Mitgefühl zu entwickeln scheint sehr schwierig geworden zu sein. Gerne unterteilen wir die Welt in Nullen und Einsen. In dieser Hinsicht funktioniert unser Geist wie ein Computer: Alles muss kategorisiert werden. Dadurch bestätigen wir das Gefühl, festen Grund unter unseren Füßen zu haben.
„Die ist krank – ich gesund.“
„Der ist unfreundlich – ich wohlerzogen.“
„Und böse sind sowieso nur die anderen!“
Aber wenn man etwas ehrlicher in sich hineinschaut, dann sieht man, dass die Unterscheidung nicht so einfach zu treffen ist. Wir tragen alle möglichen Aspekte in uns drinnen – die Frage ist nur, wie stark sie ausgeprägt sind und ob wir sie ausleben oder nicht. Wenn wir unseren Geist trainieren (durch Meditation zum Beispiel), heisst es nicht, dass sofort alle negativen Gedanken verschwinden. Aber so können wir Raum um die Gedanken schaffen, damit wir uns nicht mit ihnen identifizieren und nicht unbedingt das Gefühl haben, sie gleich in die Tat umsetzen zu müssen. Die Fähigkeit seine Gedanken und Emotionen klar zu betrachten und, auch wenn es innerlich turbulent ist, äußerlich ruhig zu bleiben und trotzdem seine Taten und Wort weise zu wählen – das ist der wirkliche Unterschied zwischen einer „bösen“ und einer „guten“ Person.
Wenn man sieht, dass man keine Kontrolle über seine Gedanken und Emotionen hat und wie schwierig geistige Disziplin ist, erkennt man auch, dass man die „Bösen“ nicht zu schnell verurteilen sollte – denn man ist selber gar nicht so anders als sie. Diese Toleranz ist umso wichtiger, wenn wir äußeren Frieden wollen.