für die wenigen, deren Verstand reif genug ist und keine weiteren Erklärungen verlangt, ist das ausreichend.

Advaita bedeutet “Nicht-Zwei“ (Dvaita = Zwei) und Vedanta bedeutet “Ende des Wissens“ (Veda = Wissen, Anta = Ende). Das Ende des Wissens ist der Beginn der Weisheit. Weisheit ist das Ende aller Unterscheidungen zwischen Selbst und Nicht-Selbst: „Dies bin ich und das bin ich nicht.“ …

Herkömmliches Wissen bezieht sich stets auf etwas,

das außerhalb von dir selbst zu liegen scheint, ein Objekt der Wahrnehmung. Wir glauben, dass wir etwas über die Existenz wissen, wenn wir sie objektiv beschreiben. Das Ende des Wissens ist das Ende dieser Einbildung. Die Menschheit verfügt heute mutmaßlich über mehr relatives Wissen als damals – und genau aus diesem Grund ist sie weniger weise.

Wir haben das Wesentliche unter so vielen unnützen Informationen begraben, dass wir es nicht mehr sehen. Wir glauben, heute besser darüber Bescheid zu wissen, wie die Welt funktioniert. Die Aufdeckung jener Funktionsweise offenbart das Wirken einer bewussten Intelligenz überall in der Natur, die auf tiefster Ebene der Betrachtung absolut identisch mit unserem eigenen Gewahrsein ist.

Die höchste Erkenntnis, zu der wir kommen können, ist heute noch dieselbe wie vor Jahrtausenden – dass alles Bewusstsein ist. Am Ende aller wissenschaftlichen Entdeckungen wartet wieder diese uralte, zeitlose Weisheit, die schon Lehrer in der Antike verkündet haben.

Erfahre Es – Jetzt!

„Bewusstsein wird niemals im Plural erfahren, sondern nur im Singular. Nicht nur, dass keiner von uns jemals mehr als ein Bewusstsein erlebt hat, es gibt auch keine Spur von Indizien dafür, dass dies irgendwo auf der Welt jemals geschehen ist. Ich sage, dass es nicht mehr als ein Bewusstsein geben kann.“ – Erwin Schrödinger (Physiker, Nobelpreisträger)

Worte sind nur Worte – und doch kann die Wortwahl entscheidend sein. Eine ungeschickte Wortwahl ist wie ein Postbote, der das Paket einfach in den Garten wirft. So kommt es vielleicht nie beim Empfänger an. Zu den meinerseits favorisierten Bezeichnungen für unser wahres Selbst gehören die Synonyme Bewusstsein und Gewahrsein… Du musst es allerdings erfahren, um es zu ‘verstehen‘. Auch wenn du diese Begriffe in allen Sprachen der Welt kennst, wird das völlig nutzlos sein, sofern du nicht unmittelbar erfährst und erkennst, worauf sie hinweisen: „Es war einmal ein Mann, der war so gelehrt, dass er ein Pferd in neun Sprachen benennen konnte – und so unwissend, dass er eine Kuh zum Reiten kaufte.“ (Benjamin Franklin)

DAS, was sich JETZT dieser Worte BEWUSST ist, ist die unendliche Weite.

Vergesse dich selbst und erinnere dich an das Selbst

Geisteszustände, in denen wir die Freiheit vom kleinen ‘Ich‘ genießen, werden von allen Menschen begehrt, auch wenn die meisten den wahren Grund nicht erkennen. Wir alle sehnen uns nach Liebe, denn in der Liebe vergessen wir uns selbst als getrennte Individuen. Wenn jeder auf seine eigenständige Identität besteht, ist wahre Liebe nicht möglich, daher lautete eine Aufforderung von Rumi: „Ich komme zu dir ohne mich. Komm‘ zu mir ohne dich!“

Wenn ich nicht mehr an Trennung glaube, dann sehe ich überall, wohin mein Blick schweift, keine Lebensformen mehr, sondern ‘nur‘ das eine Leben – absolute Vollkommenheit.

Eine der Aktivitäten, die sich im Allgemeinen großer Beliebtheit erfreuen, weil sie uns vorübergehend von der Illusion der Trennung befreien, ist Sex. Vor allem beim Höhepunkt vergessen wir für einen kurzen Moment alle Grenzen bzw. beschäftigen uns nicht mehr mit ihnen. Du rufst dir währenddessen nicht ins Gedächtnis, dass du am Vortag von jemandem “ungerecht“ behandelt wurdest. Du denkst auch nicht an die Einkaufsliste für den nächsten Tag. Du bist voll und ganz präsent, im Hier und Jetzt – und damit in der Ewigkeit. So eröffnet uns der sexuelle Höhepunkt kurzzeitig dieselbe Dimension wie die endgültige Befreiung vom physischen Körper, der sogenannte Tod. Wohl deshalb nennen die Franzosen den Orgasmus “la petite mort” – übersetzt: “Der kleine Tod”.

Menschen, die sich einer spirituellen Lebensführung verschreiben und nicht mehr völlig im Weltlichen verlieren, werden für ihren Verzicht auf Vergängliches bedauert und als enthaltsam bezeichnet. Doch die wahren Enthaltsamen sind diejenigen, die im Tausch für kurze Schattenspiele auf die bewusste Unendlichkeit ihres eigenen Selbst verzichten.

So sehr im Göttlichen aufzugehen, dass das Menschliche vergessen wird, mag nicht erstrebenswert erscheinen, jedoch ist es zweifellos fataler, nur das menschliche D(ram)asein zu kennen und das Göttliche zu vergessen. Da dieses Leben – vom absoluten Standpunkt aus betrachtet – nur ein Spiel ist, ist das Vergessen kein Desaster. Vielleicht erfüllt es sogar einen Zweck…

In den Worten von Alan Watts: „Gott spielt gerne Verstecken, aber da es außerhalb von Gott nichts gibt, hat er niemanden außer sich selbst, mit dem er spielen kann. Aber er überwindet diese Schwierigkeit, indem er so tut, als ob er nicht er selbst wäre.“ – In der Form von Menschen, die sich für kleine Fragmente halten und folglich ihre göttliche Natur vergessen. Ein Spiel wirkt dramatischer, wenn vergessen wird, dass es nur ein Spiel ist. Solange die Spielfreude und Abenteuerlust zu stark ausgeprägt sind, will der verlorene Sohn seine Heimreise noch nicht antreten. Dann fehlt die Motivation, die Identität des Spielers zu durchschauen und zur Quelle zurückzukehren bzw. wieder bewusst die Quelle zu sein.

