Schöpferische Freiheit

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Allmächtig oder hilflos? Weder noch!
Vom richtigen Gebrauch schöpferischer Freiheit

Wer kreiert nun wirklich unsere Realität? Haben diejenigen recht, die uns versichern, dass es einzig und allein wir selbst sind oder diejenigen, die uns als Spielball von Kräften sehen, die mächtiger sind als wir und auf deren Gnade wir angewiesen sind?

Damit sind die beiden extremen Positionen zu dieser Frage skizziert, die seit jeher in allen spirituellen Traditionen und Strömungen eine zentrale war. Für welche Sicht von uns selbst und der Welt wir uns entscheiden, bestimmt wesentlich, wie wir mit anderen Wesen interagieren und auch die Erde selbst behandeln, denn es schafft die Grundlage für das Wertesystem, nach dem wir leben.

In der westlichen Welt ging mit der Erforschung des menschlichen Bewusstseins die erstaunliche Entdeckung einher, dass wir mit ihm Realitäten erschaffen können, es also nicht nur eine „wirkliche“ Welt gibt.

Was vorher als „Einbildung“ abgetan worden war, bekam auf einmal einen neuen Stellenwert.

Das erschütterte natürlich das dominierende Weltbild von dem einen Gott, der diese (eine) Realität, in der wir hier auf der Erde leben, geschaffen hat. Nun war es eindeutig klar: Wir hatten die Fähigkeit, uns von den Leiden der Fremdherrschaft (von Menschen wie Göttern) zu befreien, die uns auferlegt worden waren! Unser eigener göttliche Funke konnte endlich befreit werden. Mit ihm konnten wir uns eine bessere Welt kreieren, jeder für sich.

In der Folge kam eine Welle von Faszination mit veränderten Bewusstseinszuständen auf, die dazu führte, dass sich viele Menschen für uralte schamanische Praktiken zu interessieren begannen, die aus Kulturen stammen, die bis dahin als „primitiv“ gegolten hatten.

Wenn bewusstseinsverändernde Praktiken allerdings aus dem kulturellen Kontext herausgelöst und als pure „Techniken“ verwendet werden, kommt es unweigerlich dazu, dass ihr eigentlicher Zweck verlorengeht.

Sie können dann von einem gierigen Ego instrumentalisiert werden,

das außergewöhnliche Erfahrungen als eine Art von Unterhaltung sucht oder sie benutzt, um vor Schwierigkeiten in dieser Welt zu flüchten. Dabei wären sie eigentlich Medizin dafür, das Ego in seinem Absolutheitsanspruch zu erschüttern und uns zu einem erweiterten Selbst zu führen. In diesem Fall ist es zweifelhaft, ob solche Erfahrungen dabei helfen können, in dieser Welt besser zurechtzukommen und sich in ihr verantwortungsbewusst zu verhalten. Heilerinnen und Heiler hingegen reisen ausschließlich zu dem Zweck in andere Welten, um von dort Medizinwissen mit hierher zu bringen.

Ich habe indigene Medizinpersonen sagen hören, es sei für westliche Menschen besser, die Finger von Ausflügen in andere Realitäten zu lassen und erst einmal zu lernen, sich in dieser, der „mittleren“ Welt, anständig zu benehmen.

Die Voraussetzung dafür ist jedoch, die Existenz von anderen Welten anzuerkennen, einschließlich dessen, dass auch die mittlere Welt eine unsichtbare Dimension hat, die von zahlreichen Wesen bevölkert ist. Hat man das einmal erkannt, dann wird es offensichtlich, dass all unsere sichtbaren und unsichtbaren Mitwesen, die ebenfalls ein Bewusstsein haben, am Weltgewebe mit-weben. Also auch wir, doch nicht wir allein. Wir sind weder Gott persönlich noch sind wir hilflose, schuldbehaftete Wesen, deren Schicksal längst entschieden ist.

Soviel ist also sicher:

Ich werde nie allein für alles verantwortlich sein, was in meinem Leben geschieht, trotz karmischer Bedingungen einerseits und dem kreativen Potential meines Bewusstseins andererseits.

