Schwierigkeit eigene Gedanken zu beobachten

Schwierigkeit - ein Mann versucht seine Gedanken zu beobachten und sieht Wassertropfen

Die Schwierigkeit, eigene Gedanken zu beobachten

Unsere Gedanken begleiten uns unaufhörlich. Sie formen unsere Wahrnehmung, unsere Gefühle und letztlich unser Handeln. Sie beeinflussen, wie wir die Welt erleben, wie wir auf Situationen reagieren und welche Entscheidungen wir treffen. Doch obwohl sie so allgegenwärtig sind, fällt es uns oft schwer, sie bewusst wahrzunehmen und zu beobachten. Das liegt unter anderem daran, dass unser Verstand permanent in Bewegung ist und sich von einem Gedanken zum nächsten hangelt, ohne dass wir aktiv Einfluss darauf nehmen.

Hinzu kommt, dass viele im Hintergrund ablaufen, ohne dass wir uns ihrer bewusst werden. Oft sind es unbewusste Muster, antrainierte Denkmuster oder tief verankerte Überzeugungen, die unser Denken und Fühlen bestimmen. Doch warum ist es so schwer, sich der eigenen Gedanken bewusst zu werden? Und welche Möglichkeiten gibt es, diesen Prozess zu verbessern, um mehr Kontrolle über unser Denken und damit über unser Leben zu gewinnen?

Die Natur unserer Anwandlungen

Gedanken entstehen spontan und meist unkontrolliert. Sie sind das Ergebnis von Erfahrungen, Erinnerungen und Einflüssen aus der Umwelt. Unser Gehirn verarbeitet kontinuierlich Informationen und generiert daraus neue Gedanken, die oft automatisch auftauchen. Manche erscheinen sinnvoll und konstruktiv, andere wiederum sind wirr, wiederholend oder sogar belastend.

Ein großer Teil unseres Denkens ist zudem unbewusst. Das bedeutet, dass wir viele unserer kognitiven Prozesse gar nicht bemerken. Unser Gehirn steuert uns oft auf Basis vorgefertigter Denkmuster und Gewohnheiten, ohne dass wir aktiv darüber nachdenken. Dies kann sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein: Einerseits spart es Energie und macht unseren Alltag effizienter, andererseits kann es dazu führen, dass wir in negativen Spiralen gefangen bleiben.

Automatische Gedanken und unbewusste Muster

Schwierigkeit - ein Mann versucht seine Gedanken zu beobachten und sieht Wassertropfen
KI unterstützt generiert

Viele unserer Eingebungen sind automatisierte Muster, die sich im Laufe unseres Lebens gebildet haben. Diese Muster erleichtern den Alltag, können aber auch problematische Denkweisen verstärken, wie Selbstzweifel, Ängste oder negative Selbstgespräche. Automatische Gedanken entstehen blitzschnell und oft ohne unser bewusstes Zutun. Sie können durch bestimmte Reize oder Erinnerungen ausgelöst werden und sich in Form von inneren Monologen manifestieren.

Besonders problematisch sind negative automatische Gedanken, die sich wiederholen und zu selbstschädigenden Denkweisen führen können. Beispielsweise kann ein Mensch, der in seiner Kindheit oft kritisiert wurde, später in belastenden Situationen automatisch annehmen: „Ich bin nicht gut genug“ oder „Ich werde scheitern“. Diese beeinflussen das Selbstbild und können langfristig das Verhalten prägen.

Herausforderungen der Selbstbeobachtung

1. Ablenkung durch Emotionen

Eingebungen sind oft mit starken Emotionen verbunden, die eine objektive Beobachtung erschweren. Wut, Angst oder Freude können unseren Blick auf die sie verzerren und verhindern, dass wir sie neutral betrachten. Besonders in stressigen oder emotional aufgeladenen Momenten neigen wir dazu, uns mit unseren Gedanken zu identifizieren, anstatt sie zu beobachten.

2. Schnelligkeit des Denkens

Unser Verstand produziert ununterbrochen neue Gedanken. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass ein Mensch täglich bis zu 60.000 Gedanken hat. Das Tempo, in dem diese entstehen und vergehen, macht es schwer, sie gezielt zu beobachten und zu analysieren.

