Das Wesen der Mutterschaft
Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft (GG 6,4)
Haben Sie das gewusst?
Ich meine, dass es diesen Artikel 6, Absatz 4 in unserem Grundgesetz gibt?
Wie klingen diese Worte für Sie? Nach einem Traum?
„Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft“ für Mütter? Doch – ja, da spricht sich etwas aus, was wahr ist. Finden Sie nicht auch?
Mütter sollen „arbeiten“, sich um ihre Rente kümmern, darauf achten, dass durch ein Kind kein Karriereknick entsteht. Sie sollen intelligent, gepflegt und adrett dem Arbeitsmarkt jederzeit zur Verfügung stehen… man könnte meinen, Familienpolitik sei im Wirtschaftsministerium gedacht worden. Doch selbst mit genügend innerem Abstand zu diesen allgemein bekannten Narrativen steht heute jede junge Frau, die Kinder gebären möchte, vor der Illusion eines Paradoxons: denn sie widmet sich damit einer körperlichen, seelischen, geistigen und nicht zuletzt auch materiellen Verantwortung, die im öffentlichen Leben in die Unsichtbarkeit gedrängt worden ist. Denn zeitliche und finanzielle Räume sind in unserer Gesellschaft für die Mutterschaft nicht (mehr) vorgesehen…
Das Wesen der Mutterschaft – Dabei ist die Mutter eine wesentliche Bezugsperson des Kindes.
Nach über zehn Jahren Seelenwegbegleitung mit biographischer Rückschau würde ich sagen, bei den meisten Menschen ist die eigene Mutter DIE prägende Erfahrung von Liebe und Vertrauen. Und nicht wenige Menschen arbeiten in ihrem Erwachsenenleben jahrelang daran, den Mangel an diesen für ein gelingendes Leben entscheidenden Grunderfahrungen doch noch in Selbstwert und Selbstvertrauen zu wandeln. Der Lebensstrom und die Prägungen durch die Generationen werden genau da genährt oder gekränkt – in der Frage nach Liebe, Achtsamkeit und Wertschätzung einer fremden Individualität gegenüber.
Denn die Mutter ist der Umraum für sich entwickelndes Leben, vor allem physisch, aber auch seelisch und geistig. Ihre Präsenz oder Nicht-Präsenz ermöglicht das Erwachen des individuellen Kerns in jedem Kind oder eben nicht. Ihr „ich sehe dich“, ihr „ich bin da“ und „ich gebe dir ein Zuhause“ bilden den Boden, den das Kind braucht, um seinen physischen, seelischen und geistigen Raum aus sich SELBST heraus zu ergreifen. Die Mutter ist das Tor für das wirklich wahre anwesend-sein-können des Kindes. Sie ist die Hüterin der Seele des Kindes. Sie ist die Hüterin seines Lichtes. Was heißt das?
Die Aufgabe der Umgebung ist nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.
Maria Montessori
Die Offenbarung eines Menschen ist ein zutiefst heiliges Anliegen.
Es ist ein Geschehen in der Zeit, ein sich ent-falten oder eben ganz schlicht ein sich ent-wickeln. Die Entwicklung jedes Lebewesens ist abhängig von den Bedingungen des Milieus, in der es beheimatet ist. Den biologischen Bedingungen ebenso wie den sozialen. Die Mutter ist also medizinisch gesprochen ein biologischer Milieufaktor und psychologisch gesprochen ein sozialer Milieufaktor für das Kind. Ein wesentlicher Milieufaktor. Ihr Verhalten, ihre Gefühle und Gedanken prägen das Kind in den ersten 7 bis 10 Jahren mehr als den meisten von uns lieb ist. Deshalb auch sind die pubertären Widerstände, die bei manchen Menschen sogar im späten Erwachsenenalter noch zu erleben sind, so wichtig. Sich abzustoßen von dem, was einen unbewusst geformt hat, ist nicht selten eine Überlebensstrategie… und viel Leid und Schmerz sind in diesen Widerständen den eigenen Eltern gegenüber verborgen.
Wie oft schon haben sich Menschen andere Mütter gewünscht?
Mütter, die dem kleinen Kind einen freien unbeschwerten Raum zur Verfügung stellen, in der diese Welt einfach nur gut und schön ist. Wie oft schon haben wir uns alle bewusstere Mütter gewünscht? Doch eine bewusste Mutterschaft zu leben in einer Gesellschaft, die mehr die Abschaffung der Mutter pflegt als ihr gegenüber Respekt, Achtsamkeit und Würde zeigt, ist, wie gesagt, eine besondere Herausforderung. Die seelischen Kränkungen, denen Kinder heute durch überfordernde „Milieus“ ausgeliefert sind, sind als Konsequenz dieser gesellschaftlichen Entwicklung unübersehbar. Denn die Anzahl der psychischen und psychiatrischen „Störungen“ unserer Kinder nimmt rasant zu.
Zu laute, zu schnelle, zu künstliche und heimatlose Angebote im frühesten Kindesalter verstören die kosmische Seele des Kindes, die Zeit braucht hier auf Erden anzukommen.
Sie ist ja in ihrer Entwicklung gebunden an Rhythmen und Gesetzmäßigkeiten, wie alles in der Natur, das sich ganzheitlich im harmonischen Zusammenklang mit Erde und Kosmos entfaltet. Diesen Zusammenklang der Weltenrhythmen zu achten, erfordert Bewusstsein über die geistige Heimat des Kindes, aus der es zu uns kommt. Diese Heimat ist unsere Zukunft. Sie ist das Tor für das Verständnis der NEUEN ZEIT und der Schlüssel für die Beziehung zwischen Mutter und Kind.
