Klöster – neu werden durch Auszeit

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Klöster – durch eine Auszeit zu sich finden

Klöster genießen seit längerem den Ruf, ein wundervoller Ort für eine Auszeit zu sein. Kraftort, Stift, Konvent, Nonnen, Mönche, Menschen. Ruhe, Stille, bei sich ankommen, Reflektion, Selbsterkenntnis. All das ist im geschützten Raum von Klöstern möglich. Sei es in einer mächtigen Basilika und in einer kleinen, intimen Kirche. Es kann auch ein Klostergarten sein, der zum Verweilen einlädt. Oft reichen Stunden. Manchesmal tut eine längere Auszeit gut.

Dazu muss man weder spirituell noch religiös sein. Auch braucht man keine dramatischen Lebenszäsuren, um sich eine Auszeit in Klöstern zu gönnen. Diese haben sich stark geöffnet und wollen als Orte wahrgenommen werden, die sich für eine individuelle Auszeit anbieten. Kultur, Genuss und Veranstaltungen zu erleben, ist ebenso möglich wie einige Zeit in einer stillen Kirche oder einem anderen meditativen Raum zu verweilen.

Welche Möglichkeiten gibt es an diesen besonderen Kraftorten, neben Kultur, Genuss (kaum einer verhungert übrigens in einem klösterlichen Raum) und Veranstaltungen? Was wird angeboten von den zahlreichen Mönchen und Nonnen? Lassen Sie sich inspirieren und machen Sie sich auf die Suche – für Sie selbst. Es handelt sich, gleich ob barock, ob sehr einfach und schlicht, ob bekannt oder weniger bekannt, um Orte, an denen neu werden durch Auszeit lebbar ist.

Einfach mal runterkommen – ich man dann mal ein paar Tage weg 

Diesen Wunsch verspüren viele Menschen. Abseits vom Alltag, vom herkömmlichen Angebot in der Kultur und von überlaufenen Veranstaltungen. Vor allem in der aktuell sehr turbulent empfundenen Zeit, wo es an bekannten Sicherheiten und an Orientierung fehlt. Wenn man sich aus dem Alltag herausnimmt, gleich ob man Familie hat oder Single ist, dann sieht man vieles nach einigen Tagen klarer. Was ach so wichtig war, ist plötzlich ziemlich klein. Es verschwindet nicht. Doch es relativiert sich. Eine innere Einordnung ist möglich. Freier Raum kann geschaffen werden.

Ich bin dann mal weg – ist nicht nur ein lockerer Spruch und ein gelungenere Buchtitel. Es könnte auch ein zeitweiliges Lebensmotto sein. Weg aus dem Alltag und hin zu sich selbst. Immerhin hat man sich selbst immer in Bord. Zudem ist man der wichtigste Mensch in seinem Leben. In den zahlreichen Klöstern kommt man sich oft nach kurzer Zeit selbst nahe. Dann tauchen interessante Facetten und Erkenntnisse auf. Man kann sich auch mal überraschen. Dazu müssen Sie weder zum Mönch noch zur Nonne werden. Sie werden überrascht sein, wie nahbar Sie einen Aufenthalt in der Stille erleben können. Dazu brauchen Sie sich bloß zu öffnen.

Lesen. Schweigen. Kräutergärten. Spazierengehen

Wann hatten Sie das letzte Mal Zeit, ohne Unterbrechung zu lesen und zu schweigen? Das ist im Alltag oft nicht ganz einfach. Hier finden Sie dafür einen Ort, der fürs Lesen und gezielte Schweigen geradezu prädestiniert ist. Keiner käme auf die Idee, nach dem Warum Ihres Schweigens zu fragen. Schweigen und Stille sind durchaus üblich. Es ist eine Wohltat, schauend und beobachtend durch die zahlreichen und vielfältigen Kräuter- und Blumengärten zu gehen, stehen zu bleiben, an Kräutern und Blumen zu riechen – ohne sie gleich einzuordnen und zu analysieren. Spazierengehen. Stehen bleiben. Lauschen. Einfach mal sein.

Wenn Sie aufmerksam sind, werden Sie rasch feststellen, dass auch Mönche und Nonnen sich gerne in ihren Gärten aufhalten. Sei es, dass sie gärtnern. Oder sie kommen, um sich kurz auszuruhen und sich für die nächste Aufgabe zu sammeln.

