Lebensenergie sichtbar gemacht: Das Licht, das beim Tod erlischt
Ein Essay über Aura, Biophotonen und die stillen Brücken zwischen Wissenschaft und Spiritualität
Im Mai 2025 ging ein Bild um die Welt, das Fragen aufwirft, die lange als esoterisch galten. Zwei Mäuse. Eine lebend, die andere kürzlich verstorben. Beide in absoluter Dunkelheit fotografiert – mit einer Kamera, die mehr sieht als wir. Die eine Maus leuchtet, die andere nicht.
Was das Forscherteam um Daniel Oblak von der Universität Calgary dabei sichtbar machte, war nicht Symbolik, sondern Wissenschaft: lebendige Zellen strahlen Licht ab, eine ultraschwache Photonenemission, die im Moment des Todes nahezu vollständig erlischt. Das “Lebenslicht”, so könnte man sagen, ist messbar geworden.
Doch was heißt das? Ist es nur eine biochemische Randnotiz? Oder ein leiser Hinweis darauf, dass uralte Vorstellungen vom Leuchten des Lebens – von Aura, Qi, Chakren – vielleicht doch einen physischen Kern haben?
Diese Fragen berühren mehr als die Zellbiologie. Sie fordern unser Weltbild heraus. Denn sie führen mitten hinein in ein Spannungsfeld: zwischen dem, was wir messen können, und dem, was Menschen seit Jahrhunderten fühlen, ahnen, glauben.
Ein Licht, das nicht gesehen werden kann – und doch leuchtet
Biophotonen sind kein Wunder. Sie entstehen, wenn Zellen atmen, wenn Sauerstoff reagiert, wenn Moleküle Energie abgeben. Ein Nebenprodukt des Lebens, sagt die Wissenschaft. Und doch liegt darin eine stille Poesie. Denn dieses Licht ist nicht bloß Abfall – es ist Ausdruck von Ordnung, Lebendigkeit, Verbundenheit.
Was das Team um Oblak sichtbar machte, ist kein Energiefeld im mystischen Sinne. Es ist kein Beweis für das Dritte Auge, kein Foto der Seele. Und doch – es rührt an etwas. Es erinnert uns an die feine Grenze zwischen Materie und Bedeutung. An die Möglichkeit, dass nicht alles Unsichtbare deshalb irrelevant ist.
Vielleicht liegt genau hier das Neue: Nicht die Wissenschaft beweist die Spiritualität. Aber sie öffnet eine Tür. Eine Tür, durch die wir vorsichtiger, offener, und vielleicht demütiger gehen sollten.
Leben als Lichtstruktur – eine neue Metapher für Bewusstsein?
Die Biophotonenforschung eröffnet eine erstaunliche Idee: Dass lebende Organismen nicht nur funktionieren, sondern als geordnete Lichtsysteme existieren. Fritz-Albert Popp, einer der frühen Pioniere auf diesem Gebiet, sprach von einer “kohärenten Lichtemission” – einem inneren Orchester aus Photonen, das im Hintergrund jeder Zellfunktion spielt.
Kritiker hielten das für übertrieben. Doch selbst nüchterne Stimmen geben heute zu: Das Licht ist da. Es ist da in der Kommunikation der Zellen, vielleicht auch in der Regulation von Wachstumsprozessen. Und immer noch ist offen, ob es mehr ist als ein Nebengeräusch des Stoffwechsels. Ob es, im besten Sinne, Bedeutung hat.
Was wäre, wenn unser Bewusstsein – oder zumindest unser innerer Zustand – sich darin spiegelt? Erste Studien fragen, ob Stress, Schmerz, Anästhesie oder gar emotionale Zustände das Zellleuchten beeinflussen. Noch ist nichts bewiesen. Aber allein die Frage markiert einen Paradigmenwechsel: Das bisher Unsichtbare wird messbar. Und das rein Subjektive könnte Spuren in der Physik hinterlassen.
Eine neue Definition von Leben deutet sich an: Nicht nur Herzschlag oder Hirnwellen. Sondern auch: Licht, das geordnet ist.
Zwischen Wissenschaft und Spiritualität: Gefahr der Vereinnahmung
Hier lauert die nächste Herausforderung – nicht technischer, sondern kultureller Natur. Denn kaum war das Lebenslicht im Bild, begannen manche, alte Behauptungen bestätigt zu sehen: Aura-Heiler, Lichtnahrungs-Apostel, Schwingungsdiagnostiker. Die Versuchung ist groß, eine Entdeckung der Physik zur Legitimation spiritueller Systeme zu machen.
Doch Vorsicht: Die Kamera zeigt Photonen, keine Energiekörper. Sie misst keine Moral, keine Seele, kein Karma.
Wissenschaftliche Seriosität verlangt Trennung – zwischen dem, was gezeigt werden kann, und dem, was geglaubt wird. Und gerade weil das Lebenslicht real ist, darf es nicht für alles Mögliche herhalten. Denn sonst verliert es seine Kraft.
Gleichzeitig liegt hier auch eine Chance: Die Möglichkeit, dass Spiritualität sich nicht mehr rechtfertigen muss durch dogmatische Behauptungen, sondern durch die Tiefe der Erfahrung – und die Bereitschaft, sich prüfen zu lassen.