Wir sind jedoch mit-verantwortlich dafür und entscheiden auch, wie wir etwas wahrnehmen und wie wir damit umgehen.
Das heißt, es ist auch wieder nur eine grandiose Idee des Egos, dass wir ganz allein unsere Realität kreieren können. Damit trennen wir uns von allen anderen Wesen ab beziehungsweise sehen uns als mächtiger an als sie. Der Glaube daran, dass das funktioniert, dürfte in den letzten Jahren bei Vielen stark erschüttert worden sein, als sie sehen mussten, wie sehr die Vorgänge im kollektiven Bewusstseinsfeld auch in ihr Leben eindrangen.

Selbst wenn wir für einen Moment unsere unzähligen nichtmenschlichen Mitwesen beiseite lassen und uns auf Menschen beschränken: Nehmen wir einmal an, dass zwei von uns aufeinandertreffen, die mit gleich viel Bewusstseinskraft miteinander unverträgliche Realitäten für sich selbst schaffen wollen. Was dann? Führen wir dann einen Krieg auf Bewusstseinsebene, bei dem einer mit seiner Konstruktion gewinnt und der andere verliert?

Eine wirkliche Begegnung ist von vorneherein ausgeschlossen, wenn wir andere sofort aus unserem Feld verdrängen wollen, weil ihre „Energie“ nicht zu dem passt, was wir für uns persönlich wollen.

Betrachten wir ein solches Zusammentreffen hingegen als Chance, dass etwas Neues, Bereicherndes entstehen kann,

selbst wenn unsere Konstruktion von Realität zunächst erschüttert wird, dann lassen wir die Möglichkeit offen, dass wir uns von Herzen begegnen und die Überkontrolle über unsere eigene Welt aufgeben könnten.

Man könnte natürlich entgegnen, dass wir es sogar steuern können, mit wem wir überhaupt zusammentreffen. Will ich aber auf diese Weise alle unerwünschten Einflüsse eliminieren, dann könnte die Welt, die ich da kreiere, eine ziemliche einsame werden.

Damit will ich nicht sagen, wir sollten an destruktiven, „toxischen“ Beziehungen festhalten, die das Aufblühen von allen Beteiligten verhindern. Doch wie soll ich spirituell wachsen, wenn ich jegliche Herausforderung vermeide und nur darauf aus bin, dass ich die oder der Begünstigte bin?

Es bringt uns und die Welt nicht zusammen, wenn jeder für sich allein der Schmied seines Glückes sein will.

Rücksichtslosigkeit gedeiht auf diesem Nährboden besser als Mitgefühl. Man sieht es daran, dass wir keinesfalls mit der Erde besser umgehen, seit wir versuchen, als Bewusstseinsgenies alles auf der Erde zu realisieren, was uns machbar erscheint, und uns zu Alleinherrschern auf ihr machen wollen.

Interessanterweise war unser Umgang mit ihr aber auch nicht besser, als wir uns noch dem manchmal gütigen, manchmal strafenden Gott unterwarfen. Denn dieser hatte uns ja trotz Erbsünde den Auftrag gegeben, uns die Erde untertan zu machen. Wir durften unsererseits herrschen, also den Druck nach unten weitergeben.

Was also führt wirklich zu einem besseren Leben für alle?

Nur ein verbundenes Weltbild, das Menschen und nicht-menschliche Wesen, sichtbare und unsichtbare Dimensionen einschließt und ihr komplexes Zusammenwirken als Mitspieler im großen Spiel des Lebens anerkennt, kann uns aus der Sackgasse führen, in die wir uns verrannt haben. Dann können wir unseren Platz in der Welt finden und in Würde einnehmen. Heilige Wechselseitigkeit ist die Spielregel, damit es gelingt.

Große Mythen sprechen von einem Weltgewebe als ein Beziehungsgefüge, das durch wechselseitigen Austausch belebt wird. In ihm befindet sich der Spielraum für unsere kreative Freiheit.

Würden wir uns endlich als Mit-Schöpfer begreifen, könnten wir unsere wundervollen, einmaligen kreativen Fähigkeiten in heilbringender Weise einsetzen.

