Zeitgeist – Denk- und Fühlweise einer bestimmten Epoche

Zeitgeist – ein deutscher Begriff

„Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
das ist im Grund der Herren eigner Geist,
in dem die Zeiten sich bespiegeln“.
(J.W. von Goethe – Faust I.)

Der Zeitgeist bezeichnet die Denk- und Fühlweise einer bestimmten Epoche.

Als Begriffsschöpfer gilt der Dichter und Philosoph Johann Gottfried Herder, der erstmals im Jahr 1769 in seiner in Riga erschienenen Schrift „Kritische Wälder oder Betrachtungen, die Wissenschaft und Kunst des Schönen betreffend, nach Maßgabe neuerer Schriften vom „Zeitgeist“ schrieb.

Die englische, französische und portugiesische Sprache hat das deutsche Wort „Zeitgeist“ übernommen.
Die Italiener sprechen von „spirito del tempo“, die Spanier von „espíritu de la época“
Die Wendung „genius saeculi „(„Geist des Zeitalters/ Jahrhunderts“) war – im Gegensatz zu „genius loci“ („Geist des Ortes“) – in der Antike unbekannt.

Der Zeitgeist regiert also, wo traditionelle normative Orientierungen und Verhaltensstandards fehlen.

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Er tendiert aber auch dahin, nonkonformes Denken auszugrenzen, denn auch er enthält normative Annahmen, Verhaltenserwartungen, Moralvorstellungen, Tabus und Glaubenssätze, die sich regulierend auf das Verhalten des Individuums auswirken, aber auch von ihm getragen werden.
Johann Wolfgang von Goethe beschreibt den Zeitgeist als ein gesellschaftliches Übergewicht, als ein Dominanz- oder hegemoniales Verhältnis.

„Wenn eine Seite nun besonders hervortritt, sich der Menge bemächtigt und in dem Grade triumphiert, dass die entgegen-gesetzte sich in die Enge zurückziehen und für den Augenblick im stillen verbergen muss, so nennt man jenes Übergewicht den Zeitgeist, der denn auch eine Zeitlang sein Wesen treibt.“

Der deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) geht davon aus, dass einfach alles auf der Welt in ständiger Bewegung ist: das Leben jedes einzelnen, die Natur, die Geschichte, die Gesellschaft. Dabei unterliegt jede Epoche einem bestimmten “Zeitgeist”: Eine historische Epoche reiht sich nicht willkürlich an die nächste, sondern folgt einem logischen Bewegungsprinzip.

Hegel verwendet dafür als Metapher das Wachsen einer Pflanze:

Auch hier gehorchen die Reifephasen einem inneren Prinzip. Für Hegel folgt die Geschichte einer vorgegebenen Logik, in der es immer wieder zu historischen Widersprüchen und Umwälzungen kommt. Es sind Dialektische Veränderungsprozesse, die die Menschheit und damit die Geschichte jedes Mal ein Stück weiterbringen, davon war Hegel überzeugt.

Seine Theorie des Werdens wandte Hegel auch auf Gott an, was ihm vor allem in der katholischen Kirche wenig Sympathie einbrachte. Denn Hegel war der Auffassung, dass Gott als Entität nicht immer schon a priori einfach da gewesen sei, sondern erst im Laufe der Weltgeschichte zu dem wurde, was er nun ist: ein “Weltgeist”, der die Summe aller Epochen in sich vereint. Als Hegel dann auch noch sagte, dass er die katholische Lehre von der Transsubstantiation (Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi in der heiligen Messe.) für Humbug halte, musste er sich dafür offiziell entschuldigen und seine Äußerungen zurücknehmen.

Die Kulturwissenschaftlerin Kirstine Fratz weiß, wie der Zeitgeist funktioniert. cover zeitgeist kristine fratz

Warum er so viel Macht hat über uns. Und warum wir alle so getreulich mitmachen. Ihr im Jahr 2017 erschienenes Buch zeigt, wie der Zeitgeist uns allen seine aktuelle Vorstellung von einem gelungenen Leben zuflüstert und unmerklich zu unserem Kompass für Erfolg und Lebensleistung wird.

Er weist uns den Weg, damit alles gut wird. Und schon ist man gefangen im Spannungsfeld der Zeitgeist-Dynamik. Mal ist man ganz vorne mit dabei, mal hechelt man hinterher, immer begleitet von der Angst, den Anforderungen der Zeit nicht zu genügen. Keiner kommt an ihm vorbei. Denn Zeitgeist ist so viel mehr als Lifestyle und Marketing. Er durchdringt alle Lebensbereiche mit seiner neuen Vision vom idealen Leben. Und wir ergreifen diese neuen Chancen, etwa für ein gesünderes Leben und für erfolgreichere Kinder. Bis der Zeitgeist wieder seine Richtung ändert und uns mit neuen Versprechen für ein gelungenes Leben lockt.

03.07.2025
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

https://kardiosophie.network


Über Roland R. Ropers

Ehrfurcht vor dem Leben Roland Ropers Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

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