Der Steinkreis von Callanish/Calanais
In diesem Frühling durfte ich wieder einmal für einige Wochen nach Schottland reisen. Um dort zu arbeiten, zu wirken, zu erleben, zu schreiben und zu forschen.
Eine unserer Stationen war dabei die Isle of Lewis und damit auch der beeindruckende Steinkreis von Callanish/Calanais oder eigentlich sogar die Steinkreise (Plural) von Callanish/Calanais.
Es gibt den großen, beeindruckenden Steinkreis Calanais I, der schon allein aufgrund seiner Form, die an ein keltisches Kreuz erinnert, wirklich eine Besonderheit darstellt und noch mindestens 12 von vermutlich insgesamt über 20 weiteren Steinsetzungen in der näheren Umgebung, teils in Sichtweite zueinander und zum „Haupt“Steinkreis Calanais.
Ein bisschen was über Calanais ganz allgemein
Der eigentliche Hauptsteinkreis ist kein wirklich typischer Steinkreis. Es ist ein wilder, komplexer und sehr kraftvoller Ort und bisher die größte bekannte Steinformation der Megalithkultur auf den britischen Inseln. Es waren wohl einmal etwa 54 Steine aus Gneis die hier gesetzt waren. Gneis gilt als eine der ältesten Steinformationen der Erde.
Die Steine sind nicht behauen und es ist nicht bei jedem der Steine ganz sicher wo er ursprünglich genau gestanden haben mag und ob die heutige Ausrichtung zu 100% korrekt ist.
Die Anlage erinnert von Oben betrachtet an ein keltisches Kreuz, wobei im Norden eine lange Doppelreihe aus Steinen, eine regelrechte „Allee“ auf den inneren Kreis zuläuft. Die Gegenüberliegende Linie aus dem Süden ist kürzer und einfach. Ebenso wie die Ost-West-Linie aus Steinen.
In der Mitte, auf die alle 4 Linien eben wie ein keltisches Kreuz zulaufen, ist ein Ring aus Steinen in dessen Zentrum ein großer Monolith, von etwa viereinhalb Meter Höhe, steht.
Der Kreis und der zentrale Monolith scheinen die ältesten Teile der Anlage zu sein.
Ebenfalls in der Mitte des Kreises befand sich ein kleines Kammergrab das jedoch erst einige Zeit nach der Errichtung der Anlage gebaut wurde.
Man vermutet das die Anlage vor etwa 5000 Jahren errichtet wurde und dann irgendwann, aus unbekannten Gründen etwa vor 3000 Jahren verlassen wurde.
Wir wissen heute nicht warum Calanais errichtet wurde oder welche Zeremonien man dort begangen und gefeiert hat. Wir wissen auch so gut wie nichts über die Menschen die diesen Ort erschaffen habe.
Natürlich gibt es die Vermutung dass es sich hier um eine Art Tempel, ein Observatorium zur Beobachtung der Sterne oder ähnliches gehandelt haben mag. Auch eine Verbindung zu Bestattungen oder Totenkult kann nicht ausgeschlossen werden. Aber das sind nur Vermutungen.
Was wir wissen ist, das die Inseln, damals ein guter Ort zum Leben waren. Sie waren milder, fruchtbarer und weit weniger rau als heute.
Calanais heute
Tagsüber ist der Steinkreis natürlich eine vielbeachtete Attraktion auf Lewis und man ist eigentlich fast nie alleine. Wenn aber das naheliegende Visitor-Center ab etwa 17:00 Uhr schließt wird es stetig leerer.
Wir waren meist in den späten Abendstunden dort, wenn der Sonnenuntergang nicht mehr fern war, also so zwischen 20:00 und 23:00 Uhr. Jetzt konnten wir die Steine ganz für uns genießen und es war einfach in die Kraft und Wildheit dieses Ortes einzutauchen.
Mein kleines Wunder von Steinkreis Calanais
Die Isle of Lewis ist atemberaubend in ihrer schroffen und rauen Wildheit. Das Wetter wechselt jeden Augenblick und wo es eben noch in Strömen regnete scheint plötzlich die Sonne und scharfer Wind trocknet die Kleidung in Minuten und andersrum.
