Christus-Wirklichkeit und Weihnachten. Lichtfest ewiger spiritueller Neugeburt
Jeder trägt für sich die Entscheidung, wie er seine Lebensenergie zum Einsatz bringen möchte. Für eine gewisse Wegstrecke braucht man erfahrene Lehrer und Meister, bis man mit dem großen kosmischen Energiefeld in Einklang gekommen ist.
Der im Stall von Bethlehem vor über 2000 Jahren geborene Jude Jesus von Nazareth wird im Johannes-Evangelium 14,6 zitiert:
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“
Auf dem spirituellen Weg geht es um die Verbindung mit dem Kraftfeld, das im innersten Wesensgrund eines jeden Erdenbürgers verborgen ist und immer wieder ans Licht gebracht werden muss.
Diese Christus-Wirklichkeit ist ein von allen Konfessionen und divergierenden Glaubenssätzen befreites kosmisches Prinzip, das wir jedes Jahr zu Weihnachten als Fest unserer ewigen Neugeburt feiern dürfen.
„Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren
und nicht in Dir,
so bleibst Du ewiglich verloren.“
(Angelus Silesius, „Der Cherubinische Wandersmann“)
Wenn die Deutschen sich „Fröhliche Weihnachten“ wünschen, sagen die Engländer: „Merry Christmas“, die Franzosen: „Joyeux Noël“, die Italiener: „Buon Natale“, die Spanier: „Feliz Navidad“. Im Englischen nimmt man Bezug auf ein fröhliches Christus-Fest, in den romanischen Sprachen auf eine fröhliche, gute und glückliche Geburt.
Das deutsche Wort „Weihnachten“ fällt völlig aus dem Rahmen.
Aus dem Germanischen wīha (heilig) wurde die „Heilige Nacht“, die bei uns am 24. Dezember, dem „Heiligen Abend“ gefeiert wird, während in vielen Ländern erst der 25. Dezember als christlicher Feiertag gilt. Aber es sind letztlich sehr willkürliche Datenfestlegungen, denn das Geburtsdatum Jesu wird im Neuen Testament überhaupt nicht genannt und war den Urchristen völlig unbekannt, die sich für die Todestage, nicht aber für die Geburtstage ihrer Märtyrer interessierten.
Johannes Scheffler (1624 – 1677) wurde in Breslau geboren. Studium der Medizin in Leyden und Studium der Schriften Jakob Böhmes, Jan van Ruysbroecks und anderer Mystiker. In Padua Promotion zum „Dr.phil. et med.“.
Am 12. Juni 1653 trat der Lutheraner Johannes Scheffler in der Breslauer St.-Matthias-Kirche zur römisch-katholischen Kirche über und erhielt den Namen Johannes Angelus. Um Verwechslungen mit dem 1608 in Darmstadt gestorbenen gleichnamigen lutherischen Theologen Johannes Angelus zu entgehen, fügte Scheffler fortan in seinen Schriften die Bezeichnung „Silesius“ (der Schlesier) an.
Die Konversion Schefflers erregte großes Aufsehen.
Als Hauptgrund für diesen Schritt dürfte man die Enttäuschung über die starre Haltung der lutherischen orthodoxen Geistlichkeit ansehen, wie sie in dem ausgesprochenen Publikationsverbot zum Ausdruck kam. In zahlreichen Rechtfertigungsschriften versuchte Angelus Silesius seinen Konfessionswechsel zu begründen.
Wichtiger für das Verständnis des mystischen Denkers sind jedoch die Textformen, die auch seinen literarischen Ruhm („Der Cherubinische Wandersmann“ u.v.a.) begründen: prägnante Sinnsprüche, Epigramme, auf wenige Zeilen komprimierte, pointierte Paradoxa, geschliffene Aussagen in These und Antithese.
