
Joanna Rogers Macy „Der Schlüssel für geistiges Wachstum“
„Wir sind lebende Wesen im lebendigen Körper der Erde, völlig wechselseitig und tief verbunden mit all den anderen Lebensformen. Wenn wir uns das klarmachen, kann das helfen. Aus dieser Perspektive lautet die Botschaft: Öffne dich der Kraft, der Verbundenheit und der Gemeinschaft, die daraus hervorgeht. Die Trauer um den Zustand der Welt ist in Ordnung, denn dein Herz kann nicht brechen. Ein Herz das bricht, kann das ganze Universum aufnehmen. Dieser Schmerz sagt dir, dass du nicht allein bist. Jeder von uns hat das Recht, mit der Autorität der Erde aufzustehen und sich dieser Entwicklung in den Weg zu stellen. Nur wer sich isoliert fühlt, ist schwach. Im Netz des Lebens sind wir langfristig unschlagbar. Das müssen wir begreifen.“
Die am 2. Mai 1929 in Los Angeles geborene spirituelle Aktivistin, Öko-Philosophin und Buddhistin Joanna Macy lebt in Berkeley/ Kalifornien. In den Seminaren, die sie rund um den Globus anbietet, wird keine schöne neue Welt vorgegaukelt. Da wird aus Verzweiflung geheult, aus Wut geschrien, aus Resignation und Angst gejammert. Da werden Teile einer selbstmörderischen Gesellschaft einer Therapie unterzogen. Denn Neues kann nur entstehen, wenn wir die Dynamik des Alten verstanden haben. Engagement bildet sich erst, wenn wir uns erlauben, mitzufühlen.
Joanna Macy vertritt als Ökophilosophin einen Ansatz, der darauf abzielt,
die kritisch-alternativen Strömungen in aller Welt miteinander zu verbinden. Statt sich auf der Suche nach dem Stein der Weisen gegenseitig zu behindern, plädiert sie dafür aus der Vielfalt der Ideen einen neuen Stein zu formen. Gemeinsam mit Öko-Aktivisten aus aller Welt versucht Joanna Macy eine Synthese aus den Erfahrungen persönlichen Wachstums und dem Engagement in Frauen-, Friedens und Anti-Atombewegung.
Tiefenökologie unterscheidet sich von der traditionellen Ökologie dadurch, dass sie über den Anthropozentrismus hinausgeht, der alle ökologischen Probleme immer nur zum Nutzen, zum Vorteil oder zum Profit der Menschen reparieren will. Tiefenökologie konzentriert sich stattdessen auf die essentiellen Kreisläufe und Systeme der Natur selbst, um uns selbst dann zum Diener der Gesundheit des größeren Ganzen zu machen. Mit einer Vielzahl von Methoden versucht dieser Ansatz, jeden einzelnen Menschen darin zu unterstützen, das beschränkte und egozentrische Selbstbild zu überspringen und so etwas wie ein „ökologisches Selbst“ zu entwickeln.
Joanna Macy spricht von sozialer Mystik.
„Es ist eine Mystik, die in der Aktion deutlich wird, durch zivilen Ungehorsam, Sitzblockaden vor Bulldozern oder durch die Gründung neuer Initiativen.“
Viele Tausende von Menschen auf der ganzen Welt haben an ihren Workshops und Schulungen teilgenommen. Joanna Macy denkt in größeren Zeiträumen und zieht die Kraft für ihre Arbeit immer wieder daraus, sich in Gedanken mit zukünftigen Generationen zu verbinden um – stellvertretend für sie – heute zu handeln.
„Jetzt, in dieser Zeit, müssen wir den Wandel von einer industriellen Wachstumsgesellschaft zu einer Gesellschaft schaffen, die das Leben langfristig erhält. Wenn künftige Wesen also zurückblicken, werden sie es mit Respekt tun, mit Mitgefühl und Dankbarkeit, für das, was wir in der ‘Zeit des großen Wandels getan haben. Nie war die Gelegenheit größer, grundsätzlich etwas zu verändern. Denn wenn alte Werte wertlos werden und die Menschen ratlos in eine ungewisse Zukunft gehen, ist der Boden für das Neue schon bereitet“.
Bewusstseinswandel geschieht, sagt sie, wenn wir unsere Beziehung zur Mitwelt,
zu den Menschen und zu uns selbst verändern. Bewusstseinswandel geschieht, wenn wir wach und mit allen Sinnen in der Welt sind. Wenn wir uns erinnern, dass wir selbst Natur sind und nicht die Augen vor dem verschließen, was in der Welt geschieht.
„Ich glaube, dass von allen Gefahren, die uns drohen – sei es der Militarismus, die Umweltverschmutzung, die Übervölkerung oder das Artensterben – keine Gefahr so groß ist wie die Verdrängung.“
In allen großen religiösen Traditionen wird zurzeit die nicht-dualistische Spiritualität wieder entdeckt, wo die Grenzlinie zwischen Meditation und Aktion sowie zwischen dem Selbst und der Welt verschwimmen. Das ist Bestandteil der buddhistischen Lehren, das gab es immer in der Sufi-Tradition, und auch im Christentum gibt es jetzt wieder Stimmen, die sich dafür aussprechen. Alle diese Traditionen betonen das Beziehungsgeflecht unserer Welt und ihre Heiligkeit. Der spirituelle Pfad wird dort nicht mehr als Flucht aus der bedrohten Welt in einen separaten Himmel verstanden. Vielmehr ist dort die Welt selbst unser Gotteshaus, die Welt selbst die Arena für unsere Transformation.
„Wir haben Angst. Wir glauben, so zerbrechlich und klein zu sein, dass es uns in Stücke reißt, wenn wir es uns erlauben, unsere Gefühle über den Zustand der Welt anzuschauen. Wir fürchten eine tiefe Depression oder Lähmung. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir es aussprechen, merken wir, dass wir nicht isoliert sind, sondern dass dieser Schmerz weit hinausgeht über das kleine Ego und Konsequenzen hat, die jenseits unserer individuellen Bedürfnisse und Wünsche liegen“.
Joanna Macy macht deutlich, dass ein engagiertes Eintreten für das Leben nicht nur hilft, eine kranke Zivilisation zu heilen, sondern auch ein Schlüssel sein kann für geistiges Wachstum. Sie ermutigt uns, dankbar dafür zu sein, in einer Zeit zu leben, die so sehr zur Veränderung herausfordert.
12.06.2025
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist
Über Roland R. Ropers
Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.
Buch Tipp:
Kardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle
von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu
Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.
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