Du bist die Quelle!

Es ist so einfach, dass der Verstand die Einfachheit nicht akzeptieren kann. Es ist nicht zu kompliziert, um in Worte gefasst und verstanden zu werden. Es ist zu simpel. Sobald es in Worte gefasst und vom Verstand analysiert wird, erscheint es komplex. Doch es sind unsere Konzepte der Realität, die komplex sind, nicht die Realität selbst.

Als ich vor Jahren das Buch „Sei, was du bist! – Die wichtigsten Lehren des großen indischen Weisen“ über den spirituellen Lehrer Ramana Maharshi las, während ich im Wald auf einer Bank saß und alle auf dem Boden liegenden Blätter in meiner Wahrnehmung unterschiedslos ineinander übergingen, musste ich dauerhaft schmunzeln und immer wieder lachen angesichts der Klarheit und Einfachheit. Ramana hat es selbst vorausgesagt: „Es gibt kein größeres Mysterium als dieses: dass wir immer wieder nach der Wirklichkeit suchen, obwohl wir die Wirklichkeit sind. Wie lächerlich! Es wird ein Tag kommen, an dem du über all deine vergangenen Bemühungen lachen wirst. Das, was an dem Tag sein wird, an dem du lachen wirst, ist auch hier und jetzt.“

„Du selbst bist die Quelle. Du warst es die ganze Zeit.
Wenn du das weißt, fühlst du dich so gut, dass du anfängst, hysterisch zu lachen.”

(Robert Adams)

Das kann ich nur bestätigen. In besagter Nacht (5./6. Juli 2022) lachte ich, bis mir die Tränen über die Wangen strömten und meinen Hals hinunterliefen. Die Erkenntnis war nicht neu, doch ihre Intensität höher als je zuvor. Sich selbst als alles zu erfahren, das kannte ich bereits aus der Meditation. Aber gerade wegen seiner Unendlichkeit kann es immer wieder neuartig erfahren und genossen werden.

Auch in den darauffolgenden Tagen beim Waldspaziergang kam ich aus dem Lachen nicht heraus. Dieses Lachen ist Ausdruck größtmöglicher Erleichterung. Die Befreiung besteht in der augenblicklichen Erkenntnis, dass alle Ängste und Sorgen, die jahrzehntelang berechtigt zu sein schienen (weil sie jeder anerkennt), völlig unbegründet sind, denn die Probleme, um die sie sich ranken, existieren nicht – weil es denjenigen, der diese Probleme zu haben schien und sich um ihre Lösung kümmern musste, gar nicht wirklich gibt.

Das menschliche Leben ist ein Witz, den sich das Bewusstsein selbst erzählt!
Humor ist eine göttliche Erinnerung daran, dass uns nichts passieren kann und dass das Leben keineswegs und keinesfalls eine ernste Angelegenheit ist.
In der Spiritualität geht es nicht darum, seine Dämonen zu bekämpfen, sondern darum, die Leichtigkeit des Seins zu zelebrieren.

Einheit mit Gott

„Ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass du Gott mit Seinen Augen suchst?“
(Adyashanti)

Sein eigenes wahres Selbst essenziell mit Gott gleichzusetzen, das mag jenen, die noch nicht für diese tiefe Erkenntnis bereit sind, als Blasphemie erscheinen. Es ist der konditionierte Verstand, der nichts als Trennung und Unterscheidung kennt und deshalb die Erkenntnis der All-Einheit als Blasphemie missversteht. Doch klar auszusprechen, dass Gott und ich eins sind, dass ich alles bin, hat nicht das Geringste mit Arroganz zu tun. Es ist Liebe.

Wer die Position eines Individuums einnimmt, nimmt Gott als außerhalb von sich selbst wahr. Wer aber als reines Sein verweilt, unterscheidet nicht mehr zwischen Gott und dem Selbst. Der Verstand mag die Frage aufwerfen, ob das nicht größenwahnsinnig sei. Größenwahn hat immer mit dem Ego-Bestreben zu tun, welches das Ziel verfolgt, in irgendeiner Weise größer als alle anderen zu sein. Seine Wirkmechanismen leben vom Vergleich. Gefühle wie Stolz können in der unendlichen Weite nicht bestehen. Die unendliche Weite ist “groß“, aber nicht “größer als…“, denn es gibt außer ihr selbst nichts, nichts außer Das, kein Zweites, womit sie sich vergleichen könnte. Im Ego-Zustand willst du ausschließlich der Größte und Beste sein, als die unendliche Weite bist du alles, also sowohl das Größte als auch das Kleinste, Alpha und Omega.

Indem man dir bei der Geburt deines Körpers einen Namen gegeben hat, hat man dein Sein individualisiert. Dir wurde eine Identität verliehen, an deren Wirklichkeit du fortan geglaubt hast. Selten mag es vorgekommen sein, dass dich jemand liebevoll dazu ermutigt hat, daran zu zweifeln. Niemand trägt die Schuld. Die blinden Blindenführer können nichts dafür, denn auch sie sind Opfer der Konditionierung.