3. Identifikation mit dem Denken

Häufig nehmen wir unsere Eingebungen als Wahrheit an, ohne sie zu hinterfragen. Diese Identifikation erschwert es, eine Distanz zu schaffen und die Gedanken von einem unabhängigen Standpunkt aus zu betrachten. Wer zum Beispiel denkt „Ich bin ein Versager“, hält diesen Gedanken oft für eine objektive Wahrheit, obwohl er nur eine subjektive Wahrnehmung ist.

4. Mangel an Bewusstheit

Viele Menschen haben nie gelernt, ihre inneren Einfälle bewusst wahrzunehmen. Die ständige Ablenkung durch digitale Medien, Arbeit und soziale Verpflichtungen erschwert es, Momente der Stille zu finden, in denen Selbstreflexion möglich ist.

Möglichkeiten zur Verbesserung der Selbstbeobachtung

1. Achtsamkeit und Meditation

Durch regelmäßige Meditationspraxis kann man lernen, Gedanken ohne Bewertung wahrzunehmen und sich nicht sofort mit ihnen zu identifizieren. Achtsamkeitsmeditation beispielsweise hilft dabei, Anwandlungen wie vorbeiziehende Wolken zu betrachten, anstatt sich von ihnen mitreißen zu lassen. Schon wenige Minuten täglicher Meditation können helfen, mehr Bewusstsein für die eigenen Gedanken zu entwickeln.

2. Schreiben und Reflexion

Das Führen eines Tagebuchs hilft, Muster zu erkennen und sich bewusst mit ihnen auseinanderzusetzen. Indem man aufschreibt, welche Gedanken immer wiederkehren, kann man sie besser analysieren und gegebenenfalls hinterfragen.

3. Kognitive Umstrukturierung

Durch gezielte Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie lassen sich automatische Einfälle identifizieren und hinterfragen. Eine beliebte Methode ist das sogenannte „Reframing“, bei dem negative Gedanken durch positive oder neutralere Interpretationen ersetzt werden.

4. Bewusste Pausen im Alltag

Momente der Stille, in denen man gezielt innehalten und seine Gedanken beobachten kann, fördern die Selbstreflexion. Dies kann durch kurze Achtsamkeitsübungen, Spaziergänge in der Natur oder einfach bewusstes Atmen geschehen.

5. Gespräche mit anderen

Sich mit anderen Menschen über Gedanken und Emotionen auszutauschen, kann helfen, die eigene Wahrnehmung zu erweitern. Manchmal erkennen andere Muster in unserem Denken, die uns selbst nicht bewusst sind.

6. Reduzierung von Reizüberflutung

Zu viele Informationen, ständige Erreichbarkeit und digitale Ablenkung machen es schwer, bewusster zu denken. Weniger Zeit mit sozialen Medien und digitalen Geräten zu verbringen, kann helfen, den Geist zu beruhigen und den Fokus nach innen zu lenken.

Fazit

Das Beobachten der eigenen Gedanken ist eine herausfordernde, aber lohnenswerte Aufgabe. Es erfordert Übung und Geduld, kann aber langfristig zu mehr Selbstbewusstsein, innerer Ruhe und Klarheit führen. Indem wir unsere Gedanken nicht als absolute Wahrheiten ansehen, sondern als vorübergehende mentale Ereignisse, können wir bewusster und freier handeln. Je mehr wir lernen, unsere Gedanken zu beobachten, desto weniger werden wir von ihnen kontrolliert – und desto mehr Kontrolle gewinnen wir über unser eigenes Leben.

15.08.2021
Heike Schonert

HP für Psychotherapie und Dipl.-Ök.

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Heike SchonertPerlen Zauber Heike Schonert

Heike Schonert, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Diplom- Ökonom. Als Autorin, Journalistin und Gestalterin dieses Magazins gibt sie ihr ganzes Herz und Wissen in diese Aufgabe.
Der große Erfolg des Magazins ist unermüdlicher Antrieb, dazu beizutragen, dieser Erde und all seinen Lebewesen ein lebens- und liebenswertes Umfeld zu bieten, das der Gemeinschaft und der Verbindung aller Lebewesen dient.

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