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„Great Reset“ – Analyse über eine umstrittene globale Vision
Der „Great Reset“ – eine Revolution oder eine Bedrohung?
Seit seiner Ankündigung im Jahr 2020 hat der Begriff „Great Reset“ eine Vielzahl von Diskussionen und Kontroversen ausgelöst. Während die Initiative des World Economic Forum (WEF) als eine Gelegenheit dargestellt wird, die Weltwirtschaft nach der COVID-19-Pandemie neu zu gestalten, gibt es erhebliche Kritik und Besorgnis, ob dieses Vorhaben wirklich im Interesse der breiten Bevölkerung liegt.
Befürworter argumentieren, dass es notwendig sei, unser Wirtschaftssystem nachhaltig zu reformieren, Ungleichheiten abzubauen und durch Digitalisierung sowie technologische Innovationen effizientere gesellschaftliche Strukturen zu schaffen. Kritiker hingegen warnen vor einer Machtkonzentration in den Händen von Technologiekonzernen, Finanzeliten und supranationalen Institutionen, die eine neue, zentralisierte Ordnung anstreben könnten – eine, die weniger demokratische Kontrolle und mehr technokratische Steuerung beinhaltet.
Dieser Beitrag widmet sich einer tiefgehenden Untersuchung der Grundlagen, Auswirkungen und möglichen Risiken des „Great Reset“. Wir betrachten, wie sich dieses Konzept auf Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und individuelle Freiheiten auswirken könnte und werfen einen Blick auf die zugrunde liegenden Interessen.
1. Ursprung und Definition des „Great Reset“
Der Begriff „Great Reset“ stammt aus der Denkfabrik des World Economic Forum (WEF), einer globalen Organisation, die führende Politiker, Wirtschaftsbosse und Wissenschaftler zusammenbringt, um über wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen zu diskutieren. Insbesondere in Krisenzeiten sieht das WEF die Notwendigkeit, langfristige Visionen für eine „bessere Welt“ zu entwickeln.
Klaus Schwab, Gründer und Vorsitzender des WEF, veröffentlichte 2020 gemeinsam mit Thierry Malleret das Buch „COVID-19: The Great Reset“, in dem er argumentiert, dass die Pandemie als historische Chance genutzt werden muss, um die Weltwirtschaft grundlegend umzugestalten. In seinen Worten:
„Die Pandemie stellt eine seltene, aber enge Gelegenheit dar, unsere Welt zu reflektieren, neu zu denken und zurückzusetzen.“ – Klaus Schwab (2020)
1.1 Die drei Säulen des „Great Reset“
Laut Schwab basiert die Initiative auf drei wesentlichen Säulen:
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Neugestaltung der Wirtschaftssysteme:
- Förderung nachhaltiger Investitionen
- Abkehr von der reinen Wachstums- und Gewinnmaximierung
- Stärkere Besteuerung von Reichtum und Vermögen
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Globale Kooperation und Regierungsführung:
- Stärkere Zusammenarbeit zwischen Staaten, internationalen Organisationen und Konzernen
- Förderung von „Stakeholder-Kapitalismus“, bei dem Unternehmen nicht nur nach Profit, sondern auch nach sozialen und ökologischen Kriterien agieren sollen
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Vierte Industrielle Revolution und Digitalisierung:
- Förderung neuer Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Big Data und Automatisierung
- Entwicklung digitaler Identitätssysteme
- Veränderung der Arbeitswelt durch Homeoffice, Automatisierung und flexible Arbeitsstrukturen
🔗 Quellen:
- Schwab, K., & Malleret, T. (2020). COVID-19: The Great Reset. Forum Publishing.
- Taylor, J., & Phillips, T. (2024). Rethinking ‘resilience’: Indigenous wellbeing and romanticised inequality in post-COVID tourism campaigns. Edward Elgar Publishing. Link
2. Wirtschaftliche Auswirkungen: Zukunftschance oder wirtschaftliche Kontrolle?
Die wirtschaftlichen Folgen des „Great Reset“ sind umstritten. Während die einen eine „neue Ära nachhaltigen Wachstums“ erwarten, befürchten andere eine zunehmende Kontrolle über Wirtschaftsakteure und Konsumenten.