Wenn du die unaussprechliche Intensität des reinen Lebens, das du bist, nicht spüren kannst, dann führst du ein mechanisches Dasein. Leider trifft das auf die meisten Menschen zu. Wenn wir nicht in der Lage sind, das Leben, d. h. uns selbst, direkt zu spüren, dann versuchen wir es auf indirekte Weise, z. B. durch Aktivitäten oder Aneignungen, von denen wir uns erhoffen, dass sie uns lebendiger fühlen lassen. Tatsache aber ist: „Wenn du die Fülle des Lebens nicht auf deinem Fahrrad spüren und genießen kannst, wirst du die Fülle des Lebens nicht spüren, wenn du in deinem Rolls Royce sitzt.“ (Eckhart Tolle)
Wir betteln um Almosen, während wir den größten Diamanten der Welt in der Hosentasche oder an einer Kette um den Hals tragen.

Hör auf, dich selbst zu erniedrigen!

Wenn du nicht weißt, dass du dich in einem Gefängnis befindest, dann hast du auch keine Ambitionen, daraus auszubrechen. Die Idee „Ich bin der Körper“ wird nicht selten durch “spiritueller” klingende Selbstbilder wie „Ich bin eine alte Seele” ersetzt. In beiden Fällen will das Ego herausragen und besonders sein. Ich sage nicht, dass es keine alten und jungen Seelen geben mag. Ich sage, dass es Erscheinungen und Ausdrucksformen sind, keine Identitäten. Ob du dich für einen Körper oder eine Seele hältst, spielt keine Rolle – beides ist eine Selbsterniedrigung. Viele realisieren nicht, dass sie einen Käfig verlassen und direkt in den nächsten einsteigen. Der neue Käfig mag schöner aussehen, aber es handelt sich immer noch um einen Käfig. Jede Formidentität ist eine Einschränkung! Du bist nichts Geringeres als die Unendlichkeit!!!

Die Unendlichkeit überfordert den kleinen Menschenverstand. Warum fürchten wir uns vor unserer eigenen Grenzenlosigkeit? Der Regisseur und Schriftsteller Alejandro Jodorowsky hat es auf den Punkt gebracht: „Vögel, die in einem Käfig geboren wurden, glauben, dass Fliegen eine Krankheit ist.“
Wenn du glaubst, ein begrenztes Individuum zu sein, lebst du in der Tat wie ein Vogel, der auf seinen Käfig beschränkt ist, während der unermessliche Himmel darauf wartet, ihm ein wundervolles Zuhause zu bieten.

Die unendliche Weite des reinen Gewahrseins, dein tatsächliches Selbst, ist die dimensionslose Allgegenwart. Das Bewusstsein befindet sich an keinem bestimmten Ort, alle Orte befinden sich in ihm. Sosehr deine Gedanken auch hin- und herspringen mögen wie wilde Äffchen, sosehr dein Körper auch um die Welt reisen mag, du bewegst dich niemals von der Stelle. Wie könntest du dich im Raum bewegen, wenn du selbst der ‘Raum‘ bist, in dem sich alles bewegt?

Das scheinbare Individuum ist eine unschuldige Erscheinung, die ohne Identifikation, d. h. ohne die Zuweisung einer Identität, keinerlei Probleme verursacht und in gewisser Hinsicht sogar einen Zweck erfüllt: Die unendliche Weite nimmt die Form eines Individuums an, um sich selbst und ihre vielfältigen Ausdrucksformen aus einer bestimmten Perspektive zu erleben – so als würde der Ozean träumen, er sei ein Fisch, um in der Lage zu sein, durch sich selbst hindurch zu schwimmen und seine eigene Tiefe zu erkunden. Nur wenn du dich selbst als Person in deinem Traum erfährst, kannst du die Traumwelt als Teilnehmer und nicht nur als Zeuge erleben – und damit die gesamte Bandbreite der Wahrnehmungsmöglichkeiten auskosten. In der menschlichen Form neigt das Bewusstsein dazu, sich selbst zu vergessen. Das ist kein Problem. Denn das Vergessen ist wie der Mensch vorübergehend.

Du bist der Himmel!

Das sogenannte Himmelreich ist kein ferner Ort, sondern die Weite deines eigenen Seins, die keinen einzigen Millimeter von dir entfernt ist. Diese war/ist allen Weisen bestens bekannt…
‘Ich bin‘ ist das eine Leben, das allen Lebensformen vorausgeht. Deshalb sagte Jesus: „Ehe Abraham war, bin ich.“ Er sagte „bin ich“ und nicht „war ich“, denn dieses Leben ist zeitlos. Es ist die ewige Präsenz, auf die er sich bezog bzw. die sich auf sich selbst bezog, nicht die Person Jesus. Oft vergessen wir das reine ‘Ich bin‘, weil wir es durch das ‘Ich bin dies oder das‘ ersetzen (womit wir die Unendlichkeit gegen Kleinigkeiten eintauschen).

Wir bewundern die schönen Erscheinungen und ignorieren das Licht, das sie überhaupt erscheinen lässt. Die eindrucksvollste Erfahrung ist auch diejenige, die dich am stärksten von dir selbst ablenkt. In Berichten über Nahtoderfahrungen ist immer wieder die Rede von einem überwältigenden Licht, doch das Licht des eigenen Bewusstseins, das jene Wahrnehmungen überhaupt erst ermöglicht, findet selten Erwähnung.

Das ist aber nicht sonderlich tragisch, da eine Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt, dem Wahrnehmenden und dem Wahrgenommenen, letztendlich ohnehin aufgegeben werden muss, weil es in Wirklichkeit nur ein einziges Licht gibt. Wichtig ist die Erkenntnis, dass es niemals erlöschen kann.
Es ist schön, in “schlechten Zeiten“ zu wissen, dass die Sonne immer wieder aufgeht, aber noch bedeutender ist die Erkenntnis, dass sie niemals wirklich untergeht und immer scheint. Das Licht unseres Selbst ist uns auch in den tiefsten Krisen sofort zugänglich.

Auf das Glück warten wir
Weil wir glauben, es sei nicht hier
Aber eins verschieben wir nie auf morgen
Nämlich unsere Sorgen
Nur Geld verdienen und saufen
So lebt der ganze Haufen
Normal wie ‘ne Schlägerei im Saloon
Kein Grund, es auch zu tun
Es lohnt sich ein Blick nach innen
So kannst du nur gewinnen
Allein dort ist das Glück zu finden
Und es kann niemals verschwinden
Ganz gleich, wie viel ihr weint
Da ist ein Licht, das immer scheint!