So erfahren viele junge Mütter im Einklang mit dem wachsenden Bewusstsein der Menschheit die Verbindung zu der Seele ihres Kindes bereits vor der Konzeption. Manche sogar laden diese Seele bewusst zu sich ein und erleben dieses Öffnen des Raumes für einen anderen fremden werdenden Menschen als geistige Initiation. Denn den Raum zu öffnen und zu halten für das zukünftige Licht des ankommenden Kindes ist das Wesen der Mutterschaft.
Es fordert in der Beziehung zu dem kleinen Kind die Mutter heraus, sich den Fragen bedingungsloser Liebe und Präsenz zu stellen. Denn im Werdenden zwischen Mutter und Kind wohnt das Geheimnis alten und neuen Schicksals, dessen Metamorphosen eines der Grundmotive unseres Erdendaseins sind.
Kein Kind kommt „zufällig“ zu uns. Und kein Kind kommt zum „falschen“ Zeitpunkt zu uns.
In der Sinnhaftigkeit dessen, was ist, erfährt die Mutterschaft die Aufforderung einer inneren Entwicklung, ohne die heute diese wichtige und wesentliche Begleitung nicht mehr zu verstehen ist.
Für ein Kind DA ZU SEIN, seine Bedürfnisse wirklich zu lesen und seine eigene Biographie danach auszurichten, ist ein Akt der Hingabe an die Verantwortung für das werdende Leben, die niemand der Mutter (und dem Vater) abnehmen kann – auch wenn es den Eltern so vielfach glauben gemacht wird. Das individuelle Ergreifen dieser Verantwortung gestaltet das Verhältnis des Kindes zu seiner Mutter, das sich in der seelischen Bindung zur Mutter sowie der inneren Freiheit des Kindes sich und anderen gegenüber äußert.
Der Ruf für diese Verantwortung ertönt über das Wohlergehen des Kindes.
Und im gemeinsamen Schicksalsweg führt das Gewissen die Mutter immer wieder genau dahin. So macht sie sich auf den Weg, die Bedeutung eines Zuhauses, eines Ortes, an dem man einfach sein kann, zu erfahren, seine nährende Kraft in Phasen von Krankheit und Gesundheit zu erforschen und Wärme, Geborgenheit, Verlässlichkeit und Rhythmus als Bedingungen gesunder Entwicklung kennen zu lernen. Die Mutter initiiert die Heilerin in jeder Frau, wenn sie es denn zulässt…
Mögen diese Zeilen ein Plädoyer sein für den Weg der inneren Wandlung, den jede Mutter heute mehr denn je gefordert ist zu gehen, um das Licht ihres Kindes zu schützen und die geistige Verbindung als Wahrheit zu leben. Diese Heimat wollen uns die Kinder zeigen. Dann ist es auch leichter, sie mitzunehmen in den gegenwärtigen Zeitgeist unserer Erde, der in seinem materiellen und so veräußerlichten Erscheinungsbild für viele dieser zarten Seelen eine große Herausforderung darstellt. Eine Not-wendigkeit dabei ist, Zeit zu haben, ist Entschleunigung, die eigenen Vorstellungen vom Leben beiseite zu schieben, um immer und immer wieder den Raum zu öffnen, für das gemeinsame Zukünftige mit dem Kind.
Gerade in diesen Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs stehen Mütter an der Schwelle, ihre Gedanken und Gefühle dem Kind gegenüber zu reflektieren und sich fragen zu müssen, in welcher Welt soll mein Kind aufwachsen? Welcher Wille gestaltet und formt gerade dieses Kind? Wie frei ist es wirklich, seine Willensimpulse und Gefühle zu zeigen? Und welche geistige und seelische Freiheit lebe ich meinem Kind vor? Dabei sehnen sich Kinder nicht nach der perfekten Mutter, die nicht selten in der Enge der Kleinfamilie und mit ihren guten Absichten der Überforderung ausgeliefert ist. Kinder sehnen sich nach Müttern, die auf dem Weg sind. Auf dem Weg in eine neues achtsames Miteinander, auf dem uns auch Wunder begegnen. Und damit meine ich nicht zuletzt ein Miteinander, das dafür sorgt, dass Mütter wieder den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft erhalten, die sie und ihre Kinder für eine gesunde Entwicklung so dringend brauchen.
04.06.2021
Sabine Mänken
Buchtipp
!!!Neuerscheinung!!!
Mütter der Neuen Zeit
von Sabine Mänken
Selbstbestimmt Mutter sein
Die Fremdbetreuung bereits von Kleinstkindern scheint das »Normale« zu sein. Sie wird uns als notwendige Förderung des Kindes suggeriert. Doch ist dies wirklich die Ultima Ratio? Dieses Buch stellt die Erfahrungen und Beobachtungen von jungen Müttern in den Vordergrund, die ihre Kinder in den ersten Jahren selbst betreuen. Sie folgen ihrer inneren Stimme, ganz im Bewusstsein ihrer Aufgabe und des finanziellen Verzichtes. Sachinformationen zwischen den biographischen Berichten ergänzen die komplexe Thematik der Selbstbetreuung….
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Sabine Mänken
ist Mutter von drei Kindern und Nonna einer Enkeltochter, Dipl. Volkswirtin und Seelenwegbegleiterin auf Grundlage der biographischen Rhythmen, freie Autorin und Netzwerkerin. Sie hält Vorträge und Retreats.
Von 2017 bis 2019 war sie stellv. Vorsitzende des Verbandes Familienarbeit.
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