Alter körperlicher Fluch und spiritueller Segen

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Falten-Gesicht-Individualitt-Lebens-Geschichte-sombreroDas Alter – körperlicher Fluch und spiritueller Segen

Mit dem Altern ist es so eine Sache. Jeder Mensch altert täglich, ab dem Zeitpunkt seiner Geburt. Zu Beginn unseres Lebens sprechen wir zwar nicht von altern, sondern von wachsen und entwickeln, aber dennoch fangen unsere Zellen an zu altern und das täglich.

Wenn wir Kind sind können wir nicht schnell genug erwachsen werden um alles das tun zu können, was den Erwachsenen vorbehalten ist. In der Kindheit ist man für vieles noch zu klein, zu jung, zu unschuldig oder auch zu naiv. Erwachsene dürfen scheinbar alles, sind vermeintlich frei in ihrer Selbstbestimmung und ihnen steht die gesamte Welt offen.

Dahin wollen wir als Kinder, scheint es doch das Paradies auf Erden zu sein, endlich groß und selbstbestimmt agieren zu können.

Dann kommt der Tag, wo wir erwachsen sind und damit auch die Verantwortung für alles Mögliche.

Wir können zwar theoretisch tun was immer wir wollen, aber wir müssen uns nun selbst kümmern, sind für unser tägliche Versorgung für alles was uns betrifft nun eigenverantwortlich. Es gilt eine Ausbildung zu machen oder zu studieren um unabhängig zu werden.

Danach gilt es zu arbeiten um Geld zu verdienen, um eine Wohnung zu bezahlten, täglich Essen auf den Tisch zu bekommen, Kleidung zu kaufen, Versicherungen zu bezahlen und alles was man scheinbar zum Leben braucht. Es ist die Phase in der man sich sein Leben selbständig aufbaut. Indem man sich versucht frei zu machen von dem, dass das Geld Ende des Monats kaum reicht.

Als junger Erwachsener fängt man oft bescheiden an, mit einer Wohngemeinschaft, einem Einzimmerappartement mit gebrauchten Möbeln, die irgendjemand nicht mehr braucht oder mit einfachen Schränken mit schwedischen Namen. Irgendwann möchte man dann mehr, leistet immer mehr und gelangt in den endlosen Teufelskreis aus Leistung, Arbeit, Geld und Luxusgütern.

Die Wohnungen und Autos werden immer größer, schließlich braucht man immer mehr Platz. Erst für den Partner, dann für den wachsenden Nachwuchs. Man verdient mehr, doch auch die Wünsche und familiären Bedürfnisse werden immer größer und teurer. Wir brauchen mehr Geld.

In Kindheit und Jugend war es noch der Körper der gewachsen ist und sich entwickelt hat.

Als junger Erwachsener sind es Geist und Seele die nun mit Wachstum und Entwicklung beschäftigt sind.

Wir wollen immer mehr und sind auf der Suche nach uns selbst. Erst wenn wir älter werden und unser Nest für die Familie passt, die Kinder groß und selbst erwachsen sind und alles in trockenen Tüchern ist, können wir anfangen uns zurück zu lehnen und das Leben auch zu zelebrieren.

Allerdings gelingt dies nur, wenn wir mit uns selbst im Einklang und zufrieden sind. Viele Menschen haben in ihrem jungen Erwachsenendasein es verpasst sich selbst treu zu bleiben und ihren Weg zu gehen. Sie haben sich für andere verbogen, sich angepasst und sind in eine falsche Lebensrichtung abgebogen.

Dadurch haben sie sich weit, von sich selbst – von ihrem eigenen seelischen Ich entfernt. Diese Menschen empfinden das Alter als Strafe, als Beschränkung als etwas, dass man nicht will. Sie suchen sich selbst in jungen Jahren und haben nicht verstanden, dass ihr junges erwachsenes Ich nur eine Fassade ist. Eine Fassade ohne Tiefe und wirklichen Sinn.

Denn was nützt es im Alter auszusehen wie mit 16 oder 20 Jahren und dieselben Fehler zu wiederholen?

Wenn wir jung sind, dann meinen wir die Welt liegt uns zu Füßen und dass nichts und niemand uns stoppen kann. Wir halten uns für unbesiegbar, für mutig, kraftvoll und frei. Und dennoch tanzen so viele junge Menschen nach der Pfeife von anderen. Sie tanzen im Rhythmus der Allgemeinheit um Teil der Bewegung zu sein. Sie reagieren so wie alle es erwarten um geschätzt, bewundert und akzeptiert zu werden.

Wenn wir älter werden, dann erkennen wir, dass es nicht Sinn tut nur ein Teil der Masse zu sein. Dann wollen wir uns abnabeln, selbständig werden und lösen und endlich ganz wir selbst sein. Oft passiert dieser Schritt, wenn ein Elternteil stirbt oder beide gehen, so dass man das Kind Sein ganz verlässt. Dann gibt es niemanden mehr, der uns sagt, was wir zu tun haben, der uns vorschreibt was richtig und falsch ist. Dann sind wir wirklich im Erwachsensein angekommen und müssen eigenverantwortlich agieren.

Oftmals ist es die zweite Lebenshälfte in der wir endlich Zeit und Muße haben uns um das innerste Sein zu bemühen.

Gerade wenn der Körper nicht mehr zu Höchstleistungen fähig ist, fangen wir an über uns selbst und unsere Vergänglichkeit nachzudenken. Verluste und Trennungen bringen uns besonders weit voran. Sie machen nachdenklich und lassen uns zurück blicken auf unser bisheriges Leben.