Die Einladung des Selbst an sich selbst

Durch den Wegfall bestimmter Formen tut sich im Leben eines jeden Menschen regelmäßig eine Leere auf. Doch anstatt diese Einladung anzunehmen und die Leere genauer zu betrachten, um die unvorstellbare Fülle zu entdecken, die darin versteckt ist, sind wir meist darum bemüht, die Lücke möglichst schnell zu schließen. Durch die Eingriffe des Lebens, welche uns die Unbeständigkeit dessen vor Augen führen, woran wir uns in der Regel klammern, werden wir immer wieder an das erinnert, was wirklich zuverlässig ist und nicht von den Wellen des Lebens hinweggespült werden kann: das Leben selbst.

Durch den ‘Verlust‘ des Verletzlichen offenbart sich das Unverletzliche. So stellt das Leben sicher, dass es sich selbst nicht auf Dauer vergisst, während es sich an seinen eigenen Schöpfungen erfreut. Es ist eine intelligente Einrichtung des Bewusstseins. Wenn wir bereitwillig alle Erscheinungen wegfallen lassen, was ohnehin ganz natürlich mit der Zeit geschieht, dann wird die kostbare Essenz freigelegt. Die Überwindung der Angst ist nur möglich, wenn wir uns wieder dem zuwenden, das allein die Quelle der Sicherheit ist, weil es uns niemals entrissen werden kann: unser eigenes Selbst! Wenn du darin gegründet bist, kannst du an den Spielen der Welt teilnehmen, ohne dich von eventuellen Niederlagen in deinem Sein bedroht zu fühlen. Ein tief verwurzelter Baum hat keine Angst vor Stürmen.

Gewahrsein ist Glück – Du bist alles, was du brauchst

„Glück: der Zustand des still lachenden Eins-Seins mit der Welt.“
(Hermann Hesse)

Nichts kann der Unendlichkeit, die du bist, und dem grenzenlosen Glück, das du beständig in dir trägst, etwas hinzufügen – sei es ein Lottogewinn, das teuerste Auto oder Haus, Sex mit der/dem schönsten Frau/Mann der Welt etc. Wer sich selbst als alles erkennt und erfährt, begehrt nichts mehr.

Wünsche können weiterhin auftauchen, doch nicht mehr zum Zwecke der inneren Erfüllung. Es gibt keine Leere mehr, die gefüllt werden will. Das Fass der Glückseligkeit ist bereits bis zum Rand gefüllt und schwappt beständig über, um alle Mitgeschöpfe einzuladen, an der ewigen Feier der unendlichen Vollkommenheit teilzunehmen. Wer erkennt, dass nichts vom Selbst getrennt ist, dass alles gleichermaßen das eigene Sein ist, hält an nichts fest, weil er/sie weiß, dass nichts verloren gehen kann. Wer an nichts festhält, lädt alles liebevoll ein. Diesbezüglich ein schönes Sprichwort:

„Der Paradiesvogel setzt sich nur auf die Hand, die nicht zugreift.“
(John Berry)

Wenn wir Glück erfahren, weil ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist, so ist es nicht das Objekt der Begierde, das uns jenes Glücksempfinden beschert, sondern das Ende des Verlangens. Denn dadurch wird die bereits bedingungslos vorhandene Erfüllung, die unserem Selbst innewohnt und vom Verlangen verschleiert wurde, offenbart. Wenn ein Wunsch in Erfüllung geht, schmecken wir einfach kurzzeitig (bis ein neuer Wunsch auftaucht) den köstlichen Nektar unseres eigenen Seins. Das können wir auch daran erkennen, dass sich Freude im Grunde immer gleich anfühlt, obwohl die Ereignisse, die sie hervorzurufen scheinen, sehr verschiedenartig sind. Es fühlt sich immer gleich an, weil die Quelle immer dieselbe ist: dein eigenes Selbst!

Wie könnte etwas, das von Natur aus flüchtig ist, das kommt und geht, uns dauerhaftes Glück bescheren? Die Quelle dauerhaften Friedens muss selbst dauerhaft sein. In unserer Erfahrung ist unser eigenes Selbst das Einzige, das beständig und immer da ist. Somit kann einzig und allein dein eigenes Selbst dir bleibende Freude garantieren. Diese Tatsache ist so einfach und offensichtlich, dass sie sogar dem kleinen Menschenverstand zugänglich ist.

An eine Person gerichtete Aussagen wie „Du machst mich so glücklich!“, „Ich brauche dich!“ oder „Ohne dich bin ich unvollkommen!“ mögen zwar romantisch klingen, bringen aber eine verheerende Illusion zum Ausdruck. Wenn du glaubst, dass ein Mensch die Quelle deines Glücks ist und dass du ohne diesen Menschen nicht glücklich sein könntest, dann wäre es vielleicht ratsam, sich einmal zu fragen, ob es dir nicht auch gelungen ist, glücklich zu sein, bevor dieser Mensch in dein Leben trat. Falls das der Fall ist, kann er schwerlich die Quelle deines Glückes sein, nicht wahr? Selbiges gilt selbstverständlich für materiellen Besitztum und die Angst davor, ihn zu verlieren. Als Baby warst du sehr häufig grundlos glücklich – ohne etwas zu besitzen, ohne Freunde. Aber Freundschaft ist wundervoll – um das Glück, das unabhängig davon besteht, zu zelebrieren.

Fakt ist: Du bist das vollständige Leben. Du brauchst nichts und niemanden, der/die/das dich vervollständigt. Es ist dein Verstand, der dir vorgaukelt, du seist unvollkommen. Das wird uns so vermittelt. Vergessen wir einmal, was dir beigebracht wurde. Untersuche: Fühlst du dich wie ein halbes Leben? Gefühle der Unvollständigkeit beziehen sich stets auf den Körper oder die Persönlichkeit und den Verstand („Ich bin zu klein/dick/dumm und wäre gerne größer/schlanker/klüger.“). Widme deine Aufmerksamkeit der reinen Lebendigkeit, anhand derer du weißt, dass du da bist, dass es dich gibt, dass du lebendig bist, und du wirst feststellen, dass diese unter allen Umständen absolut vollkommen ist.

