Nordamerikanische Mythologie und Club of Rome

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Der Weg des Kreises – Nordamerikanische Mythologie und Club of Rome

Die erstaunlichen Parallelen zwischen nordamerikanischer Mythologie und dem Club of Rome

Einen aufrüttelnden Blick auf die Zukunft veröffentlichte vor Kurzem der Club of Rome in seiner neusten Publikation „Earth for All“. Der Bericht beeindruckt durch seine umfassende Sicht auf die aktuelle Zeit und die kommenden klimatischen Veränderungen. Aus den verschiedensten Fachrichtungen wurden wissenschaftliche Erkenntnisse zusammengetragen, in detaillierten Computersimulationen miteinander verwoben und potentielle Szenarien für die Zukunft entworfen. Die Ergebnisse sind teils erschütternd, teils beängstigend – und doch keineswegs neu.

Seit Jahrzehnten warnen Klimawissenschaftler vor dramatischen Veränderungen, und auch andere Bevölkerungsgruppen erheben seit ebenso langer Zeit ihre Stimme, denn das Wissen um die aktuellen Entwicklungen ist tief in deren kulturelle Tradition eingebunden. Die Rede ist von den Ureinwohnern Nordamerikas. Seit 1945 die Atombombe auf Hiroshima fiel, suchte das Volk der Hopi aus dem heutigen US-Bundesstaat Arizona um öffentliches Gehör für die Prophezeiungen ihrer uralten Mythologie. Die Botschaften für die aktuelle Zeit sollten von der ganzen Welt gehört werden, enthielten sie doch wegweisende Informationen und Ratschläge.

Die Vorhersagen der Hopi decken sich mit den Kernaussagen von Prophezeiungen anderer indigener Nationen. Und sie decken sich auch erstaunlich genau mit der Publikation „Earth for All“.

Alte Mythologie in einen modernen Kontext übersetzt

Beim Interpretieren einer Mythologie, deren Ursprünge vermutlich bis zum Anbeginn der Menschheit reichen, ist ein gewisses Fingerspitzengefühl gefragt. Schließlich bezieht sich die Symbolsprache darin auf eine vollkommen andere Zeit, andere Kultur und andere geographische Region als die Unsere. Dementsprechend erschließt sich der wahre Kern erst, wenn man die Symbolik im gesamten kulturellen Kontext begreift und die zentralen Aussagen heraus kristallisiert.

Wie bereits oben angedeutet, tragen auch andere indigene Völker Prophezeiungen in ihren Traditionen. Was die Vorhersagen der Hopi besonders auszeichnet, sind der lange Zeitraum, auf den sie sich beziehen und die hohe Trefferquote.

Wann die Prophezeiungen der Hopi entstanden sind, ist heute nicht mehr festzustellen. Vermutlich sind sie genauso alt wie das Volk der Hopi selbst und wurden durch die traditionelle Weitergabe von einer Generation zur nächsten bewahrt. Etwa um 1900 herum wurde eine graphische Skizze der Vorhersagen in einen Felsen graviert, der seitdem als „Prophecy Rock“ bekannt ist.
Diese Skizze beschreibt den zeitlichen Ablauf verschiedener markanter Ereignisse. Diese Ereignisse werden „Zeichen“ genannt und dienen als Orientierung, an welchem Punkt sich die Menschheit momentan auf dem Zeitstrahl befindet.

Die Zeichen der Hopi-Prophezeiung

Im Rückblick und mit großem zeitlichen Abstand lassen sich die Zeichen tatsächlich historischen Ereignissen zuordnen. Da ist zum Beispiel die Ankunft Christoph Kolumbus‘ in Amerika, mit der sich auch eine neue Kultur ausbreitet. Die Zeitlinie der Hopi spaltet sich auf, und ab diesem Zeitpunkt gibt es zwei Lebensweisen, die parallel existieren: die traditionelle Art der Hopi und die moderne westliche Lebensweise, die geprägt ist von Technologie und rasanten Entwicklungen. Über einen langen Zeitraum verlaufen diese beiden Zeitlinien parallel zueinander, und es gibt sogar Querverbindungen dazwischen, die andeuten, dass ein Wechsel zwischen den beiden Lebensweisen in beide Richtungen möglich ist.

Weitere Zeichen der Hopi-Mythologie werden dem Bau von Eisenbahnschienen und Telefonleitungen sowie der Erfindung von Autos und Flugzeugen zugeordnet. Selbst die Atombombe kann in der Symbolik eines bestimmten Zeichens erkannt werden.