Vielleicht beginnt eine neue Art von Dialog: Spirituell in Haltung, wissenschaftlich in Methode.
Ethik des Unsichtbaren: Wenn man das Lebenslicht misst
Stellen wir uns vor: Es gäbe eine Technologie, die das Lichtprofil eines Menschen misst. Ein Bild, das zeigt, wie “lebendig” sein Gewebe ist, wie sehr sein inneres Feuer noch glimmt. Was würde das bedeuten – medizinisch, gesellschaftlich, menschlich?
Würden Ärzte danach entscheiden, ob ein Organ transplantabel ist? Würde man Burnout an der Haut sehen? Würde ein Mensch mit flackerndem Licht als “nicht leistungsfähig” gelten?
Hier beginnt der ethische Ernst des Themas. Denn was sich messen lässt, wird früher oder später bewertet. Und wo Licht als Indikator für Gesundheit oder Bewusstsein gilt, da könnte Dunkelheit stigmatisieren.
Das neue Sichtbare verlangt neue Verantwortung. Für Datenschutz. Für Würde. Für den Respekt vor der Tiefe, die sich nicht ganz ausleuchten lässt.
Spiritualität und Forschung: Eine Chance für neue Erdung
Vielleicht liegt die eigentliche Bedeutung dieser Forschung nicht in der Technik. Sondern in der Haltung, die sie nahelegt: Ein Staunen über das Leben. Ein Respekt vor dem Lebendigen – nicht nur, weil es funktioniert, sondern weil es leuchtet.
Viele spirituelle Traditionen haben das intuitiv erkannt. Sie sprechen von Lichtkörpern, von der Seele als Strahl, vom göttlichen Funken. Nicht als wissenschaftliche These – sondern als existentielle Erfahrung.
Dass nun ein Teil davon messbar wird, heißt nicht, dass Spiritualität “bewiesen” ist. Aber es könnte bedeuten: Die Sprache ändert sich. Was früher Mythos war, kann heute Metapher mit physikalischem Fundament werden. Und vielleicht entsteht so ein neues Weltbild – eins, das nicht zwischen Kopf und Herz, Wissenschaft und Glaube, Materie und Geist spalten muss.
Epilog: Das Flackern am Rand des Sichtbaren
Was wir sehen, bestimmt unser Denken. Doch manchmal liegt die Wahrheit in dem, was nur indirekt erkennbar ist. Ein leises Leuchten, das nur in vollkommener Dunkelheit sichtbar wird. So wie das Leben selbst – sichtbar erst, wenn wir still werden.
Vielleicht ist dieses Lebenslicht nicht die Antwort. Aber es ist eine Einladung. Zu einer neuen Frage. Zu einem neuen Sehen. Und vielleicht auch – zu einem neuen Umgang mit dem Wunder, lebendig zu sein.
Quellen (Auswahl):
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Oblak et al.: Imaging Ultraweak Photon Emission from Living and Dead Mice and from Plants under Stress, J. Phys. Chem. Lett., 2025
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CP24: What happens when we die? Light fades as life ends, 19.5.2025
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ntv.de: Lebenslicht gibt es wirklich – Aura erlischt mit dem Tod, 19.5.2025
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Spiegel.de: Biophotonen – Das rätselhafte Leuchten allen Lebens, 2005
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Medical News Today: What does science say about chakras?, 2022
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Spektrum.de: Synästhesie – Menschliche Aura entsteht im Gehirn, 2004
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NCCIH / NIH: Biofield Therapies: An Overview, 2023
24.05.2025
Uwe Taschow
Uwe Taschow
Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken – eine Erkenntnis, die schon Marc Aurel, der römische Philosophenkaiser, vor fast 2000 Jahren formulierte. Und nein, sie ist nicht aus der Mode gekommen – im Gegenteil: Sie trifft heute härter denn je.
Denn all das Schöne, Hässliche, Wahre oder Verlogene, das uns begegnet, hat seinen Ursprung in unserem Denken. Unsere Gedanken sind die Strippenzieher hinter unseren Gefühlen, Handlungen und Lebenswegen – sie formen Helden, erschaffen Visionen oder führen uns in Abgründe aus Wut, Neid und Ignoranz.
Ich bin Autor, Journalist – und ja, auch kritischer Beobachter einer Welt, die sich oft in Phrasen, Oberflächlichkeiten und Wohlfühlblasen verliert. Ich schreibe, weil ich nicht anders kann. Weil mir das Denken zu wenig und das Schweigen zu viel ist.
Meine eigenen Geschichten zeigen mir nicht nur, wer ich bin – sondern auch, wer ich nicht sein will. Ich ringe dem Leben Erkenntnisse ab, weil ich glaube, dass es Wahrheiten gibt, die unbequem, aber notwendig sind. Und weil es Menschen braucht, die sie aufschreiben.
Deshalb schreibe ich. Und deshalb bin ich Mitherausgeber von Spirit Online – einem Magazin, das sich nicht scheut, tiefer zu bohren, zu hinterfragen, zu provozieren, wo andere nur harmonisieren wollen.
Ich schreibe nicht für Likes. Ich schreibe, weil Worte verändern können. Punkt.