Keine Person – Kein Problem

„Es gibt keine persönlichen Probleme. Die Person ist das Problem.“
(Mooji)

***

„Verweile als Gewahrsein, ohne die Illusion einer Person.
Du wirst augenblicklich frei und im Frieden sein.“
(Ashtavakra Gita)

Wenn Max Mustermann mich fragt, was Erleuchtung ist, dann antworte ich: „Erleuchtung ist, wenn du erkennst, dass Max Mustermann nicht existiert und mit dieser Erkenntnis lebst.“
„Wer erkennt das denn, wenn es Max Mustermann gar nicht gibt?“, mag eine Gegenfrage lauten. Die Antwort: Das, was du wirklich bist – reines Gewahrsein.

Eckhart Tolle, der sicher ein großer Bewunderer von Buddha und Jesus ist, sagte in einem Interview: „In Wirklichkeit gibt es keinen Buddha und keinen Jesus, sondern nur das Bewusstsein, das durch manche Menschen hindurchscheint und manchmal die Form von Worten annimmt. Mehr nicht. In Wirklichkeit ist es eine Illusion, zu glauben, dass da ein Mensch ist, der eine bestimmte Stufe erreicht hat. Die Wahrheit ist, dass da ein Mensch ist, der durchscheinend genug ist, der als Person so unbedeutend geworden ist, dass das Bewusstsein durch ihn durchscheinen kann und sich dann als Ausstrahlung oder durch Worte auszeichnet. Aber man darf es nicht gleichsetzen mit einer Person.“

Es gibt keine erleuchtete Person. Es hat nie eine erleuchtete Person gegeben. Es wird nie eine erleuchtete Person geben. Was traditionell als Erleuchtung bezeichnet wird, ist die Abwesenheit der Person – das völlige und dauerhafte Fehlen des Glaubens daran, eine bloße Person zu sein.

Die Reinheit, die du bist

Eine mögliche Übersetzung/Bedeutung des Wortes ‘Guru‘ ist ‘Lichtbringer‘. Natürlich bringt ein Guru bzw. spiritueller Lehrer kein äußeres Licht zu dir. Er weist dich lediglich auf das Licht hin, das ewiglich in dir selbst scheint. Selbst die größten ‘Meister‘ haben nichts, was du nicht auch hast – besser gesagt: Keiner von ihnen ist, was du nicht auch bist.

Das Sanskrit-Wort “Jnani“ bedeutet “Wissender/Weiser“, dementsprechend ist ein “Ajnani“, wie der “normale“ Mensch bezeichnet wird, ein “Unwissender“. Das Einzige, was einen Jnani, den sogenannten Erleuchteten, vom Ajnani, dem sogenannten Unerleuchteten, unterscheidet, ist das Wissen, dass sie nichts voneinander unterscheidet.

„Keine spirituelle Praxis wird dich zur Reinheit führen.
Die Reinheit ist deine Essenz. Es ist dein ureigenes Bewusstsein!“

(Dattatreya, Avadhuta Gita)

Die Reinheit deines eigenen Seins liegt jenseits all dessen, was dein Verstand für Perfektion hält, sie übertrifft deine schönsten Vorstellungen. Nichts von alledem, was wir je im “Außen“ finden könnten, reicht an die unendliche Weite unseres eigenen Selbst heran. Wie könnte die Schöpfung ihrem Schöpfer, die Erscheinung ihrer Quelle, ebenbürtig sein?

„Der Mensch möchte zum Mond und zu den Sternen reisen,
aber die Weite in ihm selbst ist viel großartiger.“
(Jiddu Krishnamurti)

***

„Es gibt ein Schauspiel, das größer ist als das Meer, das ist der Himmel.
Es gibt ein Schauspiel, das größer ist als der Himmel, das ist das Innere der Seele.“
(Victor Hugo)


Liebe

Du könntest der Welt und deinen Mitmenschen nicht liebevoller und mitfühlender gegenübertreten als mit der Erkenntnis, dass alles dein eigenes Selbst ist und du somit jeder bist. Kann es eine größere Liebe geben als die, die alles und jeden gleichermaßen einschließt? Das ist der natürliche Zustand der unendlichen Weite, die du bist. Es erfordert keinerlei Anstrengungen, diese Liebe zu sein. Du musst deinem gegenwärtigen Zustand nichts hinzufügen. Da die Liebe unsere wahre Natur ist, müssen wir uns nicht wirklich verändern oder anstrengen, sondern einfach nur bewusst das sein, was wir sind. Wenn du dich entspannst, bist du die Liebe.

Reines Bewusstsein hat keine Präferenzen. Es ist die Akzeptanz selbst. Wenn du von Gedanken ablässt und nicht mehr an den festgelegten Abneigungen deiner Person festhältst, dann nimmst du eine erweiterte Perspektive ein, und zwar jene des Großen Ganzen. Aus dieser Perspektive wird alles als bedingungslos gleichwertig erkannt. Osho drückte es wundervoll aus: „Vom kleinsten Grashalm bis zum größten Stern wird jeder gleichermaßen gebraucht. Es gibt keine Hierarchie in der Existenz. Der Grashalm und der Stern haben keine Ungleichheit. Sie sind gleich. Die Existenz unterstützt alle auf die gleiche Weise. Sie macht keine Unterschiede. Für die “Sünder” und für die “Heiligen” gilt dasselbe. Die Sonne scheint für alle, die Blumen blühen für alle, die Vögel singen für alle. Es ist unser Zuhause!“

Alle Rollen des menschlichen Daseins sind vorübergehend und nicht essenziell. Eine Frau beschrieb ihre Nahtoderfahrung als „einen Zustand, in dem Sie nicht die Frau Ihres Mannes, nicht die Mutter Ihrer Kinder, nicht das Kind Ihrer Eltern sind. Sie sind ganz und gar Sie selber.“ … Über den Körper und die damit einhergehenden biologischen Verbindungen hinauszugehen, bedeutet nicht, dass man sich nicht mehr um seine Nahestehenden kümmert. Die Liebe ist unvermindert, sogar erweitert. Sie beschränkt sich nicht mehr auf wenige, man liebt alles und jeden. Alle gleichermaßen zu lieben bedeutet selbstverständlich nicht, mit allen ins Bett zu gehen.