Je näher die Zeichen an der heutigen Zeit liegen, umso schwieriger wird es, sie einem konkreten Ereignis zuzuordnen. So gibt es wie bei der Verbreitung der Automobile in den USA kein genaues Datum, ab dem man mit Sicherheit behaupten kann, dass ein bestimmtes Zeichen eingetreten ist. Selbst wenn ein neues Ereignis dem Symbol sehr ähnlich ist, besteht immer noch die Möglichkeit, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein anderes, noch akkurater zutreffendes Ereignis eintreten wird.

Unsere aktuelle Position auf dem Zeitstrahl

Mit ziemlicher Sicherheit kann man aber davon ausgehen, dass wir uns inzwischen sehr weit hinten auf dem Zeitstrahl befinden. Noch immer gibt es zwei getrennte Zeitachsen, wobei die Zeitlinie der westlichen Welt in einem symbolischen Zickzack-Kurs große technologische Fortschritte, unterbrochen von ebenso großen Krisen beschreibt. Eine dieser Krisen wird dem zweiten Weltkrieg zugeordnet. Laut der Hopi sind inzwischen alle Zeichen eingetreten bis auf das letzte – ob dieses allerletzte Zeichen bereits stattgefunden hat oder nicht, dazu gehen die Meinungen auseinander.

Laut der Mythologie beginnt nach Eintritt dieses letzten Zeichens eine große Phase der Reinigung auf der Welt. In unserem modernen Verständnis kann dies als eine Art Selbstreinigung der Erde interpretiert werden. Solche geschieht durch Naturereignisse, die wir als sehr zerstörerisch erleben – Überschwemmungen, Brände, Erdbeben, Wirbelstürme.
Im Laufe dieser „Reinigung“ verschwindet, so besagt es die Mythologie, die westliche Lebensweise. Nur die traditionelle Lebensweise der Hopi wird Bestand haben – eben jene Lebensweise, die auch als „der Weg des Kreises“ bezeichnet wird.

Der Weg des Kreises

Wie bereits oben beschrieben, besteht in der Mythologie fortwährend die Möglichkeit, von einem Lebensstil zum anderen zu wechseln. Hierbei geht es nicht um eine kulturelle Aneignung der Hopi-Traditionen, sondern vielmehr darum, den symbolischen Gedanken des „Kreises“ zu leben.

Der „Weg des Kreises“ ist eine Lebensart, die das Leben und die natürlichen Abläufe als eine fortwährende Verschachtelungen von Kreisläufen begreift. Im einfachsten Sinne bedeutet sie eine Kreislaufwirtschaft, in der man sich bewusst ist, dass die Erde ein in sich geschlossenes System ist. Ressourcen werden wiederverwendet oder harmonisch in den Kreislauf der Natur zurückgeführt.

Doch der „Weg des Kreises“ geht weit über wirtschaftliche Belange hinaus. Er steht auch für eine gesellschaftliche Kreisbildung. Sitzt eine Gruppe von Menschen im Kreis, kann jeder direkt in das Gesicht aller anderen blicken. Aus der Sitzform heraus ist kein Anführer erkennbar, alle sitzen in gleicher Entfernung zum Mittelpunkt des Kreises. Auf diese Art drückt der Kreis bereits als Sitzordnung die höchstmögliche Gleichheit aller aus. Maximale Gleichberechtigung und die Sichtbarkeit jedes Einzelnen – das ist die gesellschaftliche Symbolik des Kreises.

Die Regel der sieben Generationen

Werden wichtige Entscheidungen in einem solchen Kreis getroffen, gehören auch jene zum Kreis, die zwar nicht körperlich anwesend sind, aber von den Auswirkungen der Entscheidung betroffen sein werden. Dies schließt Lebewesen aller Art mit ein – Tiere und Pflanzen, aber auch weitere Naturgebilde wie Flüsse oder Berge. Auch auf deren Belange und Recht auf Unversehrtheit soll Rücksicht genommen werden.

Ebenso gehören die zukünftigen Generationen zu den unsichtbaren Teilnehmern des Kreises. Bei einschneidenden Veränderungen werden auch sie von den Folgen betroffen sein, und dies gilt es zu berücksichtigen. Als Daumenregel gilt die Frage: „Welche Auswirkungen wird unsere Entscheidung auf die nächsten sieben Generationen haben?“ Sieben Generationen sind ein Zeitraum, den wir Menschen gerade noch so intuitiv erfassen können, nämlich die Zeitspanne von unseren Urgroßeltern bis hin zu unseren Urenkeln.

