Eine Geschichte der Glückssuche

Frauengesicht mit Berglandschaft

Eine Geschichte der Glückssuche

Ich möchte euch eine inspirierende Geschichte erzählen. Sie handelt von einer Frau, deren Name mir entfallen ist. Um die nachfolgende Erzählung geschmeidiger zu gestalten und nicht immer wieder mit der lieblosen Bezeichnung „die Frau“ auf sie zu verweisen, wollen wir ihr einen Namen geben und sie Saskia nennen.

Leider kann ich mich auch nicht mehr daran erinnern, in welchem Buch mir ihre Geschichte begegnete, weil es einfach zu lange her ist. Ich weiß noch, dass Saskia nicht die Autorin des besagten Buches ist, ihr Fall war nur einer von vielen, die darin betrachtet wurden. Aber der Inhalt ihrer Geschichte ist mir detailreich im Gedächtnis geblieben, weil er mich so sehr an meinen eigenen ‘Weg’ erinnert hat. Die Parallelen waren wirklich erstaunlich. In gewisser Weise gehen wir alle diesen ‘Weg’…

Ich bin mir sicher, dass viele LeserInnen dieses Beitrags sich selbst mehr oder weniger in der folgenden Geschichte wiedererkennen werden… Saskias Biographie ist in ihrer Essenz die Biographie der gesamten menschlichen Spezies.
Saskia berichtete, dass sie seit ihrer frühen Kindheit stets über einen sehr fokussierten Geist verfügte. Sie verspürte immer das Bedürfnis, sich auf etwas Bestimmtes zu konzentrieren, dem sie ihre ganze Aufmerksamkeit und Liebe schenken konnte.

Die Suche in Objekten

Es begann als kleines Kind mit Spielzeug. Wenn sie ein Lieblingsspielzeug hatte, pflegte das liebenswerte Mädchen es allen stolz zu zeigen und frohlockend zu verkünden, dass es für sie das Wichtigste auf der Welt sei, das Wichtigste im Leben. Sie hielt dieses Spielzeug für die Quelle all ihrer Freude und glaubte, ohne es nicht glücklich sein zu können. Diese Wertschätzung hielt in der Regel ein paar Tage, höchstens ein paar Wochen an.

Dann wurde dieses Spielzeug langweilig und der Wunsch nach einem neuen kam auf. Und so ging es weiter und weiter. Jedes neu erworbene Spielzeug war eine Zeit lang interessant, bis es sie langweilte und sie sich ein neues Spielzeug wünschte.

Als Saskia älter wurde, änderten sich allmählich die Objekte ihrer Begierde. Es handelte sich nun nicht mehr um Barbiepuppen oder Tierfiguren, sondern meist um größere ‘Spielzeuge’ – ein hübsches Kleidchen, neue Schuhe, ein neues Fahrrad, ihr erstes Handy, ihr erster Motorroller usw. Was sich jedoch nicht änderte, war die Tatsache, dass keines dieser Objekte sie allzu lange befriedigen konnte.

Die Suche in anderen Menschen

Als sie sich in ihrer Jugend zum ersten Mal glücklich verliebte, dachte sie, sie sei nun endlich „angekommen“. Erstmals war das Objekt ihrer Begierde kein Gegenstand, sondern ein lebendiger Mensch – ihr gutaussehender Freund. Diesmal ging es um die Liebe, die alle ihre Mitmenschen für den Sinn des Lebens, das Größte überhaupt hielten, was ja durch romantische Hollywood-Filme bestätigt wird. So war sie sicher, ihr Ziel erreicht zu haben. Aber wie es der ‘Zufall’ will, hielt diese Beziehung nicht lange – genau wie ihre nachfolgenden Partnerschaften.

Der Beginn der spirituellen Suche

Nun begann Saskia als junge Frau, getrieben von einer inneren Sehnsucht, sich spirituellen Lehren zuzuwenden. Sie las ein spirituelles Buch nach dem anderen – und ihr Lieblingsbuch wurde für sie das neue Wichtigste auf der Welt. Sie schleppte dieses Buch überall mit sich herum, las es immer wieder aufs Neue und erfreute sich daran. Wenn sie dieses Buch vergaß oder es aus irgendwelchen Gründen nicht mitnehmen konnte, dann litt sie regelrecht darunter.