Es bedeutet noch nicht einmal, dass du unter allen Umständen nett zu allen bist und dir immer alles gefallen lässt. Auch „Nein!“ kann ein Ausdruck von Liebe sein. Liebe ist im Grunde nichts Spektakuläres. Du kannst auch diejenigen lieben, die du nicht magst! Die Präsenz von Liebe lässt sich in diesen Fällen daran erkennen, dass du ihnen einfach von Herzen alles Gute wünschst. Wenn du einem Menschen Glück wünschst, dann deshalb, weil du selbst glücklich sein möchtest. Du weißt, wie gut es sich anfühlt, wie schön es ist, glücklich zu sein. Aus empathischen Gründen wünschst du das auch deinen Mitmenschen. Jene Empathie entspringt der simplen Tatsache, dass die anderen keine anderen sind, dass es nur ein Selbst gibt, dass du alles und jeder bist.

Wenn du dich mit dieser Erkenntnis durch die Welt bewegst, dann erhellst du sie, dann bist du das Licht, das die Dunkelheit vertreibt.

Wahre Liebe ist das Ende der Dualität. Die Menschen und Tiere, die du wirklich liebst, nimmst du nicht mehr als andersartig wahr. Du umarmst sie nicht mehr nur vorübergehend körperlich, sondern ewig geistig. Es ist eine Umarmung ohne Ende. Du verlierst sie nicht, sondern gewinnst sie für immer. Verlust ist ohnehin eine Illusion. Es gibt niemanden, von dem du je getrennt sein könntest. Alle Lebewesen, die jemals in sämtlichen Seinszuständen existiert haben, sind für immer und ewig in dir selbst lebendig. Was sie wirklich ausmacht, verschwindet nie, es kann niemals sterben. Was zu sterben oder verschwinden scheint, ist eine Fata Morgana.

Sobald man etwas definiert, schränkt man es ein. Deshalb gibt es keine angemessenen Worte für die Liebe… Und falls doch, dann von Rumi: „’Wer bist du?’, fragte ich die Liebe eines Abends. Sie sagte: “Ich bin die Unsterblichkeit, ein schönes Leben, das kein Ende hat.”“

Hingabe

„Tropfen, gebe dich selbst ohne Bedauern auf und gewinne dafür den Ozean!“
(Rumi)

Auch Hingabe erfordert keine Anstrengung. Sie ist die völlige Entspannung, weil man all sein Vertrauen in Gott setzt. Wenn du dich hingibst, übernimmt eine gewaltige, liebevolle Kraft die Führung. Auf einer Ebene der Betrachtung ist sie sehr viel größer und machtvoller als du, auf der tiefsten Betrachtungsebene ist sie dein eigenes Selbst.

Hingabe ist das Ende der Selbstkontraktion, das Ende der Person, die auf der vergeblichen Suche nach Kontrolle ist – weil sie an die Dualität von „Ich und mein Leben“ glaubt. Erkenne, dass du nicht das Leben lebst, sondern das Leben selbst bist! Damit gibt es niemanden mehr, der Widerstand leisten könnte. Wenn alles dein Selbst ist, wem könntest du dich widersetzen? Hingabe scheint mit einem Individuum zu beginnen, das sich hingibt und resultiert darin, jenseits der Individualität einfach als das zu verweilen, was du ohnehin immer bist. Du bist die totale Mühelosigkeit. Fühle das – Jetzt!

Die ultimative und endgültige Heilung

Manchmal sind diejenigen, die für krank gehalten werden, die einzigen wirklich Gesunden.
Der Zustand der kollektiven Geisteskrankheit, in dem sich die Menschheit offenkundig befindet, ist unübersehbar. Wie immer ist die Liebe die Lösung. Es kommt vor, dass wir Menschen, die uns Leid zufügen, hassen und ihnen Schlechtes wünschen. Damit fügen wir der Welt weiteres Leid hinzu und tun somit exakt das, wofür wir die anderen gehasst haben. Wenn du der Welt keinen Hass hinzufügst, dann bist du nicht mehr Teil des Problems, der Krankheit, sondern Teil der Lösung, der Heilung.

Viele Menschen müssen enttäuscht feststellen, dass das erwartete Glücksempfinden ausbleibt oder schnell nachlässt, nachdem körperliche Ziele erreicht wurden, z. B. bei Gewichtsverlust, Muskelaufbau oder gesteigerter “Schönheit“. Der Köper ist und bleibt unzulänglich. Seine Unvollkommenheiten bringen uns dazu, die Vollkommenheit woanders zu suchen und nicht mehr dort, wo es sie nicht gibt. Das Licht des Gewahrseins scheint immer mit derselben Helligkeit, auch während der tiefsten Depression des Verstandes und der schmerzhaftesten Verletzung oder Krankheit des Körpers. Du bist unverletzlich und unangreifbar. Keine Messerklinge auf der Welt ist lang genug, um dich zu erreichen. Du bist zu tief. Du bist zu weit. Die effektivste Heilung ist die Wiederentdeckung dessen, was keiner Heilung bedarf, weil es niemals verletzt werden oder erkranken kann. Du bist ewige Gesundheit!

