Sangeeta Kaur: Compassion

sangeeta-kaur-compassionTanz der Stimmen:
Sangeeta Kaur – Compassion

Ein bekanntes Zitat des 14. Dalai Lama lautet: „Wenn Du andere glücklich sehen willst, übe Dich in Mitgefühl. Wenn Du selbst glücklich sein willst, übe Dich in Mitgefühl.“ Und „Mitgefühl“ lautet auch die Übersetzung ins Deutsche von „Compassion“, dem neuen Album der vietnamesisch-amerikanischen Sängerin Sangeeta Kaur.

Wie bereits in ihren ersten 3 Alben „Niguma“ (2016), „Ascension (Niguma 2)“ (2017) und „Mirrors“ (2018), verbindet die ausgebildete Opernsängerin auch in ihrem aktuellen Album ihre tiefe Verwurzelung im Gesang heiliger Mantras mit zeitgenössischen Sounds und orchestralen Arrangements und schafft mit ihrer weichen, vielseitig einsetzbaren Stimme eine einzigartige und sehr persönliche musikalische Landschaft in der weiten Welt der spirituellen Musik.

Die oberste Spitze des Eisbergs

Wer bei der Bezeichnung „ausgebildete Opernsängerin“ ein Album mit einer Sammlung an klassischen Opernarien erwartet, betrachtet bei Sangeeta Kaur jedoch lediglich die oberste Spitze des Eisbergs. Durch ihre Ausbildung nutzt die Sängerin das gesamte ihr zur Verfügung stehende stimmliche Spektrum und setzt es in vielfältiger Weise ein: Sei es in Pop-Balladen, mitreissenden Weltmusik-Songs oder gar in symphonisch orchestrierten Stücken mit epischem Charakter.

So entstehen überaus abwechslungsreiche Musiktitel, welche sich aus den unterschiedlichsten Einflüssen zusammensetzen und durch die Bandbreite hindurch von Sangeeta Kaur stimmlich perfekt und überzeugend getragen werden.

Gänsehaut

„Compassion“ zeichnet sich durch orchestrale Arrangements aus, welche sich von meditativer Intimität bis hin zu üppigen, epischen Klanglandschaften entfalten. Im Gegensatz zu ihren bisherigen Alben, verzichtet Sangeeta Kaur hier weitgehend auf elektronische Beats und synthetische Sounds und setzt den Schwerpunkt auf akustische und orchestrale Instrumente, sowie auf perkussive Rhythmik.

Bereits der erste Titel des Albums, eine Interpretation des befreienden und heilenden Mantras “Om Tare Tuttare Ture Soha” beginnt schlicht und intim und steigert sich in seinem Verlauf, wie ein sich sanft schlängelnder Pfad, den Berg der Glückseligkeit hinauf. Für meinen Geschmack hätte Sangeeta Kaurs Stimme im Verlauf der Steigerung – besonders wenn der Chor einsetzt und das orchestrale Klangspektrum sich erweitert – gerne auch noch an Intensität gewinnen können. Doch auch so kommt man nicht umhin, bei diesem verführerisch schönen Titel Gänsehaut zu verspüren.

Sangeeta Kaur: “Om Tare Tuttare Ture Soha” (aus dem Album “Compassion”)


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Stimmenspiel

Ein weiteres besonderes Merkmal auf „Compassion“ bilden die unterschiedlichen Stimm- und Chorarrangements, welche in vielen Titeln des Albums auf gekonnte und teils aussergewöhnliche Weise umgesetzt werden.

In „May the Long Time Sun“ beispielsweise, erinnert mich das Zusammenspiel der Stimmen an die Verspieltheit einer Springbrunnen-Choreografie: In sprudelnden Kaskaden umschwärmt der rhythmische Chorgesang Sangeeta Kaurs schwebende Stimme und führt mit ihr zusammen einen brillant inszenierten Walzer aus.

Transcendence“ ist ein feenhaftes, sich fortwährend aufbauendes Stimmengeflecht, vollständig mit Vokalisen (also ohne Worte, sondern nur anhand von Vokalen) gesungen. Inmitten von Chorgesang, Klavier und zarten Streichern kommt die wunderbare Stimme Sangeeta Kaurs hier voll zur Geltung und trägt die Melodie über musikalisch schimmernde Wolken hinweg zu neuen Orten jenseits bekannter Horizonte.

Besinnlich und betörend

Der zutiefst besinnliche „Song of Compassion“ ruht seinerseits in tiefster Andacht. Lediglich durch vereinzelte Klangschalen getragen, erhebt sich der Chor – wie ein weisendes Licht von Sangeeta Kaur geleitet – in sphärische Höhen. Als stiller Betrachter verweilt man vor dieser erhabenen Schönheit der Stimmen und lässt sich von deren leuchtenden Kraft durchfluten.

Ebenso lediglich aus Klangschalen und Stimmen besteht „Voices and Crystals“. Musikalisch schon fast in eine experimentelle Richtung vorstossend, umgibt einen dieser faszinierende Titel wie ein verlockender Nebel, aus welchem unwiderstehliche Stimmen von Sirenen erklingen und einen zu sich rufen.

Tanz der Stimmen

„Compassion“ ist ein sehr abwechslungsreiches und hervorragend produziertes Album geworden. Die stimmlichen Arrangements bestechen durch ihre Originalität, Vielfältigkeit und Perfektion. Stücke wie “Om Tare Tuttare Ture Soha”, die wunderbare Ballade “Rise Up” und das episch anmutende “We Are One” sind meisterhaft orchestriert und bilden einen beeindruckenden Kontrast zu sehr intimen, schlicht gehaltenen Titeln wie „Song of Compassion“ oder „Voices and Crystals“.

Es ist dieses vielseitige und virtuose Spiel mit Chor und Stimme, welches „Compassion“ zu einem wahren Hörerlebnis macht. Sangeeta Kaur beweist mit ihrer Wandlungsfähigkeit einmal mehr, dass eine Opernstimme nicht zwingend auf Oper begrenzt sein muss, sondern eine Vielzahl musikalischer Stilrichtungen überzeugend interpretieren kann. Der Chorgesang wird nicht auf eine Begleitung im Hintergrund begrenzt, sondern als aktives Instrument eingesetzt, welches mit der Sängerin interagiert, sie umwirbt und schliesslich einlädt zu einem gemeinsamen Tanz der Stimmen.

Erscheinungsdatum: 2. August 2019

Erhältlich als: CD, Download und Stream / 54:13 Min.

Diese Einschätzung stellt keine qualitative Bewertung dar. Erläuterungen zu den Einschätzungen finden Sie unter Musik – Die Stimme der Seele

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17.09.2019
Dany Nussbaumer

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Dany-NussbaumerDany Nussbaumer

Seine musikalische Ausbildung und jahrelange Erfahrung als Komponist und Produzent, sowie sein breites Spektrum an musikalischem Interesse und fundierten Kenntnissen, machen ihn zu einem Experten in Sachen Musik.
Für Spirit-Online übernimmt er die Verantwortung für das Ressort „Musik“, stellt CD-Veröffentlichungen vor, portraitiert Künstler aus den unterschiedlichsten Musikrichtungen und informiert über musikalische Veranstaltungen und Events rund um das Thema spirituelle Musik.
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