Fasten ist viel mehr als bloß weniger zu essen

Klöster worden oft als Orte des Fastens und des Verzichts gesehen. Ja, das mag durchaus so stimmen. Doch damit verkennt man die Bedeutung von Fasten und des zeitweiligen, bewussten Verzichts. Dass weniger oft mehr ist, ist nicht nur eine Redensart. In einer bewusst gewählten Auszeit ist die positive Selbstbeschränkung eine innere Haltung, die uns das Mehr in uns selbst erkennen lassen. Weniger zu essen, sich innerlich zu reinigen, einmal nicht zu jammern, sondern das sehen, was jetzt und hier vorhanden ist – das kann für eine Auszeit bedeutungsvoll sein. Es werden die unterschiedlichsten Kuren und Fastenmöglichkeiten angeboten. Sicherlich ist auch für Sie etwas dabei. Sich zu reinigen, Altes gehen zu lassen und Raum zu schaffen, das ermöglicht neu werden durch Auszeit. Dann ist diese Auszeit auch sinnstiftend genutzt.

Klöster als vielfältige Kuroase

Viele Klöster haben sich dem Wellness Boom angeschlossen. Sie bieten Veranstaltungen für einen Tag und auch für längere Zeit an. Viele Mönche und Nonnen haben eine weltliche Ausbildung. Beispielsweise als Heilmasseur*in, Krankenschwester oder Krankenpfleger. Manche der Mönche und Nonnen verfügen über eine psychologische und psychotherapeutische Ausbildung.

Vieles basiert auf einer langjährigen Erfahrung als Heilkundige. Das große Wissen wurde erweitert und an moderne Erfordernisse angepasst.

Eine Auszeit wird dann zu einem „ich bin dann mal da“. Geist, Körper und Seele erfahren eine gesamthafte Erneuerung. Es gibt auch Klöster, die beispielsweise Yoga, Zen und Meditationen und manches mehr an spirituellen Techniken und Schulen anbieten. Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt.

Das ist eine großartige Grundlage, um aus sich heraus neu zu werden und – vielleicht – seinen Auftrag, seine Berufung zu erkennen.

Im Klöster. Ganz ohne WLAN

Die digitale Anbindung ist für viele Menschen zu einer Notwendigkeit geworden. Gleichzeitig empfinden sie viele als Belastung. Immer erreichbar zu sein. Wenig Freiräume zu haben. An sich selbst oft vorbeilaufen. So kann man sich durch eine Auszeit auch bewusst aus dem Netz und dem WLAN herausnehmen. Damit werden neue Beobachtungsräume frei. Nicht die letzten Nachrichtigen, die Emails und der Chat haben Bedeutung. Auf einmal wird die Aussicht aus dem einfachen, doch komfortablen Zimmer wahrgenommen. Essen wird zu einem Gemeinschaftserlebnis – oder man schweigt ganz bewusst beim Speisen. Austausch mit anderen wird möglich, oft mit einer bemerkenswerten Tiefe. Der Tag erhält eine neue Struktur. Man kommt auch sich selbst wieder näher. Das ist die beste Voraussetzung, um in einer Auszeit sich innerlich zu erneuern.

Geschichte mitnehmen, um die eigene Geschichte besser zu verstehen

Ein Stift oder ein Konvent sind Orte der Geschichte. Manche ist wechselvoll. Kriege sind ebenso inbegriffen, wie Brände, Seuchen und Hochblüten. Doch es gibt eine Konstante – das ist der Grundauftrag, den nahezu alle haben. So hat auch jeder Mensch seinen Lebensauftrag. Klöster und eine bewusste Auszeit sind sehr gute Möglichkeiten, um aus der Geschichte des Ortes auch seiner eigenen Geschichte näher zu treten.

Eine mächtig erscheinende Basilika kann ebenso zum Ort werden, um sich selbst näher zu kommen wie eine kleine Kirche. Die Größe ist nicht entscheidend für den Gewinn an Erkenntnissen. Doch genau sie machen die Auszeit an diesen einzigartigen Orten zu einer wertvollen Zeit.

Im Klöster seiner Berufung näher kommen

Die Suche nach der Berufung wohnt dem Menschen inne. Vielleicht nennt man es nicht immer Berufung. Doch es ist die Sehnsucht, einen nachvollziehbaren Beitrag zu leisten. Es geht um den bekannten Fußabdruck, den man hinterlassen will.

