Wissenschaft und Jenseitskontakte – So sollten Jenseitskontakte nicht auf ihre Aussagenspezifität untersucht werden!
Die wissenschaftliche Untersuchung von Medien begann im 19. Jahrhundert. So wurde 1879 die Cambridge Society for Psychical Research gegründet, um Medien zu untersuchen sowie die Society for Psychical Research (SPR) 1882 in London [1].
Ein Schwerpunkt in der wissenschaftlichen Untersuchung mit Medien bezieht sich auf die Erforschung der Aussagenspezifität von Medien im Jenseitskontakt also darauf, ob ein Medium genaue spezifische Informationen von einer verstorbenen Person unter bestimmten experimentellen Versuchsbedingungen erhalten kann.
Seit den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen mit Medien im 19. Jahrhundert haben Wissenschaftler in den letzten zwei Jahrzehnten Forschungen mit Medien unter der Anwendung verschiedener experimenteller Protokolle durchgeführt, um die Aussagenspezifität zu untersuchen [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9].
Die verschiedenen experimentellen Protokolle, welche verwendet wurden, um die Aussagenspezifität von Medien zu erforschen, variieren in der Anwendung von Verblindungen, dem Vorhandensein eines Proxisitters, verschiedener Bewertungssysteme der Sitter für die Messwerte sowie der durchgeführten statistischen Analysen [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9].
Bei der wissenschaftlichen Erforschung der Aussagenspezifität von Medien und dem gewählten experimentellen Protokoll sollten alle weiteren möglichen Quellen von PSI mit berücksichtig werden. Innerhalb der Parapsychologie ist PSI ein Oberbegriff für die extrasensorische Wahrnehmung (ESP), anomalistische Kognition oder Psychokinese (PK) [10].
Wissenschaftliche Hypothesen für die möglichen Quellen von PSI
Aus welcher Quelle die von Medien angezeigten Informationen stammen könnten, zeigen die drei folgenden Hypothesen.
- „Super PSI – Hypothese“ oder „Living – Agenten PSI Hypothese“
Bei der „Super PSI – Hypothese“ wird davon ausgegangen, dass die Informationen, welche ein Medium erhält, durch die paranormalen Fähigkeiten oder PSI der lebenden Person erklärt werden kann [11]. Für den Begriff „Super PSI – Hypothese“ haben die Wissenschaftler Michael Sudduth sowie Stephen Braude die genauere Bezeichnung „Living – Agenten PSI Hypothese“ eingeführt [12]. - Die „Psychic Reservoir“ oder „Cosmic Reservoir“ Hypothese
Nach dieser Hypothese sind alle Informationen seit Beginn der Zeit oder des Ursprunges irgendwo im Universum auf eine bestimmte Art und Weise gespeichert und das Medium greift als Informationsquelle auf diesen kosmischen Speicher zu [11]. Die Informationen stammen somit nicht direkt von einer verstorbenen Person, dessen Bewusstsein nach dem physischen Tod weiter bestehen könnte [11]. - Die „Survival Hypothese von PSI“
Die „Survival Hypothese von PSI“ bezieht sich auf das Überleben des Bewusstseins oder Teile des Bewusstseins der Persönlichkeit eines Individuums nach seinem physischen Tod als Fortbestand des Bewusstseins getrennt von dem physischen Körper [11]. Nach dieser Hypothese könnte das Medium direkt Informationen von dem überlebenden Bewusstsein einer verstorbenen Person erhalten [11]. Das Medium könnte Informationen von der verstorbenen Person erhalten, indem die verstorbene Person telepathisch Informationen an das Medium sendet oder das Medium erhält durch eine Art „telepathisches Scannen“ der Gedanken der verstorbenen Person Informationen [11].
Proxisitter „ja“ oder „nein“?
Der Proxisitter ist ein Experimentator, welcher bei der Lesung mit dem Medium anwesend ist, jedoch nicht die Person ist also der eigentliche Sitter, für die die berichteten Informationen während einer Lesung bestimmt sind [13]. Ein Proxisitter nimmt also stellvertretend die Position des Sitters ein und kann verblindet sein, also keine Informationen über die verstorbene Person oder den Sitter besitzen.
Damit ein Medium während einer wissenschaftlichen Untersuchung auf die Aussagenspezifität keine Betrugstechnik wie das „Cold Reading“ (scharfsinniges beobachten, nonverbales und verbales Feedback des Sitters sowie eine aktive Frage / Antwort Technik) einsetzen kann, um eine genaue Lesung zu erzeugen, sollte ein Proxisitter eingesetzt werden, der verblindet ist, also keine Informationen über die Verstorbenen und den Sitter besitzt [13].