Dann werden wir unser Augenmerk darauf richten, wie wir am besten füreinander sorgen können, und nicht mehr, wie wir den größtmöglichen Profit für uns herausholen können. An der Existenz von mächtigeren Wesen als uns selbst ist dann nichts Erniedrigendes mehr; wir brauchen uns weder als Opfer fühlen noch unsere Mit-Verantwortung ablehnen. Vielmehr können wir uns glücklich schätzen, dass wir mit ungleich weiseren, weiter blickenden und mitfühlenden göttlichen Wesen zusammen daran mitwirken können, eine Welt von immer größerer Schönheit zu schaffen.

Sobald wir das als den Sinn unseres Da-Seins auf der Erde begreifen, wird unser ungenutztes kreatives Potential erwachen, und zwar aus unserer innersten Seelenessenz heraus, die nach Schönheit strebt. Wir werden ungeahnte neue Kraft und Lebensfreude spüren, eben genau das, worum wir die Indigenen oft (heimlich) beneiden.

Es wird jedoch auch notwendig sein, dass wir wieder lernen, die Vorgänge in der Natur genauestens zu beobachten, von ihnen zu lernen und uns von ihnen inspirieren zu lassen.

Dazu gehört auch, aufs Feinste wahrzunehmen, wie sich unsere eigenen Kreationen auf das Miteinander aller anderen Wesen auswirken und sie dementsprechend zu verändern. Das ist Wissenschaft mit der Handschrift der göttlich weiblichen Kraft, und sie kann und soll von uns allen betrieben werden. Liebender Wille dafür, dem gesamten Gefüge zu dienen, ist dabei unerlässlich.

Ohne Liebe wird sich nichts Grundsätzliches an unserer Beziehung zur Erde und ihren Wesen ändern. Fangen wir also damit an, liebend mitzuschöpfen; es ist nicht zu spät! Der unvergleichlich strahlende Stein wächst im Inneren der Erde heran, um auf sie zurückzukehren, und der Weg dorthin führt über ein kristallklares Herz.

02.12.2022 Logo waltraud hoenes
Waltraud Hönes
www.waynafanes.org


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Waltraud Hönes, Schöpferische Freiheit Waltraud Hoenes Portrait


Jahrgang 1964, Curandera (schamanische Heilerin), zeremonielle Künstlerin und Buchautorin, ist die Gründerin der Wayna Fanes-Tradition und der Gruppe Dolomiten Ayllu. Nach Abschluss ihres Psychologiestudiums an den Universitäten Würzburg und Konstanz bildete sie sich in Kalifornien (USA) bei führenden Vertreter/-innen der transpersonalen Psychologie fort. Bei dem peruanischen Meisterzeremonialisten und Curandero Don Oscar Miro-Quesada absolvierte sie eine zehnjährige Lehrzeit. Waltraud Hönes lehrt und heilt europaweit in Form von zeremoniellen Workshops und Pilgerseminaren, vor allem in den Dolomiten, wo sie lebt. Als Pilgerin für die Erneuerung unserer Beziehung mit der Erde betreut sie zusammen mit dem Dolomiten Ayllu ein Netzwerk von über hundert heiligen Orten.
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Buchtipp Cover vorn waltraud Hoenes pilgern

Das neue Pilgern: Begegnung mit der lebendigen Erde
von Waltraud Hönes
Ist es nicht mehr als Zeit, andere Wege einzuschlagen? Aufzubrechen und zu gehen anstatt abzuwarten, was weiter geschieht? Doch wohin wollen wir gehen?
Bei dieser neuen Art des Pilgerns die Erde als lebendiges Wesen zu erfahren und mit ihr in einen wechselseitigen Austausch zu treten, ist richtungsweisend für eine lebenswerte Zukunft von uns Menschen auf und mit der Erde. Es gilt, ein größeres Selbst zu entdecken, das um die Verbundenheit von allem in der einen Weltseele weiß. Sich selbst zu erweitern und dazu beizutragen, dass wir Menschen wieder in „rechte Beziehung“ mit der Erde kommen und ihre Heiligkeit empfinden können, wird tatsächlich etwas bewegen, in uns und in der Welt. Wenn wir in diesem Geist pilgern, bringen wir etwas zu den bezaubernden Plätzen, die wir besuchen, anstatt nur etwas für uns mitzunehmen. Wir geben ihnen aus purer Freude am Geben, und dadurch wird unser Herz allmählich kristallklar. Das ist das Neue an diesem Pilgern!
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