Der „Weg des Kreises“ bedeutet auf gesellschaftlicher Ebene somit, die Rechte und Belange eines jeden Einzelnen zu respektieren und berücksichtigen und dabei der Natur und den kommenden Generationen ein ebenso großes Mitspracherecht einzuräumen.

Die Parallelen zwischen den Vorhersagen

Eine konsequente Kreislaufwirtschaft und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts als einziges zukunftstaugliches Modell – in dieser Aussage decken sich die Vorhersagen der Hopi mit denen des Club of Rome.

Ähnlich wie die Hopi über „Zeichen“ sprechen, haben Klimaforscher „Kipppunkte“ definiert, die markante und unwiderrufliche Entwicklungen des Klimawandels skizzieren. Auch bei diesen Kipppunkten gibt es Unwägbarkeiten, ob sie bereits eingetreten sind oder nicht. In einer jüngst veröffentlichten Studie kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die verkettete Eskalation der Kipppunkte bereits weiter vorangeschritten ist als bisher vermutet, und einzelne Kipppunkte schon jetzt unausweichlich geworden oder eventuell sogar schon überschritten sind.

Der Club of Rome beschreibt in „Earth for All” zwei mögliche Szenarien für unsere gesellschaftliche Lebensweise: „Too Little Too Late“, was unserem gewohnten System entspricht, und „Giant Leap“, was im Wesentlichen dem „Weg des Kreises“ entspricht. Wie bei der Zeitachse der Hopi ist es möglich, auf den jeweils anderen Weg umzuschwenken. Auch der Club of Rome äußert sich ähnlich dramatisch über die Gefahren des Klimawandels, nennt seine Publikation im Untertitel sogar „Einen Survivalguide für unseren Planeten“. Es geht um nichts Geringeres als um das blanke Überleben unserer Spezies. Der Weg des „Too Little Too Late“ wird mit schwindelerregender Wahrscheinlichkeit sich selbst die Lebensgrundlage zerstören und kann nur in der Katastrophe enden. Eine Zukunft für die Menschheit ist dennoch möglich – aber nur auf dem Weg des „Giant Leap“, der Mensch und Natur in ihren Kreisläufen respektiert.

Was wir aus den Vorhersagen lernen können

Indigene und Wissenschaftler kommen gleichermaßen zu den selben Schlüssen. Die einen auf dem Weg der Spiritualität, in dem sie besonders geübt und erfahren sind. Die anderen auf dem Weg der Forschung, auf dem sie bestens bewandert sind. Egal, wie man das Blatt dreht und wendet, die Zukunftsprognosen sind ziemlich deutlich. Ebenso die angeratenen Verhaltensweisen.

Sowohl Klimaforscher als auch die Hopi betrachten sehr große Zeiträume in ihren Vorhersagen. Uns als Individuen interessiert dagegen hauptsächlich, ob bestimmte Ereignisse noch innerhalb unserer eigenen Lebensspanne eintreten werden. Es kann durchaus sein, dass wir die großen Veränderungen der Welt nicht mehr selbst erleben werden.

Nichtsdestotrotz können wir das Wissen um die bevorstehenden Veränderungen nutzen, um unseren nachfolgenden Generationen die dafür notwendigen Fertigkeiten mit auf den Weg zu geben. Wir können ihnen Rücksichtnahme und Empathie beibringen – gegenüber ihren Mitmenschen, anderen Lebewesen, der Natur. Wir können ihnen ihre eigene Verantwortung bewusst machen, auf dass sie ihre Talente zum Wohle aller einsetzen und auch für diejenigen einstehen, die selbst keine Stimme haben. Wir können ihnen zeigen, wo unser Trinkwasser und unsere Nahrung herkommen. Wir können ihr Bewusstsein für die natürlichen Kreisläufe schärfen. Wir können mit ihnen in den weiten, nächtlichen Sternenhimmel blicken und sie Demut lehren vor der übermächtigen Natur. Das zu tun, ist eine wahrhaft weise und zukunftsträchtige Entscheidung.

23.10.2022
Corinna Bürger de Oliveira


Über Corinna OliveiraCorinna Bürger de Oliveira 

Corinna Bürger de Oliveira (geboren 1982) ist Schamanin und Akademikerin.
Sie besitzt zwei Studienabschlüsse in Informatik von Universitäten in Deutschland und Australien. 13 Jahre lang arbeitete sie für globale Konzerne in der Medizinbranche. Ihre Arbeit brachte sie in die verschiedensten Länder und Krankenhäuser der Welt und in Kontakt mit den unterschiedlichsten Kulturen. 2018 wurde sie als Schamanin initiiert und widmet sich seitdem verstärkt ihrem schamanischen Wirken.

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