Irgendetwas in ihr wusste, dass dieses Buch zwar ein ‘spirituelles’ Objekt war, aber eben immer noch nur ein Objekt. Sie suchte ihr Glück offensichtlich immer noch an demselben Ort, an welchem es niemals gefunden werden kann. Nachdem sie das Buch etwa zehnmal gelesen hatte, wandte sie sich anderen Büchern zu. Immer wieder fiel ihr ein neues Buch in die Hände, das alle bisherigen übertraf und sie noch mehr begeisterte als alle Werke, die sie sich bis dato zu Gemüte geführt hatte. So folgte ein vermeintliches ‘Lieblingsbuch’ auf das andere…

Die Worte in all diesen spirituellen Büchern waren so schön und kraftvoll, aber dennoch waren es eben nur Worte. Irgendwann ermüdete sie jedes Buch. Schließlich erreichte Saskia einen Punkt, an dem sie alle Bücher frustriert beiseite legte. Sie hörte auf zu lesen.

Kann ein Kind die Lücke füllen?

Inzwischen befand sie in einer funktionierenden und harmonischen Beziehung mit einem liebevollen Mann, von dem sie aufgrund früherer Enttäuschungen nie erwartet hatte, sie glücklich zu machen. Befreit von dieser unmöglichen Forderung, lebten die beiden konfliktfrei.

Die junge Dame war zwar immer noch nicht dauerhaft glücklich, aber immerhin wusste sie, dass es nicht am falschen Partner lag. Kein Mann der Welt konnte sie glücklich machen.

Schließlich kam die Frage auf, ob Saskia und ihr Lebensgefährte ein Kind bekommen sollten. Sie dachte sich: „Die Leute sagen, dass es nichts Schöneres auf der Welt gibt, als Eltern zu sein. Vielleicht ist es das, was in meinem Leben fehlt. Aber wenn ich ein Kind habe, werde ich mir unweigerlich Sorgen machen. Das Kind kann nicht immer bei mir sein. Früher oder später wird es ausziehen und sein eigenes Leben führen, bestenfalls unabhängig von mir. Wenn ein eigenes Kind die Quelle des Glücks ist, dann müssten alle Eltern glücklich sein. Das ist nicht der Fall. Auch dort ist kein bleibender Friede zu finden.“

Ohnehin hatte Saskia längst beschlossen, ihr Glück nicht mehr von anderen Menschen abhängig zu machen. Sie war außerdem reflektiert genug, um sich ehrlich zu fragen: „Wünsche ich mir das Kind um meiner selbst willen, um mich selbst zu bereichern? Erwarte ich dann von diesem armen Kind, wie von meinen früheren Partnern, meine Erwartungen zu erfüllen und mich glücklich zu machen? Oder sehne ich mich wirklich nach einem Kind um des Kindes willen, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen?“

Sie war in ihren spirituellen Erkenntnissen weit genug fortgeschritten, um zu wissen, dass sie niemandem wirklich das Leben schenken kann – denn das Leben ist da, bevor der Körper geboren wird. Wenn die entsprechende Seele in diese Welt kommen will, wird sie leicht eine andere Gebärmutter finden. Also beschloss sie, kein Kind zu bekommen.
Allmählich begann Saskia zu ahnen, dass wahres Glück durch nichts und niemanden in dieser Welt sichergestellt werden kann.

Die Suche in anderen Welten

Nun vertiefte sie sich energischer als je zuvor in spirituelle Lehren und lernte zu meditieren. Sie wusste mittlerweile zweifelsfrei aus Erfahrung, dass beständiges Glück in keinem Buch und in überhaupt keinem Gegenstand dieser Welt liegt. Also strebte sie nun nach einer bestimmten Erfahrung…
Sie dachte: „Wenn mich kein Mensch aus dieser Welt glücklich machen kann, dann vielleicht ein Wesen aus einer anderen Welt!“

Nachdem sie sich nacheinander zahlreichen großen spirituellen Lehrern aus verschiedenen Zeitaltern zugewandt hatte und ihre Aufmerksamkeit auf keinen von ihnen lange gerichtet halten konnte, weil jeder von ihnen gewisse Vorzüge gegenüber den anderen hatte, aber keiner in jeder Hinsicht absolut vollkommen zu sein schien, fühlte sie Verzweiflung.

