Stonehenge – Uraltes Rätsel in Stein
Stonehenge, der Steinkreis nahe des englischen Salisbury, ist steingewordenes Geheimnis, umrankt von Mythen und Legenden wie kaum ein anderer Ort in Europa. Zur Sommersonnenwende geht die Sonne direkt über dem sogenannten „Fersenstein“ auf, wenn man, in der Mitte des innersten Kreises stehend, zum Eingang schaut.
Zur Wintersonnenwende geht sie exakt zwischen einem Trilith unter: ein Tor, gebildet aus zwei aufrechten Steinen und einem dritten, quer darüber liegenden. Diese Bauelemente sind typisch für neolithische oder bronzezeitliche Kultstätten. Doch der Kultstätte Stonehenge wurde in der Neuzeit lange nicht der gebührende Respekt entgegengebracht.
Im Lauf der Jahrhunderte wurde, so vermutet man, gut die Hälfte der Steine als Baumaterial oder, aufgrund des vermeintlich magischen Ursprungs, zu heilerischen Zwecken abgebrochen und mitgenommen. Das Areal wechselte die Besitzer, wurde ignoriert, als Weide genutzt oder während des Ersten Weltkriegs zum direkten Nachbarn eines Flughafens.
1901 wurde das Gelände schließlich abgesperrt und Besuchern gegen Eintritt zugänglich gemacht, und 1918 ging es aus Privatbesitz an den britischen Staat über. Zu Beginn der Siebziger, im Zeitalter des Wassermanns, veränderte sich dann die allgemeine Wahrnehmung und Wertschätzung: “Free Festivals” mit stetig wachsenden Teilnehmerzahlen feierten die Sonnenwenden an diesem Kultplatz.
An der Summer Solstice 1984 begrüßten 70.000 Menschen mit Musik und druidischen Riten den längsten Tag des Jahres. im Jahr darauf wurde ihnen der Zutritt ins Innere der Steinstruktur wegen der Erosion der Steine untersagt.
Es kam zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Festivalbesuchern und Polizei, die als Battle of the Beanfield in die Geschichte einging und in deren Folge das Gelände weiträumig abgesperrt wurde.
Erst zur Jahrtausendwende gelang es dem 1781 gegründeten “Orden der Druiden”, einer neuheidnischen Vereinigung, ihr Recht der freien Religionsausübung einzufordern und zu den Sonnenwendfeiern und den Tagundnachtgleichen im Frühling und Herbst Zugang zu erhalten.
Das bedeutendste Megalithmonument Großbritanniens wurde 1986 als Weltkulturerbe anerkannt – mit dem Verweis auf dessen astronomische Bedeutung, die allerdings bisher nicht wissenschaftlich bestätigt ist.
30 Jahre später sind die vielen Rätsel, die die “hängenden Steine”, so die Übersetzung des Namen, stellen, immer noch weit von Lösungen entfernt.
Ganz im Gegenteil: Je nach dem Stand der wissenschaftlichen Methoden werden laufend neue Erkenntnisse gewonnen, aufgrund derer bestehende Theorien erweitert, korrigiert oder völlig umgestoßen werden müssen.
Ist die Anlage nun 5000 oder gar 11.000 Jahre alt, wie die neueste Forschung nahelegt?
Wurde sie seinerzeit als Kultplatz, druidischer Tempel, Friedhof, Heilstätte oder Observatorium zur Vorhersage von Mond- und Sonnenfinsternissen genutzt? Nur wenige Dinge stehen fest: Stonehenge ist im Südwesten Englands gelegen, eine Viertelstunde nördlich von Salisbury. Es ist nicht die größte prähistorische Struktur in Europa – dafür die wohl berühmteste der Welt.
Stonehenge ist trotz des Namens kein typisches “Henge”
Denn dessen Definition verlangt einen Graben innerhalb des aufgeschütteten Walls, während hier der Graben mit einem Durchmesser von 104 Metern die Anlage außerhalb des Walls umschließt. Diese besteht aus in mehreren konzentrischen Kreisen angeordneten Megalithen. Den äußeren Kreis bilden große Sarsensteine, Sandsteinblöcke von rund 30 Tonnen Gewicht, die ursprünglich als Trilithe angelegt waren.
Der Kreis weiter innen besteht aus kleineren Doleriten, Blausteinen, die zwei bis fünf Tonnen wiegen, und umfasst eine hufeisenförmige Struktur von fünf Trilithen, die ebenfalls aus Blausteinen bestehen und in deren Mitte der sogenannte Altarstein steht. Ein Zugang im Nordosten durchbricht Graben und Wall; nahe dieses Eingangs steht der Fersenstein, nicht weit davon liegt der Opferstein. Vom Eingang weg führt ein Prozessionsweg zum Fluss Avon. Laserscans der gigantischen Steine zeigen 71 Gravuren auf ihren Oberflächen an, die Äxte darstellen.