Erkenne diese Phase als Chance an, um dich erneut auszurichten. Um zu erkennen wer du wahrhaftig bist und auch um zu sehen, was du alles nicht bist. Vieles haben wir übernommen, uns angewöhnt und gelebt, dass uns überhaupt nicht mehr dient. Wir sollten voller Stolz zurück blicken auf alles was wir geschaffen haben, auf jede Herausforderung die wir gemeistert haben und auch auf alle unsere Fehler zurückblicken. Wir müssen nicht fehlerfrei sein, denn dies gelingt niemals, in keinem Leben. Fehler sind keine Schande, kein Verlust, sondern die Möglichkeit zu wachsen und sich zu entwickeln.

Immer wenn etwas schiefläuft, wenn etwas anders ist als wir erwarten, dann lehrt uns das Leben, dass wir nur ein Teil von etwas Großem sind.

Wir sind individuell und einzigartig und dennoch sind wir Teil des Lebens.

Wir müssen weder jung noch schön sein. Wir müssen immer nur wir selbst sein – einzigartig und besonders. Wir dürfen herausstechen aus der Masse Mensch und dennoch können wir die Verbindung zu allem was existiert niemals kappen. Jede Schramme die wir erleiden, jede Falte die unser Gesicht ziert, jede Narbe die unsere Haut entstellt – sie alle zeugen von unserem Leben, von unserem Sein und von unserer ganz eigenen Persönlichkeit. Wir sind etwas Besonderes, genauso wie wir sind. Egal ob groß, ob klein, ob dick oder dünn, ob alt oder jung – wir sind wir – nicht mehr und nicht weniger.

Jeder von uns altert täglich und jeden Tag sterben ein Teil unserer Zellen ab und andere werden geboren. Das nennt man Leben, das ist Wandel, das ist Entwicklung und ein ganz natürlicher Prozess. Je älter wir werden umso weniger gut gelingt die körperliche Reparatur.

Umso schwacher wird das Bindegewebe, umso faltiger die Haut, umso brüchiger und grauer die Haare und umso weniger kraftvoll und gelenkig wird unser Körper sein. Aber er funktioniert, Tag ein, Tag aus. Er funktioniert so lange, bis es Zeit für uns ist in eine andere Art der Existenz überzugehen. Dabei ist es absolut unerheblich ob dein Körper noch stark, straff und wunderschön war als es Zeit war die Welt zu verlassen oder ob er am Ende seiner Tage angekommen war.
Wenn wir diese Welt verlassen, dann wird unser Körper immer vergehen.

Wenn wir den Prozess des Alterns als etwas ganz Natürliches ansehen,

dann haben wir jedoch die Möglichkeit innerlich, geistig und seelisch zu wachsen und am Ende unserer Tage wird man sagen – ja, er oder sie hat gelebt. Sie hatte Höhen und sie hatte Tiefen. Sie/er hat mit allen Sinnen gelebt.

Es ist wie mit einem neuen Kleidungsstück. Wenn wir es kaufen ist es farbig leuchtend, fehlerlos und wunderschön. Doch mit jedem Tragen kann es passieren, dass ein Knopf abgeht, wir hängen bleiben, ein Faden sich löst oder die Kanten und Ecken sich Abnützen. Bei jedem Waschen verliert die Farbe ein wenig ihrer Leuchtkraft und der Stoff an Stabilität.

Nach Jahren des Tragens ist jedes Lieblingsstück verschlissen und nicht mehr schön. Dennoch hat es uns gute Dienste erwiesen. Es war bei vielen wichtigen Situationen dabei und hat uns Stärke und Selbstvertrauen geschenkt. Es gilt zu akzeptieren, dass es nun alt und aufgebraucht ist und dennoch bleibt es ein Teil unserer Erinnerung. Genauso ist es mit unserem Körper, auch er wird täglich gebraucht, gereinigt, stößt an.
Wir muten ihm sehr viel zu und dennoch funktioniert er zumeist reibungslos und einwandfrei.

Halte dich nicht am Oberflächlichen fest, an Dingen die mit dem Leben vergehen.

Richte dein Augenmerk auf das was du auch bist – ein Seelenwesen mit einem wunderbaren Kern. Vieles was früher gut ging, mag im Alter nicht mehr funktionieren. Doch dafür bist du geistig und seelisch weiter als mit jungen Jahren.

  • Was hast du alles gelernt im Laufe der Jahre?
  • Was war alles Teil deines Seins?
  • Was ist in dein Leben gekommen und gegangen – Situationen, Gegenstände, Häuser, Autos und Menschen?
Alles kommt, alles geht und auch du bist ein Teil davon. Das Alter nimmt dir nichts weg, sondern es schenkt dir alles, wenn du dich darauf einlässt und jedes Jahr, jeden Tag und jede Stunde deines Lebens willkommen heißt. Öffne dich dem Leben und nehme es so an, wie es sich dir zeigt.
Mit jungen oder älteren Zellen. Mit knackigen Kurven oder weicher Haut. Mit Falten, Narben und Spuren des Lebens in Gesicht und Körperhaut. Das Leben steckt in dir, feiere es mit allem was dazu gehört. Denn vielleicht ist es morgen schon vorbei und dein Alter zählt dann nicht mehr, sondern nur das was von dir übrigbleibt – die Erinnerung an ein wunderbares Leben.

28.12.2019
Nathalie Schmidt
Nathalie Schmidt ist  Autorin, hat eine Praxis für Lebensberatung, hält Vorträge, leitet Seminare zusammen mit ihrem Mann, Dr. Edmund Schmidt.

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Portrait Nathalie SchmidtNathalie Schmidt

Für mich ist oberstes Gebot, die Seele des Menschen und damit auch seine Lebensenergie in den Mittelpunkt meiner Arbeit zu stellen. So kann ich individuelle Probleme erkennen und gezielt auf sie eingehen.“

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>>> Zur Biographie der Autorin

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