Nach der Betrachtung etlicher göttlicher Wesen blieben nur noch Buddha, Jesus und Krishna in ihrem Geist zurück. Krishna vermochte sie am stärksten zu verzaubern – und so entstand in ihrem Herzen der intensive Wunsch, ihn leibhaftig zu sehen.

„Wenn ich die Schönheit Krishnas, von der seit Jahrtausenden Millionen Menschen schwärmen, mit eigenen Augen sehen könnte, dann würde meine Sehnsucht für immer gestillt sein“, dachte sie.
Also setzte sie sich voller Entschlossenheit hin, um über ein Mantra zu meditieren. Monatelang wiederholte Saskia Krishnas Namen bei jeder Gelegenheit – Tausende Male an jedem einzelnen Tag, manchmal sogar nächtelang.

Gerade als sie die Hoffnung aufgeben wollte, erschien ihr Krishna tatsächlich in einer höchst intensiven Vision. Er war von einem gewaltigen Licht umgeben, blickte und lächelte sie direkt an und war schöner als alles, was sie je zuvor gesehen hatte.

Nach dieser Erfahrung war sie mehr denn je davon überzeugt, dass sie nun das wahre Glück gefunden hatte.

Von da an wiederholte sich dieses Erlebnis fast jeden Tag. Sie genoss den Anblick der göttlichen Gestalt. Manchmal kam es sogar zu einer liebevollen Kommunikation zwischen ihnen, die ihre Seele in höchstem Maße erfrischte. Krishnas Lichtgestalt umarmte sie, was sie regelmäßig in unbeschreibliche Ekstase versetzte.

Mein Schatz, das ist es nicht!

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KI unterstützt generiert

Doch jede Erfahrung kommt und geht. Das gilt auch für die intensivsten Wahrnehmungen. Ohnehin wurde sie von der göttlichen Liebe derart überwältigt, dass es beinahe unerträglich schien. Sie hatte das Gefühl, diese Ekstase nicht lange aushalten zu können. Noch etwas fiel ihr auf: Je häufiger sie diese Erfahrung machte, desto mehr nahm der Genuss ab.

Als es in tiefer Mediation mal wieder zur göttlichen Vereinigung kam, sprach Krishna selbst voller Mitgefühl mit seiner himmlischen Stimme zu ihr: „Hör zu, mein Schatz, das ist es nicht! Ich komme aus dir selbst!“ – und verschwand. Er kehrte nie wieder zurück, aber das enttäuschte sie nicht sonderlich. Sie hatte kein Verlangen mehr nach ihm.

Zwei Geschichten, welche Saskia in der Literatur vor Jahren begegnet waren, tauchten nun in ihrem Gedächtnis wieder auf und sie konnte sie zum ersten Mal verstehen…

Einst berichtete ein eifriger Schüler seinem Zen-Meister von einem gewaltigen Licht, das er in seiner Meditation erblickt hatte. Voller Erwartung war er gespannt auf die Reaktion des Meisters. Diese fiel zu seiner Überraschung jedoch überaus nüchtern aus. Völlig unbeeindruckt antwortete der Meister mit ruhiger Stimme: „Das geht vorüber. Meditiere weiter!“

Einer relativ ähnlichen Geschichte zufolge suchte ein Mönch seinen Meister mit der Bitte auf, ihm ein Wiedersehen mit seinen verstorbenen Verwandten zu ermöglichen. Der Meister fragte: „Und dann?“
„Dann bin ich endlich wieder mit ihnen vereint und erfreue mich ewiger Glückseligkeit! Ich vermisse sie so sehr. Du sagst, es gibt keinen Tod und sie alle leben noch. Bitte hilf mir! Oder kann mir erst das Ende dieses Körpers diese größte Freude schenken? Ich möchte nicht warten.“, antwortete der Schüler.