Wissenschaftler sind zu dem Schluss gekommen, dass Experimente mit Proxysittern eine höhere Effektstärke besaßen als Experimente ohne Proxysitter und konnten nicht die Behauptung stützen, dass die Motivation einer verstorbenen Person, mit einem Medium zu kommunizieren, durch die Anwesenheit des tatsächlichen Sitters verstärkt werden könnte [13].
Verblindungen „ja“ oder „nein“?
Verblindung eingesetzt bei der wissenschaftlichen Forschung mit Medien bedeutet, dass das Medium, der Proxysitter, der Sitter und weitere Experimentatoren, welche zu der wissenschaftlichen Untersuchung gehören, bestimmte Informationen nicht kennen. Ziel einer ausreichend eingesetzten Verblindung ist es, Betrugstechniken wie „Cold – Reading“, „Hot – Reading“, andere betrügerische Mittel, sensorisches Feedback und gegebenenfalls Telepathie zwischen dem Medium und dem Sitter zu verhindern.
Ausführliche Informationen über Betrugstechniken wie das „Cold – Reading“ und „Hot – Reading“ erhalten sie in meinem Artikel auf Spirit Online „Reading oder wirkliche Botschaften von Verstorbenen?“.
Wissenschaftler, welche in den letzten zwei Jahrzehnten Forschungen mit Medien zur Aussagenspezifität durchgeführt haben, verwendeten experimentelle Protokolle ohne Verblindung mit ein, zwei, drei oder fünf Blindstufen [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9].
Beispiele für Verblindungen
- Medium
Das Medium ist verblindet. Es hat keine Informationen über die verstorbene Person und den eigentlichen Sitter. - Proxysitter
Der Proxysitter ist verblindet. Er hat keine Informationen über die verstorbene Person und den eigentlichen Sitter. - Sitter
Der Sitter ist verblindet. Er hat keine Informationen über das Medium und weiß bei der Bewertung der transkribierten Lesungen nicht, welche Lesung die Informationen zu seinem verstorbenen enthält. Somit ist der Sitter bei der Bewertung blind. - Experimentatoren
Sind weitere Experimentatoren beteiligt so können diese verblindet sein, wie zum Beispiel der Experimentator, welcher den Sittern für die Bewertung die transkribierten Lesungen per E-Mail zuschickt, hat keine Informationen über das Medium und die Verstorbenen und weiß somit auch nicht welche Lesung Informationen über einen bestimmten Verstorbenen enthält.
Dr. Julie Beischel führte Studien mit Medien durch unter der Verwendung eines experimentellen Protokolls mit fünf Blindstufen, welches „Cold – Reading“, „Hot – Reading“, andere betrügerische Mittel, sensorisches Feedback und auch den Erhalt von Informationen durch Telepathie zwischen dem Medium und dem Sitter ausschließt, da das Medium keine Informationen über den Sitter besitzt, der Proxisitter keine Informationen über den Sitter besitzt und der Sitter keine Informationen über das Medium besitzt [6, 7, 8,].
Unter folgenden »»» Link können sie einen ausführlichen Einblick in die wissenschaftliche Arbeit von Dr. Julie Beischel erhalten.
In meinem Artikel auf Spirit Online „Zertifizierungsprogramm für Jenseitsmedien“ ist das Verfahren mit fünf Blindstufen, welches Mediumship & Research Verein für Medialität & Afterlife Forschung (M&R) e. V. für die kostenlose Zertifizierung von Medien verwendet, ebenfalls sehr anschaulich erklärt.
Wissenschaftler führten eine Metaanalyse verfügbarer Studien von 2001 bis Dezember 2019 durch, welche die Genauigkeit, der von Medien während eines Jenseitskontaktes empfangenen Informationen untersuchten [14]. Innerhalb der Metaanalyse wurde auch der Grad der Verblindung mitberücksichtigt, welcher auch ein entscheidender Faktor ist für die Beurteilung das einige Medien in der Lage sind, Informationen über eine verstorbene Person zu erhalten [14].
Qualitative Kriterien für ein experimentelles Protokoll
Die durchgeführten Studien in den letzten zwei Jahrzehnten mit Medien zur Aussagenspezifität verwendeten verschiedene experimentelle Protokolle, welche nach bestimmten qualitativen Kriterien bewertet werden können [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9].
