Was es bedeutet, dass Menschen Götter kreieren

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frau-fenster-meer-taube-womanSpiritualität und Weltsicht – was es bedeutet, dass die Menschen die Götter kreieren

Die Bibel erzählt es uns: Gott hat die Menschen geschaffen. Ohne ihn wären wir nicht hier. Was aber wäre, wenn in Wirklichkeit die Menschen die Götter geschaffen haben? Und damit die Sicht der Welt auf die Dinge?

„Am Anfang war das Wort“ heißt es in der Bibel. Doch am Anfang war das Nichts – bei den Gnostikern die Göttin Siege, aus der alles entstand. Sie gebar Wille und Gedanke und diese gebaren das Wort – damit war sie quasi die Großmutter des christlichen Gottes, wie wir ihn heutzutage kennen. Und so ist es überall auf der Welt – am Anfang war die Göttin. Die Große Mutter. Die Großmutter von allem und jedem.

Überall auf der Welt sahen die Menschen sich als Kinder dieser Großen Göttin.

Sie hatte keine bestimmte Form, sondern fand sich in allem wieder. Der Glaube daran, dass wir alle Kinder der Großen Göttin seien, zeigte sich auch in den Begräbnisritualen. So ließen die Menschen sich in Embryohaltung begraben – sie kehrten quasi in den Schoß der Mutter zurück. Die Große Göttin war demnach nicht entfernt in einem Himmel lebend, sondern sie war alles um uns herum. Sie war die Erde, die uns nährte und ernährte. Sie war der Regen und die Erde, sie war die Berge und die Täler.

Die Göttin war damit eben nicht nur eine abstrakte Vorstellung von etwas, sondern unmittelbar erfahrbar und spürbar. Sie war sogar greifbar im wahrsten Sinne des Wortes. Mit ihr verbunden war der Glaube der Inkarnation, der Wiederkehr, des ewigen Kreislaufs. Wir wurden durch die Mutter geboren und kehrten zur Großen Mutter zurück. Diese gab uns dann in den Schoß der nächsten physischen Mutter und am Ende kehrten wir in den Schoß der Großen Mutter zurück. Dieser Kreislauf wurde auch in den Grabbeigaben symbolisiert, welche aus Körnern und Samen bestanden. Wurden diese in die Erde gegeben, wuchs etwas neues, der ewige Kreislauf war aktiviert.

Wir kennen die Große Göttin noch heute im deutschsprachigen Kreislauf als Frau Holle. In den Märchen finden wir noch die Reste der goldenen Fäden an Erinnerung an die Urgroßmutter, die uns alle geboren hat. So gibt es auch immer noch Frau Holle Brunnen, an denen Frauen die Große Göttin um ein Kind bitten, denn sie ist es, die die Seelen wieder inkarnieren lässt, nachdem sie in ihren Schoß zurückgekehrt sind. Was wir in der Grimm’schen Fassung des klassischen Frau Holle Märchens als Oberwelt und Unterwelt lesen, war ursprünglich ein paralleles Existieren der Welten.

Noch bis zu Christianisierung Europas Ende des 8. Jahrhunderts glaubten die Menschen daran, dass es drei Welten gibt:

unsere Welt, die Welt der Verstorbenen und die Welt der Götter. Jedoch war dies nicht, wie später im Christentum, mit „Hier auf Erden“ „Oben im Himmel“ und „Unten in der Hölle“ verbunden, sondern es waren Welten, die parallel nebeneinander und miteinander existierten. Erst mit dem Einzug des Christentums wurde die Welt der Verstorbenen, die als Hel bekannt war, zur Hölle uminterpretiert und das Konzept von »Oben« und »Unten« eingeführt – eine Trennung.

Dabei war Hel oder auch Helheim, ursprünglich die Welt von Frau Holle. Das Betreten dieser Welt war durch den Übergang des Todes möglich, oder wenn man wie Goldmarie durch einen Brunnen schlüpfen konnte. Es war die Welt der Verstorbenen, wo niemand per se bestraft wurde, sondern in der es wie bei den Lebenden auch Regeln gab, an die man sich im Umgang miteinander halten musste.

