Enttäuschung als Befreiung

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Enttäuschung
Enttäuschung ist Teil der menschlichen Erfahrung. Mit dem Gefühl der Enttäuschung kommen meist auch andere Gefühle dazu, wie z.B. Wut oder Traurigkeit. Traurig, weil es anders kommt als gedacht. Wütend, weil du so viel investiert hast und es doch nicht geklappt hat.

Was ist Enttäuschung eigentlich?
In der Regel sind wir enttäuscht. wenn etwas anders läuft als wir uns das erhofft haben. Eine Hoffnung, ein Wunsch, eine Erwartung sind dem vorausgegangen und wurden nicht erfüllt.

Das können Dinge sein wie enttäuscht sein, dass die Partnerschaft vorbei ist, dass jemand sich nicht meldet, dass z.B. eine Bewerbung nicht geklappt hat, obwohl man doch so gut gepasst hätte oder dass ein Treffen abgesagt wird, auf das man sich schon die ganze Woche gefreut hat. „Enttäuschtsein“ kann auch zum Lebensmodell werden. Enttäuscht darüber, dass der/die uns nicht versteht, dass unser Partner lieber was alleine machen möchte statt mit uns, dass man sein Potential nicht lebt oder dass man alleine ist.

Enttäuschungen sind so vielfältig wie wir Menschen.

Ich war schon oft enttäuscht im Leben. Darüber, dass Dinge nicht so laufen, wie ich mir das ausgemalt habe, darüber, dass Menschen Zusammenhänge anders beurteilen als ich oder sie erst gar nicht sehen. Enttäuschung ist eine individuelle Erfahrung im Kollektiv.

Ent-täuschung, sich befreien von der Täuschung

Was passiert aber, wenn wir unsere Erwartungen auf andere projizieren und könnte das Leben nicht leichter sein, wenn wir es schaffen, dies nicht zu tun?

Wie wäre es, wenn wir das Wort Enttäuschung verstehen als ent-täuscht? Ent-täuscht im Sinne von: Der Schleier darf gehen, wir sehen klarer, die Täuschung macht Platz für das eigene Erleben. Wir täuschen uns also quasi selber nichts mehr vor, sondern befreien uns von der Täuschung. Das ist erstmal schmerzhaft, aber langfristig gesehen vielleicht sogar besser für uns.

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Das Gefühl hinter der Enttäuschung spricht mit uns und möchte angeschaut werden. Das bedeutet auch, dass in jeder enttäuschenden Erfahrung ein Potential auf uns wartet, das entdeckt werden möchte und uns helfen kann, zu wachsen. Uns anzuschauen, warum uns etwas enttäuscht und was wir vielleicht im Stillen erwartet haben und warum. Wir verändern also die Perspektive vom Außen -auf das schauen, was uns offensichtlich enttäuscht hat- zum Innen, zu dem, was in uns innen eigentlich gerade passiert.

Enttäuscht werden kann nur, wer etwas von anderen erwartet, egal ob sie uns nahe stehen oder nicht. Klar ist aber auch, dass wir nur unsere eigenen Gedanken und Reaktionen kontrollieren können. Das Außen ist autark und doch wieder nicht. Paradox. Es hält uns den Spiegel vor, wenn wir willig sind, hineinzuschauen.

Das Gefühl hinter der Enttäuschung

Die Enttäuschung geht mit anderen Gefühlen einher. Es macht also durchaus Sinn, sich anzuschauen, was das Gefühl hinter der Enttäuschung ist und was die Enttäuschung in uns auslöst.

Ein einfaches Beispiel: Meine 7-jährige Tochter ist enttäuscht, weil es Schlafenszeit ist und sie schon ins Bett soll. Sie ist mitten im Spiel und da vergisst man gerne mal die Zeit. Sie ist also in ihrer eigenen Welt, wo es Zeit und Raum so nicht gibt.
Jetzt kommt die Mama und bittet sie aufzuräumen und sich langsam fertig zu machen. Was passiert? Sie wird wütend. Sie will noch nicht ins Bett, sie sei noch gar nicht fertig. Regeln nerven, ich verstehe sie. Und doch habe ich ein berechtigtes Interesse daran, dass sie sich wieder ins Hier und Jetzt holt. Denn sonst folgt auf das späte Zubettgehen, das Nicht-Einschlafen-Wollen, das keine eigene Zeit haben mehr am Abend bis hin zum morgens schwerer rauszukommen für die Schule.

Mit kleinen Kindern muss man Dinge immer rechtzeitig ankündigen, damit sie halbwegs friedlich beendet werden können. Zeit zum sich drauf einstellen. 😉 Die eigenen Erwartungen anpassen sozusagen.

Das Gefühl hinter der Enttäuschung ist also in dem Fall Traurigkeit, denn sie würde gerne weiterspielen und es äußert sich in Wut, denn die ist zielgerichteter, aktiver und fühlt sich besser an, stärker und bewegender. Wut bewegt uns ja auch im Inneren, schließlich ist sie Energie, die fliessen will.

Das ist nur ein kleines Beispiel aus dem Alltag, um zu veranschaulichen, wie vielfältig sich Enttäuschung äußern kann und was sie mit uns macht.