Bewusste Unsterblichkeit

Alles, was jemals geschehen ist, alles, was geschieht, und alles, was noch geschehen wird, kann der ewigen, unendlichen Weite, in der alles geschieht, nichts anhaben. Ausnahmslos jedes Ereignis – inklusive des größten Schwarzen Lochs und des gesamten Universums – ist nur eine kurzlebige Seifenblase in der Unendlichkeit deines eigenen Seins. Auch viele Milliarden Jahre sind ein Wimpernschlag in der Ewigkeit, die du bist.

Du bist jenseits von Raum und Zeit. Du bist die Ewigkeit. Die Ewigkeit ist die Abwesenheit von Zeit. Du bist die Unendlichkeit. Die Unendlichkeit ist die Abwesenheit von Raum. Wenn du das erkennst, ist die Suche beendet. Denn es ist unmöglich, die Unendlichkeit zu erweitern. Dann ist das Leben kein Kampf mehr, sondern ein Spiel, in dem du mit einer fantastischen Leichtigkeit deiner unerschöpflichen Kreativität Ausdruck verleihst. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob du als Mensch bestimmte Ziele erreichst oder nicht. Denn unabhängig davon bist und bleibst du vollends erfüllt.

Wenn dein Geist frei ist von den typischen menschlichen Ideen der Unvollkommenheit und Vergänglichkeit, dann lebst du bewusste Vollkommenheit, bewusste Unsterblichkeit.
Bewusste Unsterblichkeit ist die Freiheit von Angst. Wenn du wirklich weißt, dass du alles bist, und in dieser Erkenntnis gegründet bist, dann gibt es keine Furcht mehr. Wovor solltest du Angst haben, wenn es nichts als dein eigenes Selbst gibt? Und weshalb, wenn du unsterblich bist?

Einfach Sein

Die Empfehlung, über das Denken hinauszugehen, wird oft missverstanden. Kein spiritueller Lehrer würde von dir verlangen, unter die Ebene des Denkens zurückzufallen, um wie ein Regenwurm zu leben und sich des Verstandes gar nicht mehr bedienen zu können. Es geht darum, sich über das Denken zu erheben, sodass wir uns der Gedanken bedienen können, wenn sie nützlich sind, aber nicht mehr allzeit von ihnen absorbiert sind. Manche entgegnen sogar, es sei gar nicht möglich, mit dem Denken aufzuhören. Reaktionen wie „Man denkt doch immer an irgendwas“ zeigen lediglich, wie sehr wir von Gedanken besessen sind.

Häufig heißt es, die Qualität unserer Gedanken bestimme über Glück und Leid. Positive Gedanken machen glücklich, so die beliebte Behauptung. Doch verglichen mit der reinen Weite jenseits des Denkens sind alle Gedanken ‘störend‘. Die Freiheit von Gedanken eröffnet dir nicht nur einen Einblick in die göttliche Intimität mit allem, was dich umgibt – sie ist auch gleichbedeutend mit bewusster Unsterblichkeit.

Bewusste Unsterblichkeit ist der natürliche Zustand allen Lebens. Die meisten Hunde sind nicht zuletzt deswegen wesentlich glücklicher als ihre menschlichen Gefährten, weil sie ohne deren Illusionen leben.
Daran, dass du glücklich bist, kannst du erkennen, dass du im Einklang mit der Realität lebst. Es ist die Bestätigung, die du erhältst, so wie Leid ein Warnsignal ist, wenn du Dinge siehst, die nicht wirklich da sind.

Die Lebensfreude eines Hundes ist nicht das Erzeugnis positiver Gedanken. Selbiges gilt für menschliche Kleinkinder. Diese Lebensfreude ist Ausdruck intensiver, unverfälschter Lebendigkeit, welche die wahre Natur aller Lebensformen ist und nur vorübergehend verdeckt werden kann, z. B. durch unsere Ideen wie „Ich bin ein kleines, sterbliches, unbedeutendes Wesen und muss mich anstrengen, um Glück und Liebe zu verdienen. Ich bin nur dann wertvoll, wenn ich etwas Besonderes leiste.“ …

Sobald es unserer geisteskranken Gesellschaft gelungen ist, einem Kind glaubhaft zu vermitteln, dass es „etwas werden“ und „etwas aus sich machen“ muss, wirst du sehen, wie seine Lebensfreude schwindet.
Pflanzen, Tiere und Kinder sind erwachsenen Menschen keineswegs unterlegen, sie sind unsere Lehrmeister. Ihre Lehre lautet: Einfach SEIN!

Stelle dir eine Welt vor, in der man den Kindern schon in der Schule oder noch früher beibringt, dass sie alle die unendliche Weite sind und ihr wahres Wesen immer makellos und bedingungslos erfüllt ist, dass das Leben ein Spiel ist, in dem es nur eine einzige Spielregel zu befolgen gibt – die Liebe: Behandle Lebewesen aller Art so liebevoll wie dich selbst, denn sie alle sind dein Selbst! Wie wäre es, den Kindern beizubringen, dass Sieg und Niederlage in diesem Spiel namens Leben keinen Unterschied machen und sie unabhängig davon unendlich wertvoll sind und bleiben?

Im Grunde muss man Kindern die spielerische Leichtigkeit des Seins nicht beibringen, sondern nur damit aufhören, sie ihnen auszutreiben. Häufig sagen Erwachsene zu Kindern, dass sie den „Ernst des Lebens“ noch erlernen und begreifen müssen. Warum nehmen erwachsene Menschen das Leben so ernst? Weil sie sich selbst so ernst nehmen! Sie haben ein gefestigtes Selbstbild, das möglichst aufrechterhalten werden muss, weil sie es für ihre Identität halten.

Wenn wir zumindest ab und zu eine gesunde Distanz zu unserer menschlichen Persönlichkeit einnehmen und bewusst als das Namenlose verweilen, das jenseits davon liegt, dann werden wir erkennen, wie unsinnig unser verkrampftes Dasein ist. Wir können spielerisch um Persönlichkeitsentwicklung, körperliches Training etc. bemüht sein, ohne an die Illusion zu glauben, dass wir dadurch unser Selbst verändern oder vergrößern. Wir sprechen in der Spiritualität zwar häufig von Bewusstseinserweiterungen, aber das Bewusstsein kann sich nicht wirklich erweitern, denn es ist bereits unendlich.