Hier tritt uns das Grundproblem mystischen Denkens in überzeugender Form gegenüber: das Bedürfnis, anderen die eigenen inneren Erfahrungen mitzuteilen, stößt an die Grenzen der Ausdrucksfähigkeit und Mitteilbarkeit. Widersinn wird so zum Sinn. Widersprüche werden nicht nur aufgezeigt, sondern sie haben einen Hinter-Sinn, der den Weg zur Einheit weist, die hinter den Dingen steht. Durch Krankheit gezeichnet, vereinsamt und verbittert lebte Angelus Silesius bis zu seinem Tode am 9. Juli 1677 im Kreuzherrenstift von St. Matthias in Breslau.
„Mensch werde wesentlich: denn wann die Welt vergeht
So fällt der Zufall weg – das Wesen das besteht“.
(Der Cherubinische Wandersmann, II, 30)
Die Erfahrung der Christus-Wirklichkeit ist der ewig lebendige Neugeburts-Prozess, der zur Angstfreiheit und Glückseligkeit (Sanskrit: Ananda) führt.
Der chinesische Weise Lao Tse beschreibt im 14. Kapitel des TAO TE KING geradezu genial das Geheimnis des Weges. Kenntnis vom TAO kann man nicht mit Hilfe der Sinne erlangen: man kann es nicht sehen, hören oder anfassen. Es hat seinen Sitz im intuitiven Bewusstsein und kann nur über seine Auswirkung in der sozialen Lebenswelt wahrgenommen werden – in seiner Auswirkung auf Vorstellungen, Geschehensabläufe und gesellschaftlichen Wandel. Weltliche Ereignisse treten immer wieder in sich stets wiederholenden Zyklen auf, und Anhänger des TAO lernen, diesen Kreislauf zu durchschauen und zu transzendieren. Jeder, der auf dem Weg ist, spürt den Ursprung der eigenen Existenz.
Jesus sagt in dem bedeutungsvollen Johannes-Kapitel 14,
„Das Gespräch über den Weg zum Vater“ (Vater und Gott sollte man als Urgrund verstehen):
„Wenn Ihr mich erkannt habt, werdet Ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt (die Betonung liegt auf dem Wort: jetzt) kennt ihr ihn und habt ihn gesehen“.
Die institutionalisierten christlichen Kirchen haben die spirituelle Botschaft von Jesus Christus nicht verstanden, und anstatt die Aussagen dieser großartigen Injektion (wörtlich: das Hineinwerfen in das Dasein), authentisch zu verkünden, wird mit Projektionen (Hinauswerfen) manipuliert, wo periphere, vom Zentrum losgelöste Spekulationen zu teilweise hohen Preisen und Mitgliedsbeiträgen erzeugt werden.
Der spirituelle Meister zeigt den sicheren Weg zum Ursprung unseres Seins auf. Diese Wegweisung ist ohne spezielle Methode, weil das Einüben in die Gegenwärtigkeit nichts anderes als bedingungslose Achtsamkeit (engl.: unconditional watchfulness) erfordert.
Der Meister lässt den Schüler an seiner Gegenwart teilhaben:
Wenn Ihr mich seht, schaut Ihr auf den Urgrund.
Im 14. Kapitel des Tao Te King lesen wir:
Schau, er kann nicht gesehen werden – er ist flüchtig.
Lausche, er kann nicht gehört werden – er ist geräuschlos.
Greife zu, er kann nicht gehalten werden – er ist unfassbar.
Diese drei können nicht festgehalten werden.
Sie verschmelzen zu einem.
Wenn er aufsteigt, erglitztert er nicht.
Wenn er herabsteigt, verdunkelt er nicht.
Wie ein endloser Faden, ohne Namen.
Kehrt er ins Nichts zurück.
Die formlose Form.
Das bildlose Abbild.
Er entschwindet und schäumt hervor.
Stehe ihm gegenüber, und Du siehst nicht sein Antlitz.
Folge ihm, und Du siehst nicht seinen Rücken.
Verweile mit dem Weg der alten Zeit.
In seiner Gegenwart werden wir gewahr.
Den uralten Anfang zu kennen, das ist das Wesen des Weges.
19.12.2024
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist
Über Roland R. Ropers
Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar– und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.
Buch Tipp:
Kardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle
von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu
Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.
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