Der Meister blieb eine Weile still und entgegnete dann: „Einige der Menschen, die dir am liebsten sind, leben immer noch auf dieser Erde, und doch bist du nicht bei ihnen, sondern hier, weil dein Wahrheitsdurst größer ist als deine Anhaftung an Freunde und Familie. Als deine verstorbenen Angehörigen, nach denen du dich jetzt so sehnst, noch unter uns waren, wolltest du nicht pausenlos Zeit mit ihnen verbringen. Ihre Anwesenheit war kein Garant für deine Zufriedenheit. Wie kommst du auf die verrückte Idee, dass es im Jenseits anders sein werde? Du wirst von der Freude des Wiedersehens vorerst überwältigt sein, ihre Gesellschaft vorübergehend genießen und dich letztlich doch unerfüllt fühlen, solange dein innerster Geisteszustand derselbe bleibt. Erkenne, wer du wirklich bist. Dann wirst du glücklich sein, alleine und mit anderen.“

Nach ihren zahlreichen Krishna-Visionen verstand die Frau aus unserer Geschichte auch das Sprichwort:

“Wenn du den Buddha triffst, dann töte ihn!“ Die Bedeutung: Es geht um seine Lehre, nicht um ihn als Person. Das Sprichwort warnt davor, seine Sehnsucht nach Erfüllung auf irgendjemanden zu projizieren. Das gilt selbst für die großen göttlichen Wesen. Als Individuen sind sie letztendlich nicht wichtig.
Ein falscher Meister mit einem Ego wird sagen: „Seht mich an!“

Jeder authentische Meister wird sagen: „Sieh dich selbst an! Ich habe nichts, was du nicht auch hast. Ich BIN nichts, was du nicht auch bist!“

Kein wahrer Meister möchte, dass du dich dauerhaft auf ihn konzentrierst und ihn zum Wichtigsten erklärst (und wenn doch, dann nur als vorübergehendes Werkzeug oder Instrument der Erforschung, um einen tieferen Zustand zu erreichen). Stattdessen wollen alle großen Meister, dass du ebenso bist wie sie! Sie wollen keine Fans oder Follower, sondern gleichgesinnte Freunde, damit die gemeinsame Entdeckung der einheitlichen Wahrheit gemeinschaftlich gefeiert werden kann.

Der Sehende wurde übersehen

Saskias Verzweiflung auf der hartnäckigen Suche nach Glück hatte nun ihren Höhepunkt erreicht.
Monate später, als sie lethargisch dasaß, kam ihr plötzlich und ohne offensichtliche Ursache ein Geistesblitz … Sie war plötzlich in der Lage, ohne ersichtlichen Grund eine tiefe Freude zu empfinden, und sie erkannte sofort, woher diese kam – aus ihrem eigenen Bewusstsein.

Sie erkannte unmittelbar, dass dieses Bewusstsein immer das Einzige war, ist und sein wird, das für immer ‘bei ihr’ ist, das ihr nie genommen werden kann – und somit die einzige wirklich verlässliche Quelle für dauerhaftes Glück.

Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Zum allerersten Mal verstand sie die dringende Empfehlung aus der legendären Weisheitsschrift ‘Ashtavakra Gita’: „Begehre nur dein eigenes Gewahrsein!“

„ES FEHLT MIR AN NICHTS!
ICH BIN DAS, WONACH ICH GESUCHT HABE!“

Dieser Gedanke, der unendlich viel mehr als ein bloßer Gedanke war, durchfuhr ihren Geist wie eine Lichtexplosion. Danach erschienen eine ganze Weile lang keine weiteren Gedanken mehr.

Saskia spürte das pure Leben, die intensive Lebendigkeit, die immer da gewesen ist, aber von nach außen gerichteten Gedanken verdeckt worden war. Als die Suche die Grenzen der beachtlichen Ausdauer erreicht und sich erschöpft hatte, offenbarte es sich. Saskia hatte so lange nach neuen Wolken gesucht, neue Wolken erschaffen, dass sie nicht bemerkte, wie sie gerade dadurch die Sonne selbst verbarg. Erst als sie alle Hoffnung aufgab, als sie aus der puren Erschöpfung und Frustration heraus aufhörte, neue Wolken zu kreieren, und endlich innehielt, erblickte sie die Sonne. Als sie vollkommenes Glück kaum mehr für möglich hielt und folglich nicht mehr danach suchte, ‘kam’ es von selbst zu ihr.

„Der Paradiesvogel landet nur auf der Hand, die nicht zugreift.“
(John Berry)

Von da an fuhr sie fort, die Natur ihres eigenen Wesens zu erforschen – indem sie sich einfach des Bewusstseins bewusst war und blieb – und spürte jenseits aller Zweifel, dass dieses Bewusstsein immer in einem Zustand tiefen Friedens ruht, dass es immer voller Freude ist und dass diese Freude daher immer sofort verfügbar ist, unabhängig von ausnahmslos allen Umständen.