Die Namensgebung der Steine ist willkürlich. Ob der eine tatsächlich als Altar gedient haben mag – man weiß es nicht. Dass der Opferstein jemals als Hinrichtungsstätte benutzt wurde, ist ebenfalls recht fraglich. Über die rund zwei Jahrtausende hinweg, in denen Stonehenge seine Bestimmung(en) erfüllte, beginnend gut 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, wurde die Anlage laufend erweitert.
Aus Aufzeichnungen früherer Archäologiearbeiten weiß man, dass im Grunde kein einziger Stein mehr da steht, wo er einst gefunden wurde, und dass bei der Wiederherstellung der Anlage weniger die ursprüngliche Position als vielmehr das Ordnungsempfinden der Experten zum Tragen kam.
Stonehenge ist fraglos eines der letzten großen Mysterien unserer Zeit
Ein Geheimnis, das eine magische Aura umgibt, die von den Mythen und Legenden des alten Britannien genährt wird. Geoffrey of Monmouth, der im 12. Jahrhundert die Sage um den legendären König Artus literarisch verewigt hat, schreibt in seiner “Historia Regum Britanniae” davon, dass diese Steine, “Tanz der Giganten” genannt, ursprünglich aus Afrika stammten und von Riesen in Irland aufgestellt worden seien. Sie seien mit religiösen Riten verbunden und besäßen große Heilkräfte.
Kein geringerer als Merlin hätte sie von der Nachbarinsel gestohlen und hier zu Ehren der Toten im Kampf gegen die Sachsen aufgestellt. Eine Geschichte, die an vielen anderen Stellen aufgegriffen, zitiert und neu interpretiert wurde. Der Dichter John Dryden sah in Stonehenge dagegen eine Krönungsstätte dänischer Könige.
Die Organisation English Heritage, der Pflege und Verwaltung von Stonehenge obliegen, kommuniziert:
“Heutzutage ist die Interpretation von Stonehenge die am meisten akzeptierte, nach der es ein prähistorischer, nach den Bewegungen der Sonne ausgerichteter Tempel ist.”
Doch auch hierzu gibt es viele ernstzunehmende Gegenstimmen
Eine der neueren Theorien stammt vom Prähistoriker Michael Parker Pearson, der in Stonehenge eine riesige Begräbnisstätte sieht, die die Leute damals zu speziellen Riten zusammengebracht hätte. Zwei natürliche Erhebungen, die zufällig auf die Sonnenwenden ausgerichtet sind, seien als Zeichen interpretiert worden, diesen Ort dafür zu wählen, um sich mit Leben und Tod auseinanderzusetzen.
Vielleicht hilft es, den Blick auf das “Wo” zu richten, wenn das “Was” nicht zu klären ist.
Wenn über Jahrtausende hinweg ein unvorstellbarer logistischer und bautechnischer Aufwand betrieben wurde, hier eine Anlage aus schweren Steinen aus weit entfernten Fundstätten zu errichten – dann kann die Wahl des Ortes kein Zufall sein.
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John Michell erweiterte sie später um Kraftzentren und erdmagnetischen Feldern. Da es in der Nähe von Stonehenge mehrere Steinkreise gibt, wie beispielsweise das beeindruckende Avebury, ist hier die Energie möglicherweise besonders groß – und dort, wo die Linien sich kreuzen, eine besondere Energie spürbar.
Haben die Erbauer der Steinkreise diese Kräfte erspürt und diese Orte deshalb für ihre Vorhaben erwählt?
Wir werden es vielleicht nie wissen.
Doch wir können selbst in die Magie der Vorzeit eintauchen und inmitten der Steinkreise der Kraft dieses uralten Mysteriums nachspüren.
Ein empfehlenswerter Anbieter ist zum Beispiel www.english-heritage.org.uk
22.12.2018
Martina Pahr
Martina Pahr
ist Autorin, Bloggerin und PR – Expertin, hat vor einigen Jahren den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sich selbständig gemacht. Seither tut sie, wovon sie immer geträumt hat, und lebt vom Schreiben.
Beruflich wie auch privat setzt sie sich mit den spirituellen Aspekten des Lebens und den vielen Erscheinungsformen der New-Age-Bewegung auseinander – und nicht immer ist ihr gesunder Menschenverstand überzeugt von dem, was er vorgesetzt bekommt. Sie glaubt ungebrochen an das (viel zu oft ignorierte) Göttliche im Menschen: Eigenverantwortlichkeit und Eigenmächtigkeit, Selbstwert und Selbstheilungskräfte.
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Vielen Dank für den wirklich informativen Artikel mit so vielen, interessanten historischen Fakten.
Ich war vor einem Jahr auf einer Rundreise wieder (nach fast 30 Jahren wieder zum 1. Mal) in Stonehenge. Als dort morgens zwischen 5 und 6 Uhr zwischen den Steinen die Sonne aufging, war dies wirklich ein beeindruckter und heiliger Moment.