Viele Menschen haben schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie es wagen, sich hin und wieder auszuruhen und einen ganzen Tag lang untätig und “unproduktiv“ zu sein – so tief reicht unsere Konditionierung! Unsere schlafende Gesellschaft warnt uns davor, bloß nicht stehenzubleiben und beständig um Weiterentwicklung bemüht zu sein, weil sie blind für die gewaltigen Möglichkeiten ist, die im Stehenbleiben liegen: Du wirst in der Stille nicht nur deinen Körper und dessen Bedürfnisse besser wahrnehmen können (in der Meditation spürte ich teilweise meinen Herzschlag mit einzigartiger Deutlichkeit, bevor ich den Körper überhaupt nicht mehr spürte).

Was noch wichtiger ist: Wer innehält, kann die unbewegte Unermesslichkeit wiederentdecken. Es ist möglich, sie nicht mehr aus den Augen zu verlieren, auch wenn man danach wieder am Wettlauf des menschlichen Lebens teilnimmt. Im Gegensatz zu den meisten deiner Mitmenschen wirst du den Lauf allerdings genießen, dir keine Gedanken um das Ziel machen und dich nicht mit den sogenannten anderen vergleichen. Du wirst dich einfach in der für dich angemessenen Geschwindigkeit fortbewegen.

Der größte Gewinn besteht nicht darin, schneller als alle ‘anderen‘ zu sein und vor ihnen ins Ziel zu gelangen, sondern darin, bereits während des Rennens – so früh wie möglich – eine ‘Trophäe‘ in sich selbst zu finden, die um ein Vielfaches wertvoller ist als die vom menschlichen Verstand kreierte Goldmedaille, die den Erstplatzierten des Rennens erwartet.

Du bist, was du suchst!

Es gibt keine größere Ironie als die Tatsache, dass wir bereits das sind, was wir zu erreichen versuchen. Selbst wenn du alle erdenklichen Wettbewerbe der Welt gewinnst, wirst du deinem wahren Wesen kein einziges Staubkorn hinzufügen können. Unser Streben gründet darin, uns auf die Unendlichkeit zuzubewegen, auch wenn sich nur wenige Menschen dessen bewusst sind. Wir wollen körperlich leistungsfähiger und schöner werden, intelligenter, gebildeter, liebevoller etc. Denn grenzenlose Schönheit, Intelligenz und Liebe sind unsere wahre Natur, unter allen Umständen.

Jeder Mensch spürt tief im Innern, dass die Grenzen, die er als seine eigenen empfindet, nicht wirklich zu ihm gehören – daher das Bestreben, sie abzulegen.

Die Nicht-Existenz des persönlichen ‘Ich‘ wirkt beängstigend, solange wir diese Entdeckung für einen Verlust halten. Es ist aber nicht so, dass du etwas, das vorher immer da war, plötzlich verlierst oder aufgibst. Du erkennst einfach nur, dass es niemals wirklich da war. Nichts geht verloren, nur die Täuschung. Wenn diese verschwindet, hältst du dich nicht mehr für etwas Bestimmtes und damit Begrenztes. Dann erkennst du, dass du alles bist, was es gibt.

Im Grunde ist nichts so einfach wie die Erkenntnis, dass dein wahres Selbst nichts Geringeres ist als das Große Ganze – die Gesamtheit des Seins. Das ist keine neue Idee, sondern die Einsicht, die am Ende aller Ideen auf dich wartet. Es ist keine Meinung von Simon, sondern eine Erkenntnis, die nur durch die Abwesenheit von Simon und all seiner Meinungen ermöglicht wurde (die Abwesenheit der Idee von Simon und allen damit verknüpften Ideen).

Wir stürzen uns in mühevolle Arbeit mit dem Ziel der Grenzüberwindung und Ausdehnung in Richtung der Unendlichkeit, welche unerreichbar erscheint. Doch die Wahrheit ist, dass jene Grenzen nie existiert haben und dass nichts müheloser ist, als unendlich zu sein – weil wir niemals etwas anderes waren, sind oder sein werden.

Die unendliche Weite ist kein Ziel. Start, Weg und Ziel sind Illusionen, die vorübergehend in ihr erscheinen. Sie ist da – hier und jetzt. Du bist die unendliche Weite! Nichts und niemand kann dir das jemals nehmen. Wer sollte es dir nehmen? Da ist nur die unendliche Weite. Sie ist alles, was es je gegeben hat, was es gibt und was es jemals geben wird. Sie ist. Du bist. Keine Dualität. Keine Trennung. Kein Unterschied. EIN Bewusstsein. EIN Sein. EIN Selbst.

Wir sollten in Erwägung ziehen, dass der Ernst des Lebens nur unsere Einbildung ist und nicht an die nächste Generation weitergegeben werden muss. Seit Jahrtausenden werden Illusionen übertragen, bis hin und wieder jemand bewusst genug ist und dem ein Ende setzt. Bereite DU dem jetzt ein Ende!

Der gesamte Beitrag ist enthalten im Buch „Die ewige Vollkommenheit des Seins“ (Neuauflage, 600 Seiten)

30.08.2023
Simon Bartholomé
Kontakt: simon.bartholome@yahoo.de

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Simon Bartholomé Bartholome-Simon

ist Autor, als Referent für Vorträge und Seminare tätig, dies bisher vorrangig zum Thema ‘Tod‘ für Hospizvereine.
Er verfasste vier Bücher zum Thema, die allesamt veröffentlicht wurden: „Über Gott und die Welt“ (2015), „Du bist Bewusstsein!“ (2016), „Wer bin ich? Die Essenz der Spiritualität“ (2017) und „Die ewige Vollkommenheit des Seins“ (2022).
Sein Herzensbedürfnis besteht darin, seine Mitmenschen daran zu erinnern, wer sie wirklich sind, damit sie furchtlos und glücklich leben können.

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