Erst mit dem Patriarchat musste die Große Göttin weichen,

denn das mit ihr verbundene Konzept von Gemeinschaft, Geschwisterlichkeit und Gleichberechtigung funktionierte nicht für die patriarchalen Herrscher. Das Patriarchat braucht die lineare Entwicklung, Anfang und Ende, Macht und Ohnmacht, um zu existieren. Und um diese damals neuen Prinzipen zu etablieren musste die Göttin sterben. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Und so wurde vor ca. 6000 Jahren die Große Göttin in Form des Drachen vom tapferen Georg und deinem Sohn Michael getötet.

Dieser höllische Drachen war die babylonische Göttin Tiamat. Die Muttergöttin. Sie ist der Urzustand und hat es als »die heilige Tiefe« sogar in die Bibel geschafft (Genesis 1,3). Tiamat steht wie die Göttin Siege für die Dunkelheit, aus der alles entsteht, für das Bluten aus der Dunkelheit und die sich immer wieder erneuernde Kraft. Dies galt es im Patriachat zu eliminieren und so musste der Sohn Michael den Kampf an der Seite des Vaters Georg über die Verbindung zur Mutter stellen. Er musste sich seinen Anspruch verdienen.

Die Kinder der Mutter sind. Die Kinder des Vaters müssen anerkannt werden.

Diesem Narrativ folgen wir bis heute.

Auch der christliche monotheistische Gott fordert Gehorsam und Folgsamkeit, nur dann werden wir geliebt und belohnt. Belohnt mit dem Einzug in den Himmel – einer Fantasiewelt, die so viel besser ist als die Erde.

Bis heute prägt uns diese bewusst geschaffene patriarchale Götterwelt in unserem Handeln und in unserem Sein. Seit dem Fall der Göttin haben die Männer die Hoheit des Himmels übernommen – ob Zeus, Jupiter, Allah… alle duldeten keine feminine Energie neben sich und die herrschten durch Strafe. Was übrigens das Herrschen durch Strafe auf der Erde legitimierte. Diese Herrschaft hat hat das Gefühl von „nicht gut genug“ zu sein in uns verankert, sie hat dazu geführt, dass wir Frauen unterdrücken, sie hat zu Ungleichheit und zu legitimierten Kriegen geführt.

Die Welt der Götter hat schon immer die Sicht der Menschen auf die Welt geprägt.

Noch immer sind wir stark im Wertesystem der christlichen Kirche verankert – bewusst oder unbewusst. Wir haben also die Wahl, wir können dem aktuellen „Götter-Narrativ“ folgen, oder wir können beginnen zu hinterfragen, wer welchen Gott für welchen Zweck geschaffen hat. Und ausgehend von der jeweiligen Antwort überlegen, ob dies etwas ist, was wir nähren wollen. Ich persönlich habe mich für die ursprüngliche Geschichte entschieden – die der Großen Göttin.

In „Spiritual Feminist“ mache ich mich auf der Suche nach ihr und ihrer Wahrheit. Sie steht für die Werte, die ich nähren möchte: Gleichwertigkeit, Geschwisterlichkeit und Gemeinschaft. Sie erinnert uns daran, dass wir alle verbunden sind und das unser Handeln Auswirkungen auf alle anderen hat. Sie feiert meine Weiblichkeit und respektiert gleichzeitig Männlichkeit. Sie ist kein entweder oder und sie ist inklusiv. Und damit so viel mehr wegweisender für eine lebenswerte Zukunft, als es irgendeiner der existierenden Götter sein könnte.


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05.06.22
Kaja Andrea Otto


Vita der Autorin

Kaja Andrea otto (c) Grit Siwonia
Kaja Andrea Otto copyright Grit Siwonia

Kaja Andrea Otto bezeichnet sich selbst als Spiritual Feminist und gehört zu einer neuen Generation von spirituellen Lehrerinnen: Sie setzt auf fundiertes weibliches Empowerment, das alte indigene Weisheit mit modernem Wissen kombiniert. Ihre Community erreicht sie mit dem eigenen „SoulWaveRadio“Podcast, in Vorträgen, Seminaren und Gatherings und mit ihren Büchern „Spiritual Feminist“ (Arkana Verlag) und „Du bist die Antwort auf deine Fragen“ (Arkana Verlag). 2018 war Kaja Andrea Otto Top-10-Nominierte in der Kategorie „Frau der Stunde“ des EMOTION-Awards.
Im Herzen Europäerin, verbringt sie ihre Zeit in Hamburg und Lissabon, dem Teutoburger Wald und den Kanarischen Inseln. Wo auch immer Kaja Andrea Otto ist, liebt sie es bei einer Tasse Tee den alten Geschichten zu lauschen.

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