Einsatz eines Proxisitters. Proxisitter ist verblindet und hat keine Informationen über die Verstorbenen und den Sitter.
Das Medium ist verblindet. Es hat keine Informationen über die Verstorbenen und den Sitter.
Der Sitter ist verblindet. Er hat keine Informationen über das Medium und ist bei der Bewertung blind.
Weitere Experimentatoren sind verblindet.
Bewertung der Qualität des Bewertungssystem für die Messwerte und der anschließenden durchgeführten statistischen Analyse.
Die EREAMS – Studie
Die EREAMS – Studie (Empirical Research of the Effectiveness and Authenticity of Messages of Spirit) untersuchte die Authentizität von Botschaften von den an der Studie beteiligten deutschen Medien Tanja Schlömer und Bettina-Suvi Rode [4]. Die wissenschaftliche Leitung an der Studie hatte Prof. Dr. rer. medic. Oliver S. Lazar und er untersuchte insgesamt 500 Sittings nach dem britischen Spiritismus auf die Authentizität der medial vermittelten Botschaften sowie auf den Glauben und Trost [4, 15].
Die Teilnehmer der Studie waren internationale Sitter, welche ein Sitting, welches eine Länge von 45 min hatte, bei einen der Medien gebucht hatten [4]. Die EREAMS – Studie ist nach Angaben von Prof. Dr. rer. medic. Oliver S. Lazar eine fragenbogenbasierte, empirische Studie im Mixed-Methods-Ansatz, welcher qualitative sowie quantitative Forschungsstrategien kombiniert [4].
Die EREAMS – Studie arbeitete ohne Verblindung sowie ohne Einsatz eines Proxysitters und hatte bewusst auf den Einsatz von Verblindungen verzichtet auch aufgrund der nachträglich verifizierbaren Informationen, welche dem Sitter während des Sittings völlig unbekannt gewesen sind [15]. Aus den Daten für nachträglich verifizierbare Informationen, welche dem Sitter während des Sittings unbekannt waren, wurde in der EREAMS – Studie die Schlussfolgerung gezogen, dass nur der Verstorbene die Quelle für nachträglich verifizierbare Informationen sein kann [15].
Da in der EREAMS – Studie weder mit Verblindungen und dem Einsatz eines verblindeten Proxysitters gearbeitet wurde, kann kein „Cold – Reading“, „Hot – Reading“, sensorisches Feedback und Telepathie zwischen dem Medium und dem Sitter ausgeschlossen werden.
Für Informationen, welche durch den Sitter nicht während des Sittings verifiziert werden können, lassen sich durch Recherche nach dem Sitting andere Quellen zur Verifizierung finden. Da keine Verblindung stattgefunden hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Medium Zugang zu Informationen gehabt hat, welche dem Sitter während des Sittings zunächst unbekannt gewesen sind oder diese Informationen durch „Cold – Reading“ entstanden sind.
Das experimentelle Design der EREAMS – Studie kann nicht eindeutig zeigen, dass die Informationen, welche die Medien, während der Sittings erhalten haben, wirklich nur von einer verstorbenen Person stammen können, da es nicht zuverlässig „Cold – Reading“, „Hot – Reading“, sensorisches Feedback und Telepathie zwischen Medium und Sitter ausschließen kann.
Bei der Betrachtung qualitativer Kriterien für ein experimentelles Protokoll, was für die Untersuchung der Aussagenspezifität von Medien verwendet wird, ist die EREAMS – Studie neben den sehr umstrittenen Forschungen von Dr. Gary Schwartz ein weiteres Beispiel dafür, wie Medien nicht auf ihre Aussagenspezifität untersucht werden sollten [14, 16].
Bildquelle: www.istockphoto.com 1. Tymn, M. (2011). The History of Survival Research. Paranthropology: Journal of Anthropological Approaches to the paranormal. Vol. 2 No. 1 ISSN: 2044-9216.
2. Schwartz G. E. (2003). The Afterlife Experiments: Breakthrough Scientific Evidence of Life After Death. Atria; Reprint Edition ISBN: 9780743436595.
3. Jensen, C. G., & Cardeña, E. (2009). A controlled long – distance test of a professional
medium. European Journal of Parapsychology, 24, 53-67.
4. Lazar, O. S. EREAMS – Studie (Empirical Research of the Effectiveness and Authenticity of Messages of Spirit) https://jenseits-von-materie.de/ereams-studie/
5. O’Keeffe, C., & Wiseman, R. (2005). Testing alleged mediumship: Methods and results. British Journal of Psychology, 96, 165-179.