Je mehr Aufmerksamkeit sie diesem Bewusstsein schenkte (die es sich selbst schenkte), desto deutlicher erkannte sie, dass es völlig unzerstörbar ist. Sie wusste zweifelsfrei, dass es weder vom Gehirn, noch vom Körper, noch von der Welt abhängig ist, dass es absolut unsterblich und unerschütterlich ist.

Es gab zwar immer noch alte Gewohnheitsimpulse, die sie dazu brachten, sich auf die Außenwelt zu konzentrieren, was sie regelmäßig von diesem reinen Sein ablenkte, aber sie ‘kehrte’ immer wieder zu ihm ‘zurück’ (wurde sich dessen erneut bewusst), bis sie blieb. Schließlich lebte sie mit dem ständigen Gewahrsein des Gewahrseins.
Ohne objektive Eigenschaften, völlig frei von Begrenzungen, kann diese ewig-frische Lebendigkeit niemals langweilig werden.

Das Lachen des Buddha

Angesichts dieser Erkenntnis konnte Saskia nicht aufhören zu lachen. Sie lachte um ein Vielfaches mehr als alle anderen um sie herum, weil sie sich immer wieder darüber wunderte, wie sie so lange das vollkommen Offensichtliche hatte übersehen können. Sie konnte nicht anders, als immer wieder wie ein Kind darüber zu staunen, wie unglaublich einfach es ist! Wir rennen vor uns selbst davon!

Wie der spirituelle Lehrer Eckhart Tolle sagte: „Das Himmelreich kommt nicht mit Zeichen, um wahrgenommen zu werden, denn du bist es! Es kann niemals ein Objekt des Bewusstseins werden, weil es das Bewusstsein selbst ist. Das ist das Geheimnis des Lebens! Und es ist so einfach!“

Wenn sie nun gefragt wird, was ihr im Leben am wichtigsten ist, dann antwortet Saskia mit einem breiten, vom Herzen kommenden Lächeln: „Das Leben selbst! Mein eigenes Bewusstsein!“

Das könnte durchaus als Egoismus missverstanden werden, wenn man nicht erkennt, dass Bewusstsein allumfassend ist. Jeder und alles ist in ‘deinem’ Bewusstsein enthalten (auch die illusionären Ideen ‘mein’ und ‘dein’).

Mit dem Wissen, dass alle Gottheiten und Meister Ausdruck ihres eigenen Selbst sind – was jede Trennung zwischen ihr und ihnen als Illusion entlarvte -, war sie nun in der Lage, sie (und alle Wesen) tiefer als je zuvor zu lieben.
Wann immer sie das Bild oder die Statue einer Gottheit sah, strahlte sie vor Freude und verneigte sich demütig. Wenn sich jemand darüber wunderte (angesichts ihrer Erkenntnis des nicht-dualen Absoluten) und sie fragte, warum sie das tat, antwortete sie lachend: „Dieser Körper verneigt sich vor seiner Quelle – meinem wahren Selbst, dem einen Selbst von allem!“

Das Bewusstsein ist das, was wir alle am meisten lieben, denn ohne seine unleugbare Präsenz wäre alle Liebe unmöglich…

„Du willst lebendig sein. Du willst sein. Dieses ‘Ich bin’ ist das, was du wirklich am meisten liebst, mehr als alles andere.“
(Nisargadatta Maharaj)

Der große Weise Ramana Maharshi merkte einmal an, dass die Menschen den Tod nicht deshalb so sehr fürchten, weil sie Angst davor haben, den Körper zu verlieren, sondern weil sie befürchten, ihr bewusstes Leben/Sein zu verlieren. Das ist es, was wir wirklich lieben. Und wann immer wir glauben, dass wir etwas anderes mehr lieben als Das, sollten wir uns fragen, worauf dieses Andere beruht, wovon es abhängt und ob wir es – was immer es ist – auch ohne unser eigenes Selbst noch lieben und genießen könnten.

Offensichtlich nicht. Wenn also das intime Selbst das Kostbarste ist, warum sollten wir uns dann nicht hier und jetzt dieses Selbst bewusst machen, seine Natur erforschen und erkennen, dass es nichts gibt, wovor wir uns fürchten müssen?