2.1 Positive Aspekte des „Great Reset“
Befürworter des „Great Reset“ argumentieren, dass die Pandemie Schwachstellen des bisherigen Systems offengelegt hat, insbesondere im Hinblick auf soziale Ungleichheit und Umweltschäden. Eine Neugestaltung der Wirtschaft könnte:
- Grüne Technologien und nachhaltige Wirtschaftsweisen fördern, um langfristig den Klimawandel zu bekämpfen.
- Bessere soziale Gerechtigkeit schaffen, indem Wohlstand durch Steuermechanismen gerechter verteilt wird.
- Resilienz gegenüber globalen Krisen verbessern, indem wirtschaftliche Abhängigkeiten reduziert und nachhaltige Produktionsweisen etabliert werden.
Der Ökonom M. Yolles hält den „Great Reset“ für eine Chance zur Neugestaltung sozialer Wohlfahrtssysteme und Innovationen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung (Yolles, 2024).
🔗 Quelle:
- Yolles, M. (2024). The Great Reset, an Opportunity? Google Books. Link
2.2 Kritik: Gefahr der Zentralisierung und wirtschaftlicher Kontrolle
Kritiker warnen jedoch vor mehreren Risiken:
- Zunehmende Kontrolle über Finanz- und Wirtschaftssysteme durch supranationale Organisationen.
- Eingriffe in den freien Markt, die besonders kleinere und mittlere Unternehmen benachteiligen könnten.
- Abhängigkeit von technologischen Plattformen, die von wenigen Großkonzernen dominiert werden.
Der Wirtschaftswissenschaftler K.A. Schlevogt argumentiert, dass die Umsetzung der WEF-Vision möglicherweise nicht realisierbar sei, da sie in Konflikt mit bestehenden wirtschaftlichen und politischen Strukturen stehe (Schlevogt, 2024).
🔗 Quelle:
- Schlevogt, K.A. (2024). The Enduring Multilevel Power of the Office to Transform Organizations. Effective Executive. Link
3. Gesellschaftliche und politische Implikationen: Droht ein digitaler Überwachungsstaat?
Der „Great Reset“ betont verstärkt den Einsatz digitaler Technologien. Während dies Innovationen fördert, gibt es Befürchtungen, dass eine zunehmende digitale Überwachung und soziale Kontrolle etabliert werden könnte.
3.1 Digitalisierung und Kontrolle
Kritische Punkte beinhalten:
- Einführung digitaler Identitäten: Dies könnte zu einem „Social Scoring“-System wie in China führen.
- Automatisierung und Jobverluste: Die Digitalisierung vieler Arbeitsplätze könnte Millionen von Jobs ersetzen.
- Machtübertragung an private Konzerne: Einige sehen im „Great Reset“ den Versuch, eine technokratische Gesellschaft zu etablieren.
Der Wissenschaftler J. Taylor warnt, dass der „Great Reset“ bestehende soziale Ungleichheiten verstärken könnte (Taylor, 2024).
🔗 Quelle:
- Mega, V. (2024). Human Sustainable Cities. Springer.
4. Fazit: „Great Reset“ – Utopie oder Gefahr?
Der „Great Reset“ ist eine ambitionierte, aber auch umstrittene Initiative, die tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik anstrebt. Während einige eine notwendige Reform sehen, gibt es berechtigte Bedenken über die Zentralisierung von Macht, die zunehmende technologische Überwachung und die möglichen Einschränkungen wirtschaftlicher und individueller Freiheiten.
Offene Fragen:
- Wer kontrolliert die Umsetzung des „Great Reset“?
- Wird er tatsächlich dem Allgemeinwohl dienen oder eine technokratische Elite begünstigen?
- Welche Rolle bleibt demokratischen Institutionen?
Was denkt ihr über den „Great Reset“? Chance oder Gefahr? Diskutiert mit! 💬👇
12.12.2024
Uwe Taschow
Uwe Taschow
Als Autor denke ich über das Leben nach. Eigene Geschichten sagen mir wer ich bin, aber auch wer ich sein kann. Ich ringe dem Leben Erkenntnisse ab um zu gestalten, Wahrheiten zu erkennen für die es sich lohnt zu schreiben.
Das ist einer der Gründe warum ich als Mitherausgeber des online Magazins Spirit Online arbeite.
“Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.”
Albert Einstein
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