Zahlreiche Seminare und Workshops werden an diesen Orten der Stille angeboten. Die Frage nach der individuellen Berufung wird dabei thematisiert. Mögliche Antworten helfen Ihnen, Stück für Stück Ihrer persönlichen Antwort näher zu kommen. Es geht daher nicht darum, seine Berufung als Angehörige im Klöster zu finden. Vielmehr geht es darum, seinem eigenen Ruf in der Stille zu lauschen. Es geht darum, sich kompetente Hilfe auf dem Weg zu helfen. Mönche und Nonnen sind oft ausgezeichnete Zuhörer*innen. Sie verfügen zudem über einschlägige Ausbildungen. Auch ihre Biografie kann einem Anregung sein für den Weg zur eigenen Berufung.

Richtiger Rückzug. Chorgebet. Meditation

Manches Mal kann einem das Leben dazu führen, dass man sich für einige Zeit eine längere Auszeit nimmt. Es gibt Krankheiten und Schicksalsschläge, die einer Zäsur gleichkommen. Dann ist es hilfreich eine Struktur im Tagesablauf zu haben, um die man sich nicht kümmern muss. Klöster haben seit Jahrhunderten einen klaren Tagesablauf. Da dabei sein können und sich in den Ablauf einzuklinken, bietet eine neue Form von Sicherheit, von Geborgenheit und von Perspektive. Das Chorgebet und Meditationen können sehr hilfreich sein, sich auf einem neuen Level zu finden. Das eigene Leben bekommt eine neue, andere Perspektive. Die Auszeit in dieser Form hilft einem, von innen heraus grundlegend neu zu werden.

Basilika oder kleine Kirche?

Ursprünglich war eine Basilika eine Gerichtshalle und eine Markthalle. Heute gilt der Begriff „Basilika“ als Ehrentitel für Kirchen der römisch-katholischen Konfession. Immer wieder findet man Klöster, die auch eine Basilika umfassen. Der deutschsprachige Raum bietet dafür zahlreiche Beispiele. Oft sind es Stifte, die auch Klöster sind. Meistens handelt es sich um historisch interessante und imposante Orte. Die Größe und scheinbare architektonische Macht einer Basilika können einen schon ziemlich beeindrucken. Vielleicht fühlt man sich dann gar nicht geborgen und so sicher wie in einer kleineren Kirche. Auch ist eine Basilika ob ihrer schieren Geschichte oft sehr beeindruckend. Ob sie für eine längere Auszeit geeignet ist oder ob einen beispielsweise der barocke Prunk doch eher ablenkt – finden Sie es für sich heraus. Besuchen Sie unterschiedliche Örtlichkeiten. Fühlen Sie auch in sich hinein, ob eine Basilika oder eine kleinere, intime Kirche mit einem schönen Garten herum, sie mehr einlädt. Nichts ist dabei richtig oder falsch.

Im Kloster neu werden durch Auszeit

Das Kloster, gleich welcher Provenienz, ist ein Ort, der neu werden durch Auszeit mit sehr einfachen Mitteln und Wegen ermöglicht. Oft tut genau diese Einfachheit wohl, in einem Leben, das vielleicht turbulent geworden ist. Sei es durch die Familie und den damit verbundenen Herausforderungen. Sei es aus wirtschaftlichen Gründen. Oder weil man einen Jobwechsel anpeilt. Auch wenn es klassische Lebensbrüche aus Altergründen oder durch gesundheitliche Schicksalsschläge gibt, ist das Klöster ein Ort, wo man sich wieder finden kann. Mönche und Nonnen haben sich oft als anregende Gesprächspartner*innen und Ratgeber*innen erwiesen. Sie betrachten sich in vielen Fällen als integraler gesellschaftlicher Teil.

Der Grund, in Klöster zu gehen, die Atmosphäre und die Erkenntnisse für sich zu erschließen, muss nicht immer dramatisch sein. Vielleicht ist ja auch eine gewisse Neugierde. Es kann auch der Wunsch nach einer veränderten Perspektive sein. Im Klöster neu werden durch Auszeit ist einfacher als man vielleicht denkt.

20.03.2023

Außerordentl. Honorarprofessorin Dr.habil. Dr. Andrea Riemer, Ph.D.
Zur Autorin finden Sie alles Wissenswerte unter:
www.andrea-riemer.de

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Über Andrea Riemer:

nach einer einzigartigen, 25 Jahren umfassenden internationalen Karriere als Wissenschafterin und Beraterin für Sicherheitspolitik und Strategie (Doktorat in BWL, Ph.D. und Habilitation in Militärwissenschaften; außerordentl. Honorarprofessorin), hat sich Andrea Riemer ab 2012 als eine der erfahrensten Buchautorinnen und Vortragenden zu existentiellen Fragen des Lebens in der poetischen Philosophie etabliert.
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