6. Beischel, J., & Schwartz, G. E. (2007). Anomalous information reception by research mediums demonstrated using a novel triple-blind protocol. EXPLORE: The Journal of Science Healing, 3, 23-27.
7. Beischel, J., Boccuzzi, M., Biuso, M., & Rock, A. J. (2015). Anomalous information reception by research mediums under blinded conditionsI: Replication and extension. EXPLORE, (2), 136-142.
8. Beischel, J. (2021). Beyond Reasonable: Scientific Evidence for Survival.
https://www.bigelowinstitute.org/wp-content/uploads/2022/10/beischel-scientific-evidence-survival.pdf
9. Tressoldi, P., Liberale, L., Sinesio, F., Bubba, V., Pederzoli, L., & Testoni, I. (2022a). Mediumship accuracy: A quantitative and qualitative study with a triple-blind protocol. EXPLORE, 18(4), 411–415. https://doi.org/10.1016/j.explore.2021.05.009.
10. Rock, A. J. & Storm, L. (2015). Testing Telepathy in the Medium/Proxy-Sitter Dyad: A Protocol Focusing on the Source-of-Psi Problem. Journal of Scientifi c Exploration, Vol. 29, No. 4, pp. 565–584, 2015.
11. Rivas, T.P.M. (2009). Is Super-Psi Really a Suitable Alternative for All Survival Data? https://www.researchgate.net/publication/309196518_Is_Super-Psi_Really_a_Suitable_Alternative_for_All_Survival_Data.
12. Beischel. J. & Rock, A. J. (2009). Addressing the survival versus psi debate through process-focused mediumship research. The journal of parapsychology 73.
13. Rock, A. J. et. al (2021). A Meta-Analysis of Anomalous Information Reception by Mediums: Assessing the Forced-Choice Design in Mediumship Research,
2000-2020. https://www.researchgate.net/lab/Adam-J-Rock-Lab
14. Sarraf, M. et. al (2021). Anomalous information reception by mediums: A meta-analysis of the scientific evidence. EXPLORE (NY). 2021 Sep-Oct;17(5):396-402. doi: 10.1016/j.explore.2020.04.002.
15. Lazar, O. S. (2024). Wissenschaft & Jenseitskontakte | Mitschnitt vom medialen Abend in Kettwig | Teil 1, YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=WoTs97bp1KI&t=820s
16. Hyman, R. ((2003). “How not to test mediums critiquing the afterlife experiments.” Skeptical Inquirer.
https://skepticalinquirer.org/2003/01/how-not-to-test-mediums/
20.03.2024
Herzlichst,
Dr. rer. hum Jana Stapel
Diplom – Biologie, Medium, mediale Beratung, Wahrnehmungs-Coaching
E-Mail: mediumdr.stapel@gmail.com
Webseite: www.medium-dr-janastapel.com
Bildquelle: www.istockphoto.com/de
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Im Podcast “Nachtodkontakte und Trauerprozess” von Jana Stapel erfahren Sie weitere interessante Informationen:
“Nachtodkontakt Erfahrungen sind Kontakt- und Kommunikationserfahrungen mit Verstorbenen. Doch welche verschiedenen Nachtodkontakt Erfahrungen gibt es, können eingeleitet, angefordert oder einfach erlebt werden? Können Nachtodkontakt Erfahrungen neben gängigen Trauerinterventionen sowie Therapien die Trauer von Hinterbliebenen lindern und somit positiv beeinflussen?”
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“Eine Vielzahl von Menschen weltweit beobachten oder erleben selbst psychische Fähigkeiten wie Hellsichtigkeit. Trotzdem gibt es auch Menschen, welche noch nie psychische Fähigkeiten wie Hellsichtigkeit erlebt haben oder bei Familienmitgliedern beobachteten. Sind nun alle Menschen laut Genen hellsichtig?”
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Über Dr. rer. hum. Jana Stapel
Als Medium kombiniert sie in ihren Vorträgen und Seminaren das Wissen aus der Bewusstseinsforschung, Reinkarnationsforschung, Nahtodforschung, Medialitätsforschung und Quantenphysik mit ihren eigenen Erfahrungen, die sie als Medium gemacht hat.
In ihrer Praxis in Rostock bietet sie Jenseitskontakte, Kontakt zum eigenen Geistführer als mediale Beratung, ein Wahrnehmungscoaching in Zusammenarbeit mit dem eigenen Geistführer, Mediale Abende, Mediale Übungszirkel sowie verschiedene Vorträge und Seminare an.
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