Stadt Wetzlar – ein besonderer Ort der Ruhe und Kraft
Zunächst war es mir nicht klar, warum es mich nach Wetzlar zog. Die Idee war spontan, weckte jedoch schnell meine Begeisterung. Ehrlich gesagt wusste ich nicht viel über die alte Stadt in Mittelhessen, es fühlt sich von Anfang an einfach gut an dort hin zu fahren und ich freute mich, einen Tag Auszeit zu nehmen und auch dort über Nacht zu bleiben.
Wetzlar
Die Kreisstadt Wetzlar (ca. 53.000 Einwohner) liegt im reizvollen Lahntal in Mittelhessen. Hier mündet die Dill in die Lahn.
Einst war es Siedlungsgebiet der Kelten, Germanen, Römer und Karolinger, Verbindungsstrecke auf dem alten Handelsweg zwischen Frankfurt, Köln und Antwerpen, Reichsstadt und letzte Stadt des einstigen Reichskammergerichtes. Die Ursprünge reichen bis in das 8. Jahrhundert zurück und die Stadt wurde urkundlich erstmalig 1141 erwähnt. Auch Goethe widmete ihr mit seinem Werk „Die Leiden des jungen Werthers“ einen Eintrag in die Geschichte.
Heutzutage hat sich Wetzlar einen Namen als Stadt der Optik gemacht. Es ist die Wiege der Kleinbildfotographie und die Stadt des „Sehens“. Das bringt mich gleich noch auf einen weiteren Gedanken. Dazu später mehr.
Der Dom und die Altstadt – oder Wetzlar erspüren
Direkt nach der Ankunft zog es mich auf direktem Wege in die Altstadt, die noch weitestgehend sehr gut erhalten ist. Schon auf dem Weg dorthin fiel mir auf, wie ruhig und ausgeglichen alles wirkt. Schmucke Fachwerkhäuser mit markanten Schieferdächern, kleine verwinkelte malerische Gassen und Gässchen, ebenso viele kleine Inhabergeführte Geschäfte und Geschäftchen, hier ein kleiner Platz, dort ein Platz… Die (Alt-)Stadt ist wirklich hübsch! Und dies nicht nur rein optisch. Ich dachte sofort: wow, was für eine Atmosphäre!
Auch wenn am Wochenende meines Besuchs Gallusmarkt war, was ich vorher nicht wusste, und viele Menschen durch die Altstadt schlenderten und Bühnen und Stände aufgebaut waren, war von Stress und Hektik keine Spur. Alles war ruhig, gelassen und richtiggehend entspannt. Jeder schien ganz in seiner eigenen Mitte zu sein. Ganz anders, wie es bei ähnlichen Veranstaltungen in anderen Städten ist. Ich ließ mich einfach treiben und nahm die schöne Atmosphäre und Ruhe des Städtchens in mich auf.
Plötzlich fiel mein Blick auf den Dom. Wie magisch angezogen. Dieser strahlte exakt dieselbe Ruhe und Atmosphäre aus. Es schien, als verschmelze die Altstadt mit dem Dom. In völliger Harmonie vereint. Mir stellte sich sofort die Frage: wer wirkt sich auf wen aus? Die Altstadt auf den Dom – oder der Dom auf die Altstadt. Beides schien eins zu sein, untrennbar mit einander verbunden. Und das auf harmonische Art und Weise.
Wenn man in die Stadtgeschichte eintaucht, wird dies zudem deutlich. Als Wetzlar Mitte des 14. Jahrhunderts verarmte, wurde auch der Dom nicht weitergebaut und blieb unvollendet. Und auch zwei große deutsche Religionen teilten sich einst den Dom. Als die Stadtbevölkerung zum evangelischen Glauben übertrat, wurde das Kirchenschiff evangelisch, der Chor blieb jedoch katholisch. Die lutherischen Bürger und die katholischen Stiftsherren nutzen somit die gleiche Kirche gemeinsam. Fast schon unvorstellbar.
Sehen, Fühlen, Wahrnehmen
Oben hatte ich schon erwähnt, dass Wetzlar auch die „Stadt des Sehens“ ist. Wenn man das Wort „sehen“ weiterdenkt, so kommt man sofort auf „sehen, fühlen, wahrnehmen“.
Nimmt man immer alles so wahr, wie es tatsächlich ist?
Ist es so, wie man es sieht?
Ist es so, wie es scheint?
Dies zu hinterfragen ist in Wetzlar ganz einfach. Durch die ganze Innenstadt zieht sich zum Beispiel der sogenannte Optikparcours. An vielen Stationen kann man in rein optischer Hinsicht mit dem Sehen experimentieren. Der Aspekt der Optik wird durch diese Stationen auf dem Parcours erfahrbar und verleitet dazu die Blickrichtung zu ändern und mehr zu sehen, als nur das Offensichtliche. Es verleitet zum genauen Hingucken.
„Ach, da ist ja noch was“, oder „oh, das erscheint ja nun ganz anders“.
Genauso, wie es auch im tagtäglichen Leben sein sollte. Genau schauen, sich hineinfühlen und einfach weitere Aspekte wahrnehmen, die auf den ersten Blick nicht vorhanden sind. Oder vielleicht doch?
Wetzlar – ein besonderer Ort der Ruhe und Kraft
Würde ich die Altstadt und den Dom von Wetzlar als Kraftort bezeichnen? Ja! Vielleicht nicht im herkömmlichen Sinne. Auf jeden Fall jedoch als einen besonderen Ort der Gelassenheit und des Wahrnehmens. Innere Ruhe trifft auf Perspektivwechsel.
Beides – die wundervolle Ruhe und Atmosphäre der Stadt auf der einen Seite und das „mehr sehen“ auf der anderen Seite machen Wetzlar zu einem wunderbaren Ziel.
Wetzlar ist für mich ein ganz besonderer Ort der Ruhe und Kraft.
04.11.2018
Sabine Stegmann
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