Erwartung im Aussen

Mit den Erwartungen ist das so eine Sache. Ich bin alleinerziehend und trotzdem teilen wir uns das gemeinsame Sorgerecht. Nun versteht jeder etwas anderes darunter, ein Kind zu erziehen. Keine Erwartungen zu haben in einer Partnerschaft oder auch Familienkonstellation, das ist nicht leicht. Zu fest sitzen die eigenen Bedürfnisse und Wünsche, die auch Gehör geschenkt bekommen wollen.

Aber: Solange wir etwas erwarten, können wir enttäuscht werden. Sonst können wir positiv überrascht werden!

Man könnte sich auch fragen, ob wir nicht komplett aufgegeben haben, wenn wir nichts mehr erwarten? Möglich.

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Vielleicht geht es nicht so sehr darum, nichts mehr zu erwarten, sondern klarer zu kommunizieren. Viel zu oft setzen wir voraus, dass andere „in uns hineingucken“ können, wo wir doch oft selber nicht verstehen, was wir warum erwarten. Es macht also Sinn, mal hinter die Fassade zu schauen und das Bedürfnis hinter der Erwartung zu beleuchten: z.B. Wertschätzung, gesehen werden oder Nähe.

Das Problem mit den Erwartungen ist, dass wir meist etwas erwarten, das von anderen Personen oder Einflüssen abhängt. Wir machen uns vom Außen abhängig und setzen eine Erwartung in etwas, dass wir nicht kontrollieren können. Oder wir vergessen das Aussen komplett und sind enttäuscht, wenn es uns doch wieder einholt.

Gesellschaftliche Erwartungen

Ganz zu schweigen von gesellschaftlichen Normen und Konventionen, die es Familien und Individuen heutzutage nicht leichter machen, ihr eigenes Lebensmodell zu finden.

Wir probieren nur keine neuen Dinge und bleiben nicht neugierig, weil wir Angst haben, den Erwartungen im Aussen nicht gerecht zu werden. Wir haben Angst, die Anerkennung zu verlieren, vielleicht sogar unangenehm aufzufallen oder gegen Widerstände ankommen zu müssen. Wir tauschen die eigene Erwartung uns selbst treu zu bleiben gegen die gesellschaftliche Erwartung, konform zu leben. Aber was ist der Preis?

Frust, Enge, Krankheit, ein dröges Dasein, um es allen anderen recht zu machen? Wäre es nicht eher an der Zeit, sich auszuprobieren, enttäuscht zu werden, zu lernen und es doch wieder zu machen? Gesellschaftliche Veränderung entsteht indem wir uns im Innen ändern und den Mut haben, uns selbst treu zu bleiben, auch im Zweifel auf Kosten des Aussen, das darauf noch nicht vorbereitet war und/oder ist.

Sinn und Zweck von Enttäuschung

Letztendlich weist uns die Enttäuschung unseren Weg. Wir haben auf etwas anderes spekuliert, wir haben andere Träume und Wünsche. Wir dürfen also bei uns selbst anfangen und hinschauen, was die Bedürfnisse und Glaubenssätze hinter der Enttäuschung sind, wo sie herkommen und was wir uns eigentlich wünschen.

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Enttäuschung kann auch bedeuten, etwas auszuprobieren, sein ganzes Herzblut in das Projekt oder die Beziehung zu stecken und trotzdem zu „scheitern“. Jetzt kommt es darauf an, was wir aus der Enttäuschung machen? Lassen wir sie da sein mit all dem Gefühl dahinter und probieren es trotzdem wieder neu oder igeln wir uns ein, weil anscheinend klappt es ja für alle anderen, aber eben für uns nicht. 😉

Enttäuschung ist menschlich und doch ist es eine Färbung der Ereignisse statt einer neutralen Beobachtung.

Enttäuschung zeigt uns unsere wunden Punkte, die wir vom Aussen heilen lassen wollen, obwohl wir sie im Innen heilen müssen.

Ent-täuschung weist und den Weg und lässt uns klarer sehen.

Und Enttäuschung lädt uns ein zu scheitern und doch wieder aufzustehen, zu wachsen und uns selbst ein Stück weit besser kennen und lieben zu lernen! Uns zu befreien!

09.04.2021
Namaste.
Tanja Sirbu
www.tanjasirbu.com


tanja-sirbuTanja Sirbu
Der Weg der Sehnsucht nach Mehr fordert sie seit nunmehr 15 Jahren heraus, Neues zu wagen, bequeme Sicherheiten in Frage zu stellen und neugierig zu bleiben für ihren ganz eigenen Flow. Belohnt wurde sie mit Wachstum, Liebe zu sich selbst und Lebendigkeit durch ein fließendes ja zum Leben statt dem häufig gehörten chronischen Nein.
In Ihrer Arbeit als Dozentin, Autorin und Life Coach verbindet sie Disziplinen wie Intellekt, Logik und dem Interesse für Neurobiologie mit der Herzensseite des Fühlens, Spürens, der Spiritualität, Körperbewusstsein (Yoga, Thai Massage) und Energiearbeiten, Theta Healing und Chakren Yoga.
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