Es gibt kaum Bäume auf der Insel und aus dem Moor und dem Grün der Weiden ragen überall Felsen heraus, als ob Riesen hier gespielt hätten.
Es gibt Strände mit weißem Sand und türkisfarbenem Wasser wie in der Karibik, aber nahezu niemanden der in dem eiskalten Wasser baden will.
Der Geruch nach Torf, Schaf und Heide ist allgegenwärtig genau wie der Wind und das Meer.
Entweder liebt man diese Inseln oder man kann sie kaum ertragen. Ich muss sicher nicht erwähnen zu welcher Sorte ich gehöre.
Es war einer unserer letzten Abende auf Lewis und ich wollte gerne an den Steinen trommeln, mit meiner relativ neuen HarmonyDrum. Das Wetter ließ jedoch nichts Gutes hoffen, riesige dunkle Wolkenberge wurden in schockierender Geschwindigkeit vom Wind unerbittlich über den Himmel getrieben. Nur kurz unterbrochen von einzelnen Sonnenstrahlen, schön anzusehen, aber alles eher ungemütlich.
Trotzdem wir wollten nochmals an die Steine.
Am Kreis angekommen wartete ich noch ab bis sich die letzten Besucher verzogen und dann sammelte ich mich und spielte direkt im inneren Zentrum des Kreises…. und spielte … und spielte… Ich verlor den Sinn für die Zeit, stand zwischendurch auch auf, sang, vollführte ein kleines Ritual und dann spielte ich wieder.
Das Drama am Himmel nahm ich kaum noch wahr.
Als ich den Eindruck hatte jetzt wäre es genug, bedankte ich mich, verabschiedete mich und verließ den Kreis….
Ich wanderte langsam zurück zum Auto, verstaute meine 7 Sachen und setzte mich hinein. In dem Augenblick als ich die Tür hinter mir schloss, pladderte der Regen mit heftigen Tropfen los, als hätte er schon darauf gewartet.
Mein Mann Sven war zu diesem Zeitpunkt immer noch an den Steinen und machte Fotos und war patschnass geworden.
Soweit so alltäglich….
Als Sven dann am Auto ankam verkündete er mir höchst erbost 😉 dass ich beim nächsten Mal zu bleiben hätte bis er fertig wäre mit seinen Fotos.
Ich verstand nicht ganz was er meinte. Er erzählte mir daraufhin das er, während ich so schön versunken im Kreis hantierte, mehrfach dicke Regenwolken sehen konnte die direkt auf uns zuhielten und dann, ganz plötzlich einfach die Richtung wechselten. Er behauptet dass er einen direkten Zusammenhang beobachten konnte zwischen meinem Spiel und dem Zug der Wolken am Himmel.
Ich konnte das erst gar nicht glauben aber mein Mann gehört eigentlich eher zur bodenständigen und vernünftigen Sorte, so als „gelernter“ Ingenieur. Und so erschien mir sein Bericht durchaus ernst zu nehmen.
Da er nun mit eigenen Augen gesehen hatte was er eben gesehen hat, wurde ich den Rest unserer Zeit in Schottland immer wieder von ihm gebeten für ihn und seine abendlichen Fotoausflüge zu trommeln… damit er auch ja das richtige Licht für seine Leidenschaft, die Landschaftsfotografie, bekam.
Da ich mit der Zeit immer wieder Bilder von ihm aus unserer Zeit in Schottland hier einstelle, werdet Ihr Euch selber ein Bild machen können ob es etwas gebracht hat oder nicht ;-).
23.06.2017
Eure Anette
von Tunritha – Schule für europäischen Schamanismus
(c) Text und Bild www.tunritha.de
Alle Beiträge der Autorin und Seminarleiterin auf Spirit OnlineAnette Baumgarten
Sie sagt über sich selbst: “… Seit meinen ersten Reisen verspüre ich das starke Gefühl endlich zu Hause angekommen zu sein. Ein Leben ohne schamanische Praxis, ohne Geister und Verbündete aus der Anderswelt, kann ich mir kaum noch vorstellen. …”
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