Es ist keine neue Errungenschaft, sondern lediglich eine Wiederentdeckung dessen, was immer präsent ist – näher als nahe. Es ist nicht im Geringsten kompliziert, ganz im Gegenteil. Es ist für den komplexen Verstand zu einfach und zu offensichtlich. Diese Wiederentdeckung war der Auslöser von Saskias Lachen. Es ist das Buddha-Lachen eines Menschen, das sich einstellt, sobald er plötzlich bemerkt, dass er seine Brille gesucht hat, während er sie auf der Nase trug. Der Suchende ist das Gesuchte.

Wahrlich, das Bewusstsein, das sich JETZT dieser Buchstaben BEWUSST ist, ist die vollkommene Glückseligkeit, nach der Du suchst.

Das Ende jeder Suche

Die Suche ist vorbei. Schon längst hatte Saskia aus einer Einsicht heraus die materielle Suche aufgegeben. Viele Menschen erkennen noch nicht einmal die Notwendigkeit dieses ersten Schrittes. Nun hatte Saskia auch die spirituelle Suche fallen gelassen, was nur ein sehr geringer Anteil der sogenannten spirituellen Menschen wagt.
Saskia hat endlich die ewige Glückseligkeit ‘gefunden’, die sie ist – und die wir alle sind.

Diese inspirierende Geschichte erinnert mich an eine wundervolle Ausführung des genialen Advaita-Lehrers Rupert Spira, dem ich die letzten Worte dieses Beitrags überlassen möchte:

„Selbst wenn du die ultimative Erfahrung machen würdest, nach der du dich sehnst, würdest du sie nicht für immer wollen. Du würdest dich irgendwann langweilen. Früher oder später kann uns auch das beste Objekt, das wir uns vorstellen können, nicht mehr zufriedenstellen. Kein Gegenstand und kein Mensch kann uns zufriedenstellen. Keine objektive Erfahrung kann uns dauerhaften Frieden und Glück schenken. Irgendwann müssen wir dieser Tatsache ins Auge blicken.
Keine wunderbare Beziehung, kein wunderbarer Lehrer, kein besonderer Geisteszustand, keine körperliche Verfassung, kein Gesundheitszustand, kein Wohlstand – früher oder später müssen wir klar erkennen, dass uns nichts davon bleibendes Glück bescheren kann.
Solange unser Wunsch nach Glück in objektive Erfahrungen investiert ist, werden wir immer versuchen, eine Erfahrung durch eine andere Erfahrung zu ersetzen. Aber wenn uns wirklich klar ist, dass uns keine Erfahrung Glück bringt, dann beginnt unser Motiv, die aktuelle Erfahrung durch eine neue Erfahrung zu ersetzen, zu schwinden.
Nichts ist in unserer gegenwärtigen Situation vorhanden, das uns daran hindern könnte, vollkommen glücklich zu sein. Das gilt für jede Situation.
Siehe einfach, dass das, was Du im Wesentlichen bist – dieses nackte Sein – von Natur aus erfüllt ist. Alles, was notwendig ist, ist, klar zu erkennen (zu spüren), dass unser Selbst von sich selbst erfüllt ist.
Du kannst immer noch Aktivitäten und Beziehungen begehren und genießen – nicht als Quelle des Glücks, sondern als Mittel, um dein Glück auszudrücken. Bewege dich von diesem Standpunkt aus durch die Welt, begegne den Menschen nicht als potentielle Quellen der Liebe oder des Glücks, sondern einfach, um unser Sein zu teilen und zu feiern.“

13.10.2024
Simon Bartholomé
Kontakt: simon.bartholome@yahoo.de

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Simon Bartholomé Bartholome-Simon Die Schönheit des Todes

ist Autor, als Referent für Vorträge und Seminare tätig, dies bisher vorrangig zum Thema ‘Tod‘ für Hospizvereine.
Er verfasste vier Bücher zum Thema, die allesamt veröffentlicht wurden: „Über Gott und die Welt“ (2015), „Du bist Bewusstsein!“ (2016), „Wer bin ich? Die Essenz der Spiritualität“ (2017) und „Die ewige Vollkommenheit des Seins“ (2022).
Sein Herzensbedürfnis besteht darin, seine Mitmenschen daran zu erinnern, wer sie wirklich sind, damit sie furchtlos und glücklich leben können.

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