Altägyptische Schöpfungsgeschichte: Wie Götter den Kosmos formten
Die altägyptische Schöpfungsgeschichte ist mehr als ein alter Mythos – sie ist eine spirituelle Landkarte, die beschreibt, wie Götter, Prinzipien und kosmische Ordnung aus dem formlosen Urzustand hervorgingen. Ihre Botschaft: Schöpfung ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein fortlaufender, heiliger Prozess.
Im Gegensatz zu linearen Schöpfungsnarrativen (z. B. Genesis) sahen die alten Ägypter die Erschaffung der Welt als zyklisch und ewig erneuerbar. Der Ursprung allen Seins war kein Gott mit Bart, sondern das Urwasser Nun – ein unendliches Feld des Potenzials.
In diesem Beitrag erfährst du, wie aus Chaos Ordnung wurde, wie Licht aus der Dunkelheit entstand und warum dieser Mythos bis heute spirituelle Relevanz besitzt.
1. Nun – Das altägyptische Urwasser als Quelle des Seins
Bevor Himmel und Erde, Götter oder Menschen existierten, war da nur Nun – das Urwasser. Kein Licht, keine Zeit, keine Form – nur die unendliche, chaotische Potenzialität.
Spirituelle Bedeutung von Nun:
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Kein Nichts, sondern reine, unmanifestierte Energie.
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Symbol des kosmischen Bewusstseins, das noch nicht Form angenommen hat.
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Der Nil galt als sichtbarer Ausdruck von Nun – Quelle von Fruchtbarkeit und Erneuerung.
Parallelen finden sich auch im Hinduismus (Brahman) oder im biblischen „Tohuwabohu“.
2. Der Urhügel – Beginn von Ordnung im altägyptischen Mythos

Aus dem Urwasser erhob sich der Urhügel – das erste Stück festen Landes. Er markiert den Beginn von Struktur und Bewusstsein.
Hier erschien auch der erste Gott: Atum.
Wer ist Atum – der altägyptische Schöpfergott?
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Selbsterschaffen, ohne Eltern oder Vorfahren.
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Verkörpert Vollendung, enthält männliche und weibliche Prinzipien in sich.
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Entspricht symbolisch dem Licht in der Dunkelheit: „Es werde Licht“.
Spirituelle Deutung:
Der Urhügel steht für den Moment der Selbst-Erkenntnis: Bewusstsein tritt aus dem Unendlichen hervor.
3. Shu und Tefnut – Luft und Ordnung entstehen
Atum bringt das erste Götterpaar hervor:
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Shu (Luft, Licht, Bewusstsein)
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Tefnut (Feuchtigkeit, Harmonie, Maat)
Schöpfung geschieht hier nicht durch Kampf, sondern durch göttliche Intention. In manchen Versionen spuckt Atum Shu und Tefnut aus – ein kreativer Akt purer Energie.
Bedeutung dieser göttlichen Dualität:
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Shu steht für den Raum des Geistes, das erste bewusste Innehalten.
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Tefnut verkörpert kosmische Ordnung (Maat) – ein zentrales Prinzip in der ägyptischen Spiritualität.
4. Himmel und Erde – Die Trennung von Geb und Nut
Shu und Tefnut gebären ein neues Paar:
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Geb (Erde)
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Nut (Himmel)
Die beiden sind zunächst untrennbar vereint – in inniger Umarmung. Doch noch ist kein Leben möglich. Also trennt Shu sie, hebt den Himmel an und schafft damit den Raum des Lebens.
Spirituelle Symbolik:
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Shu = Bewusstsein als vermittelnder Raum
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Nut = kosmisches Wissen, Sternenzelt, Göttliches
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Geb = Materie, Fruchtbarkeit, Erfahrungswelt
Diese Trennung symbolisiert die Entstehung von Dualität – ein Grundprinzip jeder Schöpfung.
5. Die Geburt von Osiris, Isis, Seth und Nephthys
Aus der Trennung von Himmel und Erde gehen vier zentrale Gottheiten hervor:
| Gottheit | Prinzip |
|---|---|
| Osiris | Wiedergeburt, Erlösung, kosmischer König |
| Isis | Magie, göttliche Weiblichkeit, Heilung |
| Seth | Zerstörung, Chaos, Erneuerung |
| Nephthys | Schutz, Schatten, Übergänge |
Osiris wird später von Seth getötet, doch Isis belebt ihn durch Magie – ein Mythos der Transformation und des Lebens über den Tod hinaus.
Spirituelle Bedeutung der Vierheit:
Die Zahl 4 symbolisiert Ganzheit in der Welt:
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Ordnung & Chaos
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Leben & Tod
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Licht & Schatten
„Nichts kann ohne sein Gegenteil existieren. Ordnung braucht das Chaos.“
6. Spirituelle Lehren der altägyptischen Schöpfung
Der altägyptische Schöpfungsmythos ist eine symbolische Anleitung zur Selbsterkenntnis:
| Element | Bedeutung |
|---|---|
| Nun | Urpotenzial, aus dem alles wird |
| Atum | Erstes Bewusstsein, göttlicher Funke |
| Shu/Tefnut | Ordnung, Raum, Ausgleich |
| Geb/Nut | Materie & Transzendenz |
| Göttervierheit | Kosmische Gesetzmäßigkeiten |
Die Ägypter sahen Schöpfung als zyklisch, nicht einmalig:
„Die Welt wird nicht einmal erschaffen – sie wird in jedem Moment neu geboren.“
Fazit: Eine kosmische Botschaft für heute
Die altägyptische Schöpfungsgeschichte ist kein verstaubter Mythos. Sie ist ein lebendiger Spiegel unseres eigenen Wegs:
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Alles entsteht aus Bewusstsein.
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Ordnung und Chaos gehören zusammen.
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Leben ist ein Kreislauf – niemals abgeschlossen.
In einer Welt der Trennung und Beschleunigung bietet dieser Mythos eine tiefe spirituelle Orientierung. Die Götter sind keine fernen Gestalten – sie sind Archetypen in uns. Und vielleicht beginnt auch deine neue Schöpfung mit einem stillen Tropfen im Urwasser deiner Seele.
Uwe Taschow
20. 12. 2024
Uwe Taschow
Als Autor denke ich über das Leben nach. Eigene Geschichten sagen mir wer ich bin, aber auch wer ich sein kann. Ich ringe dem Leben Erkenntnisse ab um zu gestalten, Wahrheiten zu erkennen für die es sich lohnt zu schreiben.
Das ist einer der Gründe warum ich als Mitherausgeber des online Magazins Spirit Online arbeite.


